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6192 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 115. 20. Mai 1912. noch empfindlicher bemerkbar machen. Es ist kein Zufall, daß sich von der oberen Königstraße jetzt alle Sortimentsbuchhandlungen bis auf einige zurückgezogen haben. Die Gehälter der Angestellten sind unbedingt und zwar nicht unbeträchtlich gestiegen. Die »Ortsgruppe Stuttgart der All gemeinen Vereinigung deutscher Buchhandlungsgehilfen« hatte schon früher als Mindestgehalt 110 ^ bezeichnet und kündigte den Firmeninhabern im Herbst vorigen Jahres an: »Wir haben das Mindestgehalt auf 120 erhöht.« Auch die Gehälter für Kon toristinnen und die Löhne für Packer erfuhren im letzten Jahr eine Steigerung. Wie schon in früheren Jahren hat der Stuttgarter Buchhändler verein auch 1911 unter Hinzuziehung der Vorstände der hiesigen Buchhandlungsgehilfenvereine zum Zwecke der Fortbildung Lehr kurse veranstaltet. Die Gehilfenschaft hat hiervon jedoch leider nur in sehr geringem Maße Gebrauch gemacht. Von den mehr als 400 Gehilfen und Lehrlingen besuchten die im Herbst 1911stattgefundenen Vorträge etwa 16, trotzdem die Kosten für etwa 8 Vorträge auf nur 3 ^ festgesetzt wurden. Und dabei verzeichnet die oben erwähnte Gehilfenvereinigung in der Begründung ihrer Erhöhung der Gehälter als notwendigen Betrag für Fortbildungszwecke 60 X jährlich! Die Barsortimente, welche zu einem großen Teil den Ver kehr zwischen Sortiment und Verlag vermitteln, sahen sich ge zwungen, in bezug auf Kredit und Zahlungswesen schärfere Maß nahmen zu ergreifen. Der Verlagsbuchhandel beklagt sich darüber, daß die Zah- lungsweise der Sortimenter noch immer zu wünschen übrig lasse, die letzteren sagen dasselbe in Bezug auf das Publikum. Die Stadt Stuttgart liefert den Schülern der Volksschule die Lehr mittel kostenfrei. Bei Vergebung der Schulbücheraufträge durch die Stadt war leider zu beobachten, daß Aufträge, welche ihrer Natur nach den Sortimentsbuchhandlungen hätten überwiesen werden sollen, den Buchbindern übertragen wurden. Dadurch war das reguläre Geschäft beeinträchtigt. Eine große Überraschung brachte uns die neuerliche Behand lung unseres Titelfchutzes, der seither durch das Verlagsgesetz ge währleistet war, nun aber durch die Eintragung beim Patentamt von seiten der Konkurrenz fast illusorisch gemacht wurde. Hier besteht eine Lücke in der Gesetzgebung, die findige Köpfe zu ihrem Vor teil ausnützen. Alte, schon seit Jahrzehnten geführte Bücher und Zeitschriftentitel können dem Verleger plötzlich genommen und der Vertrieb seiner Bestände unter diesen Titeln unmöglich gemacht werden, wodurch unter Umständen ein ungeheurer Schaden entsteht. Die postalischen Vorschriften bringen der Geschäftswelt in manchen Fällen bedeutenden Mehraufwand, zum Teil sogar er heblichen Schaden. So behält die Post die von den Abonnenten bereits vor dem Vierteljahresbeginn eingezogenen Zeitschriften, betrüge monatelang und betrachtet es gewissermaßen als eine Gnade, wenn sie dem Verleger auf seinen besonderen Antrag Abschlagszahlungen macht. (Aus dem Jahresbericht des Stuttgarter Handelsvereins.) Rheinische Kantatefeier 1912. — In diesem Zeichen hielt die »Disponenda« V. j. B. zu Mainz unter großer Beteiligung des mitteldeutschen Jungbuchhandels am 4. und 5. Mai ihr 34. Stiftungsfest ab. Ein Frühlingsfest wollten die fürsorglichen Mainzer ihren Berufsgenossen vom Rhein, Main, Neckar usw. bieten, ein Arbeitswendfest, nachdem Abrechnung und Schul büchergeschäft überstanden. Und man darf sagen, es ist ihnen schönstens gelungen. Wiesbaden und Frankfurt stellten die große Mehrheit der auswärtigen Gäste, aber auch Darmstadt, Offenbach und Heidelberg waren vertreten. Die Feier wurde am Kantatesonnabend mit einem Kommers eingeleitet, der den Teilnehmern viele freudige Überraschungen bot. Ein wohlbesetztes Orchester sorgte für gute musikalische Anregungen und die bewährten Hauskünstler der »Disponenda«, vor allem Althaus mit seinem eigens komponierten vortrefflichen Festmarsch und Bundeslied von Cäsar Flaischlen, Carl Bauers schwungvolle Kantategrüße und -Dichtungen, Repps famose Fest lieder, ferner mancherlei Heiteres in Vers, Rede und Gesang er zeugten eine echt rheinische Feststimmung. Es war wohl auch das Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Gegenwart beruflicher Leidens- und Freudensgefährten und das Bewußtsein erfüllter Pflicht in den vergangenen sauren Wochen, was die Herzen der »Jüngeren« wieder einmal hochschlagen ließ, dem Feste einen besonderen Schwung gab. Wir möchten hier die vielen Einzel- heiten des Festes nicht schildern, sondern nur noch erwähnen, daß auch die Festzeitung so recht ein literarisches Gepräge gewonnen hatte durch freundliche Beiträge von Herbert Eulenberg, Cäsar Flaischlen, Alexander Moszkowski, Rudolf Presber und Roda Roda. Auch geschätzte buchgewerbliche Firmen trugen durch reizende Gaben bei, das Fest zu verschönen, den Teilnehmern unvergeßlich zu machen. — Sonntag war dann programmäßige Fortsetzung: Besichtigung des Gutenberg-Museums, nachmittags Ausflug mit Damen auf Salondampfer nach dem weinberühmten Rauen thal, wo in der Winzerhalle köstlicher 1911er bereitstand und bei Wein, Tanz, Gesängen und heiteren Vorträgen die Stunden nur so verflogen, sodaß die schließlich noch übriggebliebene Schar, die auf Zuganschlüsse keine Rücksicht zu nehmen hatte, das letzte Bähnle ruhig fahren ließ, um noch ein Stündchen länger verweilen zu können. Der einstündige Weg zur Staatsbahn mußte dann allerdings zu Fuß zurückgelegt werden, aber es war ein lustiger Marsch und eine köstliche Wanderung Arm in Arm durch die lieb- liche Maiennacht, in dem von Blütenduft und Nachtigallenschlag erfüllten Tal nach Eltville. So erhielt das erste rheinische Kan- tatefest, dessen alljährliche Wiederholung allerseits gewünscht wird, einen fast romantischen Abschluß. Möchte im nächsten Jahre wieder ein günstiger Stern über ihm stehen! Der 1. Jntervatiouale Kongreß für vergleichende Pathologie wird vom 17. bis 23. Oktober in Paris stattfinden. Er wird insofern von den gewöhnlichen Formen abweichen, als keine Sektionen gebildet, sondern alle Vorträge in allgemeinen Sitzungen gehalten und besprochen werden sollen. Personalnachrichten. 70. GebartStag. — Am 12. Mai feierte Herr Albert Aber, Inhaber der Firmen August Hirschwald und Hirschwaldsche Buch handlung in Berlin, seinen 70. Geburtstag. Zugleich konnte er auf 40 Jahre als Inhaber der genannten geachteten Firmen zurückblicken. Herr Albert Aber ist ein Sohn von Eduard Aber, der 50 Jahre lang die HirschwaldschenGeschäfte geleitet hat und im hohen Alter von 89 Jahren 1899 gestorben ist. Albert Aber trat seinem Vater und seinem Vetter A. F. Hirschwald am 1. Januar 1868 als Prokurist zur Seite und wurde am 12. Mai 1872 als Teilhaber ausgenommen. Er hat die Geschäfte ganz im Geiste seines Vaters zu leiten und auf der Höhe zu halten verstanden. Der Jubilar hat sich den Auf regungen, die ein solches Doppeljubiläum mit sich bringt, durch eine Reise entzogen, aber auch in seinem busn rstiro werden ihn zahlreiche Glückwünsche seiner Kollegen und der Autoren seines Verlages erreicht haben. Letztere haben ihre Glückwünsche zu einer Adresse vereinigt, die 160 Unterschriften trägt und ein dauerndes Dokument der Wertschätzung und Freundschaft bilden soll. Möge dem tüchtigen Manne vergönnt sein, sein goldenes Inhaber-Jubiläum zu feiern. Sprechsaal. !Ohnc >°"diingen d-n Heimliche Schleuderei. iVgl. Nr. 102, 108 u. Ivg.> Bezugnehmend auf das Eingesandt des Herrn Eduard Well mann in Breslau in Nr. 109 des »Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel« S. 6848: »Heimliche Schleuderei« bemerke ich zur Klarstellung des Sachverhalts, daß eine Leipziger Firma vor einigen Wochen telephonisch bei mir anfragte, ob die Frank furter Stadtbibliothek schon die Stracksche Talmudpublikation be- stellt habe; sie — die betreffende Firma — sei nämlich in der Lage, das Werk der Stadtbibliothek mit einem Rabatt von I6A zu liefern. Ich habe das Angebot abgelehnt. Frankfurt a/M. Der Direktor der Stadtbibliothek: Prof. vr. Ebrard, Geh Konsistorialrat.