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15444 «öyenblati f. d. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 288 11. Dezember 1S0V Rückganges, deshalb auch nur die vorläufige Jahreseinnahme auf 50 000 angenommen, wobei also 10 000 regelmäßige Bücher empfänger als zahlende Benutzer vorausgesetzt werden. Dazu kommen dann noch die 60 000 die der preußische Staat in den Etat der Bibliotheken neu eingestellt hat, so daß im ganzen also die immerhin ganz stattliche Summe von etwa 230 000 vom kommenden Jahre ab unseren Bibliotheken alljährlich neu zu gute kommen wird. Was das aber für unsere Universitätsbibliotheken bedeutet, kann erst richtig erkannt werden, wenn man daran erinnert, daß ihnen heute nur durchschnittlich 30 000 jährlich zu Neuanschaffungen für ihre Büchereien zur Verfügung stehen — wovon noch die Kosten für Buchbinderarbeiten und das Abonnement für Zeitschriften abzuziehen sind —, in Zukunft aber nun diese Fonds eine Erhöhung von durchschnittlich 20 000 also zwei Drittel der jetzigen Höhe, erfahren werden. — Befreit von jeder Abgabe bleiben alle gelegentlichen Entleiher von Büchern, sofern diese sie nicht länger als insgesamt einen Monat im Jahre benutzen. Ebenso ist der Besuch der Lesesäle nach wie vor steuerfrei. (Vossische Ztg.) GedächtniS-Auüstellung Heinrich Gärtners (1828 bis I90S). Gemälde, Entwürfe, Studien. — Von den Werken eines Künstlers, der dem Anschein nach »außer Mode« gekommen ist, des 1828 in Neustrelitz geborenen und am 19. Februar d. I. in Dresden verstorbenen Heinrich Gärtner, hat gegenwärtig der Leipziger Kunstverein im großen Skulpturensaal des Städti schen Museums am Augustusplatz in Leipzig eine Gedächtnis- ausstellung veranstaltet. Was wir jetzt im sogenannten Michel- angelo-Saal von diesem Meister, dem letzten Vertreter der heroischen Landschaftsmalerei, vor uns sehen, ist keine laute, auf dringliche, nach starken Effekten trachtende, sondern weit mehr eine stille, friedvolle, durch schlichte Mittel sich äußernde Kunst, wie sie uns einstmals Anton Koch, die beiden Preller, Vater und Sohn, und Ludwig Richter gegeben haben. Es ist daher als ein höchst verdienstliches Unternehmen anzusehen, daß uns Gelegenheit ge boten ist, das Entstehen der hauptsächlichsten Schöpfungen Gärtners verfolgen und eine Anzahl seiner Ölgemälde, sowie seine Studien betrachten zu können. Als siebzehnjähriger Jüngling wurde Gärtner Schüler des berühmten Schirmer in Berlin, siedelte Ende der vierziger Jahre nach Dresden über, um unter Ludwig Richter zu arbeiten, wo er durch seinen Freund Wislicenus mit Julius Schnorr von Carols- feld in Beziehungen trat, um danach seine Studien in München fortzusetzen. Den entscheidenden Einfluß auf Gärtners Kunst hat Italien gehabt, wohin er sich im Jahre 1856 wenden und wo er zehn Jahre verbleiben konnte. Angeregt durch den Verkehr gleich strebender Genossen, wie Peter Cornelius', Joseph Anton Kochs, Overbecks und Prellers des Älteren, sowie die tiefen Eindrücke der großen Werke der italienischen Renaissance und der klassisch-schönen Natur Italiens, konnte sich hier sein künstlerischer Sinn ungehemmt entfalten. Als Gärtner 1862 in Rom weilte, hatte er seinen ersten größeren künstlerischen Erfolg, indem ihm bei dem Wettbewerb um die malerische Aus schmückung der Loggia des Leipziger Museums der zweite Preis zuerkannt wurde, infolgedessen ihn später der bekannte Kunstfreund Verlagsbuchhändler Alphons Dürr damit beauftragte, einen der Plastikensäle des Museums mit einem Zyklus von vier zehn Landschaften zu schmücken. Für diesen Mäcen hatte Gärtner bereits vordem einen Landschaftszyklus mit Motiven aus dem Märchen des Apulejus »Amor und Psyche« gemalt, der in dessen in Connewitz gelegener Villa Aufnahme fand. Als nächstfolgende Arbeiten entstanden eine Reihe Wandbilder für die Landhäuser des Barons Lanna in Bubentzsch bei Prag und in Gmunden, sowie fünf Lünetten im nördlichen Treppenhause des Dresdner Hoftheaters: Antigone, Medea, Alceste, Telemach und Joseph in Ägypten und mehrere italienische Landschaften als Wandgemälde für das Wohnhaus des Verlagsbuchhändlers Brockhaus. Im Jahre 1880 erhielt Gärtner die Aufforderung zur Teilnahme an einer Konkurrenz für die malerische Ausschmückung des Treppenhauses im Landwirtschaftlichen Museum in Berlin, wobei ihm nicht allein die Ausführung der