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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.04.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190404239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19040423
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19040423
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-04
- Tag 1904-04-23
-
Monat
1904-04
-
Jahr
1904
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.04.1904
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stehen in Schung-Sching-Tai. Man erwartet jeden Augenblick ein ernstes Gefecht. Uokohama, 22. April. Aus Tschifu wird hierher berichtet, daß dort wiederum das Licht von Scheinwerfern gesehen und lebhaftes Geschütz feuer in der Richtung von Port Arthur gehört wurde. In dem Kampfe vom 14. April sind japanischen Meldungen zufolge der „Askold" und ein anderes russisches Panzerschiff beschädigt wor den. In Port Arthur sei man mit dem Bau von 3 neuen Torpedobooten beschäftigt. Zum Aufstand der Herero. Die um da» Schicksal der Abteilung de» Mojor» v. Glasenapp gehegten Besorgnisse bestätigen sich er- freulicherweise nicht. Nu» einer amtlichen Meldung au« Windhuk vom 21. April geht hervor, daß die Kolonne am 15. noch in Onjatu stand und inzwischen weitere Gefechte nicht statlgefunden hatten. Onjatu ist die Wasserstelle, wo sich die Abteilung schon einmal aushielt, bevor sie nach Owikokorero weitermarschierte. Sie gelangte dorthin zurück, al» sie die Tetjo-Leute nach dem Gefecht bei Okaharui am 2. April verfolgte. Major v. Glasenapp wollte ursprünglich südwärt« ziehen, hat er aber offenbar für geboten gehalten, in Onjatu zu bleiben. Er wird wahrscheinlich auch heute noch dort stehen. Leider sind nachträglich sünf Tode«sälle der Kolonne zu verzeichnen: Einjährig-Gefreiter Johannes Schmidt und Seesoldat Gustav Selke sind infolge der bei Okaharui erlittenen Verwundungen, Unteroffizier Mux Kiessig ist am Typhu», Seesoldal Franz Dietrich und Reiter Aloi« Wolff sind an Herzschwäche gestorben. Ferner wird berichtet, daß am 20. April ein Trane port von 42 Kranken der Glasenappschen Truppe in Windhuk angekommen ist. Eine dem B. L.-A. vom Hauptmann a. D. Dannhauer zugegangene Privatmeldung, Onjatu, 16. April datiert, ergänzt die amtliche Meldung wie folgt: „Die zum Glück vereinzelt gebliebenen Typhut fälle können bei den außerordentlichen Strapazen, die wir durchzumachen hatten, den großen Märschen und der wechselvollen Witterung kaum überraschen. Biwakiert die Kolonne doch heute in ununterbrochener Reihenfolge bereit« da« einundsechzigste Mal!" Jetzt sind auch die deutschen Pferde für die Schutztruppe in Swakopmund angekommen. Von den 1200 Tieren sind nur sehr wenige während der Fahrt eingegangen, alle anderen sind in guter Ver- safsung. Die Dampfer brachten zugleich 300 Feld- artillcristen und Kavalleristen sowie zwei Feldbatterien zu sech« Geschützen. Am 30. April verlassen wettere 20 Offiziere, 18 Unteroffiziere unk 114 Gefreite beziehung«weise Reiter Hamburg. Nach Deutsch-Südwestafrika sind in diesen Tagen neben Apparaten für Funkentelegraphie und Fessel ballon« drei „Wtrbeltrommel-Kraftwagen" abgegangen, um unseren Truppen Proviant, Wasser und Munition nach den entlegensten Punkten zuzuführen. Erfinder ist Oberleutnant Troost. Ein Benzinmotor von 40 Pferdestärken zieht durch jede» Gelände mit einer Geschwindigkeit bi« zu 10 Km. in der Stunde drei Wagen mit einer Nutzlast von insgesamt 20 000 Kg. Die Staat«bg.