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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 06.02.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190402068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19040206
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19040206
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-02
- Tag 1904-02-06
-
Monat
1904-02
-
Jahr
1904
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 06.02.1904
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»orden, daß alle Schulen immer in die großen und mittleren Städte gelegt würden. (Sehr richtig!) Man scheine von dem Grundsatz au»,»gehen: Wo nicht» ist, braucht auch nicht« htnzukommen! Er würde der Regierung dankbar sein, wenn sie darauf zukommen würde, in Zukunst auch die kleinen Städte zu berücksichtigen. (Bravo!) Abg. Rentsch-Kamenz (kons.) stimmt den Aut- führungen de» Vorredner« zu und meint, bet dem gegenwärtigen Stande der Finanzen müsse man von einer Verlegung de« Seminar» Dresden- Friedrichstadt Abstand nehmen. Da» alte Seminar sei übrigen» gar nicht so schlecht, wie e« der Be- richt der Direktion darstelle. Redner zerpflückt in humoristtsch.sarkastischer Weise die für die Ver legung de» Seminar« angesührten Gründe und be merkt u. a. unter großer Heiterkeit de« Hause«: Der Großstadtlärm störe den Schulunterricht nicht, da« habe er beim Besuch der hiesigen Technischen Hochschule empfunden; viel störender fei dort ein der Hochschule gegenüberliegende« Damenpensionat gewesen. Abg. Hartmann vermißt unter den Städten, deren Petitionen um Errichtung von Seminaren der Regierung zur Kenntni«nahme überwiesen wor den seien, Kamenz, da« sich noch keiner einzigen höheren Lehranstalt erfreue. Abg. Dr. Vogel-DreSden (nat.-lib.): Wenn daS Friedrichstädter Seminar in Dresden verbleibe, so handle eS sich um die Erhaltung eine« wohler worbenen Rechte-; er müsse sich darum gegen eine etwa beabsichtigte Verlegung diese- Seminar- nach einer kleinen Stadt entschieden aussprechen. Er meine aber, daß mit dem alten Gebäude noch recht gut auszukommen sei, wenn man die Direktorial wohnung einziehe, oder ein neues Schulgebäude in dem großen Seminargarten errichte und daS alte Gebäude zu JnternatSzwecken benütze. Solange der FiSkuS daS um daS Scminar liegende große Areal nicht hergebe, scheide für ihn die Frage der Belästigung de- Seminar- durch die Fabriken aus. In Strehlen, wohin man da- Seminar verlegen wolle, werde eS schwierig sein, daS nötige Schüler, material für die Uebungsschule zu beschaffen. Redner stellt schließlich den Antrag, die Forderung für die Verlegung de- Seminar- DreSden-Friedrichstadt an die Deputation zurückzuweisen, die die ein schlägigen Verhältnisse nochmal- prüfen möge. Abg. Grumbt-Loschwitz (kons.) wundert sich, daß Friedrichstadt so an seinem Seminar hänge, dieser Stadtteil müßte doch mehr Interesse daran haben, daß da- dort liegende fiskalische Areal, da- ein Millionenvermögen repräsentiere, in lukrativer Weise für industrielle Zwecke ausgenützt werde. Endlich vermißt Redner den Unterricht in slavischen Sprachen an unseren höheren Schulen. Minister Dr. v. Seydewitz: DaS Ministerium sehe bei Errichtung von Seminaren auf eine mög- lichst angemessene Verteilung über daS ganze Land und bevorzuge durchaus nicht die großen Städte. WaS die von Günther verlangte Reform der Lehrer bildung anlange, so könne er versichern, daß