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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 24.02.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190402241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19040224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19040224
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-02
- Tag 1904-02-24
-
Monat
1904-02
-
Jahr
1904
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 24.02.1904
- Autor
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stimmig eine Resolution angenommen, worin eS heißt: „Die Versammlung mißbilligt das Vorgehen der Crimmitschauer Unternehmer, die fortwährend noch fremde Arbeiter herbeizuziehen suchen, obwohl noch viele hiesige Arbeiter beschäftigungslos sind, und macht die Arbeitgeber dafür verantwortlich, daß sie solche, mit Maschinen nicht vertraute Ar beiter eingestellt haben." * Dresden, 22. Febr. Die Königliche Kreis hauptmannschaft Dresden hat auf Antrag des hie sigen Rates die Schließung der Kasse „Saxonia", Krankenkasse für ganz Deutschland, eingeschriebene Hilfskasse Nr. 131 zu Dresden, verfügt. Das König!. Ministerium hat die Schließung dieser Kasse auf Grund von tz 29 Absatz 10, Ziffer 4 des Gesetzes über die eingeschriebenen Hilfskassen bestätigt. Ein Ratssekretär und ein bisheriger Kassenbeamter der „Saxonia" sind als Liquida toren bestellt worden. * Dresden, 22. Februar. Tue Heilung eines schweren Krankheitsfalles im hiesigen Johannstädter Krankenhause erregt hier in der medizinischen Welt allgemeines Aufsehen. Eine verheiratete Frau, die schon seit ihrer Kindheit nerverschwach war, verlor vor nunmehr 10 Jahren infolge eines Nerven schlages die Sprache vollständig. Vor zirka vier Wochen erlitt die bedauernswerte Frau einen aber maligen Nervenschlag, so daß sie das Augenlicht einbüßte und auch auf der rechten Seite gelähmt wurde. Die Frau hatte schon in früheren Jahren verschiedene Nervenärzte ausgesucht, um ihre Sprache wieder zu erlangen, doch blieben alle Bemühungen erfolglos. Infolge des abermaligen Unglücks wurde die Frau dem Johannstädter Krankenhause über geben, und hier gelang es den unausgesetzten Be mühungen der Aerzte, innerhalb vier Wochen die Frau zu heilen. Nicht nur die Lähmung wurde beseitigt, die Kranke konnte auch wieder sehen und erlangte nach lOjährigem Stummsein ihre Sprache wieder. Sie wurde am letzten Sonnabend als geheilt aus dem Krankenhause entlassen. * Leipzig, 21. Februar. Die Passagiere des abends 10 Uhr 17 Minuten hier von Magdeburg eintreffenden Personenzuges sahen zu ihrem Er staunen in Gröbern einen etwa 13jährigen Knaben einsteigen, ohne Kopfbedeckung, leicht bekleidet und in Filzschuhen. Wie nach mehrmaligem Hin- und Herfragen aus dem Kleinen herauszubekommen war, hatte er gegen 1 Uhr nachmittags die elterliche Wohnung verlassen, um den Japanern zu Hilfe zu kommen. Er war aber nicht weit gekommen, denn in Gröbern hatte sich der Gemeindevorstand dieses kleinen Schwärmers angenommen und ihm ein Billet 4. Klasse nach Leipzig gelöst, wo er sofort von der Polizei in Empfang genommen wurde. * Waldheim, 22. Febr. Betreffs einer Ein verleibung der Gemeinde Richzenhain in die Stadt Waldheim hatte der WaldHeimer Stadtrat eine