-Ztg. bringt einen heftigen Artikel eine« „alten Afrikaner»" gegen da« System Leutwein. Die in Südwestafrtka gefallenen Mannschaften seien Blutzeugen nicht nur gegen da« System Leutwein, sondern auch gegen die, die es noch immer halten, also gegen die Kolonialverwaltung und ihre berufenen Leiter. Einen veritablen Boeren- Aufstand haben sich die englischen Blätter nun also wirklich zurecht konstruiert. Ehemalige Kommandanten des Boerenheeres, die ihren Wohnsitz in Groß-Nama- qualand aufgeschlagen haben, sollen ein Komplott geschmiedet und bereits eine große Anzahl Boeren für den Aufstand gewonnen haben. Die Vor bereitungen seien unter dem Deckmantel liefster Verschwiegenheit getroffen worden, da auf Verrat Todesstrafe gelegt war. — Wir glauben einstweilen nicht an alle diese englischen Meldungen, die augen scheinlich nur den Vorwand zu einer stärkeren Zu- rückdrängung des holländischen Elements in den ehemaligen Boerenrepubliken abgeben sollen. Die Generäle Botha, Dewet und Delarey trugen den Engländern den Kopf zu hoch, sie bequemten sich nicht zu der Rolle stummer Sklaven. Sie sollen nun anscheinend dazu gezwungen werden. Deutscher Reichstag. 72. Sitzung vom 21. April. Die Beratung des Etats der Expedition nach Ostasien wird fortgesetzt. Die dazu vorliegenden, sich auf Abänderung einer ganzen Reihe von Titeln erstreckenden Anträge Normann (kons.), Spahn (Ztr.) und Dr. Paasche (natl.) bezwecken in der Haupt sache, verschiedene von der Kommission nur für ein halbes Jahr bewilligte Offizierstellen für das ganze Jahr zu bewilligen, zugleich aber finanziell gleich wertige Abstriche von den sachlichen Kosten vor zunehmen. Kriegsminister von Einem dankt den Antrag stellern und bittet, auch die von der Kommission gestrichenen Personalausgaben für ein Bekleidungs depot und für Bauverwaltungszwecke zu genehmigen. Daß Offiziere ihre Damen nachkommen ließen, sei in französischen und englischen Kolonien in noch größerem Umfange als bei uns Brauch. Abg. Südekum (Soz.) bemerkt, er habe in der Schule gelernt, daß die Nachteile eines großen Trosses im Gefolge eines Heeres sich bei Roßbach deutlich gezeigt hätten. Abg. v. Kardorff (Reichsp.): Bei Roßbach be fand sich allerdings im Troß des französischen Heeres ein großes Damenpersonal. Ob man diese Damen aber gerade als Familienangehörige der Offiziere bezeichnen könne, das zu beurteilen, muß dem Abg. Südekum vorbehalten bleiben. (Große Heiterkeit.) Der Etat wird nach den Vorschlägen des An trags Spahn-Paasche angenommen. Auf der Tagesordnung steht sodann die sozial demokratische Interpellation, betreffend die Außer- betriebsetzung von Kohlengruben im Ruhrrevier. Auf Anfrage des Präsidenten Grafen Ballestrem, ob der Reichskanzler bezw. die Regierung zur Be antwortung der Interpellation bereit sei, erklärt Staatssekretär Graf Posadowsky: Der Herr Reichskanzler lehnt die Beantwortung der Inter pellation ab, weil diejenigen Maßnahmen, welche gegen die Stilllegung der Ruhrkohlenzechen ergriffen werden könnten, sich nur auf das preußische Berg gesetz in seiner gegenwärtigen oder künftigen Fassung stützen können, und ferner, weil diejenigen Maß regeln, welche gegen die sozialpolitischen Folgen der Stilllegung ergriffen werden