das Ministerium in nächster Zeit aus eine Neugestaltung des Lehrplanes für die Lehrerseminare zukommen werde. Er halte eS nicht für notwendig, daß allen Volksschullehrern daS Recht des UniversitätSschul- studiums gewährt werde, daS würde schließlich da zu führen, daß kein Lehrer mehr auf daS Land hinaus wolle. (Sehr richtig !) Tausende von Lehrern hätten übrigens ohne Universitätsstudium mit großem Segen für daS Land gewirkt. (Bravo!) Wenn in den Lehrplan der Seminare die neueren Sprachen eingesührt werden sollten, dann müsse der Seminar- kursus um ein bis zwei Jahre verlängert werden. UedrigenS werde jetzt der Versuch gemacht, ob nicht an Stelle des Lateinunterrichts der Unterricht in französischer Sprache treten könne. Der Wunsch nach Erlernung einer slavischen Sprache könne unmög- lich erfüllt werden. WaS den Vorwurf Günthers anlange, so könne dem Kultusminister doch kein Vorwurf daraus gemacht werden, wenn er bei passender Gelegenheit die Konfessionen zum Frieden ermahnte, denn die konfessionellen Gegensätze hätten sich in Sachsen zur Zeit sehr zugespitzt. (Sehr richtig!) Abg. Bleyer-Falkenstein wendet sich in scharfen Worten gegen den Abg. Günther, der für OelSnitz, daS gar nicht zu seinem Wahlkreise gehöre, eilige- treten sei. Günther glaubt wohl, daß Patronat über das ganze Vogtland zu haben. (Heiterkeit.) Abg. Günther erwidert, daß jeder Abgeordnete da« Recht habe, über eine Angelegenheit zu sprechen, auch wenn sie nicht seinen eigenen Wahlkrei« betreffe. Abg. Langhammer-Chemnitz (nat.-lib.) gibt dem Vorredner Recht, meint aber, daß e« eine Frrge de« Takte« sei, gewisse Angelegenheiten dem Abge ordneten de« betreffenden Kreise« zur Besprechung zu überlassen. Nach einem kurzen Schlußwortde«Berichterstatter«, in dem er bittet, den Antrag Vogel abzulehnen, genehmigt bezw. bewilligt da» Hau« einstimmig: für Seminare die Einnahmen mit 122 679 Mk., die Ausgaben mit 2 240 789 Mk., für allgemeine Aut- gaben zu Zwecken der Seminare 149 000 Mk., für den Erweilerung«bau beim Seminar in Auerbach 78 800 Mk., für den Neubau eine» Seminars in Leipzig al» erste Rate 250 000 Mk. Die für Areal erwerbung zur Verlegung de» Seminar« in Dre«den- Friedrichstadt geforderten 110 000 Mk. finden keine Bewilligung, da« Hau« nimmt vielmehr gegen 23 Stimmen den Antrag Dr. Vogel an, den Titel an die Finanzd-putation zurückzuverweisen, und lehnt in Verbindung damit auch den Antrag der Deputation ab, die Petition de« Bezirksverein« der Wil«druffer Vorstadt gegen Verlegung de« Friedrichstädter Seminar« für erledigt zu erklären. Endlich werden die Petitionen der Städte Oederan, Oelsnitz i. V. und Waldheim, sowie de« Hauptau«schusse« der ver einigten Bürger- und Beztrkivereine zu Chemnitz, die Errichtung von Seminaren belr., der Regierung zur Kenntnt«nahme überwiesen. Zum Kap. Volk«schulen erklärtMinister Dr. v Seydewitz, durch die Notwendigkeit der Einschränkung werde da« Kullu«mtnisterium besonder« hart be troffen. E« sei dem Kultu«ministerium vom Finanz minister vorgeworfen worden, daß der Aufwand für die Volksschulen rund 17 Millionen betrage. Der hohe Aufwand erkläre sich au« dem steten Anwachsen der Bevölkerung und der Lehrerzahl. Uebrigen« handle e« sich gegen den letzten Etat um eine Mehr forderung von nur 18 497 Mk. Die Aufwendungen, die der Staat für seine Volk«schulen mache, seien von größtem Nutzen, und er würde e« für unrichtig halten, wenn man, um eine Sparsamkeit zu erreichen, in der Fürsorge für die Volk«schulen irgendwie er lahmen wolle. Dem Lande fei nicht nur eine fort gesetzte rationelle Sparsamkeit von nöten, sondern auch eine rationelle Arbeit in der Verbesserung der Volk«bildung. (Sehr gut!) Abg. Günther wünscht bezüglich der Schul- inspekttonen, die vielfach noch von Geistlichen aus- geführt würden, eine Fachaussicht der Lehrer. Abg. Rollfuß-Zittau (nat.