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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 29.10.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190310291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031029
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-10
- Tag 1903-10-29
-
Monat
1903-10
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 29.10.1903
- Autor
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Fräulein, die aus das Schloß mußten, wenn der Graf sterben würde, und da hab' ich mir zu Hause hingesetzt und hab' geschrieben den Attest. Hat Frau Gräfin gefragt, ob mein Sohn Stanislaus nicht besser schreibt, hab' ich dann Attest von Stanislaus abschreiben lasten. Umsonst hab' ich es getan, nur daß das Kind soll bekommen das viele schöne Geld und die gnädigen Fräulein sollten nicht heraus müssen aus das ganze Besitz. Als ich Attest gebracht hatte, war Herr Gras zugegen und las es, und als ich einige Sachen noch dazu sagte, wurde er verlegen und ist rasch aus dem Ziminer gegangen. Wie ich dann bin geladen nach Posen aufs Gericht, hab' ich wieder an den Knaben und an die Fräulein gedacht, und als ich in Posen auf dem Gerichtsflur spazieren ging, hat die Knoska zu mir gesagt: „Ach, Frau Gräfin hat ja solche Angst, wie Sie aussagen werden." Aus Angst, daß ich Strafe bekommen werde von wegen des falschen Attestes, bin ich dabei geblieben, was in das Attest stand. Dann habe ich dieselbe Lüge nachher auch vor dem Distriktskommissar! wieder gesagt. Dann hatte ich Gewissensbisse und sagte einmal zu der Chwiatkowska: „Was soll denn werden, kann ich doch jetzt nicht anders sagen, als was ich beschworen habe"; darauf hat Chwiatkowska gesagt: „Ach was, ich sage nichts, und wenn sie mich in Stücke hauen!" Präs.: Sie geben also zu, daß Sie in Pos.n falsch geschworen haben und wollen von Ihren, Gewissen getrieben worden sein, später ein reines und umfassendes Geständnis abzulegen? Angekl.: Hab' ich kein Ruh' mehr gehabt vor mein Gewissen. Präs.: Haben Sie von der Sünde, die Sie be gangen, nicht dem Probst Jaskulski Mitteilung gemacht und ihn von der Verpflichtung zur Ver schwiegenheit entbunden? Angekl.: Das ist schon richtig. Ich habe die Sünde getan und werde meine Strafe auf mich nehmen. Präs.: Haben Sie nicht daran gedacht, daß Sie eine schwere Strafe treffen wird, wenn Sie einen falschen Eid vor Gericht leisten? Angekl.: Wie ich Eid hab' geschworen, hab' ich bloß gedacht an kleinen Grafen und das kolossale Vermögen, das ihm genommen werden soll, und an die Fräulein, die mir leid getan haben. Dann bin ich zurückgegangen mit das Aussagen, weil Gewissen mir nicht Ruhe hat gelassen. Präs.: Sie sind jetzt aber völlig bei der Wahr heit geblieben? Es hat niemand auf Sie einge- wirkl? Angekl.: Was ich jetzt gesagt habe, ist die reine Wahrheit. Was hier liebe Gott hört, ist reine Wahrheit. Mein Gewissen ist jetzt rein. Präs.: Sie haben lediglich aus Gewissensbissen sich zum Widerruf Ihrer ersten Aussage bestimmen lassen? Angekl.: So ist es. Die Angeklagte wird von den Verteidigern in ein Kreuzfeuer von Fragen genommen, die darauf hinauslaufen, sie als unglaubwürdig hinzustellen und die Vermutung zu erwecken, daß Gewissens bisse doch wohl nicht die Triebfeder ihres Handelns gewesen seien, sie