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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-194104072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19410407
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19410407
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
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Jahr
1941
-
Monat
1941-04
- Tag 1941-04-07
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Monat
1941-04
-
Jahr
1941
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An/e5e «llntelkattiins Ver Nattenfänger bin ich benannt! Vor 75 Jahren traten die Sänger von Finsterwalde zusammen Von Rolf Stank» nicht Klamaukposse» waren Um z. V. ihrem Publi kum das deutsche Volkslied wieder nahezubringen, Ein kleines Lied klingt auf, das uns etwas be sonders Nettes zu sagen hat, irgendwo erklingt es, in einem Film, in einer Operette . . Und schon bringt es uns der Rundfunk, rollt es die Schall platte rings um die Welt. Eine kurze Spanne ge nügt, um die neue Weise Millionen Menschenohren nahezubringen. Wir erinnern uns kaum noch, daß es einmal eine Zeit gegeben hat, als man noch keine mechanische und elektrische Wiedergabe von Musik kannte, als so ein Liedchen es recht schwer hatte und recht viel Zeit brauchte, um bekannt zu werden und sich durch- zusetzen. Seit Walther von der Vogelweide waren es die durch die Welt wandernden und deshalb so benannten „fahrenden Sänger", die der Musen süßen Wohllaut verbreiteten. Es sind justament 75 Jahre her, daß die letzten fahrenden Sänger bei uns noch einmal eine Blüte zeit erlebten. Diese Männer, die nach dem 70er Kriege sich zusammenfanden, boten zumeist gute ge sangliche Leistungen, und ihre heileren Szenen brach ten dem „kleinen Manne" Freude und Genuß. Diese Stettiner, Leipziger, Hamburger, Dresdener Sän ger, die sich zum Teil später seßhaft machten und deren heitere Kunst Abend sür Abend ihre großen Theatersäle füllte, sie haben es in ihrem Jubiläums sahr redlich verdient, daß man ihrer volkstümlichen Kunst gedenkt. — Denn wenn auch viele dieser wie Kometen am Kunsthimmel austauchenden und ebenso schnell verschwindenden „Sänger" in ihren Darbie tungen die Gefilde des Kitsches nur selten verlassen haben, so gab es doch wiederum auch solche, die, lunstdeseelt und schöpferisch begabt, sich zu der Höhe «incr wahren Volkskunst emporarbeitetcn. Zu diesen letzten sahrendcn Sängern gehörte Robert Engelhardt von den Leipzigern. Sein „Rat tenfänger"-Lied singen wir heute noch: „Ein fahrender Sänger, von niemand gekannt, Der Rattenfänger, so bin ich benannt . . ." In den neunziger Jahren bekam dann jeder Lie beikomponist seine „Mutter-Komplexe". „Weißt du, Mutter, was mir träumte" wurde', da der Kom ponist damals noch nicht genügenden Schutz sand, mehrfach vertont. Es gab bald keine Sängcrgesell- schast, die nicht ihr eigenes Mutterlicd hatte. Die Stettiner Sänger in Berlin sangen ihr: „Mein' nicht, Mutter — Mutter, wein' nicht!" Emil Neumann, der übrigens reich begabte Kops ber Leipziger Sänger, brachte sein Lied „Wenn du noch eine Mutter hast". Woraus von anderer Seite prompt in die Welt gesetzt wurde: „Wenn ich doch «ine Mutter hätt'!" Der sehr bekannte Leiter der Dresdner Sänger, Emil Wintcr-Tymia», schrieb bas erfolgreichste aller Mutter- und Elternlieder jener Zeit: „Die Rasenbank am