Volltext Seite (XML)
wird unbeirrt durch politische StrSmungm von der Regierung fortgesetzt «erden. Im Reichstage hat Graf Bülow dann Gelegenheit genommen, sich über die sozialpolUischm Bestrebungen der Regierung noch eingehender >u äußern, indem er erklärte, daß nach der Regelung der Arbeiter-, Witwen- und Waisen-Berstcherung die Einführung der Arbeit« - losen-Versicherung geplant sei. Die verbündeten Regierungen bekennen sich damit auf« neue zu dem Grundsätze de« Rechte« auf Arbeit und erachten den Staat für verpflichtet, Arbeit«losen einen Ersatz zu bieten. — Die nächstjährigen Kaisermanöver sollen, wie bestimmt verlautet, zwischen dem S. und 9. Armee- korp« stattfinden, die um je eine Division verstärkt werden sollen. An den Kaisermanövern soll auch eine Garde-Divifion teilnehmen. — Prinz Pro«per von Arenberg, der bekannt- ltch zur Untersuchung seine« Geiste«zustande« in die Jrrenabteilung der Strafanstalt Moabit überführt war, ist jetzt in da« Gefängni« nach Tegel zurück- tran«porttert. Mit der Geiste«krankheit de« prtnz- Uchen Verbrecher« ist e« nicht«; die von der Militär behörde eingesetzte Medizinalkommission hat dahin au«gesprochen, daß der Prinz völlig geistig normal sei. Er wird also wohl oder übel seine Gefängni«- strafe weiter verbüßen müssen. — Ein sozialdemokratischer Gemeindevorsteher ist in Wengeln im Kreise Lübben seine« Amte« ent hoben worden. Ueber die Gründe berichtet der „Bole": Der Gemeindevorsteher saß eine« Tage« im Gasthofe, al« ein Sozialdemokrat vor den Wahlen eine Ansprache hielt. Während dieser Rede betrat ein Kaufmann au« Bre»lau da« Gastzimmer. Nachdem dieser eine Weile zugehört hatte, fragte er den Gemeindevorsteher, ob er der Gemeindevorsteher sei, wa« dieser bejahte. Darauf fragte der Kaufmann weiter, ob er (der Gemeindevorsteher) auch Sozial demokrat sei, wa« der Gemeindevorsteher mit den Worten beantwortete: „Ja, recht tüchtig." In dem dieserhalb eingeleitelen Di«ziplinarverfahren gab der Gemeindevorsteher an, daß er geglaubt habe, der Kaufmann meine den neben ihm fitzenden Stolpe und er habe in bezug auf diesen die Antwort ge. geben. Der Bre«lauer Kaufmann, von dem die Anzeige «»«gegangen war, hatte aber die Richtigkeit beschworen. Infolgedessen wurde der Gemeinde vorsteher seine« Amte« enthoben. — Der Regierung«präsident von Lüneburg hat die Gemeindevorsteher von Baven, Bonstorf und Beckedorf ihre« Amte« enthoben, weil sie bei der Landtag«wahl ihre Stimme einem Welsen gegeben hatten. Oesterreich-Ungarn. — Die Erzherzogin Klothilde Maria ist in Alcsuth in Ungarn plötzlich gestorben. Sie stand erst im 20. Leben«jahre und war die jüngste Tochter de« Erzherzog« Josef, Oberkommandeur der unga rischen Landwehr, und der Erzherzogin Klothilde, geborene Prinzessin von Koburg-Gotha. In Wien verlautet, die Erzherzogin sei infolge einer Ver wundung bei einem Jagdunfall gestorben. Spanien. — Der König weilt gegenwärtig al« Gast in Portugal. E« ist die« die erste Au»land«reise de« Monarchen. Im Gegensatz zu Portugal erwartet man in Spanien von ihr politisch keine Ergebnisse. E» gibt wohl nicht zwei Staaten in der Welt, die sich trotz ihrer engen Nachbarschaft so fremd und kalt gegenüberstehen, wie Spanien und Portugal. Für da«, wa« in letzterem Lande vorgeht, ist in Spanien kein Jnterefse