-lib.) kommt auf das Fortbildung«schulwesen zu sprechen und bittet da« Ministerium, den Wünschen de« Gewerbe« und des Handwerkerstande« Rechnung zu tragen, indem man kaufmännische« Rechnen, Buchführung, Versicherung«- wesen und einen besseren Zeichenunterricht für die Fortbildung«schulen einfahre. Abg. Zimmermann-Dresden (Res.) beschwert sich darüber, daß mancher Lehrer im 30. Lebensjahre noch nicht die gesetzliche Alter«zulage erhalle. Minister Dr. v. Seydewitz erwidert dem Vor redner, daß nach dem Gesetz ein Recht auf Alters zulagen nur durch die ständige Dienstzeit erworben werden könne. Die Wünsche des Abg. Rollsuß werde er in Erwägung ziehen. Hierauf werden einstimmig für die Volksschulen die Einnahmen mit 48 090 Mk. genehmigt, und die Au«gaben mit 8 951 322 Mark bewilligt. Bei Kap. 97, belr. katholische Kirchen und wohltätige Anstalten, fragt Abg. Günther, warum der Aufwand für die Reparaturen und den Umbau der katholischen Hoskirche in Dresden der Allgemein heit auferlegt werde? Diese Kirche werde dochauch von der katholischen Pfarrgemeinde in Dresden benützt, und diese könnte darum recht gut die ganzen oder doch wenigsten« einen Teil der Baukosten tragen. Er werde gegen die Bewilligung der ge forderten Summe stimmen. Minister Dr. v. Seydewitz: Die katholische Hof- kirche sei Eigentum de« Staa'eS, und darum habe der Staat auch für die Kosten de« Umbaue» aus zukommen. Ein besonderer Vertrag mit der katholischen Pfarrgemeinde über die Mitbenutzung der Kirche existiere nicht, diese Mitbenutzung habe sich historisch entwickelt. Die Kammer bewilligt hierauf gegen die Stimme de« Abg. Günther die für Kap. 96 geforderten 85 945 Mk., darunter 23 000 Mk. transitorisch. Einstimmig und ohne Debatte bewilligt endlich die Kammer die übrigen Kapitel de« Kultusetat«, und zwar: für sonstige Kultu«zwecke die Ausgaben mit 4050 Mk., für die Taubstummenanstalten die Ein nahmen mit 30 920 Mk., die Ausgaben mit 336 314 Mk. für allgemeine Ausgaben zu Zwecken der Taub stummenanstalten und de« Taubstummenwesen« mit 8500 Mk., für stiftung«mäßige privatrechtliche Leistungen der Staatskasse für Kirchen- und Schul- zwecke 32 264 Mk., und sür allgemeine Ausgaben beim Departement de« Kultus und Unterrichts 67 000 Mark. Martin Luther-Verein. Allen Mitgliedern und Freunden des Martin Luther-Vereins bringen wir hierdurch nochmals zur Kenntnis, daß die deutsch-evangelische Wochenschrift „Tie Wartburg" (jährlich 4 M.) und der „Gustav Adolf-Bote" (jährlich 1 M.) im Gasthaus zur Linde und im Ratskeller Altstadt zu geneigter Durchsicht ausliegen. Beide Blätter bringen treffliche Leitartikel von berufenen Federn. Die Wartburg fesselt durch manche schöne Geschichte; so bringt sie in Nr. 47 ff. die Geschichte: „An der Grenze", in Nr. Z ff. „Den Kampf um eine Tote" (Erzählung aus der Lübecker Bischofsfehde). Beide Blätter erhalten auf dem laufenden über die Fortschritte in der Los von Rom-Bewegung. Auch die Kunstblätter der Wart burg sollen