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Herrnhut und die Missionswoche'daselbst meisten sind staatlich da das lautere Wort geprüft, nur die Theologen nicht. Ein hervorragendes, namentlich in der Zeit, Unsere Leipziger Mission, dessen Flugblatt pro 1904 gewiß auch in Deinen Händen ist, arbeitet auf 2 Missionsgebieten, in Indien und in Oftafrika. Die Brüdergemeine arbeitet in der ganzen Welt, in Amerika, in Asien, in Afrika und in Australien; Leipzig hat 52 Stationen, die Brübergemeine hat 212 Stationen, Leipzig hat 51 europäische Missionen und 28 eingeborene Pastoren, zusammen also 79; die Brüdergemeine hat 402 ausländische Misstonsarbeiter uno 63 ein geborene, zusammen also 465, Leipzig hat 21 597 Heidenchristen rn Indien und in Afrika ca. 1500 Gottesdienstbesucher, die Brüdergemeine hat 98 599 Gemeindeglieder inkl. der in Pflege Stehenden. Leipzig hat 1 Missionsarzt, die Brüdergemeine hat 3, Leipzig hat 9806 Schüler, die in ca. 7270 Schulen von 403 Lehrern und 105 Lehrerinnen ganz Deutschland verteilt sind. Daneben Hal die Brüdergemeine gegen 20 Ortsschulen mit ungefähr 3000 Kindern. Dazu kommen noch die Pensionats in den Schwesternhäusern (weiblicher Fortbildungsunterricht). 300 Lehrkräfte arbeiten an diesen Anstalten, die Gottes teuer im Lande war, segensreiches Werk war die Diaspora- psiege der Brüdergemeine. Ihr ist es vor allem zu danken, daß der Glaube an Jesum Christum, den eingeborenen Sohn Gottes, in jener glaubensarmen Zeit nicht verloren ging, ihr ist es zu danken, daß die Liebe zur Mission neu erwachte. Ferner fehlt in der Brüdergemeine nicht die innere Mission. In dem kleinen Herrnhut ist ein Rettungs haus, eine Spinnschule (Berthelsdorf), 2 Gemeindeschwestern, eine Her berge, Sonntagsschule, Krankenhaus, Frauenverein, Armenverein, Jüng- lingsverein, Bibelgesellschaft und Kolportage. Ist das nicht erstaunlich? Weiter ist hier zu nennen das Diakonissenwerk Etwa 60 im Diako- nifsenmutterhaus „Emmaus" in Niesky vorgebildete Schwestern sind teilweise in der Mission, teilweise in Deutschland als Krankenpflegerinnen oder Kleinkinderlehrerinnen tätig. Seit einigen Jahren hat die Brüder gemeine auch das Asyl Jesnstzitfe in Jerusalem für Aussätzige mit ungefähr 50 Kranken. Die Heidenmission der Brüder ist also nicht ihr einziges Werk — aber sie ist ihr größtes Werk und während alle ihre anderen Reichsgottesarbeiten Sache einzelner Gemeinden ist, wird das Heidenmissionswerk von der gesamten Brüderkirche Deuschlands, Englands und Amerikas gemeinschaftlich getrieben. Der Mittelpunkt dieses Riesenwerkes ist aber Berthelsdorf bei Herrnhut, wo auch die Missionsdirektion ihren Sitz hat. Wie umfangreich das Missioaswerk der Brüdergemeine ist, ist daraus ersichtlich, daß in dem neuesten Jahresbericht (für 1902), der vor mir liegt, nur die verschiedenen Misstonsgebiete „in allgemeinen Umriffen" vorgeführt werden konnten, weil es nicht möglich war, „die einzelnen Stationen auch nur kurz" zu besprechen. Mir ist es erst recht nicht möglich, auch nur annähernd einen erschöpfenden Ueberblick über daS Missionswerk der Brüdergemeine zu geben. Nur andevten kann ich und will ich. „Gott zum Gruß und unsern Heiland zum Trost — mit diesem alten, schönen NeujahrSwunsch grüße ich auch Dich, lieber Leser, aus der Ferne. Wie notwendig und natürlich, aber auch wie stärkend und beseligend eS ist, wenn und daß wir schwachen Menschen am ersten Tage jedes neuen Jahres uns dessen gewiß sein dürfen, daß der starke Gott noch über uns wacht und daß der