vorhanden, während man sich doch über die Verhältnisse in anderen europäischen Ländern leidlich gut unterrichten läßt. Weder besteht ein nennen«werler Handel«verkehr, noch ein Gedanken- au«tausch in literarischer oder künstlerischer Form; und e« ist nicht anzunehmen, daß die kurze Reise de« König« in diesem sonderbaren Verhältni« etwa« ändern wird. Die Crimmitschauer Textilarbeiter bewegung. Crimmitschau, 15. Dezember. Die Königliche Krei«hauplmannschaft Zwickau hat die von hiesigen Arbeitern erhobene Beschwerde gegen da« von der König!. Krei«hauptmannschaft Zwickau und dem hiesigen Stadtrate verfügte Verbot aller öffentlichen und nichtöffentlichen Versammlungen verworfen. In der gestern morgen stattgefundenen außerordentlichen Rat«sitzung bezeichnete da« Kollegium die in einigen Arbeiterversammlungen und in der sozialistischen Presse, sowie vom Abgeordneten Bebel im Neich«- tage gegen Herrn Bürgermeister Beckmann erhobene Beschuldigung einer au« Famtlimrücksichten geübten ungerechten Parteinahme al« eine gemeine Ver dächtigung. Da« Kollegium bedauert, daß der Ab geordnete Bebel wegen der ihm gesetzlich gewähr leisteten Redefreiheit nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Mit gestern ist der Streik, der im ganzen Reiche die Augen auf sich lenkt, in die 17. Woche seine« Bestehen« eingetreten. Fortgesetzt treffen Arbeiter und Arbeiterinnen ein. Nach Weihnachten steht noch größerer Zuzug von Arbeitiwilligen zu er warten. Die Unternehmer suchen ganze Familien in Crimmitschau ansässig zu machen und sagen außer freier Wohnung in einzelnen Fällen einen Wochenminimallohn von 22 M. zu. Allerding« ist die Zahl der von den Ausständigen wieder ab spenstig gemachten Arbeitswilligen nicht zu unter schätzen. Am Freitag fand sich ,. B. im Konsum- veretnslokal — in der oberen Etage befindet sich da« Stretkbureau — eine große Zahl derer ein, welche ihre Arbeitsstätte wieder verlassen, und nach Erhebung de« Reisegelde« bei der Lohnkommtsston ihre Schritte wieder heimwärt« lenken. Die allge meine Aufmerksamkeit ist jetzt auf die Btscheerungen der Autständ'gen und dercn Kinder gerichtet. An geblich haben die Leipziger Sozialdemokraten die größten Säle hier zur Bescheerung der Au«ständigen gemietet. Kleidckng«stücke, Spielzeug, Schuhe usw. find bereit« hier eingelroffen und täglich mehrt sich die Zahl der Gaben. Auch stehen schon bi« jetzt 7000 Stollen zur Verfügung. Die Unternehmer beabsichtigen ebenfall«, die in den Fabriken befindlichen hiesigen Arbeit«willigen am heiligen Abend reich zu beschenken. OerMcheS und Sächsisches Hohenstein-Ernstthal, 15. Dezember. * — Elternabend in der 2. vezirkSfchnle. Da für den 1. Elternabend die Wünsche nach Ein trittskarten nicht alle befriedigt werden konnten, so ist für Donnerstag abends 8 Uhr die Wieder holung der Vorträge geplant. Schon jetzt sind durch die Schüler 365 Eintrittskarten bestellt worden, sodaß auch das 2. Mal sich die Turnhalle bis auf den letzten Platz füllen dürfte. Dieses lebhafte Interesse ist für die Ausführenden der „Lohn, der reichlich lohnet". * — Auf den kürzesten Tag müssen wir dieses Jahr auf der nördlichen Hemisphäre verzichten. Da die Sonne ihre größte südliche Deklination um Mitternacht des 22. Dezember erreichen wird, so werden der 22. und 23. Dezember von ganz