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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 20.12.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190412206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19041220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19041220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-12
- Tag 1904-12-20
-
Monat
1904-12
-
Jahr
1904
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 20.12.1904
- Autor
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einem Kreuzer besteht, soll Ende Januar erfolgen. Die Fertigstellung von Neubauten ist in dies er Zeit unmöglich. Man mißt dem 3. Geschwader geringe Bedeutung bei, zumal ein Teil der Schiffe nicht einmal moderne Schnellfeuerkanonen besitzt. OeriNches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 19. Dezember. *— Der gestrige goldene Sonntag, der letzte Sonntag vor dem Feste, war auch insofern ein goldener Tag, als er in hellsten Sonnenschein ge taucht war. Wenn wir an den reich ausstasfierten Läden und Schaufenstern unserer Geschäftsleute nicht gesehen hätten, daß der Weihnachtsmann seine Schätze ausgebreitet, wir hätten denken können, Ostern sei in der Nähe. Das frühlingsartige Wetter hatte nicht nur ganz Hohenstein-Ernstthal, sondern auch sämtliche umliegende Ortschaften auf die Beine gebracht. Die Ladeninhaber, besonders die in den Hauptstraßen, sollen, wie wir von ver schiedenen Seiten hören konnten, durchgehends recht gute Geschäfte gemacht haben, sodaß erfreulicher weise auch für sie der Tag ein goldener gewesen ist. Nur in den eigentlichen Winterwaren, in der Branche der Kürschner, Pelzwarenhändler rc. wurden nicht alle Wünsche erfüllt. Es hängt dies mit den Witterungsverhältnissen zusammen, die nun schon seit einer Reihe von Jahren den hier beteiligten Kreisen nicht günstig gestimmt sind. Sonst wurde, wie gesagt, nicht nur viel geschaut, sondern auch viel gekauft. *— I« der Lotzeschen Angelegenheit liegt nunmehr die auf Grund der Bücher gefertigte Bilanz vor. Dieselbe ergibt folgendes Resultat: l. Aktiva. Warenlager 214163,41 Mk. Debitoren 81356,92 „ Fabrik, Maschinen rc. 64 995,81 „ 360 516,14 Mk. II. Passiva. Laufende Wechsel 178 287,22 Mk. Buchschulden (darunter 3800 Mk. rückständige Saläre) 170 018,03 „ Einbringen u. Darlehen der Frau Lotze 482 038,00 „ Forderung der Frau Lotze 50 000,00 „ 880 343,25 Mk. Es bleiben somit für die Gläubiger etwa 41°/o in der Masse. Dieser Prozentsatz verschiebt sich zu ungunsten der Gläubiger, wenn das Warenlager nicht in aller Ruhe veräußert wird oder geringere Erträgnisse ergibt, als in der Bilanz angenommen, andererseits zu gunsten derselben, wenn Frau Lotze, um eine Liquidation zu ermöglichen, auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet. In der am Sonn abend, den 17. d. M., in Leipzig stattgefundenen Gläubigerversammlung, zu der etwa 40 Gläubiger anwesend oder vertreten waren, wurde allgemein anerkannt, daß ein Konkursverfahren möglichst ver mieden werden müsse, um einen günstigen Verkauf des Warenlagers zu erzielen. Es wurden folgende Beschlüsse, und zwar einstimmig gefaßt: 1) die Gläubigerschaft gewährt Herrn Lotze ein Moratorium bis zum 1. Juni 1905 zur Verwertung und Fest- stellung der Aktivmasse; 2) es wird ein Gläubiger ausschuß von 