vielmehr wohl auf eine Beloh nung vom Grafen Hektor gerechnet habe. — An- gekl.: Was ich hab' gesagt früher, ist alles Lüge gewesen. Die Strafe, die ich werd' erhalten, ist viel leichter zu tragen wie Gewissensbisse. Der angeklagte Herr Graf hat mir auch Geld schicken wollen, hab' ich aber gedankt und gesagt: brauche so was nicht, will mein Gewissen frei haben. Die Gräfin als „Großmutter". Staatsanwalt Dr. Müller: Was dachten Sie denn nun selbst über die Herkunft des Kindes? — Angekl.: Hob' ich gedacht, Gräfin sei das Groß mutter von das Kind. (Heiterkeit.) — Staats anwalt Dr. Müller: Und wer, dachten Sie, sollte die Mutter sein? — Angekl.: Dachte, die Mutter sei vielleicht die Tochter der Frau Gräfin, Frau von Zoltowski. Rechtsanwalt Dr. v. Rychlowski macht darauf aufmerksam, daß die Angeklagte in früheren Aus sagen niemals davon gesprochen habe, daß der Graf zugegen gewesen sei, als sie das Attest brachte und nie behauptet habe, daß der Graf auch das Attest gelesen habe. Die Angeklagte will dies ge tan haben, um den Grafen zu schonen. — Bert.: Hat die Angeklagte nicht vor einiger Zeit die Ab sicht gehabt, auszuwandern? — Angekl.: Nein, hab' ich nur wollen umziehen nach Deutsch-Ostrowo. Es wird dann noch zur Sprache gebracht, daß die Angeklagte Ossowski vor Jahren schon einmal in einem Falle auf die Bitten einer Frau ein Kind untergeschoben habe. Sie gibt dies ohne weiteres zu und will aus Mitleid mit der armen Frau gehandelt haben, die ihr geklagt habe, daß ihr Mann höchst unglücklich über die Kinderlosigkeit ihrer Ehe sei. Sie habe gesagt, sie wolle sich das Leben nehmen, und diese Klagen hätten sie so gerührt, daß sie sich gedacht: in einer- großen Stadt sei ein Kind ja bald zu kriegen, und sie habe der Frau dann ein Kind besorgt. Sie glaube, damit ein gutes Werk getan zu haben und habe nachher dem Propst in Zirke ihre Schuld ge beichtet. Durch das Kind seien die Eheleute sehr glücklich geworden. — Präs.: Der Mann glaubte also damals, daß es sein eigenes Kind sei? — Angekl.: Ach, er glaubt es ja heute noch! (Heiterkeit.) Justizrat Wronker: Die Angeklagte will also dabei bleiben, daß sie bloß aus Gewissensbissen zu dem Widerruf ihrer Aussage gebracht wo den sei. Sie hat wirklich keine Vorteile erwartet? — Angekl.: Verdiene ich soviel, daß ich so was nicht brauche. Will garnichts haben, will blos Ruhe vor meinem Gewissen haben!—JustizratWronker: Haben Sie nicht daran gedacht, daß Sie Ihre Konzession verlieren würden, wenn Sie sich eines Meineides beschuldigten? — Angekl.: Mein Ge wissen! Das geht sticht! Muß rein haben mein Gewissen, und wenn ich gleich soll sterben! — Justizrat Wronker : Hat die Zeugin nicht gedacht, daß sie nach einer Verurteilung doch bald begnadigt werden würde? — Angekl.: Wenn Begnadigung kommt, nehme ich sie an, sonst nehme ich Strafe auf mir, so oder so! - . -- Justizral Wronker: Es liegt mir fern, etwa zu behaupten, daß irgend jemand, auch nicht der Graf Hektor Kwilecki, der Angeklagten eine hohe Be lohnung versprochen habe, aber die Angeklagte scheint doch auf solche zu hoffen. Zum Beweise überreicht der Verteidiger dem Gerichtshof einige von der Hand der Ossowska geschriebene Zettel, die die Angeklagte aus dem Untersuchungsgefängnis einer zur Entlassung gekommenen Mitgefangenen als Instruktion