hier nicht unerwähnt bleiben. So enthält die Zwingli-Nummer das einfache, aber vortreffliche Porträt des schweizerischen Reformators. In Nr. 1 entrollt der Herausgeber für Oester reich Rechtsanwalt und Reichsratsabgeordneter Or. Eisenkolb in Aussig auf Grund des Bibelwortes Pf. 20, 6: „Im Namen unseres Gottes werfen wir Panier auf", aufs neue das Wartburgpanier. Ein Trutzpanier wirft die Wartburg auf: Trutz allen Feinden evangelischer Freiheit! Neben dieses Trutzbanner stellt sie ein KricdenSpanier. Ehrlichen Frieden wünscht sie allen evangelischen Christen. Auch ein Siegesbanner soll wehen. Wohl sieht's trübe aus im Deutschen Reiche und in Oesterreich; ein verlorenes Häuflein scheinen wir gegenüber der feindlichen Uebermacht. Doch getrost: es muh uns doch gelingen! Wer sich der Wartburg geistesverwandt fühlt, trete zu ihrem Panier. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 5. Februar. *— Rosa Kuhne-Liederabend. Eine zwar kleine, aber andächtige Gemeinde hatte sich am Donnerstag abend im Saale des Hotel „Drei Schwanen" eingefunden, um einige Stunden den edlen Tönen der hier so selten gebotenen besseren Musik zu lauschen, dargeboten von wahren Jüngern der Tonkunst. Die Solistin des Abends, Frl. Rosa Kuhne, machte die Zuhörer mit ihrer weichen, leicht ansprechenden Stimme, die namentlich im Piano und Pianissimo vortrefflich geschult sich zeigte, mit einigen Liedern moderner Komponisten bekannt, ohne dabei die älteren Heroen der Tonkunst zu vernachlässigen. In der Kavatine von Rossini, sowie im letzten Effektstück des Siebergschen Liedes bot sich ihr reichlich Gelegenheit, mit der reinen Koloratur ihrer angenehmen Stimme zu glänzen, die nur im Forte etwas hart anklingt. Mascagni kam in dem neckischen Lied vom Blumen-Oräkel zur Geltung, welches der Sängerin wohl mit am besten gelang; auch der Uebermusiker Richard Strauß durfte nicht fehlen, der aber in den beiden charak- teristisch vorgetragenen Liedern von der angenehmsten Seite sich zeigte. Hier schien er vergessen zu haben, welch' schwer verständliche Programm-Musik für Orchester er geschrieben; denn melodiös und ge fällig rauschten die Melodien seiner Lieder dahin, wenn auch einige schwere Intervalle hohe An- forderungen an die Treffsicherheit der Sängerin stellten, die diese aber glänzend erfüllte. Der Sängerin ebenbürtig zur Seite standen die Instru mentalisten des Abends, Herr B. Metzner (Violine) und Herr H. Köhler (Cello). Ersterer brillierte mit seiner sicheren Technik vor allem im Schubert- schen Scherzo sowie mit seinem Stakkato, Pizzikato und reinen Flageolettönen, deren schwierige Aus führung den Zuhörern bei der spielend glatten Bewältigung des Geigers gar nicht zum Bewußt sein gelangte. Auch dem Cellisten, der heute zwar etwas in den Hintergrund trat, gebührt ein volles Lob für sein Spiel, das bis ins kleinste ausgefeilt war. Die Klavierbegleitung lag wohlgeborgen in den Händen des Frl. Lilly Riedel, die sich nicht aus ihrer Ruhe bringen ließ, ihren Partnern bei Ballade und Trios in nichts nachstand und bei der Begleitung zu den Liedern den Intentionen der Solistin stets nachkam, sodaß das Zusammen spiel wie aus einem Guß erschien. Zu loben war ihr zarter Anschlag im Piano und das Schubertsche Trio wäre wohl noch schöner zur Geltung ge kommen, wenn die taktfeste Klavierspielerin an einigen Stellen desselben den Dämpfer ausgesetzt hätte, um mit ihrem Teil in