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der Danziger Kulturkammer und was wir sonst noch alles waren, vom ersten Abend an das als gemeinsame Parole ausgegebene »Du« zu Kameraden. Wir alle, so grundverschieden nach Alter, Stellung, Interessen und Heimatort, wollten auf acht Tage Zusammensein, um uns eines teils durch die Schulungsavbeit der Referenten einfiihren zu lassen in kulturelle Äußerungen unseres Volkslebens, und zum anderen, um in einem Stück herrlicher deutscher Landschaft einmal über die engen Grenzen unseres Heimatortes hinauszuschauen und unter etwa gleichaltrigen, jungen oder jungdenkeuden Berufskameraden zu sein. Es ist ganz besonders erfreulich, daß sich nach und nach, wie ich erfahren konnte, das Referat von Rudolf Alexander Schröder über das Verhältnis von »Dichter und Volk« doch als eines der größten Erlebnisse unserer Freizeitarbeit durchgesetzt hat. R. A. Schröder verstand es prächtig, uns jungen Menschen eine Haltung nahezubringen, die uns auf allen Gebieten menschlichen Lebens Richtschnur sein sollte: Man darf beim Verstehenlernen irgend welcher Begriffe nicht nur die »Jetzt-Zeit« sehen, sondern es muß gerade unsere ganz besondere Aufgabe sein, Geschehnisse unserer Zeit aus den ihnen zugrunde liegenden Entwicklungsstufen zu erkennen. Wie können wir Buchhändler sonst als rechte Mittler zwischen Dichter und Volk stehen, wenn wir das Wesen und Werden unserer Dichter der vergangenen Jahrhunderte übergehen wollten? Wenn an dem Tag, als R. A. Schröder in seiner tiefaügelegien Schau zu uns sprach, es beinahe so schien, als wäre dieses Referat an uns vorbei gegangen, und auch in der sich anschließenden Aussprache das Problem »Dichter und Volk« uns noch keineswegs ganz geklärt schien, so konnte doch erst vor wenigen Tagen Viktor Laudien in einem Rundschreiben uns Mitteilen, daß er aus den Berichten der einzelnen Kameraden hat feststellen können, ein wie nachhaltiges Erlebnis P. A. Schröders Worte für jeden von uns geworden sind. Warum sollten wir auch alles, was uns geboten wurde, fraglos entgegen nehmen? Und ich glaube, dieser gesunde Widerspruch, dieses Mit arbeiten und Mitdenken jedes einzelnen war es auch, was K. H. Bischofs, als er bei uns weilte, zu der Überzeugung gebracht haben mag, daß bei uns gearbeitet worden ist. Er sagte mir selbst in einem Gespräch, was für eine Freude es ihm gemacht habe, wie jeder von uns sich mit den Gedanken des Vortragenden auseinandersetzte und nicht nur alles so hinnahm, wie es gegeben wurde. Hatten wir von Rudolf Alexander Schröder gehört, wie sehr sich in den vergangenen Jahren der Dichter aus der Bindung an Volk und Staat gelöst hatte, so gab uns K. H. B i s ch o f f eine sinn gemäße Fortführung dieses Gedankens in Bezug aus unseren eigenen Beruf, als er zu uns über »Die ständische Organisation als Notwendigkeit« sprach. Er überzeugte uns davon, daß wir nur dann zu einem wahren Berufsethos finden können, wenn wir die freien Entfaltungsmöglichkeiten und die Selbstverantwortung unseres Standes richtig erkennen, schätzen und beherrschen lernen. Es geht für uns, die wir zum großen Teil eigentlich noch am Anfang unserer Berufslaufbahn stehen, darum, daß wir nicht zu bloßen Arbeitsmenschen, sondern zu Arbeitspe.sönlichkeiten erzogen werden, die nicht eine Berufsorganisation, sondern einen Berufsstand bilden, in dem jeder, Schulter an Schulter, kameradschaftlich die Aufgaben des Standes zu meistern hat. Immer aber müssen wir uns vor Augen halten, daß die Arbeit jedes einzelnen dazu angetan sein muß, die Ehre unseres Berufs st andes zu festigen. In der gleichen Richtung lag auch der Überblick, den uns Viktor Laudien über »Das Verhältnis der Buchhändler untereinander«, also über das Verhältnis zwischen Verleger, Sortimenter, Reisendem und Leihbuchhändler gab. Ich möchte diese Ausführungen kurz einen Abriß über den »Kamerad Buchhändler« nennen. Wo Kameraden beieinander sind oder miteinander arbeiten, da stehen im Vordergrund die unbedingten Prädikate aller Kamerad schaft: Ehrlichkeit und Verantwortungsfreudigkeit füreinander. Dieser Verantwortung müssen wir uns immer bewußt sein, denn gerade Zweite deutsche Shakespeare-Woche Name und Ruf des Bochumer Stadttheaters als eine der führen den Bühnen des neuen Reiches bürgten dafür, daß auch die zweite deutsche Shakespeare-Woche wiederum zu einem vollen Erfolg und kul turellen Bekenntnis n»seres Volkes zu den unvergänglichen Gütern der Menschheit werden würde. Nicht nur ganz Deutschland, sondern auch bas Ausland blickten darum in diesen Tagen wie so oft schon in den letzten Jahren aus diese deutsche Bühne inmitten des rheinisch-west fälischen Industriegebietes unter der Betreuung des weithin bekannten Stadtrates Stumps