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HchtiisttiErnstthckr Anzeiger Tageblatt für Knhenkein-ErnMial, Göerlungwih, Hersdorf, Lerinsdorf, Wernsdorf, Wüstmbrard, Urspmng, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche und Privat-Anzeigen. -n Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Kür Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegebei. Abonnement: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Durch die Post bezogen Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. 25 Mk. excl. Bestellgeld. Jnsertionsgebühren: die sechsgespallene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 1V Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Nr. 86. Fernsprecher Nr. 151. Freitag, den 15. April 1904. G-mft-M-: B°h»str. s. 31. Jahrgang. Heute rohes und gekochtes Schweinefleisch, Pfd. 45 und 40 Pfg. Freibank. Turmhohe Freundschaft. Während in Ostasien die Kriegsfackel glüht, ist in Europamit einemMale alles Friede und Freundschaft. Frankreich und England, die alten Rivalen, deren Eifersüchtelei und Bündnisverhältnis zu Rußland rrsp. Japan die Möglichkeit von ernsten Schwierig keiten auf dem Welttheater als nicht ausgeschlossen erscheinen ließ, liegen heute einander in den Armen und tun, als ob niemals ihr reiner Seelenbund getrübt worden wäre. DaS Zeichen davon ist die schon mitgeteilte Abmachung über Nord-Afrika, welche Englands Interessen in Aegypten, Frank reichs in Marokko sichert, eine Vereinbarung, welche die eigentlichen Herren dieser beiden Länder so wenig in Betracht zieht, daß man fragen muß, weshalb denn Rußland in Ostasien nicht einfach ebenso die Mandschurei, Japan Korea nimmt und so mit einigen Federstrichen der ganze Krieg aus der Welt geschafft wird? In Paris und in London würde daS eine wahre Herzensfreude erregen, und wer weiß, ob die französische und die englische Regierung nicht bald im Stillen bei ihren Ver bündeten Rußland und Japan dahin wirken werden, dem Feldzuge durch einen zum Waffenstillstand führenden Frieden ein Ende zu machen. Das Bild, welches sich nach den neuesten diplo matischen Abmachungen für Europa ergibt, ist in der Tat ein so freundliches, daß man versucht sein könnte, zu fragen, ob des russischen Kaisers Niko- aus' AbrüstungSgedanke nicht doch noch einmal wieder ausgenommen werden wird. Franzosen und Engländer Arm in Arm, Italien und Oesterreich- Ungarn über die Mittelmeer-Vereinbarungen der ersteren beiden Länder erfreut, alles, was zu nahen Umständlichkeiten auf der Balkanhalbinsel Anlaß geben könnte, auS dem Wege geräumt, Rußland mit verlockenden Werbungen von seinem alten Gegner England bedacht, Deutschland friedfertig, wie immer, in der Mitte — Herz, was willst du mehr? Wo soll da noch Krieg in Europa Her kommen? Aber leider bleibt das schöne politische Wetter doch immer mehr oder weniger Aprilwetter; der heute herrschende Sonnenschein kann morgen von einem rechten Hagel- und Gewitterschauer ab gelöst werden. Und über der glücklichsten Verein barung über einzelne Interessen von Bedeutung darf doch nicht vergessen werden, daß es noch wichtigere Interessen gibt, über welche noch keine Verständigung erfolgt ist, auch schwerlich jemals erfolgen wird. Das große Ziel Rußlands, sich auS Zentralasien einen Schienenweg zum indischen Ozean zu sichern, dieses Gespenst für die Engländer wird durch keinen nur Tages - Angelegenheiten dienenden Vertrag aus der Welt geschafft. Verwandte Seelen finden sich zu Wasser und zu Lande! Kaum jubeln englische und französische Zeitungen in sehr überflüssiger Weise, daß man Deutschland, dem nun einmal aller britischer und gallischer Haß gewidmet ist, zu isolieren beginne; da sich auch Italien und Oesterreich-Ungarn Frank reich und England näherten, so stoßen die russischen Blätter, die doch allen Grund hätten, dem