freundliche Heiland wieder mit uns geht, das ist Dir schon viel besser von Deinen Seelsorgern gesagt worden, als ich es kann, das weißt und fühlst Du als ein Christ vor allem selbst am besten. Die vielen Fragen und Wünsche, die am Morgen des jungen Jahres im Menschenherzen aufwachen, schließen ebenso viele Anfgaöm ein. „Siehe, das Alte ist vergangen, es ist »lkes nm geworden" — in dieses Schriftwort lassen sich die Aufgaben für den Einzelnen, wie für die Gesamtheit zusammenfassen. Neu ist alles geworden, und wenn's nicht so ist, dann lies das Wort so: neu soll alles «erdm l Neu soll werden Dein Hkavbe, neu Deine Liebe, neu Deine Koff- mmg, Dein Glaube an Gott, Deine Liebe z« Gott, Deine Hoffnung ans Gott. Nirgends aber ist Gott größer als in der Mission. Wohl ist es wahr, was einmal gesagt worden tst: „Die Mission lebt von der Kirche", aber umgekehrt ist das Wort ebenso wahr: „Die Kirche lebt von der Mission". Eine Kirche, welche keine Mission treibt, ist tot. Und ein Christ, der nichts von der Mission hält, beraubt sich des größten Frostes. Wer einmal daran zweifeln sollte, daß der „alte Glaube", gegen den jetzt von allen Seiten Sturm gelaufen wird, noch lebensfähig und zugkräftig ist, der braucht nur einen Blick in die Mission zu tun und seine Zweifel müsse« schwinden, wie der Winterschnee unter den Strahlen der Frühlingssonne. In Deinem eigenen, innersten Herzens interesse muß es Dir also darum zu tun sein, daß im neuen Jahre nicht bloß Dein Glaube, Deine Liebe und Deine Hoffnung an, zu und auf den Herrn im allgemeinen ne« werde, sondern im Besonderen Dein Glaube an den Herrn des Missionswerkes, Deine Liebe zum Werke des Missionsherrn und Deine Hoffnung ans beide, auf die Vollendung des Missionswerkes wie auf den Sieg des Missionsherrn. Mehr Liebe zur Mission und mehr Kenntnis von der Mission — das muß die Losung nicht sür jedes neue Jahr bloß werden und bleiben, sondern für jeden neuen Tag, für jede neue Woche in Deinem Leben. Wer aber von der Mission etwas wissen will, von ihrer Größe, ihrer Macht, ihrem Segen, der muß immer wieder nach Kerrnhut gehen. Das Wort des Professors Warneck: „Die kleine Brüdergemeine hat in zwei Jahrzehnten mehr Missionen ins Leben gerufen als der gesamte Protestantismus in zwei Jahrhunderten", ist keine Uebertreibung. Von der „Misstonsgemeine Kerrnhnt" will ich also erzählen. Die Heidenmission der Brüdergemeine ist nicht ihre einzige Reichs gottesarbeit. Aelter als das Missionswerk ist die Krziehungsarbeit. Gegenwärtig bestehen 10 Knaben- und 7 Mädcheninstitute, die über unterrichtet werden, die Brüdergemeine hat 44183 Schüler, die in 374 Schulen von 1040 Lehrern und 882 Lehrerinnen unterrichtet wer den, Leipzig hat eine Jahreseinnahme von reichlich V, Million Mark, die Brüdergemeine reichlich 1'/, Million, im Königreich Sachsen kommen durchschnittlich auf den Kopf 3'/4 Pfennige Missionsbeitrag, in der Brüdergemeine 5 Mark! Das sind ja nur trockene Zahlen, aber sie reden doch eine ge waltige Sprache, eins Sprache, die Zinzendorfs 3 große Aussprüche auf das Glänzendste illustrieren: 1. „meine Parochie ist die Welt", 2. „ich habe nur eins Passion, und die ist Er, nur Er", 3. ich statuiere kein Christentum ohne Gemeinschaft". Dieses Dreigestirn kennzeichnet den Geist, der in der kleinen Brüdergemeine lebt, es beleuchtet ihre ganze Missionsarbeit aus Ver gangenheit und Gegenwart nach ihrem Grund, nach ihrer Kraft, nach ihrem Ziel. „Ich habe nur eine Passion, und die ist Er, nur Er" — das ist der Grund der