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Hamburg, Jülich und Elsaß Lothringen haben sie Gemeinden, ebenso in England, der Schweiz, Galizien, Polen und besonders in Rußland, an der Wolga (40 000). Nach Amerika kamen sie durch Auswanderungen seit Ende des 17. Jahrhunderts. Hier beträgt ihre Zahl etwa 42 000 Glieder. Die in Deutschland und sonst zerstreut wohnenden Menno- niten haben die meiste Aehnlichkeit mit den alten Flemingern (Feine, die an der alten Lehre und Zucht festhalten) und zeichnen sich aus durch strengt Vermeidung jede- Luxus. Je nachdem die Männer Häftel oder Knöpfe tragen, zerfallen sie in Häftler und Knöpfler. In Amerika heißen die ersteren meistens amische Mennoniten, nach dem Prediger Jakob Amen, der Ende des 17. Jahrhunderts in verschiedenen Teilen Deutschlands und der Schweiz mennonitische Lehren verbreitete. Auch die amerikanischen mennonitischen Parteien sind fast unzählbar. Ueber die Baptisten in der nächsten Nummer. Ich bitte dich, entschuldige mich! Ein alter Pastor teilte bei einer Konferenz die Erlebnisse einer merkwürdigen Untersuchung mit. Er hatte im Laufe der Zeit dir Aus flüchte einer Anzahl Leute, die ihre unregelmäßige Gegenwart oder gänzliche Abwesenheit bei den Gottesdiensten zu rechtfertigen suchten, ausgezeichnet. Dabei war folgendes zutage getreten: Herr A., ein großer Geschäftsmann, wäre immer in der Kirche, wenn der Gottesdienst in eine andere Stunde fiele. Durch ein sonder bares Zusammentreffen wird A. meist gerade in der Kirchenstunde durch etwa- sehr Wichtiges verhindert. Herr B., ein guter Bürger, der auch mehreren Vereinen vorsteht, ist genötigt, den Gottesdienst zu versäumen, um einer öffentlichen Ver sammlung beiwohnen zu können, die leider immer auf den Sonntag fällt. Herr C. fühlt sich durch die jüngsten Beschlüsse des Kirchen vorstandet beschwert und glaubt, dagegen durch Abwesenheit von der Kirche protestieren zu müssen. Herr D. ist gegen die häufigen Kirchenkollekten und Sammlungen, zu denen der Pastor auffordert, und möchte sein Mißfallen über diese nach seiner Ansicht unpassende Art von Liebeszwang in irgend einer Art zum Ausdruck bringen. Herr E möchte sich gern mit seiner Familie im Gottesdienste zusammenfinden, aber die Kirche ist so weit entfernt, daß sie nicht alle zusammen dorthin kommen können. Herr F. erkältet sich so leicht die Füße; es ist ihm unmöglich, im Winter in die Kirche zu gehen. Fahren kann er nicht. Herr G. muß auf Rat seines Arztes die Feuchtigkeit vermeiden. Und die Kirche steht an einem feuchtem Ort. Herr H bedarf der frischen Luft, sonst schläft er ein. Er hat die Woche über sich so müde gearbeitet, daß er in der Kirche sich des Schlafes nicht erwehren kann. Herr I hat Furcht vor dem Luftzug und will die Versammlung nicht durch öfteres Niesen stören. Herr K. hat schwache Lungen; er kann nicht atmen, wo so viele Ausdünstungen verschiedenen Atems sich finden. Herr L. schwitzt so leicht, daß er es vorzieht, wenn es warm wird, seine Andacht in „Gottes freier Natur" zu halten. Herr M. kann nicht eine Stunde lang sitzen; der Arzt hat ihm Bewegung verordnet. Herr N. kann das grelle Licht, das durch die Kirchensenster fällt, seiner Augen wegen nicht vertragen. Herr O. kommt nicht, weil die matten Scheiben (oder die Vor hänge) an den Kirchenfenstern ihm das Licht nehmen, da- er nölig hat, um in seinem Gesangbuche mitzulesen. Frau P. hat niemand, der sie begleitet, und allein will sie nicht gehen. Frau Q. hört ziemlich schwer, uud die vorderen Bänke sind meist von jungen Mädchen besetzt. Frau R. kann sich in der Kirche durchaus nicht der Angst erwehren, es möchte in ihrer Abwesenheit zuhause „etwas passieren". Frau S. hat einen kleinen Hund, der sich das Mitgehen so an gewöhnt hat, und daS passe sich doch für die Kirche nicht. Frau T. würde öfter zur Kirche kommen, wenn sie ihre Kinder mitnehmen könnte, aber sie sind so verwöhnt, daß sie jeden Augenblick etwas von ihr verlangen. Frau U. kann sich mit dem Prediger nicht befreunden, dessen Predigt sie sehr mittelmäßig findet. Frau V. hat ein Dienstmädchen, das die Sonntagsmahlzeit nicht allein fertig bringt. Sie muß, wie viele andere, Sonntags die reichlichere Mahlzeit, die der Mann oder der Besuch verlangt, selbst kochen Frau W. klagt, daß sie immer schon Sonntags früh Besuch erhält; es sei doch unschicklich, diesen allein sitzen zu lassen. Frau X. ist nie zeitig genug fertig, um den weiten Weg zur Kirche zu machen. Es läute meist zum Kirchenansang, wenn sie sich anziehen wolle. Frau A. kommt nicht, weil sie m der Kirche so manche Person sieht, die sie nicht liebt. Frau Z. ist