Elterngrab." Die erfolgreichsten Lieder jener Tage stammen übrigens von Neumann. Etwa: „Der Mensch braucht ein Plätzchen, Und wür's noch so klein, von dem er kann sagen: Schau' her: Das ist mein!" Den „Stettinern" gebührt ein besonders rühmen der Nachruf, denn sie haben sich gerade während der Systemzeit durch die Pflege eines betont nationa len Programmes um die Wiedererweckung des deut schen Gewissens im Volke sehr verdient gemacht. Sie boten ja nicht allein Quartett- und Sologesang, sondern auch eine Reihe von Ensemblcstückcn, die bauten sie sich da mit szenischen Effekten durchsetzte stimmungsvolle Melodramen wie: „Vom Rhein zur Donau", „Minnesängers Wanderfahrt" oder „Im Komponisten-Himmel". Oder sie geißelten den sitt lichen Zerfall jener Zeit mit ihren Rauschgifthöhlcn und Nackttanzbars in einem drolligen Einakter „Piepers Diele", der so einschlug, daß sie ihn drei Jahre hindurch Abend für Abend vor ausverkaustcn Häusern spielen konnten! An lustigen Abenden des Rundfunks hört man bisweilen heute noch: „Wir sind die Sänger von Finsterwalde, Wir leben und sterben für den Gesang." Diese Varden gibt es nicht nur in dem bekann ten Marschlied, sondern sie sind eigentlich die älteste, sidelste und bekannteste Sängergruppe des alten Jahrhunderts gewesen. Sie könnte heute, bestünde sie noch, ihr 75jähriges Jubiläum feiern! Ja, also ich hab's noch von dem letzten Sänger von Finsterwalde, dem Papa Gebhardt. Der hat cs mir 1935 erzählt, als er 92 Jahre alt war. 1006 schon sind diese Sänger in Finsterwalde allwöchent lich zu Übungen zusammengekommen. Bekannt wur- VKV Wien, V. April Wenn die Wiener Staatsoper in ihrer Festlichen Woche die neue Oper von Rudolf Wagner-Regeny, „Johanna Balk", zur Uraufführung brachte, so ist das als ein Beweis für den Entschluß anzuschen, daß sich dieses Institut nicht in seine starke Bin dung an eine konservative Tradition einkapseln will, sondern stärker als bisher bereir ist, sich auch der neuen, ja, der »och suchenden Musik zu öffnen. Und ein Kamps sür das Neue war diese Urauf führung. Das Buch zur Oper schrieb, wie zu Wagncr- Regenns „Bürgern von Calais", der bekannte Bühnenbildner Caspar Neher. Das Geschehen, das weder historisch noch geographisch näher bestimmt ist, folgt mittelalterlichen Chroniken. „An einem Sonntag in einer südlichen Landschaft des zur Neige gehenden Mittelalters vollzieht sich die Geschichte der Johanna Balk", stellt Neher fest Die passive Titelheldin wird hineingerisscn in das Nasen einer aufgewühlten, umsturzrcifcn Zeit und fast wider ihren Willen zum Werkzeug der Vorsehung, um den Sturz eines verhaßte» Fürsten und Volksbedrückcrs zu vollziehen. Sehr schön gibt Neher im ersten Akt die unheimliche Gewalt der Umstände. Im zweiten Akt tritt Johanna Valk zu ihrem gefange nen Manne und trotzt mit Ihm der offenen Willkür. Das hat mitreißende szenische Kraft, wie sie die Oper braucht. Das Veste an Nehers Buch ist seine charakteristische Eroßlinigkeit und starke Sinnbild- lichkcit. Auch der Musik Rudolf Wagner-Regenys liegt jede historische Tendenz fern. Gegenüber den „Bür ¬ den sie aber erst im Kriege 1870/71, als sie, 35 Mann hoch, im Jnsanterieregiment 52 eines Tages in Reims, im Case Voltaire, aus Übermut auf das Podium kletterten und den Kameraden ihre Lieder zum besten gaben. Von da ab hießen sie im Regi ment nur »och: „Die Sänger von Finsterwalde." ' Ihr Ruhm verblaßte nach dem Kriege, bis ihm im Jahre 1899 die Hamburger Sänger zu neuem Glanze verhalfen. Das war ebenfalls eine bekannte Männergesellschast. 