zwar edlem Feuer eifer die Streichinstrumente nicht zu übertönen. — Bei solchen Leistungen, mit denen sich vorgenannte Künstler in unserer Stadt eingeführt haben, ist wohl zu erwarten, daß bei einem späteren Auf treten am hiesigen Orte der Besuch derartiger Liederabende ein regerer fein wird. Darum rufen wir ihnen zu: Auf baldiges Wiedersehen. * — Maskenbälle. Während der gestrige öffentliche Maskenball in den künstlerisch aus geschmückten Räumen des Mineralbades einen sehr guten Besuch aufzuweisen hatte, war die Zahl der Kostümierten — wahrscheinlich infolge des un günstigen Wetters — nur eme verhältnismäßig kleine. Nichtsdestoweniger war der Verlauf des Abends ein in jeder Weise fideler. Frohsinn und Heiterkeit war die Parole und ihr blieb man treu, bis der graue Morgen mit gläsernem Auge in den Saal hineinlugte. — Im strikten Gegensatz zum Mineralbad stand der am gleichen Abend ini Gast haus „zur Zeche" stattgefundene Maskenball. Ob wohl der Besuch ein ungemein zahlreicher war, sodaß es oft schwer hielt, ein Plätzchen zu erhaschen, waren die Kostümierten hier weitaus in der Mehr zahl. Der Saal war auch hier in prächtigster Weise dekoriert und an nichts hatte es der Wirt fehlen lassen, um den Teilnehmern den Aufenthalt zu einem angenehmen zu machen. Gegen 10 Uhr erfolgte Demaskierung und daraus die Prämiierung der schönsten Damen- und Herrenmasken, bestehend in recht praktischen und wertvollen Gegenständen. Daß die Stimmung auch hier die beste war, das Tanzbein flott geschwungen wurde und das Fest erst am anderen Morgen sein Ende erreichte, braucht wohl nicht erst erwähnt zu werden. * — Rach dem soeben veröffentlichten Ent wurf eines neuen Gemeindesteuergesetzes für Sachsen bleibt der vielumstrittene Abzug des Fünftels bei den Festbesoldeten, bei Staats- und Reichsbeamten bestehen, und zwar aus dem Grunde, um die Be amten bei Versetzungen in eine Gemeinde mit höheren Steuern zu entlasten. Neu eingeführt wird neben der Grundsteuer eine Gewerbesteuer; Handel und Gewerbe unterliegen, falls der Ent wurf Gesetz wird, ebenso wie der Grundbesitz dem nach einer Doppelbesteuerung, da als Hauplsteuer die Einkommensteuer bestehen bleibt. Die Kopf steuer wird auch fernerhin zugelassen. Die Abgaben von Betrieb von Gast- und Schankwirtschaften, sowie von Kleinhandel mit Spiritus werden als be sondere Betriebssteuer neben der Gewerbesteuer eingesührt. Die Sparkassen sollen zu Gunsten des Bezirksverbandes ebenfalls besteuert werden. * — Polizcibcricht im Monat Januar 1904. Von der Schutzmannschaft wurden 52 Anzeigen erstattet und zwar: wegen Diebstahl 4, Unter schlagung 1, Sachbeschädigung 1, Tierquälerei 2, Betteln 9, Betrug 1, Konkubinat 6, Gcwerbeüber- tretung 1, nächtlicher Ruhestörung 14, Trunkenheit und Erregung öffentlichen Aergernisses 2, Zuwider handlung gegen die Sonntagsruhe 1, de- Tanz regulativs 5, die Meldeordnung 2, die Bekannt machung vom 6./4. 