gleicher Länge sein. Die Dauer dieser zwei kürzesten Tage wird vom 21. und 24. ganz wenig überschritten werden. * — Geldbelohuungeu. Die Königliche Amts hauptmannschaft und der Bezirksausschuß haben u. a. den Gemeindewegewärtern Jockisch in Grum bach, Friedrich in Langenberg, Vogel in St. Egidien, Werner in Oberlungwitz, Claus in Hohndorf, Schramm in Bernsdorf und Gerber in Gersdorf in Anerkennung ihrer Tätigkeit auf den ihnen zur Instandhaltung überwiesenen Kommunikations wegen aus den seitens der Bezirksversammlung hierzu zur Verfügung gestellten Mitteln Geld belohnungen bewilligt. * — Zur schnellen Abwickelung deS Post schalterverkehrs während der Weihnachtszeit kann das Publikum selbst wesentlich beitragen. Die Ein- lieferung der Weihnachtspäckereien sollte nicht ledig lich oder vorwiegend bis zu den Abendstunden ver- schoben werden. Selbstfrankierung der einzuliefern den Weihnachtspakete durch Postwertzeichen sollte die Regel bilden. Mit seinem Bedarf an Post wertzeichen müßte sich ein jeder schon vor dem 19. Dezember versehen. Zeitungsbestellungen dürfen nicht in den Tagen vom 19. bis 24. Dezember am Schalter der Postanstalten angebracht werden. Für die am Postschalter zu leistenden Zahlungen sollte der Auflieferer das Geld bereit halten. * — Das sächsische Kriegsminifterium ver langt jetzt auch bei der Besetzung der niedrigsten Militärverwaltungs-Beamtenstellen von den An- Wärtern eine wahrheitsgetreue Erklärung über voll ständige Schuldenfreiheit. * — Für eine Versicherung gegen Elemen tarschäden tritt die Köln. Ztg. em. Durch die häufigen Stürme in letzter Zeit sei die Aufmerk samkeit wieder auf die Notwendigkeit einer erweiterten Elementarschädenversicherung gelenkt worden. Die Feuerversicherung schließe wohl Explosion und Blitz schlag ein, nicht aber Sturmschäden. Deshalb und zur Verstärkung der Sachversicherung solle an Stelle der ausschließlichen Feuerversicherung die Elemen tarversicherung eintreten, die alle Beschädigungen umfaßt, die Immobilien oder Mobilien durch ein Unwetter zugefügt werden können. * — Die neue Maschinengewehr-Abteilung in Dresden ist jetzt eifrig bei der Arbeit. Mit einem Maschinengewehr können in der Minute 360 bis 400 Schuß abgegeben werden. Das Maschinengewehr ist nicht stärker, aber etwas kürzer als der Lauf des Jnfanteriegewehres, ist aber mit einem 2 Zoll weitem Mantel umgeben, der mit Wasser gefüllt ist, um das Glühen des Rohres zu vermeiden. Das Maschinengewehr wird vom Wagen von 2 Mann bequem abgehoben und nach einem erhöhten Punkte getragen, auf ein niedriges Gestell gelegt und von dem Richtschützen liegend bedient. Das Gewehr dreht sich nach rechts und links, so daß eine Fläche von mehreren 100 Metern mit Kugeln bestrichen werden kann. Der Schütze drückt nur, nachdem er das Gewehr gerichtet, fortwährend auf einen Knopf, sodaß beim jedesmaligen Drücken eine Kugel den Lauf verläßt. Die Treffsicherheit ist eine außerordentlich große, die Flugweite bis 2000 Meter. Ein Maschinengewehr kann mit Er folg ein ganzes Bataillon bekämpfen. * Limbach, 14. Dez. In dem benachbarten Bräunsdorf ereignete sich beim Restaurateur Knöfler am letztvergangcnen Sonnabende abends ein recht bedauerlicher Ünglücksfall, indem eine AcetylengaS- explosion stattfand, wobei Knöfler sich nicht un bedeutende