Brüdergemeinemission, „ich statuiere kein Christen tum ohne Gemeinschaft" — darin ruht ihre Kraft, „meine Parochie ist die Welt" — das ist ihr Ziel. Jedes dieser drei Worte ist eine Perle. In der Mitte dieser Perlenschnur aber befindet sich das Wort: „ich statuiere kein Christen tum ohne Gemeinschaft." Wenn man sagt: Wie kommt es, daß die kleine Brüdergemeine ein so großes, gesegnetes Werk zu treiben ver mag? — dies Wort Zinzendorfs gibt die Antwort darauf. Die Brüdergemeine ist wirklich eine Missionsgemeinde. Es gibt Familien in Herrnhut, in denen der Missionsberuf forterbt von Geschlecht zu Geschlecht. „Die Familie Beck z. B. diente von 1734—1851, also 117 Jahre lang in ununterbrochener Folge in der nordischen Mission" der Brüdergemeine, ja, „die Familie Lundberg, deren Vorfahren Böhmisch-Stach 1733 nach Grönland auszogen, steht noch heute in 5. Generation in Labrador im Dienst." Wenn das einzelne Familien sind, die auf das Engste mit der Mission verbunden sind, so gibt es überhaupt wohl kein Haus zumal in Herrnhut, das nicht irgendwelche Beziehungen zur Mission hätte; stehen doch nicht bloß Männer draußen, die das Evangelium predigen, sondern auch Männer der verschiedensten Berufsarten, vor allem Kaufleute, die mehr oder weniger alle ihre Kräfte in den Dienst der Mission stellen. Und das „Diasporahaus" in Herrnhut, in welchem Hunderte von Missionaren zu ihrer Erholung weilen oder den Rest ihrer Lebenszeit beschließen, ist nicht zuletzt eine beständig fließende Quelle der Gemeinschaft zwischen Multergemeinde und Missionsgemeinde. Nehmen wir noch hinzu die regelmäßigen mündlichen Berichte der Missionsdirektion, an deren Mitteilung die ganze Gemeinde teilnimmt, und die schriftlichen Mitteilungen aus der Mission in den Missionsblättern und in dem Wochenblatt, die in jedem Hause gelesen werden, so kann man verstehen, daß die Brüder gemeine eine Missionsgemeinde sein muß, und daß darin die wunder bare Kraft ihrer Missionsarbeit liegt. Daraus ist auch erklärlich, daß die Brüdergemeine in immer steigendem Maß arbeiten muß. Am Anfang des 19. Jahrhunderts war die Brüdergemeine in Deutschland noch etwas größer als gegenwärtig. Trotzdem stellt sie heute die doppelte Zahl von Missionsarbeitern. Damals waren es 150 deutsche Brüder und Schwestern, heute sind es 300. Ueberhaupt stellt die deutsche Brüdergemeine die meisten Missionare. Durchschnittlich wer den im Jahr 20 neue Missionare ausgesendet. Ausgebildet werden diese auf 2 Missionsschulen, eine in Niesky (Schlesien) und eine in Ebersdorf (Reuß j. L.) Letztere ist die Vorstufe zu der ersteren. Der Lehrkursus dauert 4—5 Jahre. Früher war das anders. Da wurde nur verlangt, daß ein Missionar die „eine Passion" habe. So war es auch lange in der Goßnerschen Mission und in der Hermannsburger, die ja heute noch die „Bauernmission" nicht bloß heißt, sondern sich selbst gern noch so nennt. Aber den steigenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Mission zumal seil dem Aufschwung der pro testantischen Mission der Gegenwart konnte sich auch die Brüdergemeine auf die Dauer nicht verschließen, und so entstanden im Jahre 1869 die Missionsschule in Niesky und 1892 die Vorschule in Ebersdorf. Als ich 1901 in Herrnhut zur Missionswoche war und im „Kirchen saal" mit Ohr und Herz hörte, was die Missionsmänner erzählten, sah ich plötzlich vor mir einen leibhaftigen — Neger. Auf meine Frage, wo er her sei und was er hier tue, antwortete mir der junge schwarze Bruder im reinsten Deutsch mit strahlenden Augen: „Ich bin