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5160 Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. S6. 26. April IS12 richtigen Standpunkt einnehmen, aber die meisten sind noch nicht so weit in der Kultur vorgeschritten. Daß nicht alles und überall besprochen werden kann, ist ja bei der Überproduktion von literarischen Erzeugnissen selbstverständlich, und ebenso selbstverständlich ist es auch, daß der Buchverleger unverlangter Sendungen das Rückporto trägt, wenigstens wenn die Rücksendung direkt erfolgt. Beim Zurücksenden über Leipzig dürfte es eine Forderung der Kulanz sein, keine Spesen in Anrechnung zu bringen, während bei Rücksendung ausdrücklich verlangter, aber nicht zur Besprechung angenommener Bücher der Besteller un bedingt das Rückporto zu tragen hat. Sind Bücher zur Besprechung bestellt, so müssen sie entweder besprochen oder zurückgesandt oder bezahlt werden. Das ist die Pflicht des Bestellers, zu der er eventuell gesetzlich gezwungen werden kann. Der bloße Titelabdruck des Buches genügt keineswegs, wenn auch bei Büchern im Preise von 1—2 der Verleger sich vielleicht damit befriedigt erklären wird. Durch Zu sicherung der Besprechung bei der Bestellung (»zwecks Be sprechung«. wie cs meist heißt) bietet der Besteller einen Vertrag an. und durch Lieferung des Buches ist dieser an genommen, also beiderseits geschlossen worden. Will der Besteller aus irgendeinem Grunde von diesem Vertrage zurücktreten, so hat er das Buch zu bezahlen oder kosten frei und unversehrt zurückzusenden. Unterläßt er dies auf Reklamation hin. so kann er unter Umständen wegen Unter schlagung in Anspruch genommen werden, da er unter der Vorspiegelung, eine Rezension bringen zu wollen, sich einen Vermögensvorteil verschafft, den Buchverleger aber schädigt. Hierüber ist schon so viel geschrieben worden, daß man annehmen sollte, jedermann Bekanntes damit wiederholt zu haben. Aber dem ist keineswegs so. wie der Schreiber dieses auf Grund mehrfach geführter brieflicher Auseinander setzungen mit angesehenen Redakteuren usw.. sowie durch die nachstehend noch bekanntgegebene, seit mehreren Jahren sorg fältig geführte Statistik Nachweisen kann. Es bleibt also nichts weiter übrig, als gegebenenfalls energisch seine Rechte zu wahren und im allgemeinen aufklärend und vorbeugend zu wirken, worauf ich später des näheren zurückkomme. Wie kommt es nun. daß diese für den gesunden Menschenverstand doch eigentlich so klar liegende Rechts ausfassung nicht von allen Redakteuren bzw. Rezensenten und Verlegern von Zeitschriften geteilt wird, sodaß man immer wieder seine Not hat, auf gütlichem Wege die Konsequenzen seiner eigenen Überzeugung zu ziehen? Es liegt dies in erster Linie meines Erachtens daran, daß der Wert des Rezensionsexemplars unterschätzt wird. Es wird fälschlicher Weise nicht als ein Teil der Auflage, als Wertobjekt, sondern als Makulatur an gesehen, die der Verleger über die Auslage hinaus zu diesem Zweck hat drucken lassen. Daß dem Verleger das Buch aber ebensoviel Geld kostet wie das zum Verkauf bestimmte Exemplar, daß ihm sogar sehr häufig, speziell bei wissenschaft lichen Werken, nicht soviele Exemplare zur Verfügung stehen, als er für Autor und Redaktionen bedarf, und daß er sie also zum Teil von der Auflage decken muß. daß ihm daher die Einnahme für ein Verkaufsexemplar entgeht, das wird nicht bedacht. Diese Mißachtung des Buches ist es auch, die eine ganze Anzahl Schriftsteller. Rezensenten usw. veranlaßt, sich in skrupelloser Weise ganze Bibliotheken aus Rezensions exemplaren zusammenzustellen, für die sie eine entsprechende Gegenleistung in den meisten Fällen nicht gewährt haben Für viele Schriftsteller usw. ist oft nur der Wunsch, ein be stimmtes Buch zu besitzen oder es zu