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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 16.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190409167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19040916
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19040916
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-09
- Tag 1904-09-16
-
Monat
1904-09
-
Jahr
1904
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 16.09.1904
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Pari-, IS. Sept. General Kuropatkin be richtet in einem Telegramm an einen Freund, daß die Lage sich bedeutend gebessert habe und daß er demnächst einen neuen Zusammenstoß mit den Ja- vanern erwarte, wobei er hoffe, kräftig die Offen sive ergreifen zu können. Tokio, IS. Sept. Die Ruffen befestigen Tie- ling. Man glaubt, daß der nächste Kampf dort stattfinden wird. Russische Truppen stehen auch noch südlich vom Hunfluß und halten Fühlung mit den dort vorgeschobenen japanischen Borposten. Tieliny- 1b. Septbr. Von einer Räumung MukdenS ist vorläufig keine Rede mehr. Die Operationen scheinen sich mehr nach Osten zu ziehen. Loado«, 15. Sept. Die Abendblätter ver öffentlichen eine Drahtmeldung aus Tokio, der- zufolge der Kriegsminister in Beantwortung einer Frage Oyamas erklärt hatte, daß 100 000 Mann frischer Truppen und 252 Kanonen zur Verstär kung der japanischen Mandschurei-Armee vor Ende September zu erwarten sein werden. MoSka«, 15. Sept. Hier sind 50 gefangene apanische Offiziere eingetroffen. Dieselben wurden jnach Wladiwostok gesandt. Paris, 15. Sept. Der russische Kreuzer zweiter Klaffe „Korea" wird voraussichtlich morgen einen Hafen der Vereinigten Staaten im Stillen Ozean anlaufen. Das Schiff erhielt Befehl, sich den Weisungen der amerikanischen Behörden streng zu fügen und nach Kohleneinnahme in der Richtung nach Wladiwostok abzufahren, um unterwegs nach Schiffen mit Kontrebande zu suchen. London, 15. Sept. Große Aufregung ruft hier eine^ Depesche aus Gibraltar hervor. Der Dampfer „Ortona" meldet, er habe gestern nach mittag gesehen, wie ein russischer Kreuzer dabei war, den britischen Dampfer „Derwen" auf Cardiff zu untersuchen. Derselbe gehörte dem Reeder Jones in Cardiff und ging am 7. d. Mts. mit 6000 Tonnen Steinkohlen nach Port Said. Die Ladung gehörte der Firma Worms u. Co. Der von der „Ortona" angegebene Platz der Untersuchung be findet sich zwischen St. Vincent und der Straße von Gibraltar. Kopenhagen, 15. Septbr. Blättermeldungen zufolge wurde hier ein per Dampfer aus Schweden ankommender Japaner am Landungsplatz von Ge heimpolizisten erwartet und überwacht, bis er eine Stunde später nach Korsoer abreiste. Auch dorthin folgten ihm Polizisten. Hiesige Blätter meinen, die Mission des Japaners bestehe darin, die russische Flotte während ihrer Durchfahrt durch den großen Belt auSzuspionieren. Zum Aufstand der Herero. Ueber den Umfang der TyphuSepidemie in Deutsch- Eüdwestafrika veröffentlicht die „Triersche LandeSztg." Angaben, die dem Briefe eine» Sergeanten vom Stabe deS MajorS von Glasenapp, datiert vom 2. August au» Windhuk, entnommen sind. In dem Briefe heißt eS u. a.: „So ist zum Beispiel in GobabiS (Osten) wiederum eine TyphuSepidemie autgebrochen. Auch die nördlichen Abteilungen der Echuhtruppe