5 Personen gewählt; 3) Gläubiger mit Forderungen unter 200 Mark werden voll be zahlt unter Hinweis auf die Anfechtbarkeit der Zahlung im Falle des Konkurses nach tz 31 Z 1 der Konkursordnung; 4) der Gläubigerausschuß wird ermächtigt, mit Frau Lotze wegen Nachlaß von ihrer Forderung zu gunsten der übrigen Kon- kurSgläubiger zu verhandeln und das Resultat den Gläubigern zu unterbreiten. * — Errichtung eines Kaufmannsgerichts. Für den Bezirksverband Glauchau, mit Ausnahme der Städte Glauchau, Meerane und Hohenstein- Ernstthal, soll ein Kaufmannsgericht erricht, t werden. Die Gewerbekammer hat zu diesem Behufe an die in Frage kommenden Kreise des Bezirks Zuschriften gerichtet, sich gutachtlich darüber zu äußern. ' — Stubenbrand. Als gestern abend in der 12. Stunde sich die Frau eines Anwohners der Dresdnerstraße mit ihren drei Kindern zu Bett begeben wollte, fiel durch einen unglücklichen Zufall die Petroleumlampe um und setzte die Betten in Brand. Der Mutter gelang es jedoch bald, dank ihrer Geistesgegenwart, die Flammen, noch ehe sie größeren Materialschaden anrichten konnten, zu unterdrücken. Leider erlitt sie hierbei an Armen und Händen so erhebliche Brandwunden, daß sie sich sofort in ärztliche Behandlung begeben mußte. Hoffentlich hat die entschlossene Frau aber bei ihrem Rettungswerke keinen dauernden Schaden an ihrer Gesundheit erlitten. * — Eine für Eltern und Erzieher wichtige Entscheidung sällte das Königl. Oberlandesgericht Dresden in folgendem Falle: Die Kinder zweier Familien in Chemnitz spielten vor der Wohnung verschiedene Kinderspiele. Es kam zwischen den Kindern zum Streit und hierbei stieß die kleine Sch. ihre Spielgenossin fünf Stufen von der Haus treppe hinab. Als die Mutter ihr Kind am Boden liegen sah, versetzte sie der Täterin einige Schläge ins Gesicht. Der Vater der Sch. stellte gegen die Frau Strafantrag wegen Mißhandlung seines Kindes. Das Schöffengericht Ch.mnitz sprach jedoch die Angeklagte frei und die 4. Strafkammer des Landgerichts Chemnitz bestätigte dieses Urteil. Auch der Strafsenat des Königl. Oberlandesgerichts verwarf die Revision des Klägers, legte diesem sämtliche Kosten des zurückgewiesenen Rechtsmittels auf und sprach der Mutter des gestoßenen Kindes gegen das „unartige" Kind ein sogenanntes abge leitetes Züchtigungsrecht zu. * — DaS ungewöhnlich warme Herbst- Wetter, das nun schon seit einigen Wochen herrscht, wird um diese Zeit nicht gern gesehen; es kommt jedoch sowohl den Bauhandwerkern, wie auch den Landwirten zu statten. So hat z. B. vorgestern, also wenige Tage vor dem Christfeste, ein Land, mann am Fuße des Bärensteins sein Feld bestellt, d. h. umgeackert. sH Gersdorf, 19. Dez. Dem HauShaltplan auf das Jahr 1905 der hiesigen Gemeinde ent nehmen wir folgendes: Der durch Anlagen auf zubringende Fehlbetrag stellt sich auf 95 185,14 Mk. (im Vorjahre 104 717,69 Mk.); die Einnahme beträgt 15 302 Mk., die Ausgabe 110487,14 Mk. AuS den einzelnen Kapiteln ist folgendes von Interesse: Unter Baukosten ist als Fond für Errichtung eine- Volksbades die 2. Rate mit 500 Mark eingestellt. Für Unterhaltung von Straßen, Wegen, Brücken, einschließlich 1500 Mark für einen Ufermauerbau in der Nähe vom Restaurant „Gambrinus", 19 250 Mk. (Vorjahr 26 000 Mark); für Straßen beleuchtung 3000 Mk. (Vorjahr 1700 Mk); für Staats- und andere Abgaben einschließlich Haft pflichtversicherung 750 Mark; für Heizung, Be leuchtung und Reinigung der Dienstzimmer 800 Mk. ; für Volks- und Schulbibliothek 75 Mark; für Expedilions- und Verwaltungsaufwand 18 616 Mk (Vorjahr 17 000 Mark). Als Zuschüsse zu anderen Kassen ist erforderlich für die Kirchenkasse 11113,78 Mark (Vorjahr 9938,33 Mk ), Schulkasse 44552,86 Mark (Vorjahr 49 922,86 Mk ), Armenkasse 6340 Mark (Vorjahr 6035 Mark), Feuerlöschkasse nichts (Vorjahr 100 Mk), Hebammenpensionskasse 150 Mk. (Vorjahr 150 Mart), zusammen 62 156,64 Mark (Vorjahr 66 146,19 Mark) Zuschüsse zu anderen Kassen. Für Straßenverbreiterung sind 1000 Mk. vorgesehen (Vorjabr 4000 Mk.). Als letzte Rate für Tilgung der Rathausbauschulden sind 600 M. eingestellt, ausgeliehene Kapitalien 1100 Mk., Zinsen für Kapitalschulden 100 Mk. (Vorjahr 300 Mk.), als verlagsweise zu zahlende Familienunterstützung und Beihilfen an Krieasveteranen 1700 Mk., ver schiedene andere Ausgaben einschließlich 30 Mork sür das Krüppelheim und 100 Mark für die Ge meindediakonie 539,50 Mark (Vorjahr 973 Mark). * Waldenburg, 18 Dezember. Vorige Woche verendete bei dem Gutsbesitzer Gerigswald in Göpfersdorf eine Kuh an Milzbrand. Der Bruder Gerigswalds, welcher sich an der kranken Kub zu schaffen gemacht hatte, zog sich eine gefährliche Blutvergiftung an der Hand zu. Nur durch nne schwere Operation am Arme konnte der Verun glückte gerettet werden. * Glauchau, 18. Dezbr. Mehrere Einbruchs diebstähle wurden in den letzten Nächten in der nächsten Umgebung verübt. Der eine betraf den Gutsbesitzer Metzner in Hölzel, bei welchem sich die Spitzbuben ein Dutzend silberne Kaffelöffel, eine erst kürzlich in der Dresdner Pferdelotlerie ge wonnene Reisedecke, Kinderbetten, Kleidungsstücke und Teschinpatronen aneigneten. Der andere, in dem Döhlerschen Gasthose zu Reinholdshain ver übte Einbruch verlief für die Einbrecher resultatlos, da sie es nur auf Geld abgesehen hatten und dieses nicht zu finden war. * Zwickau, 18. Dezbr. Zum Bürgermeister- Konflikt ist heute folgendes zu melden: Nach ein geholten Informationen hält der Rat die Wieder wahl des Bürgermeisters Münch sür unzulässig. Der Rat begründet diese Anschauung wie folgt : Am 7. September wurde eine Wiederwahl Münchs von den Stadtverordneten abgelehnt. Nach tz 79 der Städteordnung setzte der Rat Münch hiervon in Kenntnis. Dieser erhob keinen Einspruch und damit erlangte der Beschluß der Stadtverordneten Rechtskraft. Die Wahl Münchs sei also ungültig, und es werde eine nochmalige Wahl zu erfolgen haben. In Berücksichtigung dieser Rechtsanschau ung hat der Rat Herrn Münch eröffnet, daß cr nicht in der Lage sei, den Beschluß.der Stadtver ordneten vom 30. November auszusühren. Es ist nun abzuwarten, ob Bürgermeister Münch gegen diesen Ratsbeschluß, der übrigens einstimmig gefaßt wurde, bei der Kreishauptmannschaft Rekurs ein legen wird. Bei der Kre shauptmannschast ist be reits eine von neun Stadtverordneten unterzeichnete Eingabe eingegangen, in der gebeten wird, die Wahl vom 30. November für ungültig zu erklären. In der Wahlbegründung heißt eS, daß die Mino rität überrumpelt worden wäre und Wahlbeein- flusfung vorläge. Um die letztere aufzud.cken, werden von einer Bürgergruppe, die sich mit