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5164 Börsenblatt f. b. Tisch«. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. b6, 26. April 1912. Bücher-Neuheiten: Kaufmännische Kenntnissefürden Verwaltungsbeamten anstatt 2,40 1,60 Gicht, Rheumatismus, Hüftweh anstatt 1 ^ —,60 Export-Praxis, Winke und Ratschläge anstatt 2,40 1,60 Migräne und Kopfschmerzen anstatt —,60 —,30 Hautkrankheiten und Hautausschläge anstatt 1,20 —,75 Selbstvergiftung anstatt —,80 —,40 Gallen-, Nieren- u. Blasenleiden anstatt —,50 —,30 Chron. Darmschwäche anstatt —,80 —,60 Arterienverkalkung des Herzens anstatt —,60 —,30 Die Herzkrankheiten anstatt 1,60 1,— Blinddarm-Entzündung anstatt 1,25 —,75 Marlitt, Schulratsjungen anstatt 1, ,80 Sämtliche hier aufgeführten Werke werden (weil bereits gelesen) billig abgegeben. Jedenfalls sollten die Herren Verleger sich diesem Gebaren der Langensalzaer Zeitung gegenüber nicht gleichgültig verhalten und den Sortimentern dadurch diese Schleuderkonkurrenz vom Halse schaffen, daß sie entweder der Zeitung keine Rezensionsexemplare mehr liefern oder aber zur Bedingung machen, daß ein Verkauf nicht stattfinden darf. Es ist dies umsomehr angebracht, als diese Zeitung, die früher unter der Firma H. Schütz eine Buch- Handlung betrieb, bereits durch den Börsenverein gesperrt wurde. Was die ganze Angelegenheit aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, daß der Verleger der in dem Inserat offerierten hygienischen Schriften (Firma Edm. Demme, Leipzig) offenbar in der Meinung, es handle sich bei den verschiedenen Nebenaus gaben der Langensalzaer Zeitung (Tageblatt für Thamsbrück, Tageblatt für Ufhoven, Tageblatt für Großengottern, Tageblatt für Gräfentonna usw.) um besondere Zeitungen, an die Firma seine Rezensionsexemplare in 4—5facher Anzahl schickt. Wenn andere Verleger ebenso verfahren, kann die Langensalzaer Zeitung ein ganz gutes Geschäft machen. Um aber andere Verleger da- vor zu bewahren, daß sie an genannte Firma etwa Rezensions exemplare in doppelter oder mehrfacher Anzahl liefern, sei hier mit festgestellt, daß es sich bei den Nebenausgaben der Langen salzaer Zeitung lediglich um sogenannte Kopfblätter handelt, die alle von A bis Z denselben Inhalt haben. Wenn also das Blatt eine Rezension in der Langensalzaer Zeitung bringt, so erscheint diese auch ohne weiteres in sämtlichen Nebenausgaben, da ja der Inhalt, wie gesagt, bei sämtlichen Kopfblättern derselbe ist. Ur. Das vorstehende Eingesandt kann insofern als eine Ergänzung zu den Ausführungen des Herrn Georg Schmidt in dieser Nummer angesehen werden, als es zeigt, daß nicht viele Verleger den Schicksalen der von ihnen versandten Rezensionsexemplare die gleiche Aufmerksamkeit schenken, die Herr Schmidt ihnen angedeihen läßt. Schuld an diesem Verhalten mag zum guten Teil der Umstand sein, daß, soviel auch über diese Frage geschrieben worden ist, es doch an einer allgemeinen Kenntnis der Rechts beziehungen zwischen Verleger und Zeitung in ihrem Verhältnis zum Rezensionsexemplar fehlt. Auch Herr Schmidt ist u. E. im Irrtum, wenn er glaubt, jedermann Bekanntes zu wiederholen, da seiner Auffassung, auf ausdrückliches Verlangen zur Besprechung gesandte Bücher müßten entweder besprochen oder zurückgesandt oder bezahlt werden, viele wohl aus praktischen, aber nicht aus rechtlichen Gründen zustimmen werden. Nach § 146 des BGB. braucht sich der Verleger weder auf eine Rücksendung, noch auf eine Bezahlung einzulassen, sondern kann auf Besprechung bestehen (vgl. Hobbing, Berufskunde), wenn auch jeder Verleger sich ver nünftiger Weise mit der Rücksendung des Buches bzw. seiner Be zahlung begnügen wird. In bezug auf die Güte und Sorgfalt der Besprechung kann der Verleger dagegen der Zeitung, bzw. ihrem Rezensenten, keine Vorschriften machen. Und wenn Herr Schmidt die »wertlosen« Rezensionen bemängelt und ihren Verfassern vor wirft, daß sie sich über »die rechtliche Seite ihrer Handlungs weise« nicht klar seien, so wird er bei den Gerichten mit dieser Auffassung, die Fragen der Moral in Fragen des Rechts umzu- wandeln sucht, nicht ohne weiteres durchdringen. Unbedingt zuzustimmen aber ist Herrn Schmidt darin, daß der Art des laisssr ks-irs und laiessr allsi-, wie sie bei den meisten Verlegern auf dem Gebiete des Besprechungswesens üblich ist, ein