1899 verfaßten sie ein Lustspiel, das sie „Sänger von Finsterwalde" nannten. Es hatte einen ungeahnten Erfolg, und zwar hauptsäch lich wegen einer schneidigen Marscheinlage, die von ihrem Kapellmeister Robert Vachhofer stammte. Das Textbuch ist längst verschollen, der Marsch aber wurde unsterblich: „Das weiß ein jedes Kind, daß wir die Sänger sind, wir leben und sterben für den Gesang . . ." Gin wertvoller Kunstfund Fünf unbekannte Werke Caspar David Friedrichs VKV In einem pommcrschcn Eutshause entdeckte Carl von Lorck unter vielen anderen Gemälde» fünf Werke, die er als Schöpfungen des Romantikers Caspar David Friedrich in der Monatsschrift „Die Kunst für alle" abbildcn läßt und ausführlich be schreibt. Von diesen Gemälden, die durch ihre Farbengebung, Motivwahl und Vildausschnitt aus gern von Calais" weist die „Johanna Valk" eine stärkere Gegenständlichkeit und schöpferische Selbst verständlichkeit der Musik auf. Geblieben ist aber die fanatische Lust des Komponisten am Experimen tieren, Wagner-Regeny will leine symphonische Musik sür die Bühne schreiben, sondern Thcater- musik, und er tat cs so entschlossen, daß mehr als einmal die Grenzen der Oper überschritten werden. Eine glückliche Eingebung bedeutet es, wenn er gegen die Häßlichkeit und Gemeinheit der Mcnschen- welt die Reinheit einer Kinderstimme setzt, die als Sakralgcsang eines Pagen durch die ganze Oper geht. Die Uraufführung durch die Wiener Staatsoper war denkbar großartig. Wie Leopold Ludwig diese jenseits des Gewohnten liegende Musik ausbaute, versinnlichte und über ihre gefährlichen Augen blicke sicher hinwcgfiihrte, das war ebenso eine Lei stung ersten Ranges wie die Inszenierung Oskar Fritz Schuhs, die mit unheimlich ansteigender Ein dringlichkeit jede Gestalt als ein unverwechselbares Meiischeiischicksal aufzeigte und sie alle zu einer tra gischen Einheit zusammenfaßte. Helena Braun stei gerte die Schlichtheit der Titelrolle zu erschüttern dem Ausdruck. Joses Witt als Fürst charakterisierte vollendet die Genuß- und Herrschsucht des Fürsten, Dora Komarck rührte als eine gebrochene Mädchen- blllte, Dora With gab die zur Kupplerin gewordene Kurtisane mit spukhafter Realistik. Intensive Ge stalten erwuchsen in Georg Monthys Valk, in dem Patrioten von Paul Schössler und Marjan Rus sowie in dem Schergen Viktor Madins. Caspar Nehers Bühnenbilder glichen spukhaften Visionen. Oskar Maurus Fontana den romantischen Meister Hinweisen, zeigt das erst« ein Seestück: ein Fischerboot zwischen zwei Eranit- sindlingen, deren drohende Wucht das Einsame und Unwirtliche der Strandlandschast steigert Das zweite Werk, gleichfalls ein Meeresufer, zeigt einen ausgezackten Felsen, der im Mondlicht silbergrau schimmert; es dürfte sich um die „Need les" bei der Insel Wight handeln, die Friedrich niemals selbst gesehen, aber wohl durch eine zeit genössische Radierung kennengelernt hat. Das dritte Bild ist das kleinste (18:25 Zenti meter): ein einsames Haus am Kiefernwalde in grauer Abenddämmerung beim ersten Ausglänzen des Mondes. Ein „Sonncnblick im Ricsengebirge" weist fast den gleiche» Ausbau auf wie die „Riesengebirgs- landschast", die