den bezüglichen Erklärungen in der btzten Stadtoer ordnetensitzung nicht zufrieden gibt, gegenwärtig Vorbereitungen zu einer großen öffentlichen Bürger versammlung getroffen. Diese soll im Lause der nächsten Woche stattfinden. * Obcrplanitz, 17. Dez. Nachträglich ein Menschenleben gefordert Hal ein am Donnerstag im Hause von Frau Weichold ausgebrochener Brand, der jedoch schnell gelöscht wurde. Infolge der starken Rauchentwicklung erkrankte aber Frau Weichold so schwer, daß sie gestern gestorben ist. * Chemnitz, 18. Dez. Die hiesigen städtischen Kollegien haben wie in früheren Jahren auch für das Jahr 1905 wiederum 2000 Mk. zur Verteilung an würdige, in unverschuldete Not geratene Leieranen des deutsch-französischen Krieges 1870/71 bereit gestellt. * Dresden, 19. Dezbr. Herr Oskar Aehnelt, Lehrer an der 15. Bezirksschulc, wuroe zum Leut nant der Reserve beim 2. Grenadierregiment Nr. 101 befördert. Herr Aehnelt ist der zweite Dresdner Volksschullehrer, welcher zum Leutrant befördert worden ist. * Leipzig, 18. Dez. In der Nacht vom Sonn abend zum Sonntag fand in einem Grundstück zu L.-Plagnutz ein an sich unbedeutender Balk,ndrand statt, der durch herausgefallene glühende Kohlen verursacht worden war. Leider entwickelte sich da bei ein so starker Rauch, daß ein in der Wohnung vorübergehend aufhältlicher 50 Jahre alter Handels mann den Erstickungstod fand, bevor ihm Rettung gebracht werden konnte. — Ein in der Arndtstraße m Stellung befindliches 16 Jahre alles Dienst mädchen sprang gestern vormittag in einem An falle von Schwermut in selbstmörderischer Absicht aus der zweiten Etage in den Hof hinab. Das Mädchen erlitt außer emer tiefen Stirnwunde einen Bruch deS rechten Beines und wurde mittels Krankenwagens in das Stadtkrankenhaus überführt. — In einer Gastwirtschaft an der Nicolaistraße stürzte sich gestern mittag, eine in der Gerberstraße wohnende 24jährige Friseuse, nachdem sie mit ihrem daselbst aufhältlich gewesenen Bräutigam einen Wortwechsel gehabt hatte, in der Aufregung und aus Lebensüberdruß kopfüber die Treppe hinab. Die Verletzte, welche eine starke Kontusion des linken Beines, sowie der Wirbelsäule davongetragen hatte, mußte gleichfalls in das Krankenhaus gebracht werden. * Mockau bei Leipzig, 18. Dez. Ein myste riöser Leichenfund wird hier und in der Umgegend viel besprochen. Er ist in der Tat auch geeignet, das größte Aufsehen hervorzurufen. Man fand in der Parthe auf hiesiger Flur den Leichnam eines jungen Mannes, der anscheinend schon seit längerer Zeit im Wasser gelegen hat. Die Hände und Füße des Toten sind zusummengebunden, so daß angenommen werden muß, daß ein Verbrechen vor liegt. Die Königliche Staatsanwaltschaft in Leipzig hat die Untersuchung sofort eingeleitet. Der Ent seelte ist ungefähr 17 bis 20 Jahre alt. * Döbeln, 17. Dezbr. Infolge vorgekommener Unzuträglichkeiten verbietet der hiesige Stadtrat die Verteilung von Reklameschriften und -Bildern an Schulkinder. — Der im Juli 1902 im hiesigen Gasanstaltsgrundstück gemachte Münzenfund ist vom königlichen Münzkabinett zu Dresden unter sucht und als wertvoll befunden worden. Der Direktor des Münzkabinetts stellte sest, daß es sich um eine große Zahl von Brakteaten aus dem 12. Jahrhundert handelt, deren Auffindung sür die Münzgeschichte Sachsens von