für an ihre Familienglieder zu richten de Briefe mitgegeben hatte. Diese Mitgefangene sei in einem anderen Prozesse von ihm, Justizrat Wronker, verteidigt worden und habe ihm diese Zettel überreicht. In diesen vertröstet sie unter- anderen ihre Angehörigen und andere, sie werde höchstens 1'/z Jahr Gefängnis bekommen, die Untersuchungshaft aber abgerechnet werden; der Propst in ihrem Heimatsort möge ein Gnaden gesuch für sie einreichen und der „Herr" werde sich schon erkenntlich zeigen. — Die Angeklagte gibt zu, diese Zettel geschrieben zu haben. — Erster Staats anwalt Steinbrecht: Kam es Ihnen bei diesen Zetteln nicht vorwiegend darauf an, Ihre Familien angehörigen guten Mutes zu erhalten? — Zeugin: Ja. Die angeklagte Gräfin bestreitet alles, was die Zeugin gesagt hat. Sie sei schon vor der Geburt des Knaben von der Angeklagten massiert worden, und diese habe ihr freiwillig das Attest überbracht. — Auf eine Frage erklärt die Angeklagte Ossowska noch, daß die Gräfin ihr keinerlei Rat gegeben, wie sie bei ihrer Vernehmung in dem Zivilprozeß in Posen ausfagen solle. Hierauf folgt die Vernehmung des Grafen Kwilecki Er bestreitet — soweit er verständlich ist — entschieden, daß er bei der Ueberbringung des Attestes durch die Ossowska zugegen gewesen sei. Als die Ossowska vom Termin in Posen zurück gekehrt sei, habe sie sich bei ihm, der im Bette gelegen, melden und ihm Mitteilung machen wollen, er habe ihr aber erklärt, er wolle von ihr absolut nichts wissen. Vom Kinderunterschieben sei bei bei ihm keine Rede, er weise solchen Verdacht weit von sich, denn auf so etwas würde er sich nimmer mehr einlassen. Davon sei nie die Rede. Seine Frau sei ordnungsmäßig nieder gekommen, der Knabe sei ein ehelich geborener Sohn, uns er sei stolz auf ihn. Als ihm seine Frau von Berlin telegraphiert, daß sie glücklich entbunden worden sei, sei er sofort mit dem nächsten Zuge nach Berlin geeilt, und seine Freude habe keine Grenzen gekannt. Als er am nächsten Tage im Hotel mit Dr. Rosinski und seiner Tochter beim Frühstück saß und das freudige Ereignis mit Champagner feierte, habe er nach der Sitte dem Kellner auch ein Glas ein- geschänkt und ihm gesagt: Wissen Sie, was heute passiert ist? H^>- ist mir cm Original (ein Majoratserbe) geboren. Daraus müssen Sie auch trinken! Der Vorsitzende hält den, Angeklagten alle die Verdachtsmomente vor, die gestern bereits der Gräfin vorgehalten worden sind, namentlich, warum denn die Gräfin nach Berlin übergesiedelt sei, und warum er denn hier nicht für sachverständige ärztliche Hilfe gesorgt habe. Der Angeklagtesucht alle diese Verdachtsmomente zu widerlegen. Als er von dem Frühstück zu seiner Frau gekommen, sei er angeheitert gewesen und habe sich nicht weiter darum bekümmert, ob seine Frau oder das .Kind vom Dr. Rosinski untersucht wurde. Da seine Frau ihm gesagt, sie befinde sich wohl, so habe habe er sich dabei beruhigt. Sie habe ja auch vorher alles für die Entbindung nötige selbst besorgt, Wäsche und alles andere, und er habe sich um nichts bekümmern brauchen. Das gräfliche Ehclcbcn. Präs.: Es wird doch als auffallend bezeichnet, daß, während Sie früher nut Ihrer Gattin nicht gut gelebt haben, Sie nun plötzlich in Montreux den Besuch Ihrer Gattin erhielten und das Zu sammensein doct diese glücktiche