früher in der Münchener Neuen Pinakothek hing und 1931 bei dem großen Brande des Münchener Elaspalastes vernichtet wurde: über die Bildfläche erstreckt sich der dunkle Schattenriß eines Bcrghangcs, während im Mittelgrund? Nebcl- wolken über sonncnerhcllte Wiesen treiben. Das Bild „Hochgebirgsgipfel niit treibenden Wollen" zeigt einige aufragcndc Fichten, hinter denen im Hintergründe eine steile Felsspitze über Nebelschleiern auftaucht. In vielen deutschen Museen finden sich kostbare Werke Caspar David Friedrichs; nachdem siaben seiner Bilder bei dem Brande des Glaspalastes zu grunde gegangen sind, bewahrt die Berliner Natio nalgalerie die reichste Sammlung. Eine freundliche Schickung will es, daß die neuen Funde in Fried richs Heimatprovinz — er ist in Greifswald ge boren — gemacht wurden. Sie sind nach der Zer störung seiner Werke durch den Münchener Brand besonders willkommen. VXD Die Volkskantate „Heiliges Vaterland" von Franz Philipp, deren Text u. a. Worte des Führers bilden, wurde vom Königsberger Männergesangver ein im Rahmen eines Konzerts zum Besten des Kriegs-WHW. zum ersten Male in Königsberg aus- aeführt. Das schlicht-schöne, für Männcrchor, Kna- benstimmen und Orgel gesetzte Werk fand unter der Leitung Heinz von Schumanns niit Unterstützung des Heinrich-Älbert-Chorcs eine sehr würdige, klang- technisch ausgezeichnete Wiedergabe. Die Hörer ipendeten warmen Beifall. * l)XV „Feldgraue Musiker in Altenburg" — unter diesem Leitwort führte das Thüringische Landestheater in Altenburg, dessen erstes Konzert im Felde stehender Komponisten seinerzeit wegwci- send für gleiche Veranstaltungen im Reiche wurde, mehrere gehaltvolle Musiktage durch. I» einem Sonderkonzert bot die Staatskapelle unter Leitung von Eugen Bodart Werke von Kurt Stiebitz, Joscf Jgenbrand, Rudolf Schricker, Gerhard Strecke, Wal ter Andreß, Karl Sczuka und Gustav Schwickcrt. Auch der gehaltvollen Unterhaltungsmusik war ein reichbesetzter Abend eingeräumt. Den Ausklang der Musiktage bildete die Ausführung der Operette „Segel unter blauem Himmel" in Anwesenheit des Komponisten Friedrich Wilhelm Rust. * VXD Das Warthcländischc Musikschulwerk in Posen wird bereits zum bevorstehenden Sommer semester seine Arbeit aufnehmen. Es umfaßt die von der Eausclbstverwaltung geschaffenen und ge planten Einrichtungen, die der musikalischen Berufs- und Laienausbildung dienen sollen. Dazu gehören u. a. eine Opernschule, eine Schauspielschule und eine Ballettschule der Eauhauptstadt Posen. Vie neue Vper wagner-KegeM Uraufführung der „Johanna Balk" in -er Wiener Staatsoper 6eMte um Peter 22. Fortsetzung Seine ganze eiserne Ruhe hatte er zurück, als er jetzt sagie: „Dicie Versammlung erschüttert mich nicht weiter, Fräulein Westermann. Sie haben dasür gesorgt, daß ich hier bin. Ich freue mich, Herrn Wenk sein Spiel noch rechtzeitig zu verderben. Ich werde mich sofort telephonisch mit den Herren vom Aussichtsrat in Verbindung setzen. Sie sind bitte dabei, Fräulein Watermann. Die Zusammenkunft wird statlsinden. Niemand soll eine Ahnung davon haben, was vor- gesallen ist. Ich selbst werde Bericht erstatten. Der Kaur des Mubag-Konzcrns ist »ach meinen ganz aussührsichen Erkundigungen das beste Geschäft, das wir in den letzten Jahren gemacht haben. Doch enlichulü'gen Sie mich jetzt! Ich muß Sorge treffen, daß W.nk