Brandwunden im Gesicht, an beiden Augen und Armen zuzog. Vermutlich ist die Ex plosion dadurch verursacht worden, daß Knöfler, nachdem das Licht in der Gaststube versagte, nach dem Kesselhaus ging, um die Ursache der Gas- versagung festzustellen und dort jedenfalls aus strömendem Gas mit Licht zu nahe gekommen ist. Der Aermste wurde sofort nach einer Augenklinik nach Chemnitz überführt. Die Explosion verur sachte dem Besitzer außerdem noch einen bedeuten den Schaden, indem das Kesselhaus in die Luft gesprengt und eine große Zahl Fensterscheiben des Wohnhauses zertrümmert wurden. * Oelsnitr i. E., 14. Dezember. Die durch verschiedene Gruben des Oelsnitz-Lugauer Stein kohlenreviers, im Einvernehmen mit den in Betracht kommenden Behörden, in ausgedehntem Maße ver- anstalteten weiteren Untersuchungen der in den Gruben beschäftigten Arbeiter auf Wurmkrankheit haben bis jetzt ein günstiges Resultat ergeben; unter anderen ist das Steinkohlenwerk „Verems- glück" in Oelsnitz, bei dem die Untersuchungen bereits beendet sind, als nicht verseucht befunden worden. * Zwickau, 14. Dezbr. Der Steckbrief gegeiz. den flüchtigen, noch immer nicht ergriffenen Kassierer Colditz der Sparkasse zu Niederplanitz wird jetzt veröffentlicht. Daraus geht hervor, daß Colditz viel mehr, als ursprünglich angenommen, nämlich 40 000 Mark, unterschlagen hat. Die Gemeinde Niederplanitz hat eine Belohnung von 500 Mark auf die Ergreifung des Flüchtlings, der 27 Jahre alt und 1876 in Stollberg geboren ist, ausgesetzt. * Zwickau, 14. Dezbr. Auf Grund deS am Freitag von dem IV. Strafsenat deS Reichsgerichts ausgehobenen Urteils des Landgerichts zu Zwickau in dem Prozesse gegen die Direktoren und den Aufsichtsrat der falliten Aktiengesellschaft Spinnerei- Maschinen-Fabrik I. H. Popp in Werdau erfolgte am Sonnabend die Entlassung des Direktors Hennig aus der Strafanstalt Zwickau. Derselbe hatte die ihm auferlegte Strafe von 1 Jahr 7 Monaten, wovon 1 Jahr und 1 Monat als durch erlittene Untersuchungshaft verbüßt angesehen wurde, ange treten und sollte am 24. d. M. entlasten werden, da ihm vom König der an diesem Tage noch zu verbüßende Rest der Strafe erlassen worden ist. * Zwickau, 14. Dez. Auf der Königin-Marien hütte sollte gestern zur Beratung des von den Ar beitern mißliebig empfundenen neuen Knappschafts statuts eine Versammlung stattfinden unter Vorsitz des Generaldirektors Herrn Freitag. Der Ver sammlung wohnte auch der Reichstagsabgeordnete Sachse, der früher der Marienhütte als Arbeiter anzehörte, bei. Als der Direktor dem Abgeordneten das Wort entzog, erhoben sich die Arbeiter „wie ein Mann" und verließen den Saal. Am Abend fand eine neue Versammlung unter Vorsitz Sachses statt, in welcher eine Protestresolution gegen das neue Statut angenommen wurde. * Kirchberg, 13. Dezember. Bestürzt kam dieser Ta^e ein hiesiger Einwohner zu seinem Nachbarfleffcher und bat ihn dringend, gleich mit zu kommen, seine junge Ziege habe ihm „zwanzig Mark gefressen". Das muntere Tier, welches sich unter der ganzen Bewohnerschaft des Hauses großer Beliebtheit erfreute, in der Regel nur nachts im Stalle war, die Stunden des Tages aber benutzte, um seiner Herrschaft im Parterre oder auch anderen Bewohnern in der Etage Besuche abzustatten, hatte am Tische, auf den Hinterbeinen