könnten, nur von den zuständigen Landesregierungen ergriffen werden können. Abg. Singer (Soz.) beantragt Besprechung der Interpellation. Dieser Antrag findet trotz der Leere des Hauses und obwohl auch die Sozialdemokraten nicht ent fernt in der hierfür erforderlichen Stärke von 50 Mann anwesend sind, ausreichende Unterstützung, da sich für den Antrag noch die Freisinnigen und, wenn auch zögernd, eine Anzahl vom Zentrum und von den nationalliberalen Abgeordneten erheben. Graf Posadowsky verläßt den Saal. Der Bundes ratstisch ist völlig leer. Abg. Huä (Soz.) verbreitet sich ausführlich über den Gegenstand der Interpellation. Nur der Umstand, daß die Oeffentlichkeit rege geworden sei, habe verhindert, daß der Prozeß zur Stilllegung plötzlich in umfassender Weise durchgeführt worden sei. Das Reich dürfe nicht ruhig zusehen, wenn Arbeiter brotlos gemacht, Handwerker, kleine Kauf leute und Gemeinden geschädigt und solche Mengen noch abbauwürdigen Materials einfach verschüttet werden. Werde das Reich auch ruhig zusehen, wenn ausländische Kapitalisten, die bedeutenden Anteil an unseren Kaligruben haben, es als in ihrem Interesse liegend erachteten, die deutschen Kaligruben stillzulegen? Werde man sich da wundern können, wenn etwa eines Tages der große Stahl werksverband dieselben Wege wandle, hier Werke kaltstelle und sie anderswohin verlege? Wenn der Staat demgegenüber ohnmächtig sei, dann gäbe es kein anderes Mittel mehr, als Verstaatlichung aller Produktionsmittel. Abg. Graf Kanitz (kons.): Von 60 kaltgestellten oder verkauften Zechen sei in den letzten Jahren durchschnittlich pro Jahr ein Reingewinn von zwei Mark pro Tonne Förderung erzielt worden. Darin liege der Schlüssel der ganzen Frage. Man wolle im Syndikate der Förderung der minder gut rentierenden Zechen die Förderung der besser rentierenden Zechen zuschreiben. Daß die großen Zechen die kleinen, die über kurz oder lang erliegen, aufkaufen, sei ein natürlicher Prozeß, andererseits seien die Klagen von Bergarbeitern, Handwerkern, kleinen Kaufleuten und Gemeinden verständlich. Es sei schwierig, da die richtige Mitte zu halten. Von einer Abänderung des tz 65 des Berggesetzes ver spreche er sich nicht viel, denn wenn wirklich der Staat ein stillgelegtes Bergwerk übernehmen wollte, so gehe das doch nicht ohne Prozeß ab, der jahre lang dauern könne. Und solle dann der Staat ein längst verlassenes, durch Wasserzuflüsse unrentabel gewordenes Werk weiter betreiben? Dem Staate sei vorzuwerfen, daß er selber die Syndikate erst großgezogen habe durch Nachgiebigkeit den Preis forderungen gegenüber. Für Verstaatlichung des ganzen Bergwerk-Eigentums dürfte sich schwerlich eine Mehrheit im preußischen Landtage finden. Das Richtigste und einzig Mögliche sei eine nach drückliche Mahnung des Staates an das Syndikat, die neuen Bestimmungen in dem Syndikatsvertrage zu streichen. Abg. Bachem (Zentr.) hält ein Reichs-Syndikats gesetz zur Kontrolle der Syndikate sür nötig, um soziale Schädigungen hintanzuhalten und um einer Verschleuderung der Nationalschätze zu begegnen. Abg. Dr. Sattler (nat.