nichl als freier Mann das Hotel Conti nental verläßt. Bilie, bleiben Sie und Ihr Vater hier, Fräulein Westermann, bis ich Sie abholc. Vor läufig mein?» herzlichsten Tank!" Fest drückte Vollhard, den beiden Menschen, de ren talllästiges Handeln io viel Unheil von ihm »bgewcndet hatte, die Hand. Erst draußen, als er auf dem Bahnhofsvorplatz in die Taxe stieg, die ihn zum Polizeipräsidium brachte, kam Vollhardt der Gedanke an Dore. „Nun wäre ich frei, Dore — srei sür dich; aber du — du hast nicht auf mich gewartet! Nun bist du gebunden!" sagte er traurig. Noch vor der Zeit kam Peter Nollhardt zurück. Er betrat leuchtenden Auges den Wartesnal, und mit einer solche Ruhe, daß Trude Westermann und ihr Vater überzeugt waren, richtig gehandelt zu haben. „So, das wäre erledigt! Nun wollen wir noch schnell einen Schoppen Rotwein trinken, und dann gehen wir ins .Continental', nicht wahr, Fränlein Westermann?" sagte Vollhardt, und seine Stimme var befreit und klar. „Dann darf ich mich wohl verabschieden, Herr Gc- / Koman von Mlie Metzner «Nachdruck vervotenk) s neraldirektor?" bat Karl Westermann, als Trude i und ihr Chef sich erhoben. „Gut, wie Sie wollen, lieber Westermann", ant wortete Vollhardt gemütlich, „aber haben Sie keine Sorge, wenn Ihre Tochter heute etwas später nach Hause kommt. Die Sitzung wird sich etwas in die Länge ziehen. Na, wir sehen uns schon in den näch sten Tagen. Grüßen Sie Ihre Lieben daheim. Ich besuche Sie einmal." So glücklich war Karl Westermann noch nie nach Hause gefahren wie an diesem Tage, während Trude wie so oft an der Seite ihres Chefs über den Fahr- ivcg hinllbcrging in das vornehme Hotel. Ein wenig klopfte ihr Herz doch. Vollhardt, der das fühlte, beruhigte sie. „Zwei Kriminalbeamte empfangen unseren Freund Wenk. Seien Sie ganz unbesorgt. Wir ha ben noch eine halbe Stunde Zeit. Wenk wird noch nicht hier sein. Haben Sie nur keine Angst!" — Aus dem Bürgersteig vor dein großen Hotel stand Hans Buchmann, der soeben seinen Poste«, als Zci- tungsvertäuser zum ersten Male seit seiner schwe ren Krankheit wieder bezogen hatte. „Nanu, das ist doch Vollhardt!" entrang es sich dem Studenten überrascht. Er sah den hochgewachsenen Mann dicht an sich vorllbergehen und hörte sogar seine Stimme. Wie gebannt sah Hans Buchmann den beiden nach, die in de», vornehmen Hotel verschwanden. Einige Minuten vergaß Hans Buchmann, zu wel chem Zweck cr hier stand. Alles ging ihm durch den Kops: der anonyme Brief, Dores Besuch draußen in der Kohlenhandlung und — sein eigenes Znsam- mentresscn mit Peter Vollhardt. „Wieder ein neues Opfer! Das Mädchen tut mir leid! Er verdreht ihr auch bloß den Kops! Zu den besten Hotels verkehrt er, der Lump!" Rasend arbeiteten Hans Buchmanns Gedanken. Doch cs fiel ihm auch ein, daß er ja Dore verspro chen hatte, noch einmal einen Weg zu Peter Voll- I Hardt zu machen. Jetzt wußte er, hier im Hotel war Vollhardt, vielleicht nur eine Minute von ihm ge trennt; aber er konnte nicht hineingchen. Erst wollte Hans Buchmann nach Hause eilen, um sich umzuzichcn, und dann Vollhardt im Hotel zur Rede stellen. Doch er verwarf den Gedanken schnell wieder. Warten wollte er, warten! Voll hardt sollte ihm nicht entgehen. Aber vor allen, — das Mädchen wollte er warnen, und wenn er durch die ganze Stadt hinter ihm herlaufcn sollte. Obwohl es schon ziemlich