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1860 Nichtamtlicher Teil, «V 47, 26. Februar 1804. Höhung der Preise nur dann ein Interesse haben, wenn diese Erhöhung ihnen zugute kommt, nicht aber den Händlern. Aber selbst eine Erhöhung der Preise erstrebt der Börsenverein nicht, sondern lediglich eine Festlegung des alten, für den Bestand des Buchhandels notwendigen Ladenpreises, eine Gesundung der buchhändlerischen Zustände durch Ausschließung nur der Konkurrenz, die lediglich mit dem wirtschaftlich als verderblich anerkannten Mittel der Preisunterbietung arbeitet! Nach ehrlicher Überzeugung kann ich somit erklären, daß der Börsenverein der Deutschen Buchhändler keines der Merkmale eines Kartells an sich trägt. Ich muß hier noch eines Aufsatzes Erwähnung tun, den der bekannte Nationalökonom Professor Gustav Cohn in Göttingen im >Tag< unter dem Titel: -Das Deutsche Buchhandels-Kartell« hat erscheinen lassen. Diese übrigens durchaus sachlich und in wohltuender Objektivität geschriebene Arbeit stellt den Satz auf: -Das Buchhandelskartell ist ein Kartell des Detailhandels«, das sich »aufbaut auf dem Verlagsrecht der in den Detailhandel (Sortimentsbuchhandel) gebrachten Werke.« Es mag nicht in dem Zweck des Auf satzes gelegen haben, den Kartellcharakter des Börsenvereins nachzuweisen, jedenfalls hat dies der Verfasser unterlassen. Gegnerschaften hat der deutsche Buchhandel allezeit ge funden, weniger der Gesamtbuchhandel als seine einzelnen Zweige. Dem Verlagsbuchhandel war der Gelehrte ebenso oft Verbündeter wie Feind, der Kommissionsbuchhandel fand seine Angreifer innerhalb des Buchhandels wie außerhalb. Lessing nannte gelegentlich den Buchhändler einen Mann, der Bindfaden knüpfen gelernt habe, und die -Buchhandlung der Gelehrten, verdankte der Auffassung der Schriftsteller, daß der Verleger den Hauptnutzen von den literarischen Arbeiten ziehe, seine Entstehung. Auch der Sortimentsbuch händler blieb von Angriffen nicht verschont, seine »ungeheuren Gewinne« ließen manchen nicht schlafen. Der akademische Schutzverein und sein temperamentvoller Wortführer, Herr Professor Bücher, haben nunmehr den ganzen Buchhandel unter das kritische Messer genommen und feine -Rückständig keit, seine Energielosigkeit, seine Unterdrückung geistigen Schaffens« urbi et orbi kund getan. Auch die Bibliothekare haben dem Buchhandel den Streit verkündet, allerdings erst, nachdem die Entziehung des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel sie schwer gereizt hatte. Diese Entziehung ist jetzt ja beseitigt worden; den Bibliotheken ist das ihnen — wenigstens zum Teil — notwendige Organ des Buchhandels wieder zugänglich. Hoffen wir, daß auch die Bibliothekare nunmehr die Streitaxt begraben und daß die beiden so sehr aufeinander angewiesenen Stände, Bibliothekare und Buch händler, in alter Eintracht ihres Amts: der Verbreitung der Bildung durch das Buch walten werden. Die Kampfschrift des Akademischen Schutzvereins habe ich in meinen Ausführungen gelegentlich schon gestreift; einer eingehenden Betrachtung bedarf es wohl kaum, und ich darf bei Ihnen die Bekanntschaft mit der Bücherschen Denkschrift und ihren Gegenschriften voraussetzen. Ich kann aber wohl an dieser Stelle mein Bedauern aussprechen, daß der aggressive Ton der Bücherschen Arbeit und ihre Tendenz es verhindern werden, daß auch das viele Beherzigenswerte, was die Denkschrift enthält, wirklich beherzigt wird. Wissen wir Buchhändler doch selbst am besten, daß manches bei uns verbesserungsfähig ist, und arbeiten wir doch stetig daran, unsre Einrichtungen zu vervollkommnen! Die Festlegung des Ladenpreises hat sich ohne größere Erschütterungen vollzogen. Abgesehen von dem akademischen Schutzverein haben unsre Kunden diese Neuerung als das angesehen, was sie ist, als