Anfrage an diese Nachbargemeinde gerichtet. Der Gemeinderat in Richzenhain hat nun gegen eine Stimme beschlossen, mit der Stadt Waldheim wegen der Einverleibung in Unterhandlungen zu treten. * Laubegast, 22. Febr. Gestern nachmittag verbrannte sich das fünfjährige Töchterchen des Maurers Gruner derartig, daß sofort der Tod eintrat. In Abwesenheit der Eltern hatte das Kind vermutlich mit Streichhölzern gespielt und hierbei einen qualvollen Tod gesunden. * Sayda, 22. Febr. Gasthofsbesitzer Häcker in Deutjchgeorgenthal wurde unter dem Verdachte der Brandstiftung verhaftet. Häcker befand sich bereits früher dreimal wegen des gleichen Verdachts in Untersuchung, mußte jedoch wegen Mangels genügender Beweise freigesprochen werden. * Wiefcnbad, 23. Februar. In der Paren- tationshalle zu Wiesa fand gestern mittag im Bei sein einer Gerichtskommission die Sektion der am Sonntag auf Wiesaer Flur tot aufgefundenen 16- jährigen Flora Schreiter statt. Die Sektion hat, wie das „Annab. Wochenbl." meldet, eine gewalt same Todesursache nicht ergeben. Es ist demnach Mord wie auch Selbstmord ausgeschlossen. Anzu nehmen ist, daß die Unglückliche in geistiger Um nachtung umhergeirrt und dabei von einem Herz schlag betroffen worden ist. Von den Kleidern der Verschiedenen hat man noch immer keine Spur gefunden. * Bautzen, 22. Febr. Ein bei einem Hoch kircher Schmiedemeister in Diensten stehender Wald arbeiter traf auf seinem Heimwege im Walde ein älteres Ehepaar, mit dem er bereits seil längerer Zeit in Feindschaft lebte. Um sich jetzt für angeb liche Verleumdungen zu rächen, nahm er seine Holzaxt und schlug auf das Paar ein. Der Mann wurde schwer verletzt, während die Frau mit kleineren Wunden davonkam. Der Täter wurde noch am selben Abend verhaftet und ins nächste Gefängnis transportiert. * Herrnhut. Der hier wohnhaften Lehrers witwe Frau Kuersten ist von der „Ost-Kamerun- Gesellschaft" die Mitteilung zugegangen, daß ihr Sohn Theodor, welcher aus einer der Gesellschaft gehörigen Plantage als Beamter tätig war, von Ein geborenen im Hinterlande von Kamerun ermordet worden ist. Mit ihm ist noch ein zweiter Beamter ermordet worden. Theodor Kuersten, der im 24. Lebensjahre stand, war schon seit mehreren Jahren in Kamerun tätig und hatte erst vor kurzem seiner Mutter mitgeteilt, daß er sie diesen Sommer besuchen wolle. * Zittau, 21. Febr. In Warnsdorf geriet am Donnerstag der Gastwirt Sitte mit seiner Ehefrau in einen heftigen Streit. Dabei regte sich die Frau derartig auf, daß sie kurz darauf den Gashahn aufdrehte und sich durch das ausströmende Gas tötete. Schöffengerichtssitzung vom 23. Februar 1904. Angeklagt waren der Milchhändler Karl Theodor Esche, 1857 geb., und dessen Ehefrau Anna Ernestine geb. Böhm, 49 Jahre alt, beide in Langenberg wohnhaft, am 15. November 1903 während de« Gottesdienste« Milch abgesetzt zu haben. Den sie hierüber zur Rede stellenden Gendarmerie Brigadier Fr. hat der Ehemann außerdem in der gröblichsten Weise beleidigt. Au« diesem Grunde verurteilte da« Gericht den Ehemann Esche zu 25 Mk. Geldstrafe evtl. 1 Woche Haft und die Ehe frau zu 6 Mk. Geldstrafe evtl. 2 Tagen Haft; außerdem haben die Angeklagten die Kosten zu tragen und dem beleidigten Gendarmerie-Brigadier