kalt war, ging Hans Buchmann vor dem Hotel unablässig auf und ab und ließ die Eingangstür nicht aus den Augen. „Armcs Dorchc», da werde ich dir nicht viel hel fen können! Vielleicht wäre es leich'"r für dich im Leben, wenn du weniger schön wärest! Zwei solche Lumpen haben nun schon die Finger nach dir ausge streckt — erst dieser Vollhardt und dann dieses Ekel, der Scharschmidt, der deinen Vater auf die Straße gesetzt hat, bloß weil du dich nicht in den Vertrag einbeziehen lassen wolltest!" Hans Buchmann seufzte. Er hatte keinen leichten Stand. Nun mar er wieder der einzige, der verdie nen konnte. Aber es half leider nicht viel, wenn sie auch jetzt aus einer Kasse wirtschafteten. Peter Vollhardt und Trude Westermann wurden indes im ersten Stock von einem Beamten empfan gen, der den Generaldirektor mit höflicher Verbeu gung in ein Zimmer wies, das neben den, Sitzungs raum lag. Die Tür blieb leicht geöffnet, und die drei war teten gespannt auf Fritz Wenk, der jeden Augenblick kommen konnte. Schon stiegen einige Herren vom Aufsichtsrat die Treppe herauf. Sie unterhielten sich laut und be traten das nebenanliegende Zimmer. Ein paar Minuten später kam Fritz Wenk. „Mein Gott, der Kerl!" entfuhr es Vollhardt verblüfft. Wcnk trug unter den, Nrn, eine helledcrne dicke Aktentasche. Er mar blaß; aber da er sich unbeobach tet glaubte, zuckte ab und zu ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht. „Ist er das?" flüsterte der Kriminalbeamte Voll- Hardt zu. ! Vollhardt nickte. Er war ganz ruhig. „Bleiben Sie hier, Herr Generaldirektor, stellen Sie sich mit Fräulein Westermann bitte hier hinter den Wandschirm. Ich werde den Mann herein bringen. Mein Kollege steht im Nebenraum hinter der Tür." Während Trude Westermann jetzt vor Angst zit terte, trat der Beamte draußen auf dem Flur Went entgegen. „Herr Wcnk?" fragte er. Wenk sah auf und fragte ahnungslos zurück: „Ja, was wünschen Sie, bitte?" „Ach, nur einen Augenblick, bitte, ich habe Ihnen etwas auszurichten von " Da der Beamte wie selbstverständlich in das Zim mer trat, folgte ihm Wenk ohne Bedenken. Kaum hatte d?r Beamte die Tür hinter sich geschlossen, als cr Wenk seine Dienstmarke zeigte und in ganz verändertem, hartem Tonfall sagte: „Kriminalbeamter, wie Sie sehen! Die Verhand lung wird ohne Sie stattfindcn müssen, Herr Wenk." In Wenks Gesicht war keine Verblüffung. Er zog den steifen schwarzen Hut und sag,?- lächelnd: „Ich bin der Sekretär von Generaldirektor Voll hardt; Sic schcincn sich zu irre», mein Herr!" „Oder Sic!" rief Vollhardt mit einer Stimme, in der schwer unterdrückter Zorn bcbcte, „Sie sind mein Sekretär gewesen!" Blitzschnell fuhr Wcnk herum. Ein bedauerndes, aber durchaus nicht verzweifeltes Lachen zeigte sich auf seinem Gesicht, als er Vollhardt gewahrte. Dann machte cr eine Handbewegung, die so lässig war, als messe cr dcn Dingcn, die sich hier abspielte», keiner lei Bedeutung bei. „Schade, meine Herren! Nicht zu ändern!" sagt« cr und zuckte die Achseln. Diese Gleichgültigkeit riß Trude Westermann aus ihrer Erstarrung. Sie trat »eben Vollhardt und blickte Wenk voll tiefer Verachtung ins Gesicht. Bei ihrem Anblick zuckte es merklich in Wenks Züge». „Aha! Also diese schwarze Katze! Dachte ich mir doch!" knirschte er jetzt. (Fortsetzung folgt.)
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