in Frage kommenden Wandbilder, sondern auch weitere Arbeiten für das Vestibül der landwirtschaftlichen Hochschule übertragen wurden. Als Motive verwendete der Künstler hierfür Szenen aus den verschiedenen Zweigen der Landwirtschaft, die von sinnreichen ornamentalen Umrahmungen umgeben waren. Die von seiner Hand geschaffene monumentale Bilderreihe setzte sich weiter fort in zwei Wandgemälden für das Königliche Gymnasium in Elbing, den Festplatz von Olympia und die Akropolis von Athen darstellend (was Gärtner zu einer Studienreise nach Griechenland veranlaßte), und in einem Wand bilde »Iphigenie« für das Gymnasium in Allenstein Die für die Berliner Institute bestimmten Arbeiten hatten Gärtner veranlaßt, nach dort zu übersiedeln, wo er im Jahre 1895 auch den Auftrag erhielt, den Kongreßsaal des geodätischen Instituts in Potsdam mit 16 Lünetten, die zwölf Sternbilder des Tierkreises und die vier Elemente darstellend, zu schmücken. 1896 siedelte er jedoch wieder nach Leipzig über: sechs Jahre später verlegte er seinen Wohnsitz nach Dresden, wo er für die Skulpturensammlung im Albertinum im Aufträge der Tiedgestiftung zwei Wandgemälde: »Die Gräberstraße von Pompeji« und den »Nemi-See« ausführte. Diese Bilder sollten seine letzte größere Arbeit werden, denn ein nervöses Leiden, das sich von Jahr zu Jahr verschlimmerte, zwang den schaffensfrohen Künstler, seiner Kunst bald ganz zu entsagen und die letzten Lebensjahre an ein schmerzensreiches Krankenlager gefesselt zu verbringen. Die jetzt im Leipziger Museum veranstaltete Ausstellung von Schöpfungen des Künstlers läßt aus den Vorarbeiten zu den vor stehend erwähnten monumentalen Bildern erkennen, daß es Gärtner stets vor allem darauf ankam, der Architektur sich fein fühlig anpassende Werke der Raumkunst zu schaffen. Er ging nicht darauf aus, für sich allein sprechende Darstellungen in realistischer Tendenz zu malen, sondern die gegebene Wand fläche durch feinsinnige Linienführung und harmonische Farbengebung künstlerisch zu schmücken, das Wandbild mit der umgebenden Architektur zu einer tektonischen Einheit zu verschmelzen Zu diesem Zweck hat er seine Gemälde auch stets mit einer von ihm erfundenen und selbst ausgeführten Um rahmung versehen. Eine stattliche Reihe gezeichneter Kartons und farbiger Entwürfe geben uns ein übersichtliches Bild dieses Teils von Gärtners künstlerischem Schaffen. Ein weiterer Tei l der hier ausgestellten Arbeiten besteht aus Ölgemälden und ein- und mehrfarbigen Naturstudien. Als zwei besonders stimmungs volle Stücke sind unter den Gemälden anzusehen »Der Gang nach Emmaus« und »Das Grabmal der Caecilia Metella«. Mit welcher Liebe und Hingebung der Künstler die Natur betrachtete, davon geben die zahlreichen, mit größter Sorgfalt durchgeführten Studien beredtes Zeugnis. Wer sich noch an diesen linienschönen und feingetönten malerischen Schilderungen, die auf starke Kontraste verzichten, erfreuen kann, wird an diesen sympathischen Werken reichen Genuß finden. Ernst Kiesling. Bekämpfung der Schundliteratur. — Die Rixdorfer Schuldeputation hat von den Leitern der höheren Lehranstalten und der Gemeindeschulen einen Bericht darüber eingefordert, in welchem Umfange die vor der Schundliteratur warnenden Flug blätter, die seinerzeit an die Schulkinder verteilt wurden, ihren Zweck erfüllt haben. Fast alle Berichte stellen fest, daß bei den Schülern und Schülerinnen Hefte und Bücher dieser Gattung nicht mehr gefunden werden. Sie stellen weiter fest, daß die Buchhandlungen, mit wenig unrühmlichen Ausnahmen, die Schundliteratur aus ihren Schaufenstern und ihrem Vertrieb verbannt haben. Zu Weihnachten wird ein von dem Prüfungs ausschuß für Jugendschriften zusammengestelltes Verzeichnis guter Jugendliteratur in 8000 Stücken in den Rixdorfer Gemeinde schulen verteilt werden. (Vossische Zeitung.) Josef HaydnS Spieluhren. — Es ist so gut wie unbekannt, daß Josef Haydn eine besondere Vorliebe für Spieluhren hatte und selbst eine ganze Anzahl von Kompositionen für diese mecha nischen Musikwerke geschrieben hat. Die königliche Bibliothek in Berlin bewahrt 24 dieser kleinen Spieluhrkompositionen des Meisters auf, die sämtlich unveröffentlicht sind. Eine fünfund zwanzigste (für eine sogenannte Flötenuhr) ging vor kurzem durch eine Berliner Autographenfirma in Privatbesitz über. (Neue Freie Presse.)