ungewöhnlicher Bedeutung ist. Ein Teil der Brakteaten ist für das königliche Münzkabinett angekauft worden, ein anderer Teil ist für das hiesige Stadtmuseum bestimmt und der Rest soll an Liebhaber verlaust werden. * Großenhain, 18. Dezbr. In gemeinschaft licher Sitzung beider städtischer Kolleg-en wurde Herr Stadtrat Hotob in Döbeln unter 38 Be werbern nahezu einstimmig zum Bürgermeister unserer Stadt gewählt. * Pulsnitz, 18 Dez. Die sieben Opfer der Obersteinaer Schreckensnacht wurden gestern nach mittag */„4 Uhr auf dem hiesigen Friedhöfe be stattet. Die auf so tragische und grausame Weise um ihr Leben gekommenen Glieder der Freuden- bergschen und Thomschkeschen Familien wurden in sechs Särgen in ein großes gemeinschaftliches Grab gebettet. Mehr als tausend Personen waren Zeugen dieses Massenbegräbnisses. Dem Leichenzug voran schritt der kgl. sächs. Militärverein für Obersteina mit Schießabteilung und Fahne. Herr Pfarrer Schulze hielt die Trauerrede. * Eibenstock, 18. Dezember. Das Gesuch der hiesigen Stadtgemeinde um Aufnahme einer Anleihe von 300 000 Mark zum Ralhausbau, zum Schul bau und zu Straßenzwecken wurde von der Kreis hauptmannschaft Zwickau zurzeit abgelehnt. * Reichenbach i. V, 18. Dez. Der von hier stammende wohnungslose „Gelegenheitsarbeiter" Gustav Louis Mühlfriedel verübte gestern früh b/,6 Uhr auf seine 38jährige, von ihm getrennt lebende Ehefrau ein Attentat mittels Schwefelsäure. In Klemms Gäßchen lauerte er der Frau, die ihrer täglichen Beschäftigung nachging, auf, vertrat ihr den Weg und schleuderte ihr aus einem Blech kruge die ätzende Flüssigkeit ins Gesicht. Dann ergriff er die Flucht, mährend die Frau mit einem gellenden Schrei zu Boden sank Mil Brandwunden im Gesicht und am Halse wurde sie zur nächsten Wache gebracht, wo der Polizeiarzt die erste Hilfe leistete und die Uebersührung der Verletzten nach dem Krankenhause anordnete. Leider ist wenig Hoffnung vorhanden, der Frau das Augenlicht zu retten. Der Täter konnte bis zur Stunde noch nicht ergriffen werden. * Falkenstein, 18. Dezbr. Der Ausfall der letzten Stadtvcrordnetenwahlen, bei welchen die Sozialdemokraten drei neue Sitze gewannen, so daß diese von Neujahr ab sieben Sitze im Kollegium inne haben, gab dem Rat und den Stadtverordneten Veranlassung, das Orlsstalut zu ändern. Danach werden der ersten Wählertlasse alle diejenigen Bürger, welche ein steuerpflichtiges Einkommen von über 4000 Mk. haben, der zweiten diejenigen, welche ein Einkommen von 1800 bis 4000 Mark und der dritten alle übrigen Bürger zugeteilt. Gerichtssaal. 8 Im Berliner Mordprozeß Berger wurde am Sonnabend die Mutter ber kleinen Lucie ver- vommen. DaS Erscheinen der Trauernden rief im Publikum große Bewegung hervor; man hörte Worte der Teilnahme mit der Schmerzgebrugten, zugleich ober auch des Abscheus über die furchibare Tat. Der Präsident behandelte die Frau mit zarter Rück sichtnahme. Er würdigte ihren Schmerz um daS geliebte Kind, aber sie möge sich von ihren Gefühlen nicht beeinflussen lassen und nur die Wahrheit sagen. Mit zitternder, zum Teil tränenerstickter Stimme schilderte die Mutter den Charakter ihres KindeS. ES sei ein fleißiges, brave-, aufgewecktes Mädchen gewesen, das noch wenige Tage vor dem Morde erklärt habe, eS lasse sich nicht verschleppen; da würden