und des Intendanten Saladin Schmitt und seiner hingebungsvollen Mitarbeiter. Bereits vor zehn Jahren wenn wir den Weg des Buches vom Dichter angefangen über den Ver leger hinweg zu unserem deutschen Volksgenossen oder zum Leser in der Welt betrachten, so werden wir einsehen müssen, daß es in unserm Beruf darum gehen muh. mehr als nur Kauflcute oder Händler zu sein. Ein besonders freudig begrüßter Gast war Gerhard Schön felder, den viele von uns schon von ihrem Besuch der Reichsschule her kannten und zu schätzen wußten. Er stellte uns in seinem den Abschluß der Woche bildenden Referat über »Unsere Ausgaben gegenüber Volk, Staat, Schrifttum und Berus- ganz besonders als Beispiele sür unsere Ausbildung die bedingungslose Einsatzbereitschaft und den unbeugsamen Willen zur Leistung vor Augen, so wie dies die Männer verkörperten, die am Anfang der Geschichte des neueren Buchhandels als unsere großen Vorbilder stehen: Perthes, Göschen, Cotta oder Brockhaus. Wir können unsere Ausgaben gegenüber unserem Volk und unserem Beruf nicht besser lösen, als wenn wir zu der Überzeugung gelangen, daß wir uns auf noch un endlich vielen Gebieten erziehen und schulen müssen, damit wir als frische und gesunde Menschen im Beruf stehen und Haltung gewinnen. Von Moritz Jahn, in dessen Händen die »Biicherku eid liche Arbeit« lag, hatten nur wenige von uns vor der Poller Woche etwas gelesen oder gehört. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß nach Polle wohl jeder versucht hat, sich seine Werke zu ver schaffen und nachzulesen; so starken Eindruck hat dieser Dichter bei »ns hinterlassen, nachdem er uns mit der ganzen Lebendigkeit seiner Sprache aus seinen beschaulich philosophischen Gedichten gelesen hat und wir uns besonders auch an seiner in plattdeutscher Mundart vorgetragenen Heimatdichtung ergötzen dursten. Doch nun zur wirklichen »Freizeit». Polle liegt an einer mäch tigen Schleife der Weser, und da das Wetter es die meiste Zeit ausnehmend gut mit uns gemeint hat, gab es be! uns Leute, die sich nicht nur einmal am Tage dem strömenden und kühlenden Naß anvertraut haben. — Die vollkommene Gleichschaltung aller Unter schiede, die wir aus unserem bürgerlichen Leben mit nach Polle gebracht haben mochten, wurde durch das tägliche Schälen der Kar toffeln für bas Mittagessen vollzogen. Hier ist die rührende Aufopfe- rungsfrcudigkeit unserer Kameradinnen zu erwähnen, die es sich, um nichts zu versäumen, nicht nehmen ließen, selbst während der Stunden mit Moritz Jahn im Schulungsraum Berge von Kartoffeln zu bearbeiten. Den Höhepunkt und das nachhaltigste Erlebnis der Freizeit bildete unzweifelhaft für jeden von uns unsere Fahrt zu Hans Grimm. An der Weser entlang, durch die herrlichen, alten nicdersächsischen Dörfer und Städtchen ging es am Solling vorbei nach Lippoldsberg, wo wir die bekannte Gastfreundschaft Hans Grimms genießen dursten. In einer Halle seines Hauses saßen wir bei Kerzenschein im Hufeisen um den lesenden Dichter und lauschten einem Kapitel seines jüngst vollendeten, noch nicht erschienenen Werkes, mit dem er ähnlich seinem »Volk ohne Raum« mit dichterischer Kraft der Festigung und Er füllung unseres Rcichsgedankens dient. Es ist nur schade, baß alles Schöne immer so schnell ein Ende nimmt. Ein Kameradschaftsabend, den wir am letzten Tag im Ort begingen und bei dem noch einmal, in lustiger Form, dieses und jenes der Freizeit, was wir gemeinsam durchlebt hatten, an uns vorüberzog, bekundete, daß wir am Ende der Arbeitswoche sind. Ich glaube, im Namen aller Kameraden und Kameradinnen zu sprechen, wenn ich hier sage, daß unser besonderer Dank dem Leiter der Frei zeit, Viktor Laudien, gebührt, der mit der mit Aufopferung vorbereiteten und in prächtiger Kameradschaft durchgeführten Arbeits woche uns dieses Erlebnis bereitete. Mit dem Wort von Hanns Johst: »Jung sein heißt, das Reine wollen, kompromißlos denken und handeln. Handelt sung an eurem Stand und an eurer Aufgabe und ihr handelt für Deutschland!« schloß die Poller Arbeitswoche 1987. Wolfs Gudenberg, Leipzig. in Bochum vom 9. bis 15. Oktober Hingen ja hier erstmals sämtliche zehn Königsdramen des großen Briten in einer großartigen Auffiihrnngsfolge über die Bretter, es folgten ähnliche Zyklen der Dramen Goethes, Schillers, Kleists und zu Beginn dieses Jahres eine »Woche der Dramatiker der HI.«, eine Kette beispielhafter Leistungen im Kampfe und Ringen um unser neues deutsches Theater, mit dem Bochums Name heute aufs enaite ver knüpft ist. Einen neuen Höhepunkt hierin bedeutete nun die zweite Shake speare-Woche unter der Schirmherrschaft des Gauleiters Josef Wag ner, die ihre besondere Bedeutung erhielt durch die Anwesenheit des Nr. 242 Dienstag, den IS. Oktober 1987 829