Geschenkzwecken zu verwerten die Veranlassung, ein Rezensions-Exemplar zu bestellen. Zuweilen werden auch wohl einmal ein paar Zeilen mit mehr oder weniger Verständnis darüber ver saßt und einem besreundeten Blatte zum Abdruck ein- gesandt, häufig geschieht aber auch das nicht. Der auf merksame Verleger merkt sich bald solche immerwährend wiederkehrenden Freibeuter und legt die Bestellungen beiseite, nachdem er natürlich zuvor Lehrgeld bezahlt hat. Mir ist z. B. ein Verleger eines Parteiblattes bekannt, der zu Weih nachten und bei sonstigen Gelegenheiten sich zu Geschenk zwecken Rezensions-Exemplare schönwissenschaftlicher und Jugendschriften-Literatur nach dem Börsenblatt bestellt, die dann von einem Hilfsredakteur oder Gehilfen mit einigen oberflächlichen Worten besprochen und so in die Zeitung lanciert werden. Wie nichtssagend oft derartige wertlose Rezensionen sind, die vielfach nur eine Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses oder Vorworts sind, davon weiß wohl jeder Verleger ein Lied zu singen. Diese Art Be sprechungen dürften in den meisten Fällen von solchen Leuten herrühren, die, wie oben gesagt, den Wert des Rezensionsexemplars, ja vielleicht des Buches an sich, unter schätzen und sich über die rechtliche Seite ihrer Handlungs weise nicht klar sind. Was aber für Werte der Verleger zum Teil nutzlos vergeudet, das soll nachfolgende Statistik zeigen. Es handelt sich hier nur um einen mittleren Verlag wissenschaftlicher Richtung, der in der Vergebung von Rezensionsexemplaren sehr sparsam und vorsichtig verfährt. Bei einem belle tristischen Verlage mögen vielleicht die Verhältnisse günstiger liegen, weil diese Literatur schneller zu übersehen, d. h. leichter zu beurteilen ist. abgesehen davon, daß meist auch der Herstellungswert des einzelnen Buches ein weit ge ringerer als der von wissenschaftlichen Werken ist. die mit wenigen Ausnahmen nur in kleineren Auflagen mit bedeutend höheren Kosten hergestellt werden. In den letzten drei Jahren wurden von mir S1 Werke in 1446 Exemplaren zur Rezension versandt, und zwar handelt es sich mit einigen wenigen Ausnahmen, wo voll ständig umgearbeitete und erweiterte Werke in neuer Auflage in Frage kamen, nur um Neuerscheinungen, die sich, wie folgt, verteilen: 2l Werke in 374 Ex. im Preise bis 1 im Gesamtwert von 24l.— 16 „ 2.4t „ ^ 294 40 14 >, 268 ,. „ „ „ 737.20 14 „ ist „ „ 5 4: „ ^ 768 30 >2 .. 248 „ „ „ 10 „ 1779.20 10 .,»3 „ „ „ 20 „ ^(2298 60 4 „ 40 „ ,, ^ 1232.— vl 1448 Explre. ^r73av.«0 Also im Jahresdurchschnitt ca. 30 Werke in 482 Exem plaren zum Werte von ^ 2450.20. Da mit dem hier in Frage kommenden Verlag gleichzeitig ein Sortiment ver bunden ist und also das event. verkaufte Exemplar den vollen Wert sür mich hat. habe ich allerdings die Ordinär preise zu Grunde gelegt. Man könnte daher event. von der Summe noch 2L"/„ Rabatt in Abzug bringen; jedoch würde ich es für verkehrt halten, nur den Herstellungs preis der Statistik zu Grunde zu legen. Wenn man dazu die ünkosten sür Briefe, Anschreiben. Formulare, Porto. Em ballage. Reklamationen usw. hinzurechnet, so ist das sür eine mittelgroße Firma immerhin schon ein Ausgabeposten, über besten zweckmäßige oder unzweckmäßige Aufwendung man wohl Erhebungen anstelle» muß. Es ist auch zu berücksich tigen. daß nebenher an sonstigen Freiexemplaren sür Autoren, Prüsungs- und Handexemplaren. Partieexemplaren. Defekten noch eine viel höhere Summe in Frage kommt, mit der der Verleger neben sonstigen Spesen für Reklame und dergleichen rechnen muß. weil dadurch sein Nutzen selbst am gangbaren Buche noch erheblich beschnitten wird, von den nicht gehenden Büchern ganz zu schweigen. Wie sich nun das Ergebnis der eingegangenen Rezen sionen stellte, gibt folgende Tabelle an: