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Schuhe, Meldung von Bier. Wein und Schnaps bei anstrengender Arbeit und bei Touren. Man trinke dabei während der einzuleaenden Ruhepausen öfters in kleinen Mengen erfrischendes Master oder natürliche Fruchtlimonaden. *— Juliglut. Die Hitze des heutigen Tages war fast unerträglich. Bis zum 38. Wärmegrad des Reaumur-Thermometers stieg am Nachmittag gegen 3 Uhr das Quecksilber in der Sonne empor. Dann brachten ein paar kühle Luftwellen das Queck silber ein wenig zum Sinken; doch die Hoffnung, daß die Hitze mehr Nachlassen werde, ging nicht in Erfüllung. Wenn die nächsten Tage keinen Regen bringen, so wird auch in unserer Gegend in der kommenden Woche bereits der Aehrenschnitt beginnen können. Der Roggen bleicht und dörrt fast sichtbar unter den Glutpfeilen der Sonne und das Sommergetreide droht zur Reife gezwungen zu werden, bevor es sich ordentlich entwickeln und ausbilden kann. Das Blättergrün der Bäume wird zeitiger als in anderen Jahren seine Frische opfern müssen. Die Gärtner müssen alle An strengungen machen mit Gießen und Sprengen, um den öffentlichen Anlagen einigermaßen die nötige Frische der Baum- und Blumenwelt zu erhalten. — Gne natürliche Folge der andauernd trockenen Wittemng bilden auch die beunruhigenden Wasser- standsverhältniffe auf den großen Wasserstraßen Nord- und Mitteldeutschlands, welche, wie geschrieben wird, nicht nur auf die direkt beteiligte Flußschiff fahrt, sondern vor allem auch auf Handel und Industrie einen ebenso starken wie nachteiligen Einfluß ausüben. Die Oder- und Elbschiffahrts- Gesellschaften haben auf Grund der Wasserslands klauseln ihre Frachtabschlüsse gekündigt. Die Kähne können nicht einmal mehr mit halber Ladung schwimmen. Die Frachtsätze haben eine exorbitante Höhe erreicht. — Ein ausgibiger Regen tut dringend not. *— Das Preis- und KönigS-Scheibcuschießeu der Garde-Kompaguik, welches, wie schon früher erwähnt, mit der Weihe einer neuen Fahne ver bunden ist und in der Zeit vom 27. August bis mit 1. September d. I. im Etablissement „Berg mannsgruß" stattfindet, ist nunmehr, nachdem auch das Rosenfest vorüber, die nächste und zugleich letzte größere Festlichkeit, die in diesem Jahre ge boten wird. Die in vollem Gange befindlichen Vorbereitungen lassen erkennen, daß die Garde- Kompagnie, die überdies gleichzeitig ihr 70jähriges Bestehen feiert, das Fest zu einem in allen seinen Teilen wohlgelungenen und großartigen zu gestalten bestrebt ist. Wir werden später Veranlassung nehmen, auf dasselbe des näheren zurückzukommen und beschränken uns heute darauf, nachstehend das Festprogramm bekannt zu geben. Sonnabend: Zapfenstreich, Schmückung der Denkmäler König Alberts und Kaiser Wilhelms. Sonntag: Kirchen parade; nachmittags Weiheakt auf dem Altmarkt, danach Festzug mit historischen Gruppen, dann Schießen nach der Festscheibe, 6 Uhr Verteilung der hierzu gestifteten Preise. Montag: Reveille, Generalmarsch, Einholung des Königs, Empfang fremder Schützen, Festzug, hierauf Festtafel. Diens tag: Genermalmarsch, Auszug zum Frühstück, dann Preisschießen; abends 7 Uhr Illumination und großes Feuerwerk. Mittwoch: Preisschießen, abends Ball für Schützen und Losinhaber. Donnerstag: Königsscheibenschießen, abends Einzug des neuen Königs. * — Eine größere Agitation zum Zwecke der Erwerbung des Bürgerrechts in unserer Stadt plant der hiesige Volksoerein demnächst einzuleitcn. Es sollen, wie uns mitgeteilt wird, vorerst 3000 Stück Flugblätter, mit einer diesbezüglichen Auf forderung versehen, unter unserer Einwohnerschaft zur Vertreilung gelangen. * — Aufgegriffeu wurde am Dienstag in Glauchau der vom hiesigen König!. Amtsgericht wegen Ruhestörung, groben Unfugs und Wider stands steckbrieflich verfolgte Handarbeiter Fr. aus Glauchau. Derselbe wurde in das dortige König!. Amtsgericht eingeliefert. * — Stipendium für Weberssöhne. Die von dem verstorbenen Herrn August Ziesche in Dresden gestiftete Freistelle an der Höheren Web schule in Chemnitz ist Michaelis d. I. für einen ganzen Jahreskursus zu vergeben. Dem Inhaber dieser Stelle wird Unterricht und bis zum Betrage von 30 Mark das zu praktischen Uebungen er forderliche Webmaterial unentgeltlich gewährt. Zur Bewerbung um diese Freistelle sind berufen : talent volle Söhne von Webern in Sachsen, welche mindestens den vollständigen Volksschulunterricht mit Erfolg genossen haben und nicht über 30 Jahre alt sind. Bewerbungsgesuche sind schriftlich unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse, sowie unter Angabe genauer Adresse bis spätestens 20. August dieses Jahres beim Direktor C. A. F. Knorr ein zureichen. * — Vom Abendhimmel. Das astrophysi kalische Observatorium auf dem Königstuhl bei Heidelberg am Neckar schreibt: In der Nacht zum 11. Juli, nach unvergleichlich prächtiger Abend dämmerung, wurde eine Anzahl leuchtender Strahlen beobachtet, die von Südosten ausgingen und gegen Nordwesten gerichtet waren. Sie reichten von Horizont zu Horizont, waren aber im Osten und Nordosten am hellsten. Sie blieben die ganze Nacht sichtbar. Mitteilungen von anderen Beobachtungen dieser rätselhaften Erscheinung sind sehr erwünscht. * — Im Verlage von Arno Peschke in Glauchau (Inhaber Gustav Glißmann) ist in dritter Auflage ein Kochbuch für den einfachen Haushalt, zugleich als Leitfaden für den Haushaltungsunter richt in der Volksschule, von Johanna Münzner, Vorsteherin der städtischen Haushaltungsschule in Glauchau, erschienen. Das Büchlein, welches 60 Pfg. kostet, ist Ihrer Majestät der Königin- Witwe Carola von Sachsen gewidmet und auch durch die hiesigen Buchhandlungen zu beziehen. * Lugau, 13. April. Ein bedauerlicher Unglücks fall ereignete sich am Dienstag nachmittag kurz nach 4 Uhr beim Bau einer Hauptschleuse an der Flockenstraße in nächster Nähe des Karlschachtes. Bei einer auSgeschachteten Tiefe von 3 Metern brachen unvermutet einige Kubikmeter Erbmassen nach und verschütteten einen an dieser Stelle be schäftigten Handarbeiter dergestalt, daß derselbe erst nach 1'/,stündiger angestrengtester Arbeit von seinen Kameraden, leider nur als Leiche, herausgebracht werden konnte. Der Verunglückte heißt Linus Ackermann, ist 43 Jahre alt und wohnhaft in Neuölsnitz, er hinterläßt eine Frau mit 3 Kindern. * Kirchberg. Montag, der 11. d. Mon., war für unsere Gemeinde ein hochwichtiger Festtag, denn an demselben fand die Weihe unseres schmucken neuen Schulhauses statt. Die ganze Gemeinde hatte ein Festgewand angelegt. Vormittag 10 Uhr versammelten sich die Kinder der beiden Ober klassen noch einmal in ihren alten Schulen, von denen dann >/,11 Uhr die beiden Herren Lehrer Kantor Martin und Hilfslehrer Schwarzmeier in schlichten, aber ergreifenden Worten Abschied nahmen. Nun bewegte sich der Festzug unter großer Beteiligung der Gemeindeglieder, der Lehrer und Vertreter der Schulgemeinde nach der auf der Mittagsseite des Dorfes liegenden neuen Schule, wo um 11 Uhr die Weihefeierlichkeit statt fand. Die König!. Bezirksschulinspektion war durch Herrn Amtshauptmann Ur. Morgenstern ver treten. Herr Schulrat Richter konnte der Feier leider wegen Erkrankung nicht beiwohnen. Die Weihe rede hielt Herr Pastor Steglich auf Grund des über dem Eingang zum Hause angebrachten Spruches: „Gott zur Ehre, der Jugend zur Lehre, dem Vaterland zum Segen". An die Weihe schloß sich im Gasthof zur Brauerei ein Festmahl an, wobei an die Herren Schulrat Richter in Chemnitz und Geh. Regierungsrat vr. Hallbauer in Dres den Telegramme abgeschickt wurden. Den Nach mittag füllte ein Kinderfest aus. * Glauchau, 13 Juli Feuersignale schreckten vergangene Nacht die Bewohner der Mittelstadt aus ihrer Ruhe. Es brannte in einem Hinterge bäude des Trömel'schen Grundstückes, in welchem sich ein Niederlagsraum der genannten Firma be findet. Wie angenommen wird, sind aus einer Esse der Beerensiederei, in der bis abends gekocht worden ist, durch ein geöffnetes Oberlichtfenster Funken in den betr. Raum geflogen und haben dort lagernde Säcke und Papierdüten in Brand gesetzt, der darauf in den Nachtstunden zum Aus bruch gekommen ist. Glücklicherweise wurde das Feuer von einer Nachbarfrau bemerkt, sodaß es gelöscht werden konnte, ehe es größere Dimensionen angenommen hatte. * Niederplanitz, 13. Juli. Von den 28 Be werbern um die Michaelis d. I. freiwerdende Direktorstelle an der hiesigen Volksschule ging Herr Lehrer Grunewald von der 10. Bezirksschule in Chemnitz als gewählt hervor. * Meerane, 13. Juli. Als in der 12. Stunde ein Postpaketwagen die Oststraße entlang fuhr, geriet durch einen noch nicht aufgeklärten Umstand das 4 Jahre alte Söhnchen des Barbiers Ludwig unter die Räder des Wagens und wurde überfahren. Das Kind, das einen Schädelbruch davontrug, konnte leider nur tot hervorgezogen werden. * Rochlitz, 13. Juli. Einen schweren Unfall erlitt heute früh der Mühlenbesitzer Julius Kästner in Langenleuba-Oberhain dadurch, daß er in das Getriebe seiner Mühle kam, wobei ihm die rechte Hand und ein Stück Arm vollständig abgerissen wurden. * Borna, 13. Juli. Die ca. 20 jährige Tochter des Gutsbesitzers und Gemeindevorstandes Müller in Altstadt-Borna stürzte gestern nachmittag von der Vorscheune ab und zog sich dadurch innere Ver letzungen zu. Besinnungslos wurde sie in die elter liche Wohnung gebracht. * Oschatz, 13. Juli. Ein großer Waldbrand wütet seit heute mittag in der Nähe des beim Truppenübungsplätze Zeithain liegenden Dorfes Jakobsthal. Die sämtlichen in Zeithain liegenden Truppen sind zur Hilfeleistung beordert worden. Das Dorf selbst soll nicht gefährdet sein. Die Rauchmassen sind trotz der Entfernung von ca. 20 Kilometer hier in Oschatz deutlich sichtbar. * Riesa, 12. Juli. Ein bedauerlicher Unfall ereignete sich heute morgen auf dem hiesigen Bahn hofe. Auf bisher unaufgeklärte Weise geriet der erst seit kurzem hierher versetzte Stationsassistent II. Klasse Hiensch unter einen im Gange befindlichen Eisenbahnwagen, wobei dem Bedauernswerten ein Bein überfahren wurde. Der verunglückte Beamte ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. * Dreödeu, 13. Juli. Die am Sonnabend von der dritten Strafkammer des Dresdener Land gerichts wegen Betruges zu sieben respektive drei Jahren Gefängnis verurteilten Frau Mila Höfferl und Ludwig Paul Höffert haben sich dem gegen sie ergangenen Urteil noch nicht unterworfen. Beide Verurteilte werden Revision durch ihre Verteidiger einlegen lassen. Frau Mila Höffert ist bekanntlich auf freiem Fuße ohne Kautionsstellung belassen worden, während ihr Sohn sich im Untersuchungs gefängnis befindet. Er ist bereits aus dem Verband des Offizierkorps, dem er als Leutnant der Land wehr angehörte, ausgeschieden. In nächster Zeit findet übrigens noch ein Höffert-Prozeß zweiter Auflage vor dem Dresdener Landgericht statt. Ludwig Höffert hat sich noch einmal wegen Be truges zn verantworten, denn es mußten in der jetzigen Hanptverhandlung mehrere unter Anklage gestellte Betrugsfälle wegen Nichterscheinens der Zeugen ausgeschieden werden. Frau H. befindet sich zurzeit in überaus dürftigen Verhältnissen, und man bringt der Frau, die schon seit Jahren infolge der Doppelehe ihres Mannes schwer zu leiden hatte, und die mehr als ein Opfer ihres leichtsinnigen Sohnes zu betrachten ist, Mitleid entgegen. * Dresden, 13. Juli. Auf einem in Lockwitz gelegenen, dem Ziegeleibesitzer Herwig gehörigen Felde wurden beim Abgraben von Lehm in einer Tiefe von zehn Metern die Schädelknochen eines Mammuts gefunden. Die guterhaltenen Fundstücke, welche namentlich die Zähne noch vollzählich auf weisen, nahm der Kustos des Mineralogisch-Geo- lvgischen Museums und der Prähistorischen Samm lung Hofrat Prof. I)r. Deichmüller an sich, um sie näher zu untersuchen und später der letztgenannten Sammlung einzuverleiben. * Dresden, 14. Juli. Die für gestern einbe rufene Vorstandssitzung des Sächsischen Gemeinde tages hat in letzter Stunde abgesagt werden müssen, da von berufener Seite Bedenken an ihrer Beschluß fähigkeit aufgestiegen waren. Ueber einen späteren Termin verlautet bis jetzt noch nichts. — Die Dampfschiffahrts-Aktiengesellschaft „Elbe" und die deutsch-österreichische Dampfschiffahrts-Aktiengesell- schast machen bekannt, daß infolge des niedrigen Wafferstandes der Elbe sich der regelmäßige Schiff fahrtsbetrieb nicht mehr ausrechterhalten läßt und mit heute geschlossen wird. Der Personenverkehr der sächsisch-böhmischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft wird hiervon nicht berührt. * Dippoldiswalde, 13. Juli. Einen jähen Tod fand im benachbarten Niederfrauendorf ein 76jähriger Gutsauszügler; er fiel beim Kirschen pflücken vom Baum und mußte tot hinweggetragen werden. * Schmalzgrube i. Erzgeb., 12. Juli. Am Hirschstein im Steinbacher Forstrevier wurde von Herrn Förster Wellner ein Wilddieb angeschossen, der sich auf dem Anstand befand. In dem Wild dieb wurde der in den 60er Jahren stehende rüstige und kräftige Wendelin Kreißl aus St. Christoph- Hammer i. B. erkannt. Kreißl wurde durch die österreichische Gendarmerie verhaftet und im Hof- pital zu Komotau interniert. Er dürfte kaum mit dem Leben davonkommen. Der Angeschossene war als Wilddieb berüchtigt; sein Bruder, der gleichfalls Wilddieberei betrieb, wurde vor einigen Jahren von einem Oberförster erschossen. * Großftädtelu, 13. Juli. In der 2. Nach mittagsstunde des heutigen Tages entstand durch Funken, die der Lokomotive eines auf der Bayer- schen Bahn verkehrenden Zuges entstammten, ein Feldbrand. Ein an dem Gautzscher Wege gelegenes Kornfeld fing Feuer, wodurch eine größere Partie des zum Teil schon zu Garben gebundenen Getreides vernichtet wurde. Erst nach etwa einstündigen Be mühungen gelang es den in der Nähe arbeitenden Leuten, die weitere Ausdehnung des Brandherdes zu verhindern. * Oberwiesenthal, 13. Juli. Der Kutscher Helbig, der einzige in der Gerichtsverhandlung am 6. d. M. vereidigte Entlastungszeuge des Fichtel bergwirts Hieke, ist wegen Meineidsverdachts ver haftet worden. * Plauen i. V., 13. Juli. Infolge der an dauernden Hitze und Trockenheit und des damit verbundenen Wassermangels hat der Stadtrat alle Leitungen des städtischen Wassernetzes, die zu Bau-, Brauerei- und sonstigen gewerblichen Zwecken dienen, absperren lassen und gleichzeitig die Ent nahme von Wasser aus den übrigen Leitungen zu obigen Zwecken und zum Besprengen, Betrieb von Springbrunnen usw. verboten. * Adorf, 13. Juli. Gestern weilte in Ange- legenheit des Kirchenbrandes noch als Vertreter der Staatsanwaltschaft Herr Staatsanwalt Reben trost aus Plauen i. V. hier. Von Einzelheiten über den Brand wird noch berichtet: Gerettet sind nur einige Sakralien und Kirchcnakten, die sich in der Sakristei befanden, der Altar und das Gestühl sind verbrannt. Gelegentlich des Brandes entstanden kleine Feuer im Pfarrhaus, wo sich ein Teppich, der aus dem brennenden Gotteshause dorthin gebracht worden war, entzündete, in zwei Privathäusern („Walke", Gläsel), sowie in der Schule, teils durch die geretteten Sachen, teils durch Flugstücke dorthin verschleppt. Doch hatten dieselben keine Bedeutung. Ein Menschenleben ist nicht zu beklagen. Funken und Glutkörper bis zur Kopfgröße wurden herausgeschleudert, aber die Absperrung war tadellos organisiert. Auf den Brand wurde soviel Wasser geworfen, daß ein fußbreiter Bach über den Kirchplatz lief und eine Treppe hinabstürzte. Die Stimmung in der Stadt ist eine gedrückte. Nicht Hegen der Lasten, die durch den Wiederaufbau entstehen werden, zeigt man trübe Gesichter. Seit Jahrhunderten ist mit diesem Gotteshaus fast jede Familie des Ortes in nahen persönlichen Beziehungen, hier ist die Mehrzahl getauft, konfirmiert und getraut worden. Ungezählte Familienbeziehungen knüpfen sich an diese geweihte Stelle, und das alles ist wie weg gewischt. Gerichtssaal. 8 Chemnitz, 12. Juli. Bei der am 18. April d. I. im „Felsenschtößchen" in Plauen i. V. abge- hallcnen Kontrollversammlung wollte der am 3. Februar 1873 geborene, wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung vom Schöffen gericht Plauen mit Gefängni« vorbestrafte Landwehr mann I. Aufgebot« Richard Adolf Kleber au« Theuma dem diensthabenden Bezirkiseldwibe! eine Meldung machen. Der Feldwebel hatte aber keine Zeit, er verwie« Kleber auf den Schluß der Konirollver- sammlung und ersuchte ihn, einzulrelen. Kleber kam jedoch dem Befehl nicht nach, sondern äußerte, „ich lasse mich nicht so anschreien!" Natürlich machte der Feldwebel dem bald daraus erscheinenden Offizier von dem Vorgang Meldung, der sich dann an Kleber mit den Worten wendete: „Hier hat jeder den Schnabel zu halten, der nicht gefragt wird!" Der Landwehrmann antwortete aber: „Sr. Majestät Leute haben keinen Schnabel!" und war trotz wiederholter Aufforderung nicht ruhig. Da« Krieg«- gericht verurteilte den unbesonnenen Mann heule zu sieben Wochen Gefängni». 8 Unter der Anklage des MünzverbrechcuS stand am Mittwoch vor dem Kgl. Schwurgericht Chemnitz eine 4 Köpfe starke Familie mit einem Komplizen. Aus der Anklagebank saßen die Bohrer O«kar Paul Schneider sen., Paul O«kar und Jo hann O»kar Schneider, dessen Söhne, die Ehesrau Marie Helene Schneider und der Fabrikschmied Max Ernst Krußig, sämtlich in Chemnitz wohnhaft. Da« Verbrechen kam am zweiten Osterfeierlag zur Ent deckung, al« der älteste Sohn Schneider« im Verein mit Krußig auf einem Tanzsaale ein falsche« Fünf- markstück an den Mann zu bringen suchte. Die Beiden machten die Geschichte aber so plump, daß man sofort da« Geldstück al« gefälscht erkannte und die Betrüger beim Kragen nehmen konnte. Nun kam alle« an den Tag, und die Staattanwaltschaft schritt zur Unschädlichmachung der Falschmünzer- bande. Schon am andern Morgen wanderten die Schuldigen in« Untersuchung«gefängni«. Die Nach forschungen an der Arbeitsstätte Schneider» — in einer Chemnitzer Maschinenfabrik — förderte Schmelzlöffel, Gießformen und andere Werkzeuge zutage. Al« Metall zu den Falsifikaten, die sich fettig anfühlten, verwandten dl« Betrüger Weiß- metallspäne, die bei ihrer Arbeit in der Fabrik ab fielen. Nach mehrstündiger geheimer Verhandlung fällte der TeriLtihof folgende« Urteil: Die Ange klagten O«kar Paul und Paul O«kar Schneider wurden wegen Mün,verbrechen« zu je zwei Jahren Gefängni«, Johanne« O«kar Schneider wegen Bei hilfe zu zwei Jahren Gefängni«, Marie Helene Schneider wegen Münzverbrechen« und Beihilfe zu einem Jahr vier Monaten Gefängni« verurteilt. Sämtlichen Angeklagten wurden die Ehrenrechte aus die Dauer von fünf Jahren aberkannt. Die falschen Geldstücke, wie auch die zur Nachahmung benutzten Gerätschaften wurden eingezogen. 8 Leipzig, 13. Juli. Der 32 Jahre alte Drechsler Möhring von hier, der seine beiden 10 und 11 Jahre alten Knaben in empörender Weise mißhandelte, mit Feuerhaken und Hautbesen auf da« barbarischste geschlagen, sie mit Füßen getreten und sonst auf da» raffinierteste gequält hatte, wurde vom Landgericht wegen Körperverletzung mit leben«- gefährlicher Behandlung zu I Jahr 10 Monaten Gefängni« verurteilt. 8 Ist Kälbergebrüll ruhestöreuder Lärm? Ein ganz eigenartiger Fall von Ruhestö.ung be schäftigte jetzt da» König!. Amtsgericht Dresden. Durch den weltbekannten Luftkurort „Weißer Hirsch" bei Dresden fuhr am 2. Juni flüh 3,30 Uhr der Viehtransporteur User au« Stolpen mit einer Wagenladung Kälber. Die Kälber mögen sich nicht gerade besonder» ruhig verhalten haben, denn ein Fenster nach dem anderen öffnete sich und ein Kur gast nach dem anderen steckte den Kopf in die schöne Frühlingsluft hinau«, um nach den „Ruhestörern" auszuspähen. In wenigen Augenblicken war der Wagen mit seinem „brüllenden" Inhalt schon wieder weg und die Kurgäste legten sich wieder zur Ruhe. Ein paar Ruffen aber sahen sich veranlaßt, die Obrigkeit de« Kurort« auf die „ruhestörenden Kälber" aufmerksam zu machen und so kam e«, daß eine« Tage« dem genannten Viehtransporteur und auch seinen beiden Begleitern eine Strafverfügung feiten« de« Gemeindcvorstandei zuging, die folgendermaßen anfängt: „Laut erstatteter Schutzmannsanzeige sind Sie am 2. Juni früh 3 Uhr 30 Min. mit einer Wagenladung Kälber durch „Weißer Hirfch" ge fahren und haben durch da« erfchütternde Brüllen der Kälber die nächtliche Ruhe gestört. Auf Grund von 8 360, II de« Reichsstrasgesetzbuche« und der amtshauplmannschastlichen Bekanntmachung wird daher gegen Sie hierdurch eine Geldstrafe von 3 Mark festgesetzt." Die also Ueberraschten riesen nun die richterliche Entscheidung an und wurden kostenlos sreigesprochen, den» da« Gericht konnte in dem „erschütternden" Brüllen der Kälber ruhestörenden Lärm nicht erblicken. Erst recht könne man die Begleiter der Tiere nicht dafür verantwortlich machen, daß t ie letzteren Lebenszeichen, wenn auch für einen Kurort in recht kräftiger Tonart, von sich gaben. 8 Braunschweig, 13. Juli. Major v. Sydow hat un Namen feiner Ehefrau gegen da« Urteil der Strafkammer Revision beim Reick«gericht eingelegt. Frau Sydow war, wie wir dieser Tage milteiltcn, in erster Instanz wegen Mißhandlung ihre« Kinde« zu 4 Monaten Gefängni« verurteilt worden. 8 Für einen achtuugSwidrigen Blick drei Wochen strengen Arrest. Die „Tgl. Rdsch." berichtet au« Flensburg die folgende, etwa« ab sonderlich klingende Verurteilung: Ein achlung«- wikriger Blick bei der Frühjahrikontrollversammlung gegenüber dem Major Lacroix vom Bezirk«kommando ist dem Maurer Ernst Heesch au« Wattenbek teuer zu stehen gekommen. Am 13. April erschien Heesch mit etwa hundert Reservisten in Bordesholm zur Kontrollversammlung und trat al« einziger zur Landwehr zweiten Aufgebot« über. Major Lacroix rief ihn au« der Front und machte ihn auf tue Pfücht seine« neuen Mililärverhältniffe« ausmerk, sam. Während der Instruktion starrte Heesch den Major unentwegt an, so daß der Major, wie er dem Kriegsgericht erklärte, säst dm Faden seine« Vortrag« verlor und in seiner Belehrung gestört wurde. Da Heesch außerdem am Schluffe überlaut gerufen hatte: „Zu Befehl, Herr Major!" und in übertrieben militärischer Weise Kehrt machte, geriet der Major in Harnisch und drohte dem Heesch, ihn vom Platz weg verhaften zu lassen. Da» Kriegs gericht der 18. Division sprach den Heesch der Achtungsverletzung vor versammelter Mannschaft schuldig und erkannte auf drei Wochen strengen Arrest. 8 In dem Königsberger Geheimbuud- und Hochverratsprozeß bemängelten die Verteidiger die Form de« von dem russischen Botschafter in Berlin namen« seiner Regierung gestellten Straf- antrag« und führten au«, es müsse sestgestellt werden, von wem der.Botschafter Auftrag zur Stellung de, Strafantrag« erholten habe. Außerdem sei der Strafantrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist gestellt worden. Die Verteidiger beantragen daher, die Akten über die Unterhandlungen de« deutschen Auiwärligen Amt» mit der Botschaft etnzufordern. Der Hochverrat soll sich, wie bekannt, gegen Rußland gerichtet haben. Nach sehr langer Beratung lehnte der Gerichtshof den Antrag der Verteidigung ab. Die neun Angeklagten, Mitglieder der deutschen sozial- demokratischen Partei, bestreiten ihre Schuld. — Verteidiger Reich«tag«abg. Haase rügte, daß den Angeklagten und den Verteidigern während der Untersuchung nicht einmal der Titel der inkciminierten Schriften mitgeleilt worden sei, obwohl die« al» Grundlage der Anklage nach der Strasprozeßordnung hätte geschehen müssen. Der Vorsitzende erwiderte, da« müsse doch ab-r geschehen sein, worauf die An geklagten die Mitteilung de« Verteidiger« bestätigten.