Folge hatte. Sie sollen Ihrer Gattin doch jahrelang die Erfüllung ehelicher Pflichten verweigert und sich jahrelang von ihr fern gehalten haben? Angetl.: O, das war mal so und mal so. Fortgesetzt schlecht haben wir uns nicht gestanden, es ist unwahr, daß wir jahrelang nicht miteinander- verkehrt haben. Meine Frau ist etwas heftig, und da ist es manchmal zu kleinen, harmlosen Zänkereien gekommen. Präs.: Ra, ihre Frau soll Sie oftmals in Gegenwart der Dienerschaft mit Schimpsworten, wie „Schweinehund", „Lumpensack" :c., reguliert haben, sie soll auch direkt gesagt haben, sie ekele sich vor Ihnen. Angesichts dieser Tatsachen ist doch „harmloser Zank" ein etwas sehr zarter Ausdruck! Angekl.: Ach, das war nicht so schlimm gemeint. Präs.: Sie sollen auch einmal gesagt haben: Sie hätten ein so miserables Leben, daß Sie sich eine Kugel durch den Kopf schießen müßten. — Angekl.: Das ist schon sehr lange her. — Präs.: Die Dinge, um die es sich hier handelt, sind ja auch schon lange her. Angekl.: Das war schon vor 1896. Präs.: Dies würde nur beweisen, daß Ihr eheliches Verhältnis schon lange vor 1896 ein sehr schlechtes war. Um so ausfallender muß es er- scheinen, daß Ihre Gattin Ihnen 1896 nach Italien nachreist und auf einmal dort mit Ihnen sich sehr gut verträgt. Angekl.: Wir waren in der schönen Gegend dort immer sehr animiert. — Justizrat Wronker: Hat die Gräfin die Schimpsworte nicht aus Anlaß von Eifersuchtsszenen benutzt? Angekl.: Ja, es handelte sich um Liebesgeschichten, wenn sie so schimpfte, es handelte sich um Ver hältnisse mit anderen Frauen. Präs.: Hatten Sie denn solche Verhältnisse? Angekl : Warum soll ich kein Verhältnis haben? (Heiterkeit.) Der Angeklagte, ausgefordert, sich über seine Vermögensverhältnisse zu äußern, erkennt an, daß er stets mit Geldsorgen zu kämpfen gehabt und in Schulden geraten sei. So schlimm, wie es in der Anklage behauptet werde, sei es mit seiner Schuldenlast aber nicht gewesen, er schätze sie auf insgesamt 200,000 Mark. Hierauf folgt die Vernehmung der Angeklagten Bronislawa Chwiatkowska. Sie soll diejenige ge wesen sein, die am Tage vor der angeblichen Ent bindung der Gräfin mit der Knoska zusammen das Kind erst aus Krakau geholt haben soll. Sie ist beschuldigt, bei Gelegenheit des Zivilprozesses in Posen einen Meineid geleistet zu haben, indem sie dort unter ihrem Eide Bekundungen gemacht hat, die in Uebereinstimmung mit der Gräfin deren körperlichen Zustand geschildert haben. Lie weiß vo» nichts. Sie erklärt sich für nichtschuldig und behauptet, infolge eines in früheren Jahren erlittenen Unfalls an einer krankhaften Gedächtnisschwäche zu leiden. Der Vorsitzende macht sie darauf aufmerksam, daß von anderer Seite behauptet wird, daß sie diese Gedächtnisschwäche stark übertreibe und es garnicht so schlimm damit sei. Die Angeklagte bleibt dabei, daß sie von all den Dingen, an denen sie beteiligt sein soll, von dem Abholen des Kindes, von dem Eintreffen auf dem Schlesischen Bahnhof, von der Fahrt mit dem Droschkenkutscher Wilke, absolut nichts wisse. Auch von der Behauptung der Ossowska, wonach sie gesagt haben soll: „Ich sage nichts, und wenn sie mich in Stücke reißen", will sie absolut nichts wissen, sie bestreitet auch, dv-s gesagt zu haben, nachdem ihr die Ossowska in polnischer