sollen viel unter dieser Krankheit zu leiden haben, desgleichen sollen die Herero durch Siechtum viele Leute verlieren. Unser Marine- Expeditionskorps, daS mit rund 670 waffenfähigen Köpfen auSrückte, ist zur Zeit auf 300 felddienst- fähige Leute durch Krankheit, Tod und Verwundungen herabgemindert. . . Gefallen sind von unS bei Owikokorero 10ffizier, 1 Mann, be»Okaharm33 Mann, fünf davon sind ihren Verwundungen erlegen. Im Norden kommen noch einige Leute hinzu. Mehr noch sind aber dem Wüterich Typhus zum Opfer gefallen, sodaß wir ungefähr 80 bis 100 Tote auf zuweisen haben." Neue Verlustliste. Amtlich wird unterm 14. September gemeldet: Unteroffizier Martini, geboren am 30. Mai 1875 zu GermerSdorf Kreis Guben, früher Regiment 122, ist am 12. September im Lazarett Okahandja an TyphuS gestorben. Reiter Rudolf Löwe, geboren am 12. Januar 1880 zu Franzendorf bei Reichen- berg, früher Ulanenregiment 17, ist am 12. September im Lazarett Okosongoho an TyphuS gestorben. Außer Leutnant Baron Stempel und Sergeant Stolle ist am 30. August gegen Morenga, westlich Echanzoberg, gefallen Gefreiter Otto Arndt auS Heiligenbeil, früher Dragonerregiment 11, verwundet Gefreiter Bründlinger, früher Regiment 42, und Reiter Stephan GözkowSki auS Kalz, früher Re giment 135. Die Erkrankung des Fürsten Herbert Bismarck. Fürst Bismarcks Krankheit wurde, wie den „Berl. Reuest. Nachr." aus Friedrichsruh berichtet wird, als unheilbarer Leberkrebs erkannt. Die Schmerzen werden durch tägliches mehrfaches Ein spritzen von Morphium gelindert, weshalb der Fürst viel schläft. Der bedrohliche Kräfteverfall dauere an, das Ableben stehe deshalb nahe bevor. Wenn die „Hamb. Nachr." im Gegensatz hierzu schreiben, daß die Aerzte durchaus nicht jede Hoffnung aufaegeben hätten, so ist wohl zu berück sichtigen, daß das Blatt im Friedrichsruher Schlosse gelesen wird, und daß man den Kranken nicht un nütz beunruhigen will. Der Zugang zum fürstlichen Schlosse ist nach einer Meldung der „Frkf. Ztg." für alle Fremden gesperrt. Wie zu Zeiten des alten Fürsten, halten die Schnellzüge gegenwärtig bei Bedarf in Fried richsruh, um den Aerzten das Kommen und Abfahren zu erleichtern. Vor zweieinhalb Wochen sah man den Fürsten Herbert zum letzten Male am Bahn- Hof; er ging nur noch mit Mühe. In der „Staatsbg.-Ztg." lesen wir: Nachdem der plötzliche Ohnmachtsanfall mit seinen sonder baren Lähmungserscheinungen, die man auf einen leichten Schlaganfall deuten zu müssen geglaubt hatte, vorübergegangen war, ohne besondere besorg niserregende Konsequenzen zurückzulassen, war man geneigt, in einer natürlichen Reaktion auf den ersten großen Schreck hin die Erkrankung leichter zu nehmen, als sie in Wirklichkeit war. Wochen vergingen indessen, die Kräfte des Fürsten nahmen langsam, doch stetig, ab. Der sonst so äußerst kräftige Mann in der Blüte seines Lebens wurde siech und schwach. Hamburg, 15. September. Der Kaiser hat fortlaufende Berichterstattung über den Zustand des Fürsten gefordert. Gestern morgen verlangte der Kranke seine Kinder zu sehen. Die Fürstin führte die vier ältesten Kinder, zwei Mädchen und zwei Knaben, in das Krankenzimmer an das Bett, während sie das jüngste Kind, einen einjährigen Knaben, auf dem Arme trug. Alle mußten das Zimmer verlassen, und der Fürst blieb dann etwa eine Viertelstunde mit den Seinen allein. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 15. September. *— Unfall. Auf recht eigentümliche Weise verunglückte dieser Tage ein in den 20er Jahren stehender hiesiger junger Mann in einer an der Antonstraße gelegenen Webfabrik. Mit der Re paratur eines Kessels beschäftigt, der mit Hämmern bearbeitet wurde, sprang plötzlich ein solcher zu rück und traf den Unglücklichen ins Gesicht, wobei ihm die Kinnlade so schwer verletzt wurde, daß er sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußtL, GewerkschastSkartell. In Ergänzung unsrer Notiz in der vorgestrigen Nummer, betr. die Errichtung eines Gcwerkschaftskartclls, wird uns von beteiligter Seite noch mitgeteilt, daß außer den bereits genannten Organisationen auch diejenigen der Bergarbeiter von Gersdorf und Oberlungwitz mit 700 Mitgliedern sich dem Kart ll angeschlosfen haben. Auskunft für die Bergarbeiter erteilt Herr Robert Frauenstein-Gersdorf Nr. 202. Die Gesamtmitgliederzahl des Kartells beträgt nun mehr bereits rund 1200 Personen. *— Ueber den Verkehr mit Kraftfahrzeugen (Kraftwagen und Kraftfahrrädern) auf den öffent lichen Wegen erläßt die Königl. Amtshauplmnnn- schaft Glauchau eine Bekanntmachung. Derzufolge hat der Führer eines Kraftfahrzeuges alles zu ver meiden, was den übrigen Verkehr überraschen oder belästigen, insbesondere beim Begegnen oderUeber- holen ein Unruhigwerden der Zug- und Reittiere oder des geführten und getriebenen Viehes ver ursachen könnte. Besonders hat er auch auf Zuruf oder wenn ein Pferd oder ein anderes Tier Neigung zum Scheuen zeigt, sofort anzuhalten. Das Umlenken dicht vor oder neben bespannten Geschirren, sowie in der Nähe von gerittenen, geführten oder getriebenen Tieren ist verboten. Bei Dunkelheit, innerhalb von Ortschaften auf abfallenden Wegestrecken, sowie beim Begegnen und Ueberholen anderen Fuhrwerks von Zug- und Reittieren, geführten oder getriebenen Viehes darf die Fahrgeschwindigkeit 15 Kilometer die Stunde nicht überschreiten. Fußwege dürfen von Kraftfahrzeugen nicht benutzt werden. * — Berufung eingelegt. Das Urteil des hiesigen Königl. Schöffengerichts vom 16. August d. I., wonach die Ehefrau des jetzt in Hohndorf wohnhaften Gastwirts Oswald Hagemann wegen Beleidigung und Widerstands gegen die Staats gewalt zu 1 Woche Gefängnis und 30 Mk. Geld strafe verurteilt wurde, ist seitens der Verurteilten, wie uns der Vertreter derselben, Herr Rechtsanwalt A. Stirl-Lichtenstein, mitteilt, durch das Rechts mittel der Berufung angefochten worden. * — Ende der GcrichtSferien Mit heute haben die Gerichtsferien ihr Ende erreicht. Es tritt nunmehr der Geschäftsgang in vollem Um fange wieder ein, sodaß auch die weniger dring lichen Sachen zur Erledigung kommen. * — Nachsendung von Postsendungen. Nach den Bestimmungen der Postordnung kann der Ab sender durch einen entsprechenden Vermerk ver langen, daß Briessendungen und Postanweisungen nicht nachgesandt werden sollen, wenn der Em pfänger nach einem anderen Orte verzogen sein sollte. Wie wir hören, ist derartigen Wünschen in letzter Zeit häufig nicht entsprochen worden. Es empfiehlt sich im Interesse der Absender daher dringend, diese Vermerke auf den Sendungen recht auffallend niederzuschreiben und tunlichst noch mit