stehend, aufgepaßt, wie Geld in 4 Fünfmarkscheinen ausgezahlt wurde und jedenfalls in dem Wahne, dasselbe sei für sie, sofort weggefressen. Das arme Tier mußte sein Leben lassen. Der Fleischer förderte von 2 Scheinen deutlich erkennbare Stücke zu tage, sodaß Ersatz dafür geleistet werden kann, die Stücke der anderen Scheine sind dagegen sehr wenig ersatzfähig. * Dresden, 14. Dez. Die Gattin des kürzlich vom hiesigen Schwurgerichl von der Anklage des Meineids freigesprochenen Frauenarztes Dr. med. Planer ist dem Schlaganfalle, von welchem sie kürzlich im Eisenbahnzuge auf der Reise nach San Remo ereilt wurde, erlegen. * Dresden, 15. Dezbr. Gestern verstarb hier hochbetagt der vormalige Abteilungsdirektor im Ministerium des Innern Wirklicher Geheimer Rat Exzellenz von Charpentier. Der Verblichene hat dem sächsischen Staate fast ein halbes Jahrhundert seinen Dienst gewidmet. Seine Tätigkeit ist eng mit der Geschichte unseres Vaterlandes verwachsen und von einer Bedeutung, die am besten aus den Jahreszahlen 1854-57, 1859, 1862—67, sowie aus den Namen v. Beust, v. Nostitz-Wallwitz, Kohlschütter, Weinberg, Schmalz und Böttcher, unter deren Führung er arbeitete, zu erkennen ist. * Meißen, 15. Dezember. Ein erschütterndes Familiendrama hat sich hier zugetragen. Der Fabrikwächter I. Bienert, in der Jutespinnerei zu Meißen beschäftigt, hat sich mit seiner Frau und sechs Kindern, drei Knaben und drei Mädchen, in seiner Behausung am Neumarkt Nr. 39, Hinter haus 3 Treppen, vergiftet. Die Frau und die sechs Kinder sind tot; der Mann gab noch Lebens zeichen von sich und wurde in das Stadtkranken haus zu Meißen überführt. Die Ursache der Ver giftung ist anscheinend in der Krankheit der Frau zu suchen. Die Vergiftung hat vermutlich mit Karbol stattgefunden. Die Polizei beschlagnahmte die Leichen und versiegelte die Wohnung. * Leipzig, 14. Dezember. Ein schreckliches Vorkommnis ereignete sich gestern nachmittag in der Lindenthaler Straße in L.-Gohlis. Dem vier jährigen Söhnchen eines in genannter Straße wohnhaften Hoboisten des 107. Regiments wurde von einem Bernhardiner Hund der linke Arm vor dem Ellbogengelenk abgebissen. Der Hund befand sich in einem umplankten Platz an der Ecke der Blumen- und Lindenthaler-Straße. Das Kind steckte das Aermchen durch eine in der Planke be- findliche Oeffnung, worauf der Hund zuschnappte. Der abgebissene Arm konnte bisher nicht auf gefunden werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß ihn der Hund gefressen hat. Dem beklagenswerten Kinde wurde durch zwei hinzugekommene Militär ärzte in einem in der Nähe gelegenen Restaurant ein Notverband angelegt. Hierauf wurde es mittels Geschirrs in das Garnison-Lazarett gebracht. * Plauen, 14. Dez. Ein frecher Raubanfall wurde im nahen Kürbitz verübt Die Botenfrau Blätterlein wurde auf dem Nachhausewege von einem noch unbekannten Burschen mit dem Rufe: „Geld her, oder das Leben" überfallen, mit einem Knotenstock geschlagen und dann der gesamten Bar schaft von etwa 80 Mark beraubt. Die Frau hat schwere Verletzungen am Kopf, an den Armen und Beinen erlitten und mußte in ihre Wohnung ge- tragen werden. Der Räuber wurde von Passanten verfolgt, entkam aber unter dem Schutze der Dunkelheit. * Plauen i. V., 14. Dez. Aus Freude über eine Erbschaft von einigen