deutschen Nachbar dankbar zu sein, in dasselbe Horn. Der beruhigende kalte Wasserstrahl aus Petersburg wird nicht lange auf sich warten lassen, aber wir sehen doch mal wieder, welche Strömungen und Einflüsse sich immer von neuem geltend zu machen suchen, wo der Ruf: „Gegen Deutschland!" überall ein Echo findet. Uns gilt die im Westen herr schende turmhohe Freundschaft nicht, denn wir sind ja in den Augen jener Leute das Karnickel, das immer den Zank vom Zaun bricht. Das Geschrei kann uns heute selbstverständlich genau so kalt lassen, wie früher; der Dreibund hält fest, und die Politik deS Zaren zieht auch praktische Erwägungen theoretischen GefühlsauSbrüchen vor. Aufrichtig freuen können wir uns über die Be seitigung verschiedener Meinungsstreitigkeitenzwischen Oesterreich-Ungarn und Italien in der jetzt statt- aehabten Konferenz der beiderseitigen Minister des Auswärtigen in Abazzia. Wir haben weiter oben schon gesagt, der Dreibund hält fest, und er bindet auch die Regierungen in Wien und Rom, aber es ist doch besser, daß gewisse schwebende Dinge, z. B. die lang, lang vertagte Begegnung zwischen dem Kaiser Franz Josef und dem König Viktor Ema nuel von Italien, aus der Welt geschafft werden. Für diese Frage hat sich in hohem Maße immer der deutsche Kaiser interessiert, und es kann für uns kein Zweifel obwalten, daß die Minister-Kon ferenz von Abazzia nur eine Folge der Besprechung zwischen Kaiser Wilhelm und König Viktor Ema nuel in Neapel gewesen ist. Die natürlichen In teressen Italiens, Oesterreich-Ungarns und Deutsch lands sind so eng miteinander verknüpft, daß kein offener oder geheimer Versuch, sie zu lösen, Erfolg haben wird. Hier liegt die Garantie für eine wirkliche stetige Freundschaft und damit für den Frieden in Europa, die sich erprobt hat und die jeder Einsichtige der schillernden Schwärmerei vor ziehen wird, die sich zur Stunde in West-Europa geltend macht, deren geheime Triebfeder aber nur der gemeinsame Neid auf das emporblühende Deutschland ist. Bom russisch-japanischen Kriegsschauplatz. Die russische Kriegsflotte vor Port Arthur ist von einem neuen furchtbaren Verlust betroffen worden. Wie wir schon gestern unter.Depeschen" meldeten, ist das Panzerschiff „Petropawlowsk", das im Jahre 1894 vom Stapel lief und 700 Mann Besatzung hatte, untergegangen. Von der ganzen Besatzung sind nur 4 Offiziere gerettet, da runter der Vetter des Zaren, der Großfürst Kyrill Wladimirowitsch. Die Depeschen, die uns weiter über die Kata strophe zugingen, lauten: Petersburg, 14. April. Die Nachricht von dem furchtbaren Unglück in Ostasien hat hier einen niederschmetternden Eindruck gemacht. Kontre- admiral Grigorowitsch, der Hafenkommandant von Port Arthur, meldete dem Zaren: Das Panzerschiff „Petropawlowsk" ist auf eine Mine geraten, welche explodierte. Das Schiff sank. Unser Geschwader liegt unter dem Goldenen Berge. Die Japaner nähern sich. Admiral Makarow ist anscheinend umgekommen. Schwer verletzt ist der Kapitän 1. Ranges Pakowlaw und 5 Offiziere, ferner sind 32 Mann mehr oder weniger schwer verletzt. Als tot sind bis jetzl gemeldet 1 Kapitän, 3 Offiziere, der Oberarzt und 12 Mann. Sämtliche Leichen sind gefunden. — Ein späteres Telegramm des Statt halters Alexejew an den Zaren besagt: Soeben er halte ich vom Generalleutnant Stößel ein Tele gramm über den neuen schweren Verlust, welcher die Flotte des Stillen Ozeans in der Person des Vizeadmirals Makarow, ihres ruhmvollen, er fahrenen Chefs, der mit dem Flaggschiff „Petro pawlowsk" zusammen untergmg, getroffen hat. Petersburg, 14. April. Hier wird vermutet, daß das Panzerschiff auf eine eigene Mine auf gerannt ist. Mit Admiral Makarow ist der gesamte Stab untergegangen. Anläßlich der glücklichen Errettung des Großfürsten Kyrill hat hier bereits ein Dankgottesdienst