-lib.): Wo die Zechen nicht mehr abbauwürdig seien, sei die Stilllegung berechtigt: soweit es sich um noch rentable Zechen handle, müsse auf eine Verschiebung der Maß nahmen des Syndikats hingewirkt werden. Ein Reichssyndikatsgesetz würde große Schwierigkeiten haben. Die preußische Regierung habe den richtigen Weg eingeschlagen, indem sie ihren Einfluß ein setzen will, um allzu große Schädigungen der Be völkerung und der Gemeinden zu verhindern. Das ganze Syndikatswesen habe wirtschaftliche Vorteile, aber auch große Gefahren. So große Macht potenzen, wie sie die Syndikate darstellen, und wie man sie besonders in Amerika sähe, würden bei uns in Deutschland bedenklich sein. Abg. Gothein (freis. Ver.) verlangt, daß der Staat die bergbauliche Konkurrenz im Ruhrrevier kräftiger aufnehme und zugleich eine geeignete Tarifpolitik einschlage. Abg. Wiemer (freis. Volksp.) ist dafür, daß 8 65 des preußischen Berggesetzes eine gute Hand habe zum Einschreiten bietet. Vor allem müsse der Staat seine ganze Stellung gegenüber den Syndi katen revidieren, denn diese seien tatsächlich erst durch ihn großgezogen worden. Hierauf tritt Vertagung ein, ohne daß die Besprechung geschlossen wird. Schluß der Sitzung gegen 7 Uhr. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 22. April. *— In Gegenden mit reicher Obstbaum kultur zeigen sich schon die ersten Blüten, und in wenigen Tagen, wenn die kühlen Nächte keinen Strich durch die Rechnung machen, wird die große allgemeine Blütenpracht erscheinen, die einige Wochen andauert. Die einzelnen Obstgattungen lösen ein ander ab und schaffen eins der schönsten Bilder, die sich der Naturfreund nur denken kann. Be- sonders wenn die Apfelblüte volle Geltung gewinnt, so ist das entzückend. In wärmeren Bezirken Süd deutschlands ist die Blütezeit schon eingekehrt unter dem Einfluß der warmen Tage, und bisher hat kein neidischer Nachtfrost eine Störung herbei geführt. Schmückt sich die Flur und der Garten dem Frühling zu Ehren, so kann auch dec Mensch mit Frühlings-Hantierungen nicht zurückbleiben. So viel gemalt, gepinselt und gestrichen wie in diesen Wochen bis Pfingsten, wird nie im ganzen Jahr. Die großen Arbeiten, die Häuser-Reno vierungen, das Auffrischen von Ladenschildern und ähnliches, rufen die Maler zur Tätigkeit; sür kleinere Verrichtungen, das Anstreichen von Garten - Sta keten, Gerätschaften und anderen Gegenständen, nimmt man wohl selbst Pinsel und Farbentopf zur Hand und zeigt lustig seine Kunst. Wenn die Witterung nicht wieder zu launenhaft ist, kann man es schon riskieren, sein Glas Bier oder die Tasse Kaffee im Garten bezw. im Freien zu sich zu nehmen. Die Temperatur ist hierbei aber in jedem Falle zu beachten, Sorglosigkeit bei solchen Gelegenheiten hat schon manche Indispositionen zur Folge gehabt; die feuchte Erde macht sich noch lange geltend. Aber für Wanderungen zu Fuß oder zu Rad wird es nun herrlich. Keine schönere Zeit gibts im Jahr. Und wenn die Frühlingsluft den Appetit weckt, ist das gerade das rechte. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. * — Mit der Herrichtung der städtischen Schmuckplätze und Anlagen hat in diesen Tagen auch die am 11. September v. Js. dem Sturm zum Opfer gefallene Luthereiche auf dem Alt markte einen Ersatz bekommen, der sich hoffentlich ebenso gut entwickelt wie der am 11. November 1883 gepflanzte Baum, vor dessen Mißgeschick er aber hoffentlich bewahrt bleibt. * — Das Erzgebirgsfest, welches, wie bekannt, in diesem Jahre am 26. und 27. Juni stattfindet, rückt immer näher und sind die Einzelausschüsse bereits lebhaft an der Arbeit, um die