Farbstift zu unterstreichen, damit sie den Postbe amten bei der großen Zahl von Sendungen nicht entgehen. *— Der Baumeistertitcl. Bei dem Ministerium des Innern ist darüber Beschwerde geführt worden, daß der Baumeistertitel noch vielfach von Gewerbe treibenden geführt würde, die dazu nach der Ver ordnung vom 12. Februar 1903 nicht berechtigt sind. Um die genaue Durchführung der ein schlagenden Vorschriften tunlichst zu sichern, sind die Amtshauptmannschaften und Stadträte in Städten mit revidierter Städteordnung angewiesen worden, über die zur Führung des Baumelstertitels berechtigten, in ihren Bezirken wohnhaften Personen, soweit dies noch nicht geschehen ist, Verzeichnisse anzulegen und auf dem Lausenden zu erhalten, in denen die einzelnen Baumeister nach den in der erwähnten Verordnung ausgeführten Gruppen aus einanderzuhalten sind. Die Einsicht in diese Ver zeichnisse ist allen Beteiligten, insbesondere auch den Vorständen von Bauinnungen zu gestatten. Gersdorf, 15. Septbr. In der gestrigen Sitzung der Omnibusfahrt-Gesellschaft lagen die eingegangenen Offerten nebst Rechnungen für Be schaffung eines neuen Wagens vor. Die Angebote entsprachen indeß nicht den zu stellenden Ansprüchen und Erfordernissen, sodaß man zu der Ansicht ge langte, von einer Anschaffung weiterer Wagen vor läufig abzusehen. Im weiteren beschäftigte man sich noch mit der Frage wegen Umbau eines Wagens, Reklamenaufdruck auf Fahrscheinen pro 1905, er weiterten Fährverkehr anläßlich deS am 9. und 10. Oktober hier stattfindenden Kirchweihfestes und der Fahrkontrolle. Schließlich gelangte zur Kennt nisnahme, daß bis 10. September insgesamt 27 978 Personen befördert worden sind. * GerSdorf, 15. Septbr. Bedeutende Dieb stähle wurden auf dem Steinkohlenwerke „Kaiser, grübe" entdeckt. Vom Lagerplatze sind innerhalb der letzten Wochen fünf kupferne Rohre, sogenannte Saugsätze, im Werte von 350 Mark und zwei andere große Kupferrohre im Werte von 200 Mk. gestohlen worden. Als Täter hat man zwei aus dem Werke beschäftigte Arbeiter in Verdacht, welche die Rohre vermutlich zerschlagen und an einen hiesigen Althändler verkauft haben. 1 1) Grüua, 15. Septbr. Der in Hohenstein. Ernstthal geborene, z. Zt. hier wohnhafte Bäcker, lehrling Bl. ließ sich am Montag einen Uhrendieb stahl zu schulden kommen und wurde deshalb ge- fänglich eingezogen. * Chemnitz, 14. Sept. Dieser Tage brachten wir eine Notiz, daß im benachbarten Helbersdorf die von der freiwilligen Feuerwehr anberaumte Spritzenprobe nicht abgehalten werden konnte, weil der Gemeindevorstand die Spritze an einen Ein- wohner zum Besprengen eines Gartens — verborgt hatte. In einer am Freitag abgehaltenen General versammlung wurde infolge dieses Vorkommnisses über die Auflösung der Wehr beraten, dieselbe aber schließlich abgelehnt, sodaß die Wehr weiter besteht. Eine Anzahl Mitglieder, darunter der Hauptmann und der Feldwebel, schieden aber aus der Wehr aus. * Glauchau, 14. Sept. Eine schwere Vergif tung durch eigenes Verschulden zog sich heute vor- mittag der auf dem hiesigen Güterbahnhof stationierte, 58 Jahre alte, verheiratete Weichensteller Mende aus Reinholdshain zu. In der elften Stunde be trat ein Kollege M's., eine Flasche mit 90 "/„iger Karbolsäure bei sich tragend, die Bude des letzteren, uw sich am Ofen eine Zigarre anzuzünden. Während desfen stellte er die Flasche ans Fenster, aus der dann M. in der Annahme, Schnaps vor sich zu haben, einen kräftigen Schluck nahm. Es geschah dies so schnell, daß M's. Kollege keine Zeit fand, ihn daran zu hindern. M. stürzte nach dem Trunk sofort besinnungslos zu Boden und erlangte auch trotz aller ärztlichen Bemühungen die Besinnung nicht wieder, weshalb er ins Krankenhaus geschafft werden mußte, wo er hoffnungslos darniederliegt. * Zwickau, 15. Septbr. Die Milchlieferanten von Zwickau und Umgebung lassen von heute Donnerstag ab eine bedeutende Erhöhung der Milchpreise eintreten, und zwar soll das Liter Voll milch 22 Pfg. und die gewöhnliche (blaue) Milch 10Pfg. kosten. Auch die anderen Molkereiprodukte (Butter usw.) sollen noch eine nicht unwesentliche Preiserhöhung erfahren. — Oberleutnant Adler vom 9. Infanterie-Regiment Nr. 133, der seiner zeit vom Kriegsgericht zu Chemnitz wegen fahr lässiger Beaufsichtigung eines Untergebenen und wegen Ungehorsams zu 6 Wochen 1 Tag Festungs- Hast verurteilt worden war, ist auf die von ihm eingelegte Berufung hin vom Oberkriegsgericht Leipzig freigesprochen worden. Das freisprechende Urteil hat Bestätigung gefunden. * Niederplanitz. Da ihre Papiere nicht in Ordnung waren, wurden zwei beim Betteln be troffene Männer in der Ortszelle untergebracht. Plötzlich fiel der eine der Inhaftierten von der Bank und war sofort tot. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht. * Werdau, 14. Sept. Unter den Schulkindern in Stöcken tritt der sogenannte „Ziegenpeter" epidemisch auf. Fast die Hälfte der Kinder ist an dieser lästigen Entzündung der Ohrspeicheldrüsen erkrankt. * Crimmitschau, 14 Sept. In welchem Maße sich der Schaden der Textilarbeiterbewegung, die über 20 Wochen währte und bis in das laufende Jahr hinein andauerte, fühlbar macht, beweist recht deutlich der letzte Geschäftsbericht unserer städtischen Sparkasse. Hiernach sind die Einzahlungen in Höhe von 2 100 160,33 Mk. im Jahre 1903 gegen das Vorjahr zurückgeblieben um 86 202,75 Mk.; die Rückzahlungen betrugen ohne die geleisteten Rückzinsen für erloschene Bücher 1 930 889,25 Mk., das sind 178 373,68 Mk. mehr als im Jahre 1902. Gegenwärtig beträgt das gesamte Guthaben der Einleger bei der Sparkasse über 11 Millionen Mark. — In großer Unruhe sind weite Kreise unserer Einwohnerschaft. In den letzten Nächten wurden Brandstiftungen versucht an den Gebäuden der Firmen Julius Schmidt, Vigognespinnerei in Crimmitschau, und Schönfeld, Buckskinfabrikation in Leitelshain, sowie an dem Fabrikgebäude der Firma A G. Kunstanstalt vorm. Etzold L Kießling in Leitelshain. Im ersteren Falle war auf einem Fensterstocke ein mit leicht brennbaren Stoffen an gefüllter Kasten, in dem ein brennendes Licht stand, aufgestellt worden, während in den anderen Fällen Schachteln mit brennenden Zündhölzern in die Arbeitsräume geworfen wurden. Bisher war es noch nicht möglich, des oder der Schandbuben hab haft zu werden. * Oederan Am 19. d. M. werden neun Jahre seit dem großen Eisenbahnunglück bei Oederan vergangen sein. Bekanntlich fuhr damals ein Militärzug mit 7 Kompagnien des 133. Regiments auf einen Güterzug auf. Außer einer großen An zahl schwerer und leichter Verletzungen waren sechs Mann der 1. Kompagnie tödlich verunglückt, der 7. Mann, Soldat Ludwig, starb während seines Erholungsurlaubes am 12. September desselben Jahres in Freiberg. Der Militärverein ehemaliger 133er zu Freiberg wird am Sonntag, den 18. d. M., früh das Grab des Kamerad Ludwig und nachmittags das Denkmal bei Oederan mit Kränzen schmücken. * DrcSden, 14. September. Heute vormittag ist das große Drogengeschäst des Stadtverordneten H. G. Möhring in der Pillnitzer Straße vollständig ausgebrannt. Beim Anwärmen von Parkettwachs durch einen Lehrling wurde der bedeutende Brand verursacht. Infolge der drohenden Explosion von Spiritus und Benzin wollten zwei Frauen, die bereits auf dem Fenstersims standen, zwei Stock hoch herabspringen, wurden aber daran gehindert. Der Besitzer weilte auswärts. Der beträchtliche Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Ein Lehr ling zog sich Brandwunden zu. — Eine eigenartige Blutvergiftung hat sich der Kaufmann Täschner in Niederlößnitz zugezogen. Er hatte sich beim Verkauf von Käse in den Finger geschnitten, die Wunde ihrer Geringsügigkeit wegen aber nicht be achtet. Als sich nun nach Lagen Schmerzen an der Schulter und Brust einstrllten, ries er wohl einen Arzt, erwähnte aber nichts von dem Schnitte am Finger, so daß der Arzt zuerst MuSkelrheu- matiSmuS vermutete. Bald war es zu spät. Täschner ist im Krankenhause an den Folgen dieser Blutvergiftung gestorben. * Plauen i. V., 14. Septbr. Heute mittag gegen 1 Uhr ist beim Brunnenbau auf dem Hofe des Grundstücks Johannstraße 57 der 27 Jahre alte Brunnenbauer Unger aus Chrieschwitz, der in einer Tiefe von 22 Meter arbeitete, von Erd- massen, die sich vom Brunnenschacht loslösten, be graben und erschlagen worden. * Mylau, 14. Septbr. Grabschänder haben in der Nacht zum Montag auf hiesigem Friedhof ihr Unwesen getrieben, indem sie von einer ganzen Anzahl Hügel die Grabsteine und die Denkmäler umstürzten. — Heute vormittag ist ein im Zimmerei geschäft von Richard Paßold hier tätiger Lehrling in die Kreissäge geraten. Dem jungen Mann ist die linke Hand vollständig vom Arme losgetrennt worden; er wurde nach dem Kreiskrankenstift in Zwickau übergeführt. * Aunaberg. 14. Sept. Im hiesigen Schlacht hofe sprang beim Zerhacken eines Tierschädels einem Fleischer das Beil vom Stiele und dem dabei stehenden Kollegen an den Kopf, wodurch dieser eine klaffende, ziemlich tiefe Stirnwunde davontrug, die von einem herbeigerufenen Arzte genäht werden mußte. d. Gera, 15. Septbr. Das hiesige Residenz theater ist von dem Buchdruckereibesitzer Jernez und dem Architekt Karl Schade in Berlin erworben und mit einem Aktienkapital von 200 000 Mark in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung um gewandelt worden. Zur Flucht der Prinzessin Luise von Koburg. Prinzelsin Luise von Koburg hat, wie wir schon mitteilten, in ihrer Pariser Wohnung im Hotel Westminster, Rue de la Palx, einen Interviewer empfangen, der seinen Bericht über die Unter haltung mit der Fürstin in der „Wiener Zeit" fortsetz'. Wir geben daraus da« Nachfolgende wieder: „Wat ich in diesen sechs Jahren erlebt habe," sagte die Prinzessin, „will ich Ihnen jetzt nur in großen Zügen, nur in Umrißen erzählen. Wollte ich aus Einzelheiten eingehen, genauer schildern, ich käme in vielen Tagen nicht zu Ende. Aber beginnen wir bei Agram. Dort