einem die Beine und der Kopf abgeschnitten und man werde inS Wasser geworfen. Genau diese« Schicksal ist der Kleinen beschicken gewesen! Im weiteren Verlaufe der Vernehmung der Frau Berlin kam es zu einer außerordentlich aufregenden Szene. Als die Zeugin angab, daß der Angeklagte den Verdacht der Täterschaft durchaus auf den inzwischen wieder aufgetauchten Agenten Lenz ablenken wollte und sogar mit Einzelheiten der Tat aufgewartet habe, da sprang Berger aus und rief mit gellender Stimme: „DaS ist eine unerhörte Lüge!" Der Vorsitzende hatte Mühe, den Erregten zu beruhigen. 8 Thorn, 19. Dez. Das Kriegsgericht verur teilte den Reservisten und früheren Musketier Bernhard Kleppcl, der im Manöverbiwak mehrere Unteroffiziere angerempelt hatte und sich disziplinarisch verging, wegen Achtungsverletzung, Beharrens im Ungehorsam, ausdrücklicher Gehorsamsverweigerung, Beleidigung eines Vorgesetzten und Selbstbefreiung als Gefangener zu 3 Jahren Gefängnis. Dec Vertreter der Anklage hatte 6'/, Jahr Gefängnis beantragt. 8 Wege» Loldate«mißhandlu«g war vom Krieg-gericht in Metz der Unteroffizier Fuhrmann vom 34. Feldartillerie-Regiment zu 6 Wochen Mittelarrest verurteilt worden. Dem Gertcht«herrn erschien die Bestrafung zu gering. Da« Oberkrteg»- gertcht verwarf indessen dle Berufung. Durch die fortgesetzten Plackereien Fuhrmann» war ein Kano nier zum Desertieren veranlaßt worden. Fuhrmann kürzte den schwer geprüften Mannschaften eigen mächtig die Nachtruhe, indem er sie oft ganze Nächte hindurch putzen ließ. Al« ein Offizier die Putzer überraschte und ihnen befahl, zu Bett zu gehen, lieh der Unterosfifier, sobald der Offizier weg war, die Mannschaften von neuem ausstehen und weiter putzen. Eine weitere Spezialität de« Peiniger» be stand darin, daß er sich auf die Fußspitzen seiner Untergebenen stellte und die armen Teufel an der Nase zog. 8 Prozeß Jenner. In Wien beginnt am heutigen Montag der Prozeß gegen den Bavkboten Jenner und Genossen wegen Bankdiebstahl« in Höhe von 250000 Kronen. DaS Geld ist bekanntlich bis auf 10000 Kronen wieder herbeigeschafft worden. 8 Da» Urteil für die Schuldigen der Pariser Stadtbahnkatastrophe. Da» Pariser Gericht verurteilte als Schuldige an dem großen Unglück im Jahre 1903, daS fast hundert Menschen da« Leben kostete, vier Bahnangestellte zu Strafen von 2000 Frank« bis zu 1 Monat Gefängnis. Daß die eigentlichen Schuldigen ganz andere Leute, als die Angestellten waren, weiß man. Kleine Chronik. * Anna Rothe P. DaS vielgenannte .Blumen medium" Anna Rothe ist im Alter von 54 Jahren gestorben. Man erinnert sich der Entlarvung und der Verurteilung der „Spiritistin" zu 1*/, Jahren Gefängnis. Bald nach ihrer Entlassung au» der Strafanstalt war Anna Rothe an einem Frauen leiden erkrankt, daS jetzt zu ihrem Tode geführt hat. * Einsturz eine» Reubaue». In Bremer haven ist am Sonnabend nachmittag die ganze Vorderfront eine» vierstöckigen Neubaue» eingestürzt, wobei 12 bi» 15 Bauhandwerker begraben wurden. Bisher sind von den Verschütteten 3 tot und 3 schwer verletzt geborgen wurden. Man nimmt an, daß unter den Trümmern wenigsten» noch 6 Tote liegen. * Ein Dampfer verbrauut. Der dänische Dampfer Glen Irland verbrannte unfern der nord amerikanischen Küste im Ozean. Neun Passagiere fanden den Tod, 22 wurden stundenlang in den Rettungsbooten auf der See umhergetrieben. Sie waren fast erfroren, als einem Dampfer die Auf nahme gelang. * UuglückSfall bei einer Piouierübuug. Bei einer Uebung des 11. Pionier-Bataillon» au» Hann.