tausend Mark hat sich am Sonnabend abend ein Wirtschaslsgehilfe aus Zwoschwitz recht eigenartige Scherze geleistet. Der junge Mann, der sein ihm unvermutet zugefallenes Vermögen in Gold und Papiergeld bei sich trug, leistete sich zunächst in einem hiesigen Cafö einige Flaschen Sekt, und trank sich einen derben Rausch an. Als ihm darnach in der Wirtschaft kein prickelnder Schaumwein mehr gereicht wurde, packte den jungen Mann unbändiger Zorn, und mit frei gebiger Hand warf er in dem Lokale mit Geld münzen und Scheinen aller Art um sich. Mit einiger Mühe wurde das rings in der Schänkstube verstreute Geld gesammelt, dem übermütigen Be sitzer wieder eingehändigt und er selbst zu seiner Ernüchterung an die frische Luft befördert. Taumelnd gelangte das Opfer plötzlichen Vermögens zuwachses bis zum Klostermarkt, wo er sich häus lich niederließ, wieder sein Geldtäschchen öffnete und einen förmlichen Gold-, Silber- und Papier regen ausstreute. Bestreiflicherweise fand sich bei dem seltenen Schauspiel eine stattliche Menschen menge ein, bis ein Schutzmann herbeieilte und dem sonderbaren Treiben deS Trunkenen ein Ende machte. Nur widerwillig folgte der Allzufreigebige j,dem Sicherheitsbeamten, der die Einsammlung der ver streuten Schätze veranlaßte und den jugendlichen Zwoschwitzer zu seiner eigenen Sicherheit auf die Polizeiwache schaffte, begleitet von zahlreichen Neu gierigen. Von zuständiger Stelle wurde das Geld — wie man sagt etwa 8000 Mark — bis zum Sonntag morgen aufbewahrt und dann dem in zwischen wieder nüchtern Gewordenen ohne weiteres eingehändigt. Dieser soll sehr erfreut gewesen sein, sein Eigentum behördlich geschützt zu wissen. Sonderlich gewitzigt scheint der Leichtsinnige durch seine Erfahrungen in Plauen jedoch nicht geworden zu sein, denn, wie aus Reichenbach berichtet wird, hat er in der Nacht zum Montag ein ganz ähn liches Manöver anzustellen versucht, sein Erbe mög lichst schnell zu verkleinern. Wenn er so fort fährt, kann der Jüngling bis zum Weihnachtsfeste bequem soweit sein, daß der Goldstrom völlig zerflossen ist. * Reichenbach i. B., 13. Dezember. Bei dem am Sonnabend abend hier herrschenden dichten Nebel ereignete sich auf dem hiesigen Hauptbahn hose ein Zusammenstoß zwischen einer leerfahrenden Rangiermaschine und einer Anzahl Packwagen, wobei die Maschine und mehrere Packwagen stark beschädigt wurden. An drei Wagen wurden die Stirnwände eingedrückt, und die Ladung wurde mehr oder weniger beschädigt. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen, auch der Verkehr wurde, da der Zusammenstoß auf einem Rangiergleis er- folgte, nicht gestört. * Schneeberg, 12. Dez. In große Bestürzung gerieten am Freitag kurz vor dem Begräbnis des Schlossermeisters Leistner dessen Hinterlassene, als nach dem Schließen des Sarges die Trauerdekoration plötzlich in Flammen stand und verbrannte. Es gelang, des Feuers mächtig zu werden, ehe die schon aufgefahrene Feuerspritze in Tätigkeit kam. * Frankenberg. Einem entsetzlichen Verhäng nis ist der frühere Böttchermeister und jetzige Privat mann Stadtrat Naumann zum Opfer gefallen. Ein leichter Schlaganfall warf den 68jährigen auf das Krankenlager. Freitag früh erhob sich Nau mann in einem unbewachten Augenblicke und beugte sich zu dem an das Bett anstoßenden Fenster