1899, die Veranstaltung von Geldsammlungcn betr. l, die Lokalbauordnung 1, das Wassersteuer-Regulativ 1. Verhaftet wurden 12 Personen, davon wurden 8 dem König!. Amts gericht hier und 1 den Eltern zugeführt. Außerdem erfolgten 19 Abstrafungen kurzer Hand. sl) Oberlungwitz, 5. Februar. Der hiesige Evangelische Arbeiterverein, welch r immer bestrebt ist, seinen Gästen und Mitgliedern Gutes und Edles zu bieten, tritt dieses Jahr wieder in die Oeffent- lichkeit und zwar diesmal mit einem Lichtbilder- Vortrag durch Herrn Schuldirektor Zeißig aus Zwickau, verbunden mit Familienabend. Derselbe findet diesen Sonntag abends 8 Uhr in Eichlers Restauration statt. Da dieser Lichtbildervortrag einen hohen Kunstgenuß verspricht, wird ein recht zahlreicher Besuch erwartet. * Zwickau, 4. Febr. Wie sich jetzt heraus stellt, hat sich Ludwig, der inhaftierte Spießgeselle des flüchtigen Kassierers Colditz von der Nieder planitzer Gemeindespackasse, vor seiner in Hamburg erfolgten Festnahme einige Zeit in Amerika, ver mutlich in Neuyork, aufgehalten. Ueber seine näheren Beziehungen zu Colditz schweigt er be harrlich. Die Zwickauer Staatsanwaltschaft hat die bei Ludwig vorgefundenen 3000 Mark der Niederplanitzer Gemeindesparkasse überwiesen. Hier- durch, zusammen mit beider Sparkasse verfallenen Kaution des Colditz, vermindert sich die fehlende Summe auf 30 000 Mark. * Crimmitschau, 3. Febr. Vor kurzem ging durch die Zeitungen die Nachricht, die hiesigen Fabrikanten beabsichtigten, für die von auswärt» gewonnenen Leute Arbeiterhäuser zu errichten. Diese Notiz kann nunmehr endgültig dahin berichtigt werden, daß privaterseits geplant ist, Arbeiterwoh nungen zu bauen. Herr Baumeister Hofmann- Neukirchen hat sich auf Anregung des Herrn Fabrikbesitzers Karl Wolf entschlossen, eine Reihe Wohnhäuser — geplant sind vor der Hand sechs — zu bauen, je für zwei oder drei Familien. Herr Hauptmann Meinhold auf Schloß Schweins burg gab hierzu unter günstigen Bedingungen Bauland ab. Die Nachfrage nach solchen Häusern soll eine lebhafte sein. * Meerane, 5. Febr. Die Stadtverordneten bewilligten in ihrer gestern abend abgehaltenen Sitzung 30 000 Mark zum Baue eines Sommer bades und Einrichtung eines Volksbades. Die Summe soll durch eine neuaufzunehmende Anleihe aufgebracht werden. * Dresden, 4. Febr. Zu einem merkwürdigen Abschluß führte der Konkurs über das Vermögen des hiesigen Schlossermeisters Carl Emil Richter. Verfügbar sind 38 959,26 Mark exkl. Bankzinsen. Zu berücksichtigen sind Forderungen im Betrage von 8130,77 Mark. Richter erhält den Ueberschuß von 30 828,46 Mk., sowie Mobilien im Taxwerte von 9 731,80 Mark und die nicht eingegangenen Außenstände zurück. * Leipzig. Nach dem vom Agitationskomitee der sozialdemokratischen Partei sür den 12. und 13. sächsischen Landtagswahlkreis Leipzig-Stadt und -Land herausgegebenen Bericht wurden zur Unterstützung der Crimmitschauer Lohnkämpfe von der Leipziger Arbeiterschaft über 150 000 M. auf gebracht. * Leipzig, 4. Febr. Wie jetzt bekannt wird, hat sich am Sonnabend an der Merseburger- und Demmeringstraße in L.-Lindenau ein schwerer Raub anfall zugetragen. Zwei Geschäftsleute aus Zwenkau, die am genannten Tage in den Westvororten Geld kassiert hatten, fuhren mittelst Einspänners nach Hause. An der bezeichneten Straßenecke fiel dem Pferde ein Mann in den Zügel und brachten das Geschirr zum Stehen. Nun kamen mehrere Unbe kannte hinzu und hieben mittelst Gummischläuchen auf die Geschäftsleute ein. Offenbar war es auf eine Beraubung der im Wagen Sitzenden abgesehen. Auf die Hilferufe der Angegriffenen eilten Leute her bei. Leider entkamen die Räuber, deren Persönlichkeit auch bis jetzt noch nicht hat festgestellt werden können. * Grimma, 4. Febr. An seinem 75. Geburts tag wurde der frühere Gemeindevorstand Wenzel in Göttwitz unerwartet vom Herzschlag tödlich ge troffen. Die Kinder und Enkel des alten Mannes