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Nichtamtlicher Teil. 11», 20. Mai 1S12. Nichtamtlicher Teil« Eingabe des Vorstandes des Börsenvereins betr. Vertriebs der preußischen Generalstabskarten durch eine amtliche Vertriebsstelle in Stettin. Leipzig, den 15. Mai 1912. An S. Exzellenz den Königlich Preußischen Kriegsminister Herrn General der Infanterie von Heeringcn Berlin. Hochwohlgeborener Herr! Hochgebietender Herr Staatsministerl Euer Exzellenz gestattet sich der Vorstand des Börsenoereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig als berufener Vertreter der Gesamt- interefsen des deutschen Buchhandels nachstehende An gelegenheit zu geneigter Prüfung vorzutragcn. Wenn auch die Angelegenheit Euer Exzellenz engeres Ressort nicht un mittelbar berührt, so glauben wir doch, da es sich um neue, für einen großen Teil der Bevölkerung und insonderheit für unsere Berufsgenossen bedeutungsvolle Bestimmungen einer militärischen Behörde handelt, in Euer Exzellenz die zuständige Instanz sür die von uns erhobenen Vorstellungen erblicken zu dürfen. Nach einer am 22. März d. I. in dem Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin erfolgten Bekanntmachung der Königlich Preußischen Landesaufnahme, die auch in die Kreisblättcr übernommen wurde, wird der bisherige Bezug von Generalstabskarten durch die in der Provinz Pommern ansässigen Buchhandlungen aufgehoben und der Vertrieb dieser amtlichen Veröffentlichungen lediglich einer in Stettin neu eröffneten, eigenen Karten - Vertriebsstellc der Königlich Preußischen Landesausnahme übertragen. Gleichzeitig wird bekanntgegeben, daß von dieser Karten-Vertriebsstelle in den kleineren Orten der Provinz Pommern Zweigstellen errichtet würden und daß alle Bestellungen auf die Karten von jedermann aus der Provinz Pommern und aus dem Truppen bezirk des II. Armeekorps vom 1. April d. I. an ausschließ lich an die Karten-Vertriebsstelle oder deren Zweigstellen zu richten seien. Begründet wird diese Neueinrichtung der Königlichen Landesaufnahme damit, daß sie hierdurch den Bezug der Generalstabskarten und ihrer sonstigen Veröffentlichungen zu erleichtern und den Bestellern mehr als bisher die neuesten berichtigten Auflagen zugänglich zu machen beabsichtige. Nach dieser Bekanntmachung wird es den in Pommern bestehenden Buchhandlungen ferner unmöglich sein, Be stellungen auf die Generalstabskarten usw. anzunehmen und diese dem Publikum und den Kreisen, die ihren ganzen literarischen Bedarf durch den angesessenen Buchhandel zu decken gewohnt find, zu liefern. Wir gehen wohl in der Annahme nicht fehl, daß mit der in Pommern errichteten Karten-Vertriebsstelle zunächst ein Versuch gemacht wird und daß geplant ist, derartige Vertriebsstellen mit abhängigen Zweigstellen auch in den anderen Provinzen der Monarchie zu errichten. Demgegenüber hält es der Unterzeichnete Vorstand sür seine Pflicht, Euer Exzellenz geneigte Beachtung aus die große Schädigung hinzulenken, die durch die Ausschaltung des Buchhandels bei dem Verkauf der amtlichen Kartenwerke einem großen und schwer ringenden Gewerbszweigs erwachsen -- ,c. wird. Denn seit vielen Jahrzehnten ist das deutsche Publi kum gewohnt, die Veröffentlichungen der Königlichen Landes aufnahme durch den Buchhandel zu beziehen, da dieser sich — worauf wir wohl mit berechtigtem Nachdruck Hin weisen dürfen — mit lebhaftem und unermüdlichem Inter esse dem Vertriebe der Karten gewidmet und deren Bekannt werden in den weitesten Kreisen der Bevölkerung vermittelt hat, so daß er mit vollem Recht einen erheblichen Anteil an der stets größer gewordenen Verbreitung der amtlichen Kartenwerke in Anspruch nehmen darf. Auch die weitver zweigten Verbindungen des Buchhandels im Auslände und die zahlreichen, in allen größeren Städten des Auslandes bestehenden, meistens von deutschen Reichsangehörigcn be triebenen buchhändlerifchen Geschäfte haben an dem ver mehrten Absatz der Generalstabskarten in hervorragendem Maße mitgewirkt und dauernde geschäftliche Beziehungen zu Abnehmern angeknüpft, die alljährlich umfangreiche Be stellungen auf die von der Königlichen Landesaufnahme in den Verkehr gebrachten Karten erteilt haben. Diese Absatzbemühungen des Buchhandels im In- und Auslande werden gefördert durch die Euer Exzellenz be kannte, allgemein geltende Verkehrssitte, daß alle Erzeugnisse der Druckindustrie im weitesten Sinne und somit auch alle von Behörden herausgegebenen Veröffentlichungen, darunter nicht zum geringsten Teile Karten aller Art, auf buch händlerischem Wege bestellt und beschafft werden können. Diese Vertriebsart durch ein Netz von Buchhandlungen, das ganz Deutschland und einen großen Teil des Auslandes bis in die fernsten Gegenden umspannt, hat sich nach einer viele Jahrzehnte umfassenden Erfahrung als die wirtschaftlich billigste und prompteste Bezugsweise bewährt. Demgemäß wendet sich das Publikum auch bei einem beabsichtigten Kauf von Karten zunächst an die ihm zugänglichen und vertrauten Buchhandlungen, weil es glaubt, geradezu ein Recht daraus beanspruchen zu dürfen, alle Gegenstände des buchhändlerischen Verkehrs durch Vermittlung des Buchhandels zu beziehen. Der von der Königlichen Landesaufnahme für die Provinz Pommern bereits bewirkte und wohl für den ganzen Bereich der Reichskciegsverwaltung in Aussicht genommene Ausschluß des Buchhandels vom Vertriebe der amtlichen Karten würde deshalb nach unserer Ansicht auch die allgemeinen Interessen des Publikums in der empfindlichsten Weise berühren und verletzen. In stärkstem Maße aber werden durch die von der Königlichen Landesaufnahme bereits getroffenen und beab sichtigten Einrichtungen die Interessen des deutschen Buch handels geschädigt. Bedeutet schon die Entziehung einer so umfangreichen, den Rahmen des buchhändlerischen Verkehrs gehörigen Sammlung, wie sie die Veröffentlichungen der Königlichen Landesaufnahme darstellcn, aus dem Vertriebe des Buch handels für diesen eine schwerwiegende Benachteiligung, so wird diese noch ganz wesentlich erhöht durch die Begründung, die die Königliche Landesaufnahme der Öffentlichkeit für die vermeintliche Notwendigkeit der von ihr ins Leben gerufene» neuen Organisation in ihren Bekanntmachungen angibt. Diese Begründung beruht nach unserem Dafürhalten auf einer Verkennung der Verhältnisse, die von unserer Seite im allgemeinen buchhändlerischen Interesse eine Widerlegung dringend erfordert. Die Königliche Landesaufnahme versichert, daß durch die von ihr z. T. bereits abgeschlossene und wohl sür weitere Landesteilc in Aussicht genommene Vertriebsorganisation der Bezug ihrer Veröffentlichungen erleichtert werde. Diese An sicht ist durchaus irrig, das Gegenteil wird der Fall sein.