hinaus, um die Fieberglut in der Morgenluft abzukühlen. Hierbei verlor er das Gleichgewicht und stürzte zwei Stockwerke auf die Straße hinab, wo er als Leiche liegen blieb. Schöffengerichtsfitzung vom 15. Dezember 1903. Daß unter Umständen Unwissenheit doch vor Strafe schützen kann, zeigte die heutige Verhand lung gegen den Gastwirt Otto Eckhardt aus Gers dorf, welcher sich eines Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz schuldig gemacht haben sollte. Er wurde von der Anklage freigesprochen mit der Begründung: Der Angeklagte bezog nach seiner Aussage die in seinem Geschäft zum Verkauf ge langende Leberwurst von den Fleischern Paul Fr. sowie Robert H. in Lugau als gute, zahlte dafür auch einen vollgiltigen Preis und nahm deshalb an, daß dieselbe ohne Makel sei. Das Gericht glaubte seinen Angaben umsomehr, da E. selbst zuweilen von der Wurst aß und nicht Heraussand, daß derselben Kartoffelmehl zugesetzt sei. Man könne dem Verkäufer nicht zumuten, daß er sämtliche Wurst, bevor er dieselbe zum Verkauf bringe, einer gründlichen Probe unterziehe. Das Gericht erkannte demzufolge auf Freisprechung. Zu 25 Mk. Geldstrafe ev. 5 Tagen Haft so wie zur Tragung der Kosten des Verfahrens wurde der Handschuhsabrikant Moritz Siegert in Ober lungwitz verurteilt, weil er einen Schulknaben unter 13 Jahren verschiedene Wochen in seinem Betriebe beschäftigt und sich dadurch eines Vergehens gegen das Kinderschutzgesetz schuldig gemacht hat. Heftig weinend betritt sodann die schon wegen Diebstahls vorbestrafte und wegen ähnlicher Ver gehen anderwärts gesuchte ledige Ansetzerin Ella Marie Gotthard, aus Oberlungwitz gebürtig, die Anklagebank. Es wird ihr zur Last gelegt, am 5. August d. I. gelegentlich eines Aufenthaltes bei der Witwe Ernst in Oberlungwitz, mit deren Sohn die Angeklagte ein Lieb.sverhältnis unterhielt, 62 Mk. bares Geld, sowie ein Paar Strümpfe und Lederpantoffeln entwendet zu haben. Die An geklagte bekennt sich genannter Straftaten für schuldig und gibt zu, das Geld für sich zur Er neuerung ihrer Kleider und Schuhe verwendet zu haben. Außerdem „schenkte" sie ihrer Freundin, die ihr bei den Einkäufen behilflich war, ein Paar von „Schusters Rappen". Indem das Gericht auf die Jugend der Angeklagten Rücksicht nahm, dabei aber die Vorstrafen in betracht zog, verurteilte es dieselbe zu 6 Wochen Gefängnis und zur Tragung der Kosten. Gerichtssaal. 8 Breslau, iS. Dez. Eine kuriose Szene er- eignete sich, wie der „Breil. Morg.-Ztg." au« Anwallkretsen berichtet wird, vor einigen Tagen vor einer hiesigen SchöffengeriLtsabteilung. Der An geklagte geriet mit dem Vorsitzenden Amt«richter in Differenzen. Im Verlause der Verhandlung nannte der Richter den Angeklagten einen „frechen Lümmel". Der Angeklagte erwiderte: „Wenn Sie nicht der Vorsitzende wären, so würde ich Ihnen eine herunter hauen." Diese Aeußerung veranlaßte den amtierenden Staatsanwalt, eine Haststrafe von drei Tagen wegen Ungebühr vorGertcht in Antrag zubringen. Der Richter verkündete darauf, daß der Angeklagte zu dieser Strafe verurteilt werde. Der Angeklagte, der nicht auf den Kopf gefallen war, erklärte, daß der Richter allein eine solche Strafe nicht' verhängen könnte, e« müßten erst die Schöffen gefragt werden. Der Richler zog sich nunmehr mit den Schöffen in da«