Vorberei tungen zu einem vollkommenen Gelingen des Festes zu treffen. Erfreulich ist es, daß sich auch dies mal wieder eine große Anzahl Herren zur Mit wirkung bereit gefunden haben. Um das Fest auch dieses Jahr zu einem in allen seinen Teilen wohl gelungenen zu gestalten, wäre es wünschenswert, wenn aus dem Kreise derer, die bisher nicht aktiv an den Arbeiten des Vereins teilgenommen haben, sich noch recht viele zur Unterstützung der einzelnen Ausschüsse melden wollten. Bei dieser Gelegenheit sei auch darauf hingewiesen, daß der Erzgebirgs verein in letzter Zeit durch Wegeverbesserungen, Neuanpflanzungen, Ausschmückung der Anlagen rc. wiederum viel getan hat. Es kann deshalb unserer Einwohnerschaft ein Besuch der Anlagen gerade in der jetzigen herrlichen Frühlingszeit nur aufs wärmste ans Herz gelegt werden. Das vom Erz gebirgsverein bisher Geschaffene ist derartig, daß alle, die während der letzten Jahre nicht in unserer Stadt weilten, davon aufs angenehmste überrascht sind. * — Poftpcrsonalien. Ernannt wurde zum Telegraphen - Assistenten der Postassistent O. G. Müller aus Hohenstein-Ernstthal in Chemnitz. * — Nebcr das vcthlchemstift samt Frauen- Gencsungsheim im Hüttengrund ist soeben der vierzehnte Bericht, der das Jahr 1903 umfaßt, erschienen. Er ist in Versen geschrieben und ent hält viele poetisch anmutige Stellen. Die „Dichtung" ist nach den Monaten eines Jahres in zwölf Ab schnitte geteilt, deren jeder mit einem charakteristischen Monatsbild nach Art der Kalender versehen ist. Ferner sind dem Bericht fünf gute Bilder, die das Bethlehemstift und das Genesungsheim im Sommer und Winter darstellen, beigegeben. * — Die 3. diesjährige Bezirksausschuß- Sitzung findet Sonnabend, den 23. April d. Js., vormitlags '/,11 Uhr im Sitzungssaale der König lichen Amtshäuptmannschaft Glauchau statt. * — Die Königliche Amtshauptmannschaft Glauchau fordert diejenigen Gemeinden, Guts herrschaften und Flurverbände, die für das laufende Jahr die Abordnung von Mannschaften des Be urlaubtenstandes (Reservisten oder Landwehrleute) zum Flurschutz wünschen, auf, ihre Anträge bis spätestens 15. Mai 1904 einzureichen. — Weiter macht genannte Behörde bekannt, daß Gesuche um Beihilfen aus Staatsmitteln zur Begründung oder Erweiterung von Volksbibliotheken für das laufende Jahr bis spätestens Ende Juni bei der Kgl. Amts- hauptmannschast einzureichen sind. * — Die Lerchen sind wieder überall in Feld und Flur zu beobachten. Sie sind die fleißigsten Sänger, die zu jeder Tageszeit, vom frühesten Morgengrauen an bis zur Abenddämmerung ihre schmetternde Stimme hören lassen, ein um das andere mal vom Boden sich erhebend, mit fast zitterndem Flattern allmählig höher und höher auf steigend, dem Auge zuweilen beinahe verschwindend, ohne Unterbrechung, ausdauernder als alle anderen Vögel. Ihr Gesang besteht zwar nur aus wenigen Hellen, reinen, starken Tönen, aber aus unendlich vielen Strophen, welche bald trillernd und wirbelnd, bald hell pfeifend erklingen. Die Lerche ist der Herold des Frühlings. *— Das Lottericverbot und seine un gewollten Folgen. Das Verbot des Spielens in außerstaatlichen Lotterien bezweckt bekanntlich, das Geld, das dem Spieltrieb geopfert wird, hübsch im eigenen Lande zu halten. Braunschweigische, mecklenburgische und hamburgische Kollekteure können es nicht wagen, ihre Lose in Sachsen