war es. — Einer Morgen«, ich lag noch im Bett, kommt da« Stubenmädchen. Es war im Hotel, wie Sie wissen. „Königliche Hoheit, e« ist ein Herr vor der Tür, der Sie zu sprechen verlangt." — „Sogen Sie ihm, ich bin zu Bette. Wer ist e« denn überhaupt?" — „Da« weiß ich nicht, er will sich nicht nennen!" Also schön. Ich sagte dem Stubenmädchen, sie solle den Mann nur wegschicken. Da geht auch schon die Tür groß aus und Dr. Bachrach kommt herein. Mit ihm der Polizeichef von Agram und ein ganzer Schwarm Detekiiv«. Alle diese Männer stellen sich um mein Bett im Halbkreise auf. „Im Namen de« König«!" ries Dr. Bachrach, „stehen Sie auf und folgen Sie un«." Ich schrie: „Wo- hin?" In« Palai«? Niemals!" Bachrach ent gegnete: „Nein, in ein Privathau«." Ich wußte genug. Auf «in Zeichen Bachrach« traten zwei dieser Kerl« an mein Bett und wollten mich an den Handgelenken fassen. Ich war auf« äußerste in Rage. „Eine Königstochter darf man nicht so anrühren!" ries ich Bachrach zu. Die Polizisten wichen zurück. Und nun begann Bachrach zu drohen. Wenn ich nicht sofort ausstehe und mich ankleide, werde er mich, wie ich fei, au« dem Bette heben und zur Bahn transportieren lassen. Ich bat, wenigsten« die Gräfin Fugger, meine Hof dame, zu holen. Sie kam und flüsterte mir zu, jeder Widerstand sei nutzlos, ich müsse gehorchen. Wie aber mich ankleiden, vor all' den Männern? Ich er reichte nach langem Hin und Her nur, daß wenigsten« die Detektiv« mein Schlafzimmer ver ließen. Bachrach aber und der Polizeichef blieben. Vor ihnen mußte ich ausstehen und Toilette machen." In der Erinnerung an diese Stunde bebte die Prin zessin. „Nein", ries sie au«, „Sie wissen nicht, wie viel Schmutzige« da noch dabei war. Da« kann ich, da« will ich nicht über meine Lippen bringen. Es ist zu schmutzig. Wenn e« später sein muß ... ich bin entschlossen, aber jetzt muß ich nur sagen, e« war so viel Schmutzige« noch mit dabei, damit Sie wissen, daß ich noch viel, o, so viel verschweige." Die Prinzessin fuhr fort: „Wirreisten im Separat zug nach Wien. Während der Fahrt war Bach- rach sehr liebenswürdig und sagte wir, da« Ganze sei zu mcinem Besten; ich müssr dankbar sein; denn er habe mir einfach da« Leben gerettet. Kurz und gut, man wollte mir einreden, Mattastch hätte die Absicht, mich zu erschießen. Mit dieser Behauptung ist auch der Kaiser getäuscht worden. Ich bin überzeugt, daß er sich nur de«halb den Hastbefihl hat abringen lassen. Der Kaiser ist so ritterlich und hat gewiß geglaubt, daß er mich rettet. Mir hat auch Dr. Bachrach damals gesagt, der Kaiser habe geäußert, er habe genug in seiner Familie er- lebt, er wolle kein zweite» Mayerling! Im Se paratzug fuhr auch Doktor Hinterstoißer mit. Er hatte sein Gutachten über meinen Geisteszustand fertig bei sich. Auf dem Bahnhofe in Wien hieß e», ein Palaiswagen sei da, um mich abzuholen. Da erklärte ich aber dem Dr. Bachrach, ich werde eher einen Skandal machen, werde mich lieber mit Gewalt in diesen Wagen heben lassen, ehe ich frei willig einsteige. So wurde mir ein Fiaker be willigt, und ich kam nach Döbling. Sie wissen, daß ich dort ein Jahr lang gewesen bin. Dr. Obersteiner behandelte mich gütig, mild und würdig. Aber behalten wollte er mich nicht. Er kleidete
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