Fr. wurde Publikationsbefugni« zugesprochen. So jung und so verdorben, konnte man heute morgen au«rufen, al« der im Jahre 1890 in Ober lungwitz geborene, jetzt hier die Schule besuchende Knabe Robert Eugen Spindler auf der Anklagebank Platz nehmen mußte. Bereit« vom Zwickauer Landgericht mit 1 Monat Gesängni« wegen Dieb stahls vorbestraft — welche Strafe ihm auf 3 Jahre gestundet ist — hatte er sich heute wegen Unterschlagung von 2 Mk., verübt im September vorigen Jahre« bet der Witwe W. in Oberlungwitz, zu verantworten. Die lügenhaften Aussagen de» Jungen machten eine längere Beweiraufnahme nötig, die die Schuld de« Angeklagten zeitigte. Da« Gericht verurteilte ihn zu 3 Tagen Gesängni«. Eine Privatklagesache zwischen dem Weber Johann Paul L. und dem Weber Emil Anton Lz , beide von hier, hatte schon einmal das Schöffenge richt beschäftigt und führte damal« zur Verurteilung de« ersteren. Dieser hatte nun Privatklage gegen Lz. wegen Beleidigung angestrengt. Trotzdem eine lange Reihe von Zeugen vernommen wurde, konnte da« Gericht doch nicht zu der Auffassung kommen, daß hier die Schuld auf nur einer Seite liege und verurteilte de«halb beide zu je 10 Mk. Geldstrafe evtl. 3 Tagen Haft. Etwa«, da« nicht alle Tage vorkommt, beschäf tigte sodann das Gericht in heutiger Verhandlung. Der Weber Franz Karl G. von hier sollte die Taubstumme Kollegin Alwine Auguste W. beleidigt haben. Die geladenen Zeugen wollten aber nicht« gehört haben, und : er Verklagte hatte natürlich niemanden beleidigt. Die Verständigung zwischen Gericht und Privatklägerin mußte durch einen des Schreibens kundigen zweiten Taubstummen erfolgen, förderte aber nicht« Belastende« für den Verklagten zu tage. Aus Grund dessen erfolgte die Freisprech ung derselben und der Klägerin wurden die Kosten de« Verfahren« auferlegt. Außerdem hat sie die dem Verklagten erwachsenen notwendigen Auslage" zu erstatten. Da» mußte ihr natürlich alle« durch Zeichensprache de« zweiten Taubstummen beigebracht werden. Gerichtssaal. 8 Dresden, 22. Febr. Das hiesige Kriegs, gericht verurteilte den Unteroffizier Heidrich vom Infanterieregiment Nr. 177 wegen Mißhandlung von Soldaten in 8 Fällen zu 3 Monaten Gefängnis. Einer der Gemißhandelten, der Rekrut Kopp, war zum Kascrnenfenster herausgesprungen und mit zer schmetterten Gliedern liegen geblieben, sodaß an seinem Auskommen gezweifelt wird. § Der Fall Wagner. Gestern kam vor dem kaiserlichen Disziplinarhof in Leipzig die Berufung des Oberpostpraktikanten Richard Wagner aus Hanau zur Verhandlung gegen das Urteil der TiSziplinarkammer in Kassel, wonach Wagner, weil er sozialdemokratische Tendenzen vertreten und da durch, wie das Urteil sagt: „sich der Achtung un würdig gemacht, welche die Stellung eines Beamten bedingt," mit Dienstentlassung bestraft wurde. Wagner ist jetzt in der Redaktion der sozialdemo kratischen „Volkszeitung" in Leipzig tätig. Der Disziplinarhof verwarf die Berufung. ß Plauen, 22. Februar. Von dem hiesigen Schwurgericht wurde heute der Hausbesitzer und Weber Gläser aus Falkenstein wegen Brandstiftung zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Gläser halte s. Z. den Brand in Falkenstein angelegt, durch welchen 12 Häuser am Anger eingeäschert wurden. 8 Wegen eines halben Pfundes trockenen Brotes verhängte dar Schwurgericht zu Eisenach gegen den 20jährigen Fabrikarbeiter Kleh au« Ruhla ein Jahr Gesängni«. Er hatte einen 13jährigen Knaben auf einem Waldwege an der Kehle gepackt, ihn niedergeworfen und ihm ein halbe« Pfund Brot au« dem Tragkorb genommen. Die Tat wurde, wie die Tägl. Rundschau mitteilt, al« Raub erachtet. Der medizinische Sachverständige bezeichnete den Angeklagten al« verstandesschwach und dumm, aber al« zurechnungsfähig. 8 Kassel, 23. Febr. Das Kriegsgericht ver urteilte den Musketier Fasset vom 167. Infanterie- regiment wegen Widersetzlichkeit, Ungehorsam und Bedrohung eines Vorgesetzten zu fünf Jahren Ge fängnis. 8 Wegen Beraubung von Postpaketen im Nachtschnellzugs Berlin-Bre«lau wurde der Post schaffner Olto Fittig von der Berliner Strafkammer zu 9 Monaten Gesängni« und 2jährigem Ehrverlust verurteilt. Kleine Chronik. * Berlin, 22. Febr. Gestern wurde durch das kronprinzliche Gefährt am Lustgarten ein Mann überfahren. Der Kronprinz stieg sofort ouS und überzeugte sich, daß der Ueberfahrene keinen erheb lichen Schaden erlitten habe. Er winkle dann einem Schutzmann und ließ den Verunglücklen nach der nahen Unfallstation bringen. Auf Befehl das Kron prinzen wurden ihm sofort 50 Mk. ausgezahlt. * Ein Drama in der Reichshauptstadt. In selbstmörderrscher Absicht sprang am Sonntag vormittag eine unbekannte Frauensperson bei der Lichtensteinbrücke in Berlin in den Kanal und er trank. Der Füsilier Fricke von der 11. Kompag nie des 2. Garderegiments z. F. ist bei dem Rettungsversuch ebenfalls ertrunken. Die Leichen sind noch nicht aufgefunden worden. * Stutzer als Einbrecher. Im Norden Berlin«, in einem Hause der Linienstraße, hatten Poltzeibeamte bei der Ausnahme eine« Einbrecher neste« einen Kampf zu bestehen. Während zwei der zu Verhaftenden leicht überwältigt werden konnten, gab der drille vier Revolverschüffe ab. Einer der Beamten wurde verletzt. Dann schoß der Verbrecher auf sich selbst. Die drei Kerle haben die schwersten Einbrüche verübt, spielten aber nach außen die feinen Herren; sie trugen Gehrockanzüge, Lacksttefel und Zylinder. * ErpreffungSversuch. Gegen den russischen Botschaftspropst in Berlin wurde eine Erpressung versucht. Er erhielt einen mit „Fünf Räuber unterschriebenen Brief, indem er aufgefordert wurde, an einer bestimmten Stelle 25 000 Mark zu hinter legen, sonst würden er und seine Familie vergiftet werden. Da« Schreiben, da« einen Totenkopftrug, wurde der Polizei übergeben, die sich sofort auf die Suche nach den „Räubern" machte. * Aurich» 23. Februar. Der Matrose Kohler wurde heute morgen 8 Uhr auf dem Hofe des hiesigen Landgerichts durch den Scharfrichter Engel hardt ohne Zwischenfall hingerichtet. * Saalfeld, 20. Febr. Die hier und in der Umgegend durch ihre Zitherkonzerte bekannte, erst 15 Jahre alte Anna Trupp hat sich gestern in der Wohnung ihrer Eltern mittels Revolvers erschossen. Wie aus einem Abschiedsbriefe, den daS junge Mädchen hinterließ, hervorgeht, ist das Motiv zum Selbstmorde der jungen Zitherkünstlerin Liebes- kummer. (!!) * Ilmenau, 21. Febr. Aus dem Thüringer Walde wütete gestern und vorgestern ein orkan artiger Schneesturm, der namentlich in den Wal dungen bedeutenden Schaden anrichtete. Die Jl- menau-Gehren-Großbreitenbacher Bahn mußte auf der Strecke Neustadt-GillerSdorf-Großbreitenbach wegen Schneewehungen den Betrieb einstellen. Aus Oberhof wird berichtet, daß der Schnee in dortiger Gegend 3 bis 4 Meter hoch liegt. * Köln, 22. Febr. In der gestrigen Essener Bergarbeitcrversammlung erklärte der Referent, daß ein Massenstreik im Bergbau sicher bevorstehe. Die Führer hielten aber noch zurück, bis die Organi sation gestärkt sei. Die Versammlung verlangte, aus der Tagesordnung des nächsten internationalen Kongresses solle die Frage eines Generalstreikes zur Durchsetzung der alten Forderungen der Berg arbeiter g-setzt werden. * Essen (Ruhr), 22. Februar. Die „Rheinisch- Westfälische Zeitung" teilt mit, daß sowohl die Heinrichhütte, wie auch die Zeche „Karl Friedrich" von der Dortmunder Union an die Firma Henschel u. Sohn in Kassel übergehen sollen und daß der Kaufpreis 12*/, Millionen Mark betrüge. * Pose», 22 Febr. Am Sonnabend abend wurden in der Präparierkcmmer der Chemischen Fabrik, Aktiengesellschaft vormals Moritz Milch, ein Arbeiter getötet und drei betäubt vorgefunden. Als Ursache werden die aus dem Kessel zu früh abgelassenen Dämpfe bezeichnet. Die Untersuchung ist eingeleitet. * Bukarest, 23. Febr. Unter dem Verdacht, seine eigene Frau, welche auf 50000 Kronen ver sichert war, ermordet zu haben, wurde der Arzt Jakobisch in Plojaschti verhaftet. * Tientsin, 21. Febr. Aus Tsinaufu wird gemeldet: Der Huang-Ho-Damm ist gebrochen. Hunderte von Menschen sind umgekommen. Meh rere Dörfer sind verwüstet. * Selbstmord eines Offiziers. Der Ober leutnant v. Wentzky vom Stendaler Husarenregiment hat sich, nach Berliner Blättern, in der Reichs- Hauptstadt erschossen. Er war zur Militärtelegraphen- schule abkommandiert und stürzte vor einigen Tagen in der Reitbahn mit dem Pserde, wobei er eine Gehirnerschütterung erlitt. Die Tat hat er offenbar in geistiger Umnachtung verübt. * Entmenschter Sohn. Im Dorfe Liewen- berg bei Heilsberg unweit Graudenz hatte der Be sitzer F. seinen eigenen Vater in einen mit Brettern verschlagenen Raum gesperrt und wollte ihn, ohne ihm Nahrung zu geben, in dem kalten, engen und feuchten Raum verhungern lassen. Von Hunger und Kälte bis aufs äußerste gequält, wollte der Vater durch eine Oeffnung nach außen zu den Nach barsleuten zu entkommen suchen, wurde aber von seinem Sohne eingeholt, geprügelt und mit Füßen gestoßen und wieder zurück in sein Verließ gebracht. Durch Zufall kam dieser Vorfall zur Kenntnis der Behörden, und ein Gendarm aus Heilsberg wurde zur Feststellung der Tatsachen hingejchickt, worauf der Staatsanwaltschaft Anzeige gemacht wurde, die bereits das Weitere veranlaßt hat. Der alte Mann äußerte, daß es seiner vor 14 Togen ver storbenen Frau noch schlechter gegangen sei als ihm. * Das Verschwinden eines Sachsen aus Maderno am Gardasee hat jetzt eine traurige Auf klärung erfahren. Vor kurzem wurde in dem Kur ort seit einiger Zeit der Brauereidirektor Eduard Hänel aus Schönpriesen a. Elbe vermißt. Man vermutete sogleich, daß der etwa 50jährige, sehr verschlossene Herr sich ein Leid angetan habe, und stellte eifrige, umfassende Nachforschungen an, die ober zunächst erfolglos