-Münden in der Nähe von Holzhausen im ReinhardtSwald wurden durch eine Explosion der Leutnant Neumann, der Feldwebel Sach« und ein Pionier getötet. Die Unglücklichen wurden voll ständig in Stücke gerissen. * Schwere» Verbrechen in einem Mädchen- Pensionat. In Ensival bei Bervier« wurde, der „Voss. Ztg." zufolge, von Arbeitern die Leiche einer elegant gekleideten, mit Schmucksachen versehenen unbekannten Dome, in einem verschlossenen Weiden korb eingepreßt, gesunden. Die Sektion stellte fest, daß der Tod durch Kindbettfieber erfolgt ist. Man vermutet, daß die Dame in einer Pension zu Ensival nach gewissen," mit Strafe bedrohten Eingriffen ge storben und dann beiseite geschafft worden ist. Die PensionSinhabcrin ist verschwunden. * Eine Löweujagd in Ostafrika schildert die Ostafr. Ztg.: Bei dem Bezirksamt in Dar-eS-Salaam traf kürzlich ein eingeborener Bote ouS der ein paar Kilometer entfernt gelegenen Missionsstation Kitsch, wele mit der Meldung ein, daß ein Löwe sich in der Nähe der Station herumtreibe und sich dann in einen Busch gelegte hätte, in dem er sich noch befände. Sofort macschierten BezickSamtSsekcetär Altmann mit Unteroffizier Holzhausen und zwei ASkariS ab, um die Bestie, wenn möglich, unschäd- sich zu machen. Hausen von speerbewaffneten Schwarzen begannen nun, durch Lärm da« Tier zum Verlassen des Dickicht« zu bewegen. Plötzlich brach eS kurz vor Herrn Altmann aus dem Gebüsch, der ihm einen Blattschuß gab. Im gleichen Augen blick machte der Löwe unvermutet kehrt und warf sich auf Herrn Holzhausen, vor dem er so dicht niederfiel, daß dieser zurückspringen mußte, um über haupt zum Schuß zu kommen. Ec seuerte dreimal hintereinander, worauf daS Tier zusommenbrach. ES war ein ausgewachsener stacker männlicher Löwe, der nun unter den Jubelrusen der eingeborenen Bevölkerung nach Dar-eS-Salaam gebracht wurde. EL sollen sich noch ein bir zwei weitere Löwen in der Umgebung von Kitschwele aufhalten. Der junge Herr. Bon Leopold Sturm. 56. Forts. (Nachdruck verboten.) Ernestine konnte sich eigentlich gar nicht- denken, aber sie liebte die Großmutter zärtlich und unterließ daher weitere Proteste. Fräulein Lemme aber, in der freudigen Hoffnung, durch ihre Anwesenheit un liebsame Zwischenfälle am leichtesten abwehren zu können, beeilte sich, ihren unbegrenzten Diensteifer zu versichern. Die Durchlaucht nickte gnädig. Aus alle Fälle glaubte Agne« Lemme doch so viel er reicht zu haben, daß schlimmstenfalls die hohe Dame bei Frau von Wolden ein Wort zu ihren Gunsten einlegen würde. Anderer Anschauung war Äustel von BrandfelS. DaS gescheidte kleine Fräulein war fest davon über zeugt, daß Eva vielmehr wisse, al» sie vorhin hatte verlauten lassen. Sie wollte die verschlagen« Zofe bei erster Gelegenheit genau verhören und sie war überzeugt, daß die Wahrheit sofort an den Tag kommen werde. Man hätte ja längst alle» wissen können, aber wo hatte Ernestine vorhin ihre Augen gehabt r Darum nach Goldenberg zu kommen, um dort, wie in der Pension von Fräulein Lemme bemuttert
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