hatten sich bei ihm eingefunden, um mit ihm den Geburtstag zu feiern. * Freiberg, 4. Febr. Zu der Revolveraffäre in der Kegelgasse wird noch mitgeteilt, daß Pätzig, der Grund zur Eifersucht wegen eines angeblichen Verhältnisses zwischen seiner Frau und Hofmann gehabt haben will, bereits am Sonntag seine Frau die Treppe hinab geworfen hat. Er geriet dann in solche Erregung, daß er sich selbst erschießen wollte. Er wurde jedoch von seiner Frau von diesem Vorhaben abgebracht. Am Dienstag früh, nachdem er auf Hofmann die fünf Schüsse abge geben hatte, rannte er mit dem Kopfe gegen eine Schranklüre, sodaß diese zersplitterte. * Obcrbobritzsch, 4. Februar. Hier herrscht noch wie in einigen Nachbargemeinden die Sitte, Brand-Kalamitosen durch Lieferungen von Getreide, Stroh, Heu und Geld, sowie durch unentgeltliche Anfuhr von Baumaterial zu unterstützen. Diese Unterstützungen sind vollständig freiwillig, werden aber noch Einheiten berechnet. So hat der am 15. Januar d. I. vom Brandunglück betroffene Gutsbesitzer Herr Bruno Lehmann hier bereits von den Besitzern in der unteren Hälfte des Dorfes große Mengen Heu und Stroh, darunter 60 Zentner Korn usw. bekommen. Da die vorhandenen Räum lichkeiten weitere Mengen jetzt nicht fassen können, wird der obere Teil des Ortes in gleicher Weise später liefern. * Pirna, 4. Febr. Betreffs der Offiziersduelle verlautet, daß es zur Zeit noch zweifelhaft ist, ob die Duellgegner des Oberleutnants Krohn sich vor dem Kriegsgericht zu verantworten haben. Es sei nicht ausgeschlossen, daß das gegen die Offiziere bereits eingeleitete ehrengerichtliche Verfahren, das nach Lage der Dinge nur die Entfernung aus dem Offiziersstande zur Folge haben kann, bereits früher als das Strafverfahren zum Abschluß gelangt. Tritt dieser Fall ein, so würden die Offiziere vor einem Zivilgericht, dem Dresdner Landgericht, zur Aburteilung gelangen. * Königstein, 3. Februar. Gestern mittag sand im Totenhause zu Papstdorf die Sektion der Leiche der im Rietschgrunde erschossen aufgefundenen, von ihrem Ehemann getrennt lebenden Frau Bach mann aus Dresden statt. Wenn auch zweifellos feststand, daß der in die Schläfe gegangene Schuß den Tod der Frau herbeigeführt hat, so machte sich die gerichtliche Feststellung der Todesursache durch die Sektion notwendig, da der Mörder der Frau, der Dekorationsmaler Gehrisch aus Dresden, noch nicht gefunden resp. erlangt worden ist. Die Annahme, daß beide gemeinschaftlich aus dem Leben haben scheiden wollen, gewinnt immer mehr an Wahrscheinlichkeit; nur ist noch nicht festgestellt, ob sich auch Gehrisch den Tod gegeben hat. Wahr scheinlich ist dies nicht der Fall, obwohl er milder Regelung seines Nachlasses in einem aus Reinhardt dorf an seinen Logiswirt Schierz in Dresden ge richteten Briefe diesen beauftragt hat. Außerdem ließ er auch am Tatorte, wo die bisher in seiner Begleitung gewesene Frau tot aufgefunden wurde, einen Zettel zurück, auf welchem er bat, das beim Auffinden seines Leichnams in seinem Besitz befind liche Jackett dem Eigentümer, seinem in Königstein befindlichen Bruder, zurückzugeben. Das Jackett ist aber nicht vorhanden gewesen. In dem oben erwähnten Briefe bat er auch seiner. Logiswirt, das Vorhaben milde zu beurteilen. Von Dresden ist er mit der Bachmann, deren Ehegatte in Berlin eine Werkführerstelle bekleidet und von dem sie ge-
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