Sprache noch einmal den ang.blichen Vorgang vorgehalten hat. Sie habe überhaupt nichts von einem „Geheimnis" gewußt. — Die Angeklagte soll auch diejenige gewesen sein, die bei der Abreise der Gräfin nach Berlin die sechs Rot weinflaschen mit Schweineblut eingepaül habe. Sie bestreitet auch dies. Sie habe nichts als Toilettegegenstände und Wäsche eingepackt. Da die Gräfin auch ihre Gedächtnisschwäche kannte, würde sie ihr auch das Einpacken nicht anvertraul haben. Sie sei bei der Gräfin gewesen, habe sich aber dort nicht sehr wohl gefühlt, da die Gräfin ebenso wie jetzt der Gerichtshof nicht an ihre Ge dächtnisschwäche glaubte. Es wird ihr vorgehalten, daß sie einmal, als ihr vo» der gräflichen Seile angeboten wurde, etwas für ihre bessere Ver pflegung im Gefängnis einzuzahlen, sie dies ab gelehnt habe, „weil sie die Gräfin unglücklich ge macht habe." Aus der anderen Seite liegt ein von ihr an die Komtesse geschriebener Brief vor, in welchem sie um Einzahlung zur besseren Ver pflegung bittet. Der Brief schließt mit den Worten: „Lieber Golt, Du weißt am besten, wie kommt mir schwer diese Bille!" Die Angeklagte meint, daß gerade die)er Widerspruch am besten zeige, wie gedächtnisschwach sie sei. Der Verteidiger Rechtsanwalt Zborowski richtet an diese Angeklagte noch eine Reihe von Fragen. Sie erwidert daraus: Ob sie mit der Gräfin in Paris gewesen sei, erinnere sie sich nicht genau, es fei ihr nur wie im Traum. Sie stellt in Ab rede, daß sie in Posen etwas falsches beschworen habe. Sie könne sich nicht besinne», daß ihr jemand vor ihrer Aussage etwas vorgesagt habe. Sie habe nie bemerkt, daß die Gräfin ihren Körper künstlich verändert habe, sie habe ihren Zustand stets für echt gehalten. — Aus eine weitere Reihe von Fragen der medizinischen Sachverständigen Medizinalrat Dr. Leppnumu und Gerichtsrat Dr. Störmer ec klärt sie stereotyp : sic könne sich auf nichts erinnern. Sie wisse nur, daß die Gräfin geboren habe, und daß die bei solchen Gelegen heiten übliche Unruhe im Hause geherrscht hat. Auf weitere Fragen der Sachverständigen erklärt die Angeklagte: Ihr Manu sei Elementarlehrer ge wesen, sie habe zwei Kinder gehabt, wisse aber nicht mehr, wann sie geheiratet habe. — Es wird ihr vorgehalten, was sie in Posen ausgesagt hat; sie behauptet aber, sich auch hieraus nicht zu be sinnen. Sie wisse nur, daß es sich um die Geburt eines Kindes handelt Hierauf wird die Verhandlung um 8 Uhr auf morgen vertagt. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 28. Oktober. *— Wer ernten will, muß säen ! Die Ernte ist beendet und das Erntedankfest hat man überall festlich begangen. Wohlgeborgen ruht in den Scheunen und Kellern die Frucht der Felder und klingender Segen wird jetzt dem Landmann für- all die Mühen und Sorgen während des Früh jahrs und Sommers zuteil. Er hat ernten können, was er auf Hoffnung gesäet. Und wie der Land mann jetzt im Herbst, so wird der Geschäftsmann während des ganzen Jahres Ernte halten können, wenn auch er auf Hoffnung säet. Sein Feld ist groß, das er zu bestellen Hai, und das er in seinem eigenen Interesse zu jeder Zeit, nicht nur im Früh jahr, beackern und besäen muß. Dieses Feld ist die große Masse der Konsumenten, der Pflug ist die Zeitung, der auszustreuende Same ist die Annonce. Nehme ein jeder