Volltext Seite (XML)
HchcilstkinM'Bthalcr Anzeiger Tageblatt für K»henstein-Krnsttkak, Gkerkungwih, Oersdorf, Lermsdorf, Aernsdorf, Wüstenbmnd, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. . Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche «n- Privat-Anzeigen. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. A bonnement: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. MI « ,, l « I I Fnsertionsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 1V Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Ri. 252. Fernsprecher Nr. lSI. Donnerstag, den 29. Oktober 1903. B-Mr. s. 30. Jahrgang. Das Schulgeld und Fortbilduugsschulgeld auf das 4. Vierteljahr (Monate Oktober bis mit Dezember) 18V3 ist längstens bis zum 11. November dfs. Js. an die hiesige Stadtsteuereinuahme — Rathaus, Zimmer Nr. 2 — abzuführen. Hohenstein-Ernstthal, am 24. Oktober 1903. Der Stadtrat. vr. Polster, Bürgermeister. Bekanntmachung, die Einkommen- und Ergänzungssteuerdeklaration betr. Aus Anlaß der im Laufe des nächsten Jahres stattfindenden allgemeinen Einschätzung zur Ein kommen- Ühb. Ergänzungssteuer werden zur Zeit Aufforderungen zur Deklaration des steuerpflichtigen Einkommens^hhL., bez. Vermögens ausgessndet. DenjenrMn, welchen eine derartige Aufforderung nicht zugesendet werden wird, steht es frei, Deklarationen über ihr Einkommen bez. ihr ergänzungssleuerpflichliges Vermögen bis zum 12. November 1903 bei dem unterzeichneten Gemeindevorstand einzureichen. Zu diesem Zwecke werden bei Letzterem Deklarationsformulare unentgeltlich verabfolgt. Gleichzeitig werden alle Vertreter von Personen, die unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen, ingleichen alle Vertreter von juristischen Personen (Stiftungen, Anstalten, eingetragenen Vereinen, eingetragenen Genossenschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Berggewerkschaften rc.), sowie die Vertreter von sonstigen mit dem Rechte des Vermögenserwerbs ausgestatteteu Personenvereinen und Vermögensmassen aufgefordcrt, für die Ver tretenen, soweit dieselben ein steuerpflichtiges Einkommen oder ergänzungssteuerpflichtiges Vermögen haben bez. in Ansehung der Ergänzungssteuer der Steuerpflicht überhaupt unterliegen, Deklarationen bei dem unterzeichneten Gemeindevorstande auch daun einzureichen, wenn ihnen deshalb besondere Auf forderungen nicht zugehen sollten. Gersdorf Bez. Chemnitz, am 26. Oktober 1903. Der Gemeindevorstand. Göhler. Die Lage in Italien. Eine große Vergangenheit gehabt zu haben, der man keine gleichwertige Gegenwart entgegen stellen kann, ist im Völkerleben immer ein Malheur. Wir sehen das an den Spaniern, Griechen und Ungarn und in gewissem Maße auch an Italien. Wer im Großen gewirtschaftet hat, verlernt es, sich einzurichten, mit wenigem Haus zu halten und wieder vorwärts zu kommen Wie im Leben des einzelnen, so auch in dem der Völker. Italien, das an Erinnerungen und Kunstschätzen reiche Land der Sehnsucht der Dichter, Maler und Bildhauer, Italien, das sonnige Land, das seinen Einwohnern das Leben so leicht macht, ist zu gleicher Zeit das Land der größten Armut. Seine wirtschaftliche Lage ist die denkbar unfreundlichste. Die sozialen Verhältnisse bestimmen aber in hohem Grade die politische Gestaltung eines Staates, und daher ist auch die politische Lage Italiens weniger erfreulich, als es zu wünschen wäre. Die Zustände, die auf der appeninischen Halbinsel herrschen, haben durch die Absage des Zarenbesuches in Rom vor aller Welt eine schlimme Kritik erfahren. Das Urteil ist über Gebühr hart ausgefallen; ganz ungerecht fertigt war es, wie man leider eingestehen muß, nicht. Wenn irgend ein Volk die ihm durch die Ver fassung gewährleisteten Rechte schlecht benutzt hat, so ist es das italienische. Die Parteiverhältnissc in der Deputiertenkammer sind die denkbar un günstigsten. Selbst starke Regierungen haben der parlamentarischen Opposition gegenüber je und je einen äußerst schweren Stand gehabt. Immerhin vermochten ein Cavour und ein Crispi großes auszurichten, was man von den leitenden Männern der neueren und neuesten Zeit nicht behaupten kann. Seit Crispi in dem Bemühen, die Finanz- wirtschast Italiens zu reformieren, gestürzt wurde, haben die italienischen Ministerpräfidemen einen großen Plan nicht mehr gefaßt; so laut das Volk auch nach Reformen rief, die bessernde Hand wurde nicht angelegt. Wer wirklich einmal einen ernst lichen Anlauf zur Besserung nahm, zersplitterte schnell seine Kräfte im Kampf mit der vielköpfigen