anzubieten. Sie würden bald zu solch hohen Strafen verdammt werden, daß sie geschäftlich ruiniert wären. Dazu schreibt die „N. Vgtl. Ztg." : „Also der Zweck des Gesetzes ist erreicht? Mit Nichten! Wenn das Geld bisher zwar außerhalb Sachsens floß, aber doch wenigstens in Deutschland blieb, so strömt es jetzt ins Ausland! Außerdeutsche, ganz besonders ungarische Kollekteure, finden jetzt durch das Lotterie gesetz ihre Konkurrenz beseitigt. Natürlich machen sich auch die außerdeutschen Kollekteure einer straf baren Handlung schuldig, wenn sie Lose in Sachsen vertreiben — aber der Eifer des Herrn Staats anwaltes macht an den deutschen Reichsgrenzen Halt! An diesem Beispiele zeigt sich die Wirkung des Lotteriepartikularismus wieder in blendendem Licht!" HD GerSdorf, 22. April. Am gestrigen Nach mittag nach 3 Uhr ertönten hier Feuersignale; es brannte im nahen Lugau unweit deS Gemeinde amtes ein Scheunengebäude des Gutsbesitzers Starke vollständig nieder. Die hiesige Spritzen-Kompagnie II holte sich hierbei den 1., die freiwillige Feuerwehr den 2. Preis. — An dieser Stelle sei darauf hin gewiesen, daß ab Montag, den 25. April, bis zum 5. Mai die Abwalzung des 3. Traktes hiesiger Dorfstraße — das ist vom Gasthof zum grünen Tal bis zur Einmündung der Kaisergrubenstraße — stattfindet. Während dieser Zeit werden die Omnibusse nur ab „grünes Tal" und einige Tage später nur ab „blauer Stern" verkehren. Zwickau, 21. April. Die Arrestzelle in Brand gesteckt hat in der vergangenen Nacht der Fleischer Richard Fromme, der in einem Restaurant der inneren Stadt eine blutige Schlägerei herauf beschworen hatte, wobei er mit einer Eisenstange auf seinen Gegner einschlug. Nach seiner In haftierung in einer Zelle der „Frohnfeste" des Rathauses zündete er mit Streichhölzern, die er im Stiefel verborgen gehalten hatte, den Strohsack an. Fromme war bereits dem Erstickungstode nahe, als die von der Brandwache im gegenüber liegenden Stadttheater kommenden Feuerwehrleute, die den Feuerschein glücklicherweise bemerkt hatten, den Brand löschten. — In dem Konkurswesen zum Nachlasse des Kaufmanns Carl Frisch hier ist jetzt die Ausschüttung der Masse erfolgt. Nach Deckung von 14 019 Mk. bevorrechtigter Forderungen ent fallen auf 5 682 059 Mk. Passiven 102 145 Mark Aktiven, sowie einige Bankzinsen. Frisch, ein noch junger, nicht sehr vermögender Mann, schied vor drei Jahren freiwillig aus dem Leben. Große, aber unglückliche Spekulationen in auswärtigen Großbetrieben führten zum Geschäftsruin. (:) Zwickau. Die hiesige Ortsgruppe des Ver bandes sächsischer Industrieller, welche sich vor wenigen Wochen konstituierte, hält am Sonnabend, den 23. April d. I., im Hotel Deutscher Kaiser hierselbst ihre erste Generalversammlung ab, zu der auch Nichtverbandsmitglieder Zutritt haben. Auf der Tagesordnung steht die Beratung der Satzungen, die definitive Wahl des Vorstandes und ein Referat des dem Verbands-Vorstand angehörenden Land tags-Abgeordneten Max Langhammer-Chemnitz über „Politik und Organisation". * Crimmitschau. Am Mittwoch vormittag wurde der aus Braunschweig gebürtige junge Kauf mann Leppin, der in einem hiesigen Fabrik-Kontor beschäftigt gewesen, wegen unliebsamer Vorkomm nisse vor etwa 14 Tagen aber entlassen worden war, auf dem Bahnhof verhaftet, als er im Begriffe stand, nach Berlin abzudampfen. Der junge