stattgefunden. Heute wird in der Admiralskirche eine feierliche Totenmesse für Admiral Makarow und die unter gegangene Besatzung zelebriert werden. Makarow hinterläßt eine Witwe. Petersburg, 14. April. Der Zar entsandte einen Spezialkurier nach Peterhof, um der Witwe Makarow- sein Beileid auszusprechen. Der Admiral befand sich in seiner Kajüte, als sich das Schiff heftig im Kreise drehte und in die Lust flog. Der Großfürst Kyrill konnte sich nur dadurch retten, daß er mehrere Meter weit ins Meer geschleudert wurde. Petersburg, 14. April. Die Bestürzung über die schreckliche Katastrophe hat sich noch immer nicht gelegt. Offiziere besprechen die Nachricht auf offener Straße tränenden Auges. Zahlreiche Personen begaben sich vor das Palais und die Ministerien, wo sie eine zeitlang stillschweigend verharrten. Paris, 14. April. Makarow war seit drei mal 24 Stunden nicht aus den Kleidern gekommen, weil er stündlich einen japanischen Angriff erwartete. Bemerkenswert ist, daß er 2 Tage nach Uebernahme eines Kommandos nach Petersburg eine Depesche richtete, worin er dringend die Entsendung eines Admirals verlangte, den er mit seinen intimen Absichten vertraut machen wollte, weil er mit der Möglichkeit rechnete, ein Opfer seiner Pflicht erfüllung zu werden. London, 14. April. Die Blätter erklären ein stimmig, daß Rußland in dem Admiral Makarow einen sehr großen Verlust erlitten habe. Außer dem amtlichen Petersburger Bericht über die Ka tastrophe des Panzers „Petropawlowsk" bringen „Central News" einen eigenen Bericht aus Peters burg, wonach Makarow eine Kreuzfahrt mit den Schiffen seines Geschwaders unternommen habe, als er von den Japanern, die sich hinter Liaot- schau versteckt hatten, angegriffen wurde. Als Makarow die Falle sah, gab er den Führern der Schiffe den Befehl, sich zurückzuziehen. Der Rück zug des Admiralsschiffes wurde jedoch abgeschnitlen. Torpedoboote umringten das Schiff und 5 Tor pedos trafen den Panzer. Infolgedessen flog das Schiff in die Luft. Mehrere andere russische Schiffe sollen gleichfalls durch die Japaner beschädigt worden sein. Petersburg, 14 April. Fürst Uch- tomski, der das Kommando über die Flotte übernommen hatte, wurde bald nach der Ka tastrophe des Panzers „Petropawlowsk" von 18 japanischen Schiffen angegriffen. Petersburg, 14. April. Admiral Alexejew ist wieder mit dem Oberbefehl über sämtliche See streitkräfte in Ostasien betraut worden. London, 14. April. Aus Weihaiwei wird gemeldet: Der englische Kreuzer „Espingle" hörte gestern heftigen Kanonendonner, als er von Niu- tschwang zurückkehrte. Offiziere bemerkten ebenfalls das Auflodern zahlreicher Flammen, welche ersicht lich von Schüssen herrührten. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein erneutes Seegefecht stattgefun- den hat. London, 14. April. Aus Söul wird gemeldet, das japanische Armeekommando habe die koreanische Regierung aufgefordert, Maßregeln zu ergreifen zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse in Söul, da man für den Sommer den Ausbruch einer Epidemie befürchtet. Petersburg, 14. April. Aus Peking wird berichtet, China beeile sich zu rüsten. Es zieht dauernd Truppen an der mandschurischen Grenze zusammen. Die fähigsten Generale sind bereits auf der Eisenbahn an ihre Bestimmungsorte ab gegangen. In der Mandschurei selbst gehen die Tschuntchusen immer lebhafter gegen die Russen vor. Ihre Ueberfälle fordern meist viele Opfer auf russischer Seite. China sendet auch Militär nach der Mongolei auf dem Wege über Kalgan. Die dort lebenden Russen beunruhigen sich sehr. In Peking ist die Stimmung ebenfalls beunruhigend. Was die fremden Kolonien betrifft, so hat die deutsche bereits umfassende Vorsichtsmaßregeln zu ihrem Schutze getroffen. — Zum Befehlshaber der chinesischen Mrdarmee soll General Najukun ernannt