Geschäftsmann darum seine Haupterntezeit, das begonnene Winter halbjahr mit dem immer näher kommenden Weih nachtsgeschäfte, wahr und benutze recht fleißig den Inseratenteil unseres Blattes zur Ankündigung und Empfehlung seines Geschäfts, er wird dann sehen, daß der solcherart ausgestreute Samen 'gar bald aufgehen und Früchte tragen wird. Wer ernten will, muß säen! *— Ein frecher Einbruchsdicbstahl wurde gestern nachmittag in der 3. Stunde in einem in der Lichtensteiner Straße gelegenen Restaurant ver übt. Der Dieb ist, mit einem eisernen Eggezinken ausgerüstet, in den Bodenraum des Grundstücks eingedrungen, hat die verschlossene Kammer des Dienstmädchens erbrochen und hier ein 5 Mark- Stück sowie eine mit 5 Pfennig-Stücken gefüllte Büchse gestohlen. Hierauf hat er sich in zwei iveitere Kammern Eingang verschafft, dort alles durchwühlt und aus der Hose eine? Dachdecker lehrlings 38 Pfg. entwendet. Augenscheinlich hatte es der Einbrecher lediglich auf Geld abgesehen, denn an den verschiedenartigen in den Kammern ausbewahrten Gegenständen hat er sich nicht ver- griffen. In den heutigen Vormittagsstunden ge- lang es den Bemühungen unserer Polizei, den frechen Dieb in der Person eines sich seit ca. 14 Tagen hier unangemeldet aufhaltenden, von der Kgl. Staatsanwaltschaft zu Zwickau wegen schweren Diebstahls steckbrieflich verfolgten 18 Jahre alten Schloffergesellen Ernst Arno Falk aus Zwickau zu ermitteln und fcstzunehmen. Der Verhaftete, wel cher bereits in das hiesige Kgl. Amtsgericht ein- geliesert worden ist, dürfte noch andere Sachen auf dem Kerbholz« haben. *— Etrohfeimen-Brand. Vergangene Nacht gegen 1 llhr brannte in der Nähe der Windmühle ein dem hiesigen Kohlenhändler Emil Leuschner gehöriger Strohfeimen nieder. Der Besitzer erhielt erst heute morgen von dem Brandschaden Mitteilung. *— Gefunden Heute morgen wurde von einem Maurer auf dem Wege nach der Goldbach straße in der Nähe von Lieberknechts Fabrik ein Pserdekummet gesunden und auf der hiesigen Polizeiwache abgegeben. Der Eigentümer konnte bisher nicht ermittelt werden und dürfte es nicht ausgeschlossen sein, daß das Kummet von einem Diebstahle herrührt. *— Kaninchen » Diebstahl. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend wurden im Aitstädter Schützenhause aus einer im Hofe stehenden Kiste 3 große gelb- und weißgefleckte französische Ka ninchen gestohlen. Etwaige Wahrnehmungen über den Verbleib der Tiere sind dem Polizeiamt zu melden. * — Ein Radfahrer-Klub, dessen Mitglieder sich jeden Sonnabend im Restaurant „Schönburger Hof" zusammen finden, hat sich, wie wir hören, seit kurzem in der Neustadt gebildet. Der Besuch der Vereinsabende ist jedem Radfahrer zu empfehlen. * — Lotterie. Die Ziehung der 5. Klasse der 144. Kgl. Sächs. Landeslotterie beginnt Montag, den 2. Novbr., und dauert bis zum 23. Novbr. * — ReformationSfestkollekte. Alljährlich am Reformationsfeste wird in allen Kirchen unseres Landes eine Kollekte für die Zwecke des Gustav- Adolf-Vereins gesammelt. Dieselbe bildet eine der Haupteinnahmen des Vereins und hat jeder Zeit einen ansehnlichen Betrag ergeben. * — Wann werden die sächsischenWohnungS- geldzuschüssc ausgezahlt? Die „Leipz. Ztg." schreibt: Die von mehreren Blättern gebrachte Nachricht, daß die den Beamten vom künftigen Jahre an zu gewährenden Wohnungsgeldzuschüsse vierteljährlich gezahlt werden würden, trifft nicht zu. Vielmehr bestimmt die auch im Gesetz- und Verordnungsblatte vom lausenden Jahre veröffent lichte Ausführungsverordnung vom 25. Mai d. I. zum Gesetze über die Wohnungsgeldzuschüsse, daß diese Zuschüsse monatlich gleichzeitig mit den Be soldungen zu zahlen sind. * — Pcntftcmon. Es gibt in dem großen Reiche der Blumen manche schöne Pflanze, die selbst eifrigen Blumenfreunden ganz unbekannt ist. Eine der schönsten dieser seltenen Blumen ist der Bart faden oder Pentstemon. Hin und wieder trifft man die farbenprächtigen Hybriden auf den Blumen beeten vornehmer Gärten. Aeußerst selten sind die übrigen Pentstemon-Arlen, die teils als Stauden, teils als Sommerblumen sehr geeignet erscheinen, unsere Gärten zu bereichern. Die neueste Nummer des praktischen Ratgebers cm Obst-und Gartenbau, welche vom Geschäftsamt desselben auf Verlangen gratis und franko versandt wird, bringt aus der Feder eines Fachmannes Beschreibung und Ab bildung verschiedener schöner Pentstemon. * — Lehrerseminar Stollberg. Anmeldungen zur Osteraufnahme wolle man in der Zeit vom 2. bis 20. November bewirken. Persönliche Vor stellung ist erwünscht, doch nicht unbedingt erforder lich. Die Aufnahmeprüfung erfolgt vom 8. bis 10. Februar 1904. * — Gräfin Montignofo, die frühere Prin zessin Luise von Toskana, ist dem „Fränk. Kur." zufolge leidend. Wenn sie anhaltend das Klima in Frankreich nicht vertragen kann, werde sie ihren Winteraufenthalt m Lindau am Bodensee nehmen, aber, wie von toskanischer Seite hinzugefügt wird, nur dann. * Lichtenstein, 27. Oktober. Festgenommen und in das hiesige Amtsgerichtsgefängnis einge liefert wurde gestern diejenige Schwindlerin, welche vor einigen Tagen in dem H. Teicher'schen Stoff- waren-Geschäst den bekannten Schwindel ausgeführt. Die Festgenominene ist ca. 17 Jahre alt und stammt aus Hohndorf. * Rödlitz, 27. Oktober. Der Gartenbesitzer Hermann Bucher, der, wie gestern gemeldet, den von der Stadtgemeinde Callnberg auf seinem Grund stücke vorgenommenen Vermessungsarbeiten Wider stand entgegensetzte und auch ferner im Verdachte steht, in vergangener Nacht die aus seinem Grund stück eingebauten Meßeinrichtungen derart zer trümmert zu haben, daß sie für ihre Zwecke über haupt nicht mehr zu verwenden sind, ist heute früh gegen 6 Uhr seitens der Königlichen Gendarmerie brigade verhaftet worden. * Stollberg. 27. Oktober. Die beiden Buben, die sich am 20. d. M. aus der Bezirksanstalt ent fernt haben, haben einen Abstecher nach Karlsbad gemacht, von wo sie gestern wohlbehalten heimge kehrt sind. * Dresden, 27.Okt. Der König wird in dcr Zeit vom 4. bis 11. November in Sibyllenort Aufenthalt nehmen und daselbst Jagden adhalten. Die feierliche Eröffnung des sächsischen Landtags durch den König wird am 12. November mittags im Thronsaal des Residenzschlosses stattfinden. * Leipzig, 27. Oktober. Den Tod durch einen eigenartigen Umstand fand das im zweiten Lebens jahre stehende Söhnchen eines in der Merseburger Straße zu L.-Lindenau wohnhaften Markthelfers. Am Montag abend verließ die Mutter des Kindes auf kurze Zeit die Wohnung, als das Kind bereits im Belt lag und schlief. Um ein Herausfallen
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