Mann, der noblen Passionen gehuldigt, wozu sein Geld jedoch nicht ausreichte, hatte am Mittwoch vor mittag versucht, bei Herrn Bankier Auerbach auf den Namen seines früheren Chefs 1000 Mk. zu erheben; der Bankier war aber vorsichtig und zog erst bei dem Fabrikbesitzer Erkundigungen ein. Da bei stellte sich der Betrug heraus. Leppin verduftete schnell, wurde aber, wie schon erwähnt, später ver haftet und nach einem eingehenden Verhör in das Amlsgerichisgefängnis eingeliefert. * Hartmannsdorf bei Burgstädt, 21. April. Am Dienstag verunglückte durch einen schweren Sturz von seinem Fahrrad auf der sehr abschüssigen Chaussee.von Hartmannsdorf nach Mühlau Herr Reinhold Haußner aus Mühlau, Vertreter und Reisender mehrerer Firmen. Obwohl sogleich ärzt liche Hilfe zur Stelle war, erlag derselbe noch am selbigen Tage seinen schweren Verletzungen. * Dresden, 21. April. Durch ein Groß feuer wurde in der vergangenen Nacht die Hälfte des Gebäudes der Strickmaschinenfabrik von Irm scher u. Co., auf dem Grundstück Tharandter Straße 33 in Neustadt-Löbtau, zerstört. Die städtische, auf Großfeuer alarmierte Feuerwehr mußte mit aller Energie eingreifen, um den weit vorgeschrittenen Brand einzudämmen. Der angerichtete Schaden an Gebäuden, Material, Maschinen rc. ist ein be trächtlicher. * Leipzig, 20. April. Der Arbeitslosen-Ver- sicherungsverein zu Leipzig hielt am Montag eine außerordentliche Versammlung ab und beschloß in ihr seine Auflösung. Satzungsgemäß wird in vier Wochen eine weitere Versammlung stattfinden müssen, um einen endgiltigen Beschluß herbeizu führen. Die Auflösung hat sich als notwendig er wiesen, da die Voraussetzungen, unter denen der Verein gegründet war, nicht eintraten, insbesondere die Unterstützung der Stadt ausblieb. Trotzdem ist die Auflösung nur als ein rein formaler Akt zu betrachten. Es sind Schritte getan, um den Plan, für Leipzig eine Arbeitslosen-Verficherung zu schaffen, auf etwas anderer Grundlage doch durch zuführen. Es hat sich bereits eine Arbeitslosen- Versicherungskaffe gebildet, die die Aufgaben des alten Vereins übernimmt. Die Versicherungs bedingungen werden im wesentlichen dieselben sein, nach wie vor steht jedem Arbeiter der Beitritt frei, soweit die Garantiemittel der Kasse es gestatten. Doch sollen abweichend von dem bisherigen Plane bestehende Arbeiterorganisationen für die Kaffe ge wonnen werden. Es ist auch gelungen, zunächst mit den christlichen Arbeitervereinen zu Leipzig ein geeignetes Abkommen zu treffen. — Der als „ver schwunden" gemeldete bekannte Schrifsteller Herm. Moritz Platen lebt mit den mitgenommenen zwei Kindern wohlbehalten in der Schweiz. — Zum Besten der russischen Verwundeten hat die Firma Mey L Edlich in Leipzig-Plagwitz unter ihren Beamten eine Sammlung veranstaltet, die einen Ertrag von 5000 Mark ergeben hat. Diese Summe ist dem gegenwärtig aus Anlaß der Handelsver tragsverhandlungen in Berlin weilenden russischen Staatsrat von Timirjaseff zugesandt worden. Lengenfeld, 21. April. Vergangene Nacht gegen 11 Uhr wütete hier ein großes Schadenfeuer, das sechs umfangreiche, hiesigen Bürgern gehörige Scheunen in Asche legte. Zwei weiter bedrohte Scheunen konnten durch die eifrige Tätigkeit der Feuerwehr gerettet werden. Ob Brandstiftung vor- tiegt, war noch nicht zu ermitteln.
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