eine materielle Notwendigkeit und zugleich als eine Sicherung des reellen Geschäftsbetriebs. Als einen Gegner des Buchhandels dürfen wir auch das Warenhaus betrachten, obwohl mancher Verleger, der bet ihm seine Ladenhüter los geworden ist, oder der chm einen großen Posten verkauft hat, dies nicht wird wahr haben wollen. Ich muß aber dabei bleiben, daß der Warenhausbuchhandel für den Gesamtbuchhandel eine große Gefahr in sich birgt. Dem Sortiment entzieht er das Rückgrat, die Geschenk literatur und die Brotartikel, dem Verlag schadet er einer seits dadurch, daß er das Sortiment schwächt, andererseits durch die Führung von Ramschartikeln, endlich durch die zu nehmende Ausdehnung von eignem Verlag. Hoffentlich wird aber der Buchhandel auch diese Gefahr überstehen. Sprach ich schon davon, daß wir am besten wissen, daß im Buchhandel vieles verbesserungsfähig ist, so sollten wir in Zukunft daran denken, an diese Reformen heran zugehen. Ist die Bezeichnung der Rückständigkeit, die Bücher dem Buchhandel vorwirft, auch unberechtigt, so muß doch zugegeben werden, daß vieles im Buchhandel der Ver einfachung und Verbilligung bedarf. Vor allem betrifft dies die buchhändlerische Zahlungsweise und die Versendung. In seinem sehr zu empfehlenden Buch -Grundzüge der Organi sation des Deutschen Buchhandels- (Jena 1903, Gustav Fischer) gibt ein junger Berufsgenosse, vr. Gustav Fischer, ein Adoptivsohn des Verlegers dieses Buchs, eine ganze An zahl Winke, die ich hier nur kurz skizzieren will, indem ich im übrigen auf das Buch selbst verweise. Fischer empfiehlt eine Vereinfachung der buchhändlerischen Zahlungsweise durch möglichste Beschränkung der Barpakete und ihren Ersatz durch Vierteljahrs-Barkonten, eine Vereinfachung der Ver sendungsweise durch direkte Versendung von den einzelnen Verlagszentrsn nach größeren Städten, Zusammentun der einzelnen Sortimenter einer Stadt hinsichtlich der Versendung von Novitäten, endlich eine Verallgemeinerung der Vereins sortimente. Werden auch nicht sämtliche hier vorgetragenen Vorschläge durchführbar sein, so sind sie doch alle sehr beachtenswert. Dank unserm rührigen Korporationsvorstand wird bei uns in Berlin die direkte Versendung von No vitäten an alle Berliner Handlungen gemeinsam durch die Berliner Bestellanstalt mehr und mehr eine dankenswerte Gewohnheit der Verleger und nimmt die Einführung der Barkonti anstatt der lästigen Barpakete ebenfalls von Jahr zu Jahr zu. Neben diesen Reformen möge auch der Wunsch Platz finden, daß der Verlagshandel in der Produktion ein etwas langsameres Tempo eintreten lassen möge. Es ist dies ein Wunsch, der wahrscheinlich ein frommer bleiben wird; aber — ausgesprochen mußte er werden. Alles in allem genommen, hat der Buchhandel trotz Bücher keine Veranlassung, schwarz in die Zukunft zu sehen, trotz unsers Wahrzeichens des »Krebses« heißt es bei uns stets: vorwärts, nie rückwärts. Festhalten muß man aber daran, daß für absehbare Zeit der Konditionsverkehr die Grundlage unsrer Organisation sein wird, als die Betriebs- form, die, wie Schürmann sagt, in der Leistungsfähigkeit für die Bücherwelt schwerlich jemals überboten werden wird. Ferner wird der Verkehr über Leipzig nicht zu entbehren sein, wenn auch mehr und mehr der direkte Verkehr wachsen wird und andre Verkehrsmittelpunkte neben Leipzig erstarken werden. Meine Herren! Ich bin am Ende meines Vortrags angelangt. Freilich konnte ich bei der Kürze der Zeit, die die Leistungsfähigkeit des Vortragenden wie die der Hörenden begrenzt, nur Andeutungen geben. Sollten meine Aus führungen dazu beigetragen haben, Ihre Kenntnis in etwas zu erweitern oder sie zu weiterer selbständiger Forschung an zuregen, so wäre der Zweck meiner Arbeit erfüllt. Für die jenigen, die eine intimere Kenntnis gewinnen wollen, gebe