ärgerlich darüber, daß ein neues Gesangbuch eingeführt ist, dessen Text und Melodien von dem alten etwas abweichen. Schreiber diese- könnte vorstehende aus dem .Sächs. Kirchen- und Schulblatt" entnommene Entschuldigungen sür dat Fernbleiben vom Gottesdienste noch um nicht wenige vermehren, z. B. Herr N. ist durch seine Beruftarbeit die Woche über so in Anspruch genommen, daß er sich nur am Sonntag geistig weiter bilden kann. Da nimmt er ein gutes Buch zur Hand und liest, auf dem Sopha liegend, während der Kirchzeit darin. — Herr P. ist von der Werktagsarbeit so müde, daß er sich die Anstrengung, eine Predigt von V, bis '/< Stunde anzuhören, nicht zumuten darf. Kommt er zur Kirche, so hört er mit gespannter Aufmerksamkeit auf das, was geredet wird, und dat ist für ihn eine Anstrengung, die sogar seine Gesundheit schädigen könnte. — Herr M. ärgert sich über die gewohnheitsmäßigen Kirchgänger, die etwa- bessere- sein wollen al- andere Leute, darum kommt er lieber garnicht. — Herrn O. dauert die Predigt zu lange, Herrn H. wird zuviel gesungen. — Herr 'B. hat mit seinem Pastor einen Streit gehabt oder dieser hat ihn in einem seelsorgerlichen Gespräch „beleidigt", darum geht er „zu dem" nicht mehr in die Kirche, und weil ihm eine andere Kirche zu weit entfernt ist oder er sich „geniert", sich dort vor Bekannten blicken zu lassen, überhaupt nicht. — Herr C. ist im letzten Gottesdienste vom Prediger vor der ganzen Gemeinde blamiert worden; eine Stelle der Predigt „ging auf ihn", daS hat nicht nur er gefühlt, dat haben auch andere ihm gesagt, ja gerade bei dieser Stelle hat der Prediger ihn angesehen, das läßt er sich nicht gefallen — Wie im Gleichnis vom großen Abendmahl, so sehen sich auch heute noch viele durch ihren Beruf verhindert, zur Kirche zu kommen. Der Arzt A. kann seine Sprech stunde nicht verlegen; der Anwalt D. kann es nicht hindern, daß seine Klienten, zumal die vom Lande, die freien Vormittagsstunden des Sonntags benutzen, um ihn zu befragen; der Beamte E ist am Sonn abend mit seiner Arbeit im Bureau nicht fertig geworden und muß sich die Akten mit nachhause nehmen, um am Sonntag aufzuarbeiten; der Webermeister F. muß am Sonntagvormiltag scheeren oder den Stuhl vorrichten; der Handwerksmeister U. muß die Werkstätte aufräumen, um am Montag früh richtig mit der Arbeit wieder beginnen zu können; der Kaufmann Z. muß während des Vormittagsgottesdienstes Vor bereitungen im Laden treffen, um nachher während der kurzen Zeit, wo daS Geschäft geöffnet sein darf, möglichst viel verkaufen zu können; der Fabrikant S. muß, da am Sonntag Buchhalter, Kommis und Lehrlinge nicht beschäftigt werden sollen, die dringenden Geschäftsbriefe selbst beantworten. Es mag sein, daß wirklich einmal der Beruf am Besuche drS Gottesdienstes hindert, nur zur Regel dürfen diese Hindernisse nicht werden. Wo aber ein Willen ist, da ist auch ein Weg. Und warum muß denn das gerade in der Zeit deS öffentlichen Gottesdienstes „gemacht" werden, was vielleicht ebenso gut am Nachmittag oder Abend nachgeholt werden kann. Aber da muß man seine Erholung oder sein „Vergnügen" haben. — Uebrigens ist ja die Kirche kein Frosch, der weghüpft, die Kirchtür steht ja jeden Sonntag offen — wohl für die, die hineingehen. Könnte man alle diese sich entschuldigenden Kirchenflüchtigen aufs Gewissen fragen: warum kommt ihr nicht? oder warum so selten? die Antwort müßte ganz anders noch lauten. Bei den einen istS Gleich giltigkeit, Lauheit, geistliche Trägheit und Stumpfheit, irdischer Sinn und weltliche Lust, sie denken nicht daran, daß sie eine Seele haben, sür die sie sorgen müssen; sie sind gewissenlos. Andere kommen nicht, weil sie die Stimme ihres Gewissens hören, aber fürchten, in der Predigt an ihre Sünde erinnert zu werden. Was sagt das 3. Gebot? Wir sollen Golt fürchten und lieben, daß wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und kommen. Zum Sylvesterabend! Letzte Nacht, ernste Nacht! Wieder ist ein Jahr vollbracht! Hin geht Zeitliches, Ewiges kommt; — Frag', o Seele, nach dem, was dir frommt, was dir bleibt, wenn du stirbst. Letzte Nacht, Jahresnacht: Stimme der Todesmacht! Hin sällt Lebens kraft, hin alle Welt; Ist nun dein Haus bestellt, wenn der Tod dir erscheint? Letzte Nacht, Jahresnacht! Präge mit starker Macht uns der Ewigkeit Siegel tief ein! Gott woll' Leben im Tode verleih'« uns, den Sterblichen hier! Letzte Nacht, ernste Nacht! Jesus, mein Heiland, wacht über alles, was lebt und was stirbt; Kein's, das ihn sucht und ihn li bt, verdirbt. Ewig leben sie ihm! Druck und Verlag: Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal.