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Hohcnstm-ErnsWltr AnztM Tageblatt für Lnhengein-Grnpbal, Gkerlungwitz, Hersdorf, Kermsdors, Iernsdorf, WWmbraid, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. —Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche «ad Privat-Anzeige«. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeber. Abonnement: Bei Abholung mo tätlich 35 Pfg. die einzelne Stummer 5 „ Durch die Post bezogen Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. 25 Mk. excl. Bestellgeld. Jnsertiousgebühre«: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für »auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. LV Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Nr. 45. F°rn,pr-ch°r Nr.1S1. Mittwoch, den 24. Februar 1904. G-schöftsst°ll°: Bahnstr. z. 31. Jahrgang. Heute rohes Rindfleisch, Balkan-Trubel. (Nachdruck verboten.) Die Allarm-Meldungen von der Balkanhalbinsel häufen sich. Man braucht ja die Sensations-Ge schichten, die von dort in englischen Zeitungen er zählt werden, ebensowenig zu tragisch zu nehmen, wie die kostbaren Spezial-Telegramme derselben Blätter au« Ostasien, nach welchen, wenn man die Zahl der untergegangenen Schiffe und umgekommenen Soldaten zusammenrechnet, der größte Teil der russischen und japanischen Streitkräfte berei>« ver nichtet worden wäre; aber es darf auch nicht ver heimlicht werden, daß, wenn zum Frühling die Bäume aurschlagen, auch die meisten Bulgaren und Maze donier und viele Serben und Griechen alle Lust haben, auf die Türken loszuschlagen. Bei den Muhamcdanern im Orient ist, trocken herarttgesagt, da« treibende Motiv für viele Handlungen der Backschisch, da« Trinkgeld, bei den Christen ir.i Orient sind e« die Schulden. Serben, Bulgaren und Griechen haben Schulden, wie Heu, ein glücklicher oder auch ein durch eine fremde Intervention ver hinderter unglücklicher Krieg bildet immer eine Ab leitung, unter Umständen ist dabei etwa« zu ge winnen. Alle orientalischen Christen — sie laugen in der Mehrheit jammervoll wenig, wie Jeder weiß, der aus eigenen Erfahrungen diese Gesellschaft kennen gelernt hat — sind fest davon überzeugt, daß die Großmächte, d. h. in diesem Falle Rußland, niemals dulden wird, daß die Türken in einem Kriege zu weit gehen, daß also ein Krieg trotz aller vorherigen Mahnungen und Warnungen keine so furchtbar ernste Sache ist. In Ausstandsversuchen und geheimen Putschen schlägt man sich ja doch tot, also kann e« auch im regelrechten Kriege geschehen, der doch gewisse Chancen gibt. Aus tiefen Stim mungen heraus erklären sich die immer wieder von neuem austauchenden Allarmgeschichten und Kriegs gelüste und AufstandS-Gefechte und wenn man da ran denkt, wie Rußland s. Z. seine Hand über die Griechen und Krelenser hielt, so kann man nicht anders, al« die Anschauungen der unruhigen Balkan völker solche zu nennen, die mit wirklichen Tat sachen rechnen. Der Türke ist im Durchschnitt nicht schlechter, sondern besser, wie der orientalische Christ, die türkische Verwaltung ist auch nicht so sehr viel schlechter, als die serbische oder bulgarische oder griechische Lotterwirtschaft e« gewesen ist, aber alle« da« kann den Türken nicht zum Heil gereichen. Auch ein Blinder kann e« sehen, die Türkenherr- schast in Europa geht unrettbar ihrem Ende ent gegen, sie verträgt sich nicht mehr mit den immer mehr erstarkenden nichtlürkifchen Naiionalilälen auf der Balkanhalbinsel. Alle« Reden, alle Bemühungen helfen da nicht« mehr, ein Stein nach dem andern bröckelt vom ««manischen Reiche ab, und e« geht nicht einmal mehr langsam, der ganze Bau kracht in seinen Fugen. Die Serben, Bulgaren, Griechen, Mazedonier usw., die das alle Tage beobachten, sollten da« nicht merken? Selbstverständlich! Unter einander leben sie wie Katze und Hund, die politischen Morde sind nicht« seltene«, ist doch selbst der Be gründer der bulgarischen Unabhängigkeit, Siambu- low, der bulgarische Bi«marck, einem Meuchelmord erlegen; aber der Haß gegen die Türken ist'«, der alle verbindet. Und dieser Haß wächst von Jahr zu Jahr. Wenn die Katze nicht zu Hause ist, springen die Mäuse über Tische und Bänke! Die Katze ist zwar nicht fern, wenn wir die Rede aus die Balkan- Verhältntffe übertragen; kann Rußland nicht auf merken, so besorgt da« Oesterreich. Ungarn, aber die Katze hat zu oft mit dem Fressen gedroht, und doch nicht gefressen, al« daß sie noch ernstlich gefürchtet würde. Selbstverständlich genügen 2—3 Armee korps fremder Truppen, den kleinen Gernegroßen im Balkan die Ueberhebung au«zulrctben, aber die Ruhe wird schließlich nicht länger «nhalten, al« die fremden Bajonette blitzen. Da« wird nicht von heute aus morgen sein, aber einmal wird e« ganz sicher eintrrffen. Man denke nur daran, wie e« . 40 Pfg. Freibank. überall im östlichen Wetterwinkel glüht, in den christlichen Staaten und in den eigenen türkischen Provinzen; mit den Mazedoniern denken die Albanesen um die Wette an ihre Selbständigkeit, und wenn man die schwierigen Verhältnisse, den Mangel an schnellen Verbindungen in« Auge faßt, dann wird man erkennen, daß e« recht sauer wer den dürfte, dem Türken Verlegenheiten zu ersparen. Sie können sogar im Lenz 1904 schon recht groß werden! Der russisch-japanische Krieg. Bevor nicht der Oberbefehlshaber über Heer und Flotte Rußlands in Ostasien, der bisherige russische Kriegsminister Kuropatkin, auf dem Kriegs schauplätze rm fernen Osten angelangt ist, werden die Russen dort auch nicht aus der Defensive her austreten. Da aber die Fahrt von Petersburg bis Mulden oder Charbin länger als 100 Tage dauert, so sind die Russen noch recht beträchtliche Zeit ge zwungen, in ihren Verteidigungsstellungen zu be harren. Man sagt, Port Arthur werde sich halten und auch Mulden und Chardin würden den Ja panern unüberwindlichen Widerstand leisten. Sollten diese festen Punkte aber doch im Laufe der nächsten Monate wider Erwarten in die Hände der Japaner fallen und außerdem die sibirische Eisenbahn auf weite Strecken zerstört werden, dann würde und müßte die Lage der Russen eine verzweifelte werden. Der erste Beamte der japanischen Insel Mi- yaki, die wenige Meilen südlich von Tokio liegt, hat dorthin berichtet, daß am 19. d. M. 12 Russen in einem Boote auf der Insel gelandet seien und daß man an demselben Tage von der Insel aus ein Transportschiff bemerkt habe. Die Meldung klingt recht unwahrscheinlich, da nicht anzunehmen ist, daß sich das Wladiwostok-Geschwader um die Ostküste Japans herum dem gelben Meer und dem Hafen von Port Arthur zu nähern versuchen sollte. Bei Tschcmulpo haben die Japaner überaus schwere Verluste er litten, wenn sich der Bericht des bisherigen rus sischen Gesandten in Söul, der Hauptstadt Koreas, Pawlow, über die Ereignisse von Tschemulpo als zutreffend erweisen sollte. Pawlow, der am 18. d. M. mit den geretteten Mannschaften der beiden verloren gegangenen russischen Kriegsschiffe „War- jag" und „Korejetz" in Shanghai eingetroffen ist, füllt mit seinen Mitteilungen einige Lücken des in der vergangenen Woche in Petersburg eingetroffmen amtlichen Berichts aus. Als Pawlow bemerkte, daß die Lage in Korea eine kritische geworden war, entsandte er das Kanonenboot „Korejetz" mit der Post nach Port Arthur und benachrichtigte gleich zeitig den Kreuzer „Warjag", daß er auf alle möglichen Fälle gefaßt sein müßte. Als „Korejetz" die Reede verließ, begegnete er dem japanischen Kriegsgeschwader. Ein Kreuzer machte Jagd auf das russische Kanonenboot, das alsbald die japa nischen Torpedoboote umzingelten, die, ohne zu treffen, drei Schüsse auf dasselbe abgaben. „Ko rejetz" schoß nicht, sondern begab sich in die Reede zurück. In der Nacht darauf landeten japanische Transportschiffe 3000 Mann Truppen, die Söul besetzten. Am Morgen wurden die beiden russischen Kriegsschiffe aufgefordert, den Hafen zu verlassen. Als sie sich auf hoher See befanden, erging die Aufforderung durch Signal an sie, sich zu ergeben. Das Signal blieb unbeantwortet. Darauf erfolgte die Schlacht und die Vernichtung des „Warjag" und „Korejetz" in der. bereits bekannten Weise. Außerdem wurde der russische Transportdampfer „Sungari", der am Tage vorher angekommen war, von seiner Mannschaft in Brand gesetzt und ins Meer versenkt. Was die japanischen Verluste betrifft, so wurde ein japanisches Torpedoboot während des Kampfes zum Sinken gebracht. Der japanische Kreuzer „Asabama" wurde beschädigt, der japanische Kreuzer „Takolschiho" sank im Laufe des Abends. Am nächsten Morgen brachte der „Asabama" 80 Verwundete und Tote an Bord eines Transport dampfers. * * Die Russen sollen auch zu Lande bereits schwere Verluste erlitten und den Rückzug vom Naluflusse angetreten haben. Die russischen Verluste zu Lande sollen, einer Petersburger Meldung des ,,B. T." zufolge, bereits 2500 Tote betragen. Die Wahr scheinlichkeit liegt vor, daß die Russen zunächst und bis zum Eintreffen ausreichender Verstärkungen Niederlagen auch zu Lande erleiden werden. In Petersburg soll man auch Komplikationen seitens der Mächte befürchten. Was Frankreich, Spanien und Italien angeht, so sind diese Befürchtungen einstweilen grundlos; auch England hat z. Z. keinen Anlaß, in die ihm hochwillkommene Entwickelung der ostasiatischen Angelegenheiten einzugreifen, da gegen will man einen Handstreich Rußlands gegen China für möglich ansehen, falls sich das KriegS- glück weiter ungünstig für die russischen Waffen erweisen ,ollle. Das Verhältnis zwischen Ruffen und Chinesen ist mittlerweile recht unfreundlich geworden. Rußland fordert, Chinesen sollen ihm die Mandschureibahn bewachen. Die chinesische Regierung lehnt diese Forderung mit der Begrün dung ab, Rußland habe während der Friedenszeit die Bewachung der mandschurischen Bahn durch Chinesen als unzureichend bezeichnet und könne da her jetzt im Kriege nicht verlangen, daß China den Bewachungsdienst ausübe. Frankreich will das im Hafen von Shanghai liegende russische Kanonenboot „Mandschur" an kaufen. * * * Die neuesten Depeschen lauten: London, 23. Febr. „Daily Telegraph" wird aus Nagasaki von gestern gemeldet, das japa nische Geschwader habe vor Port Arthur 4 rus sische Torpedojüger wcggenommeu und die Mann schaft gefangen genommen. Tie Japaner hätten sich russischer Signale bedient. London, 23. Febr. „Tailh Telegraph" mel det aus Petersburg, das russische Geschwader in Ostastcn habe Befehl erhalten, sich nicht mehr in ein Gefecht mit den Japanern einzulassen, bevor Verstärkungen eingctroffen seien. In Konstantinopel finden Unterhandlungen um Er laubnis zur Durchfahrt der russischen Schwarzen Meer-Flotte durch die Dardanellen statt. London, 23. Febr. „Morning Leader" ver sichert, aus bester Quelle erfahren zu haben, daß die eine Hälfte der japanischen Flotte beschäftigt sei, Truppen zu landen, während die andere auf der Suche nach dem russischen Wladiwostok-Ge schwader ist. Aus Kobe wird demselben Blatt ge meldet, die spanische Regierung mißbillige die Be geisterung der Bevölkerung und befürchte einen Rückschlag, falls schlechte Nachrichten vom Kriegs- schauplatze eintreffen sollten. Die Behörden suchen daher die Begeisterung zu zügeln. London, 23. Febr. Die Reise des russischen Botschafters nach Petersburg soll, wie in diplo matischen Kreisen verlautet, mit der Tibetfrage, so wie der Kohlenversorgung russischer Schiffe im Zusammenhang stehen. London, 23. Febr. „Morning Leader" be richtet aus Port Arthur: Admiral Alexejew hat die beschädigten Kriegsschiffe besichtigt und hierbei eine Ansprache an die Soldaten gerichtet, wobei er erklärte, die beste Eigenschaft der Soldaten sei abmarten und für das Vaterland sich opfern. London, 23. Febr. Nach Meldungen aus Tschiiu versichern Handelsschiffe, die aus Korea kommen, japanische Kriegsschiffe gesehen zu haben, die in der Richtung nach Niutschwang dampften. Paris, 23. Febr. Aus London wird berichtet: In allen englischen Werften und Marinewerkstätten wird Tag und Nacht ununterbrochen gearbeitet. Auf Anordnung des Admirals werden zwei außer Dienst gestellte Panzer in schwimmende Marine werkstätten umgewandelt, auf denen sich die mo dernsten Werkzeuge befinden sollen, um auf hoher See Kriegsschiffe zu reparieren. Jedem Geschwader wird ein solches Schiss beigegeben. Wie die Ad miralität mitteilt, müssen die beiden Schiffe bis zum 31. März seeklar sein. Auf einer anderen Werft wird der Umbau des „Goliath" mit großer Eile betrieben. Paris, 23. Febr. Der „Newyork Herald" meldet aus Tschifu: Ein deutsches und ein eng lisches Schiff haben Klage gegen die russische Re gierung eingeleitet, weil die Schiffe von den Russen, welche sie für japanische hielten, bombardiert und beschädigt worden sind. Petersburg, 23. Febr. Die Annahme von Privatdepeschen ist nunmehr auch den Offi zieren untersagt worden. Nur bei ganz besonderen Ausnahmefällen kann das zuständige Kommando gestatten, daß Offiziere Depeschen an ihre Familien richten. Wien, 23. Febr. Die österreichische Friedens gesellschaft beschloß nach einem Referat des BaronS von Suttner eine Resolution, welche gestern in 800 Friedensvereinigungen vorgeschlagen wurde. Die Regierung soll ersucht werden, im russisch japanischen Kriege energisch im Sinne der Haager Konvention die Vermittelung in die Hand zu nehmen. Der Feldzug gegen die Herero. Die Zahl der deutschen Streitkräfte erfährt in diesen Tagen eine neue Vermehrung durch die Ankunft de« Dampfer» „Adolf Wörmann", der 4 Offiziere und 168 Mann sowie 6 Kanonen und 2 Maschinengewehre an Bord hat. Ferner naht die Hauptmacht der Schutztruppe vom Süden her. Bei Groß-Barmen, südwestlich von Okahandja, haben die Matrosen vom „Habicht," vereint mit Schutztruppen-Mannschaften, den Herero« ein neue« siegreiche« Gefecht geliefert, da« zweite innerhalb weniger Tage. Die Schwarzen flüchteten unter Hinterlassung von 13 Toten, vielen Gewehren und Munition. Auf deutscher Seite wurden K Mann verwundet. Recht erfreulich ist e«, daß jetzt eine planmäßige Hils«aktton zu gunsten der schwer geschädigten An siedler in die Wege geleitet wird. E« gibt viel zu helfen, und wer geben will, dem ist Gelegenheit ge boten. Eine willkommene Gabe waren die 10 000 Mark, die der Kaiser spendete. Auch eine Reiche unterstützung soll gewährt werden. Die Mehrheit de« Reichstag» wird wohl nicht nein sagen, wenn die Forderung gestellt wird, zumal da« Reich sich schadlos halten kann an dem Eigentum der Auf ständischen, die in barbarischer Weise gemordet, geraubt und verwüstet haben und darum keine Milde verdienen. Gouverneur Leutwein meldet, daß in dem Tele gramm vom 17. Februar über da« Gefecht der Kompagnie Fischel insofern ein Irrtum vorgekommen ist, als nicht der Seesoldat Henze au« Oe«dorf, sondern der Seesoldat Haase au« Sachsendorf in Sachsen schwer verwundet worden ist. Berlin, 23. Febr. Wie au« Bre«Iau gemeldet wird, ist der Sohn de» Kaiserlichen Rechnung«ra<e« Paul Hay in Hohenwiese im Riesengebirge, der vor Outjo eine Farm hatte, bei der Verteidigung der selben von Herero« ermordet worden. Seiner jungen Frau gelang e«, ihr Leben zu retten. Trier, 23. Febr. Da« Misston»kloster Trei«- mosel erhielt au« Süd-Westafrika eine Depesche, derzufolge alle Missionare gerettet seien; der von den Hereros angerichtete Schaden dagegen sei gewaltig. Deutscher Reichstag. 39. Sitzung vom 22. Februar. Beginn der Sitzung 1'/. Uhr. Zunächst wird dem Anträge der Geschäftsordnungs-Kommission gemäß beschlossen, die nachgesuchte Genehmigung zur strafrechtlichen Verfolgung der Abgg. Krösell (Ant.), Fußangel (Zentr.) und Gerstenberger (Ztr.) nicht zu erteilen. Sodann wird die Beratung des Postetats fort gesetzt. Beim Titel Post- und Oberpostasststenten regt Abg. Eickhoff (freis. Volksp.) Besserstellung der Postbeamten in den Kolonien an.