worden sein. Zum Aufstand der Herero. Oberst Leutwein meldet au« Okahandja vom vom 13. April: Die Verfolgung ergab, daß der geschlagene Feind in die Gegend von Oljitasu, Eundo und Kaljavia zurückgtng. Vom Feinde wurden 80 Tote und frische Gräber gefunden. Etwa 350 Stück Großvieh sind erbeutet. Unser biiheriger Gesamtverlust in Deutsch-Süd- westafrika beträgt nach einer Aufstellung der „Berl. Ztg.": Tot 13 Offiziere und 75 Mann, verwundet 9 Offiziere und 47 Mann. Die Herero haben versucht, den in Okombahe, westlich von Omaruru wohnenden Kapitän Kornelius der Bergdamara auf ihre Seite zu ziehen. Nach einem Bericht der Südwestafr. Ztg. umschmeichelten sie ihn und überliefen ihn mit Aufforderungen, sich ihnen anzuschließen. Die Hinterlist de« Herero- Charakter« offenbart sich aber in den Briefen de« Unterkapitän« von Kawab, Johanne«, der u. a. schrieb: „Lieber Korneitu«! Du mußt so schlau sein, wie ich, und e» nicht so machen, wie unsere Leute in Omaruru: wären sie vorsichtiger gewesen und hätten mehr Gift gebraucht, dann wären sie jetzt weiter. Ich habe mich zurückgehalten und die Weißen getäuscht, und ich werde damit «eiter kommen." Diese selben Kerle hatten wochenlang vorher den Missionar mit Vorwürsen überhäuft, daß er seine Gemeinde in Kawab allzusehr vernachlässige. Sie hätten Verlangen nach dem Abendmahl. Zum Attentat auf den spanischen Minister präsidenten wird noch gemeldet: Barcelona, 14. April. Nach den letzten amt lichen Berichten ist der Zustand der Wunde des Ministerpräsidenten Maura gut und eine rasche Vernarbung zu erwarten. Der Ministerpräsident wird die Reise fortsetzen können. Die gestern auf getauchte Nachricht, daß Artal, der Urheber deS Anschlags, infolge eines erhaltenen Stockschlager gestorben sei, wird für unrichtig erklärt. Die Polizei machte die Entdeckung, daß der Anschlag seit acht Tagen vorbereitet war. Artal verfolgte Maura seit mehreren Tagen. Er hatte einen Mit verschworenen, der in der letzten Nacht verhaftet wurde. Beide gehörten einer revolutionären Jugend vereinigung an. Der verhaftete Genosse ÄrtalS ist gleichfalls Anarchist und gibt zu, mit Artal be freundet zu sein. Er bestreitet hingegen, die Pläne Artals gekannt zu haben. Madrid, 14. April. Telegramme aus Barce lona schildern den Mann, der das Attentat auf Maura verübte, als einen geistig degenerierten Menschen, in dessen überhitztem Gehirn alle exal tierten Ideen Platz finden. Man fand Bücher von Tolstoi bei ihm und Kapitelüberschriften, als ob er selbst ein Buch verfassen wollte. Die übrige Dienerschaft des Hauses hielt ihn für furchtsam und dumm und machte sich lustig darüber, als er am Freitag erklärte: „Bald wird man von mir hören." Er scheint doch eine gewisse Fühlung mit den Anarchistengruppen unterhalten zu haben. Beim Transport nach dem Gefängnis brachte er ständig Hochs auf die Anarchie aus und rief: „Ich ver achte den Tod!" Ein Onkel des Attentäters ist Offizier. Dieser empfing kürzlich einen halbver rückten Brief von ihm, weshalb er beunruhigt war. — Der Verbrecher ist von Beruf Holzschnitzer. Seine Schwester steht im Begriff, das Klosterge lübde abzulegen. Niemand hielt ihn der Tat für fähig. Das Messer, mit dem er den Anschlag ausführte, nahm er aus der Waffensammlung seiner Herrschaft, bei der er als Diener eintrat. — Gleich nach der Tat wurde ein Spezialrichter ernannt, welcher die Erklärungen Mauras entgegennahm und den Verbrecher verhörte. Dieser wird von der Re gierungsbehörde wahrscheinlich heute noch nach Montjuich geschafft werden. Viele Verhaftungen sind bereits erfolgt. Deutscher Reichstag. 65. Sitzung vom 13. April. Die Beratung des Etats des Reichskanzler- wird fortgesetzt. Abg. von Kardorff (Rp.): Abgesehen etwa von den Sozialdemokraten werde jedenfalls wohl das ganze Haus mit der vorsichtigen Politik deS Grafen