blieben. Der Hotelbesitzer, bei dem Herr Hänel Quartier genommen hatte, setzte 50 Lire Belohnung für die Auffindung seines verschwundenen Gastes auS. Jetzt endlich entdeckten, wie der Magd. Zig. geschrieben wird, Hirten, die nach entlaufenen Schafen suchten, in der Val di Pojano, einem unbewohnten, etwa 3 Stunden von Maderno entfernten Gebirgstal, unter der Schnee decke den Leichnam cmeS Herrn. Wie sich heraus- stellte, war der Tote Hänel. Er hatte sich eine Revolverkugel in den Kopf geschossen. Seine Wert sachen waren unangetastet, auch der Leichnam in folge deS Frostes und der Schneedecke unversehrt. In der Brieftasche des Unglücklichen fand man einen Brief, aus dem zu ersehen war, daß er auS Furcht, dem Wahnsinne zu verfallen, Hand an sich gelegt habe. * Bös mitgespielt hat der russisch-japanische Krieg den Artisten und fahrenden Künstlern. Eine große Zahl von ihnen war für die Osterzeit und später nach Rußland engagiert, und nun sind in Folge de« aurgebrochenen Kriege« die meisten abge schlossenen Kontrakte aufgehoben. An Entschädigung ist bei den russischen Verhältnissen nicht zu denken. * Die Sammlungen für Aalesund ergaben 1'/, Mill. Kronen, davon 900000 Kronen vom Au«land. * Wie man Wei» „verbessert'." Bei de« unerhörten Verfehlungen gegen daS Weingesetz, die man jüngst in Stuttgart entdeckt hat, ist in einem Falle ein Weinlager von 32000 Litern durch 18000 Liter Wasser und 195 Zentner Zucker „verbessert" worden. Der Keller wurde polizeilich geschlossen, den „Wein" wird man voraussichtlich in die Kanäle laufen lassen. ES sind vorwiegend mittlere Wein- Handlungen, in denen Verfehlungen entdeckt worden sind. * Große Eiseubahudiebstähle. Au« Bielitz wird der N. Fr. Presse gemeldet: Den von der Nordbahndirektton eigen« entsandten Kontrolleuren Wenzlik und Weibl der Aktivkontrolle ist e« gelungen, einer vollständig organisierten Verbrecherbande auf die Spur zu kommen, die auf der Nordbahnstrecke von Dzieditz (bei Bielitz) bi« Petrowttz in letzter Zeit fortgesetzt große Diebstähle verübte. E« wurden gestohlene Waren im Werte von 30 000 Kronen konfi«ziert; überdie« soll ein großer Teil über die Grenze, angeblich nach Preußen, geschmuggelt worden sein. * Pöbeleien haben die Tschechen wieder in Prag verübt. Es wurden wüste Kundgebungen für Rußland und Frankreich, aber gegen Deutschland, Nordamerika und England veranstaltet. Deutsche Studenten wurden blutig geschlagen. * Japan ist Trumph. Die Engländerinnen zeigen sich al« treue Freundinnen Japans, sie ahmen die japanische Haarmode nach, tragen japanische Fächer rc. Mancher dürren Miß mag da» auch ganz gut stehen, sonst würde schwerlich die Mode mitgemacht werden. Unwetternachrichten. Köln, 23. Febr. Nach mehrtägigem, unauf hörlichem Regenwetter ist ein heftige» Steigen de» Rheine» und der Nebenflüsse eingetreten. Die Wupper hat große Verherungen namentlich ober halb Wipperfürth angerichtet. Kassel, 23. Febr. Infolge heftiger Regen güsse trat die Fulda über die Ufer und über schwemmte die Niederung in der Umgebung vollständig. Wie», 23. Febr. Die Straße Toblach-Schlud- Herbach ist durch Lawinen verschüttet, welche am Dürren-See große Ausdehnung angenommen haben. Im Tauferertal wurden Bauern vor ihren Häusern erfroren aufgefunden. Neueste Nachrichten und Depeschen vom 23. Februar. Berlin. Gegenüber einer von dem Justiz minister Schönstedt im preußischen Abgeordneten hause gemachten Bemerkung, daß anscheinend auch die Berliner Zentralleitung der sozialdemokratischen Partei an dem russischen Schriftenschmuggel beteiligt sei, wird im „Vorwärts" festgestellt, „daß der Vor stand der deutschen Sozialdemokratie bisher weder direkt noch indirekt etwas mit der Herstellung oder der Verbreitung der Schriften zu tun gehabt habe". Das Blatt erklärt, daß die gestrigen Erklärungen des preußischen Ministers im Reichstage eine Ant wort finden werden. Berlin. Nach einer verschiedenen Blättern zugegangenen Nachricht wurde der Beamte Eltz der Siedelungsgesellschaft Deutsch - Südwestafrika ermordet. Hamburg. Einer Privatmeldung aus Matupi (Neu-Pommern) zufolge wurden auf Prince-Jsland wiederum mehrere Weiße ermordet. Mit Gewehren und scharfen Patronen bewaffnete Eingeborene machten einen Angriff, wobei ein Weißer, namens Reinhardt, getötet wurde. Peter Hansen, Vertreter der Neu-Guinea-Kompagnie, flüchtete zu Pferde und wurde vom Schiff ausgenommen. Der Dampfer „Meto" wurde von den Eingeborenen zerstört, der Maschinist Tölle getötet, außerdem ein Malaye, mehrere Chinesen und Schwarze. Der Händler Rau, der durch einen Lanzenstich am Arm ver wundet wurde, ist mit einigen Frauen entkommen. Als das Schiff die Nachricht von dem Ueberfall nach Matupi brachte, ging der Polizeimeister mit schwarzen Soldaten und dem Richter zur Unter suchung nach dort ab. Tschernowitz. Der „Tschernowitzer Allgemeinen Zeitung" wird von der russischen Grenze gemeldet, daß Rumänien eine große Menge Getreide, ins besondere Hafer, aufkaufe. Es handelt sich um Fürsorge im Falle einer Mobilmachung. Wien. Die Verhaftung des Landwehrmajors Wienchowski in Stanislaw erfolgte wegen Be trügereien bei der Aushebung. Man ist jetzt einer ganzen Bestechungsaffäre auf die Spur gekommen. Auch in Lemberg, Przemysl und Radautz wurden Landwehroffiziere verhaftet. Lemberg. Einer der einflußreichsten Führer der hiesigen Sozialdemokraten, der Direktor der Bauarbeiter-Krankenkasse, Zalaszkiewicz, wurde ver haftet, weil sich bei einer Kaffenrevision ein be deutendes Manko ergab. London. König Eduard, der sich besuchsweise in Portsmuth aufhält und den Kreuzer „Cumber- land" besichtigte, fiel über die Leiste einer wasser dichten Schalltür auf dem Hauptdeck. Der Unfall verlief jedoch ohne alle üblen Folgen. Mailand. Bei Limone am Gardasee wurden zwei Zivilkleidung tragende Offiziere der Tiroler Jäger bei der photographischen Aufnahme von Grenzbefestigungen betroffen und nach Salo ab geführt. Madrid. Das allgemeine Gesprächsthema ist hier der hohe Kurssturz, der vorgestern an der hiesigen und der Börse von Barcelona infolge der Gerüchte erfolgte, daß die Cortes zu Kriegsrüstuagen 80 Millionen außerordentlichen Kredit votieren würden, und daß Spanien mit England ein Bünd nis geschloffen hätte. Die Regierung dementiert zwar alles, aber die Presse verlangt kategorische Erklärungen, um die öffentliche Meinung zu be ruhigen. Man berechnet, daß die Börsenpanik einen Verlust von 500 Millionen gebracht habe.
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