Ende gemacht werden sollte. Denn auch wenn man den Wert der zu Rezensionszwecken bestimmten Exemplare nicht so hoch einschätzt, wie es in dem betr. Artikel geschieht, da sich ja der Verleger über den § 6 des Verlagsrechtsgesetzes hinaus vertraglich das Recht auf Deckung seines Mehrbedarfs an Rezen- sionsexemplaren sichern kann, so werden doch ganz bedeutende Summen durch die bisherige Praxis, bei der stillschweigend jeder dasselbe Lehrgeld bezahlt, verschleudert. Vor allem aber spricht die ganze bisherige Behandlung dieser wichtigen Frage sowohl hüben wie drüben jeder Ordnung im Geschäftsleben Hohn, zumal es fast immer dieselben Blätter und Kritiker find, gegen die Klage geführt werden muß. Aus diesem Grunde sind wir gern bereit, Mißständen auf diesem Gebiete im Sinne der Ausführungen des Herrn Schmidt unser Interesse zuzuwenden, wobei wir uns allerdings nur auf die Fälle beschränken können, in denen es sich um gewerbsmäßige Schnorrer handelt. Denn wenn hier und da ein oder das andere Buch von einer Zeitung unbesprochen bleibt, so ist damit weder erwiesen, daß böser Wille im Spiele ist, noch lassen sich generelle Schlüsse aus solchen Einzelvorkommnissen ziehen. Jeder einsichtsvolle Verleger weiß, daß selbst der gewissenhafteste Redakteur keine Garantie für Rezensionsexemplare übernehmen kann, da er in den meisten Fällen von seinen Mitarbeitern abhängig ist, wie es andererseits auch dem Kritiker selbst mit guten Verbindungen nicht immer möglich ist, eine Besprechung unter zubringen. Er wird auch weiter einen Unterschied hinsichtlich des Wertobjekts machen müssen und darf einer Broschüre für 60 H nicht mit derselben Zähigkeit nachgehen wie einem Buche im Werte von 10 //. Wenn jeder Verleger einer Zeitung, bzw. einem Kritiker, mit dem er eine Verbindung eingeht, ein Konto anlegt, auf dem sowohl die gesandten Werke als auch der Eingang der Besprechungen verbucht werden, so wird ihm die gewissenhafte Führung desselben bald sagen, ob es sich lohnt, diese Beziehungen weiter zu Pflegen oder nicht. Immer aber wird der Blick nicht auf das einzelne Buch, sondern auf die ganze Stellungnahme des Kontoinhabers zu seinem Verlag gerichtet sein und auch in Berücksichtigung gezogen werden müssen, ob es sich um Blätter vierten und fünften Ranges, die unter Ausschluß der Öffentlichkeit erscheinen, oder um einflußreiche Zeitungen und Personen handelt. Viele her vorragende Kritiker besprechen nur Werke von wirklich künst lerischem Wert und stehen auf dem Standpunkte, daß Schweigen besser ist als Herunterreißen, da schließlich in jedem Buche ein Stück ehrlicher Arbeit steckt, auch wenn es für die Literatur ohne Belang ist. Diesen gegenüber kann der Verleger nicht wie Shylock auf seinen Schein bestehen, wenn er Wert auf gute Verbindungen zur Presse legt. Wer als Kritiker etwas auf seinen Ruf hält, steht nicht im Dienste des Verlegers, sondern in dem des Publikums und würde bald jeden Einfluß verlieren, wenn er seine Stellungnahme zu einem Buche von Rücksichten persönlicher Art abhängig machen würde. Daß der Verleger im allgemeinen viel zu wenig Einfluß auf die Presse besitzt, liegt in der Haupt sache daran, daß er ihn nicht benutzt, sondern ausnutzt und kein Verständnis dafür hat, daß die beste Reklame die ist, der man die Reklame nicht anmerkt. Aus diesem Grunde scheiden die großen, einflußreichen Blätter meist von vornherein ebenso selbst verständlich für ihn aus wie die Kritiker von Klang und Namen, die nur durch Wert und Bedeutung der Verlagswerke, aber nicht durch Redensarten zu gewinnen sind. Wenn daher eine Reform des Besprechungswesens eingeleitet werden soll, so ist es unbedingtes Erfordernis, daß sich die Verleger zuerst einmal über die An sprüche klar werden, die sie billigerweise an Kritiker und Zeitungen stellen können. Das ist eine Sache, mit der jeder selbst ins Reine kommen muß und wobei ihm weder der Börsenverein noch der Deutsche Verlegerverein viel helfen können, weil Art und Bedeutung eines Verlags hier bei ausschlaggebender sind als allgemeine Gesichtspunkte oder gar rigorose Anwendung von Rechtsgruudsätzen. Handelt es sich dagegen um Schutz vor unlauteren Elementen unter Zeitungen und Kritikern, die immer bloß versprechen, ohne je zu besprechen, so ließe sich bei einiger Aufmerksamkeit der Verleger wohl Abhilfe schaffen.