Hydra der Opposition und nahm bald mehr Be dacht auf seine Selbsterhaltung als auf die For derungen des Volkes. So geht es im großen und ganzen schon seit Crispis Sturz, also seit dem Jahre 1891. Auch der energievolle König Viktor- Emanuel III. hat während seiner bisherigen Ne gierung an der Lage nichts wesentliches zu ändern vermocht. Vielleicht werden jetzt durchgreifende Maßregeln ergriffen. Viktor Emanuel empfindet die Zarenabsage aufs schmerzlichste und hat mir dem ihm eigenen scharfen Blick auch schnell erkannt, wo der Grund des Uebels liegt, von dem Italien betroffen wurde. Er hat, was immer auch zur Vertuschung der Tat sache behauptet werden mag, seinen Minister präsidenten Zanardelli für den Italien wider fahrenen Verdruß verantwortlich gemacht. Zanar delli hat der Opposition, besonders der äußersten Linken gegenüber, nach der Ansicht des Königs die erforderliche Festigkeit fehlen lassen. Nicht bloß in der Frage des Zarenbesuchs, sondern auch in anderen politischen Fragen. Der König will da für sorgen, daß derartige .Zeichen der Schwäche Hinfort nicht gegeben werden, daß vielmehr die Regierung in Zukunft das Bewußtsein ihrer Stärke hervortreten läßt und energischer auftritt, als bisher. Eine starke Regierung, das ist es, was Italien vor allen Dingen not tut. Eine Regierung mit einem klaren und bestimmten Programm, die nicht nur den Willen, sondern auch die Kraft zum Handeln besitzt. Die Minister müssen ganze Männer sein und durch ihre Worte und Taten Anerkennung zu erzwingen wissen. Sie müssen sich eine zu verlässige Mehrheit in der Kammer zu gewinnen verstehen, um mit deren Hilfe ans Werk zu gehen. Große und bedeutende Aufgaben gilt es zu lösen. Soll Italien nicht ernstlich rückwärts gehen und in den Sumpf geraten, dann muß es vorwärts und in die Höhe dringen. Es muß der entsetzlichen Not, unter welcher die Arbeiterbevölkerung Italiens leidet, durch eine verständige Gesetzgebung entgegen gearbeitet werden, es müssen die Kräfte der un gezählten Faulenzer des Landes für die Wohlfabri des ganzen ausgenützt werden, es muß eine Finanz reform in Stoat und Kommunen erfolgen. Gebt es mit dem alten Schlendrian weiter, dann wächst die anarchistische Gefahr ins unermeßliche, dann führt die immer mehr um sich greifende Unzu friedenheit zu den allerbedenklichsten Zuständen. Die wahren Freunde Italiens wissen und würdigen es, daß das Land au dem Dreibunde jederzeit einen starken Halt und Schutz gehabt hat. Der König und seine Regierung halten deswegen auch am Dreibunde fest, so laut in gewissen Kreisen auch dem Verlangen nach dem Austritt Italiens aus dem Bunde Ausdruck gegeben wird. Auch die Annäherung Italiens an Frankreich will in dieser Beziehung nichts besagen. Ebenso wissen aber die beiden anderen Kontrahenten des Drei bundes, daß sie in Italien einen erprobten und schätzenswerten Bundesgenossen besitzen, an dessen Ergehen sie den aufrichtigsten Anteil nehmen. Und allseitig wird dem jugendlichen Könige der Wunsch dargebracht, daß es ihm gelingen möge, für sein Ministerium Männer zu finden, die mit starker Hand die Zügel der Regierung führen, die not wendigen Reformen durchsetzen und dem Lande den inneren Frieden wiedergeben. Lagesgefchichte. Deutsches Reich. — Zur Wiesbadener Kaiserbegegnung, deren nun auch die „Nordd. Allg. Zlg." Erwähnung tut, wird gemeldet, vaß die Anregung zu der Zusammen kunft vom Zaren Nikolaus au-gegangen sei. Der Zar habe dem deutschen Kaiser in einem Telegramm den Wunsch ausgedrückt, er möchte Deutschland nicht verlassen, ohne seinen Freund, den Kaiser, ge sehen und gesprochen zu haben. Kaiser Wilhelm habe diese Anregung mit herzlicher Bereitwilligkeit ausgenommen und dem Zaren vorgeschlagen, damit ihm so wenig Unannehmlichkeiten wie möglich er wüchsen, die Begegnung in dem Darmstadt so nahe gelegenen Wiesbaden stallfinden zu lasten. Es soll nicht ausgeschlossen sein, daß der Zar vom Grafen Lamsdorff begleitet sein wird, in welchem Falle auch der deutsche Reichskanzler Gras Bülow der Zweikaiserbegegnung beiwohnen würde. Ferner wird dem „B. T." aus Wiesbaden gemeldet, daß der Aufenthalt des Kaisers Wilhelm daselbst auf drei bis vier Tage bemessen sei. Der Zar kommt wohl nur aus einen Nachmittag, wenigsten» wird bezüglich seiner Aufenthaltsdauer an den ursprüng lichen Meldungen nichts geändert. Zum Schutze de» Zaren find außer der Wiesbadener Garnison drei Mainzer Regimenter kommandiert worden. — Zum Oberpräsidenlen von Ostpreußen an Stelle der erkrankten Frhrn. v. Richthofen ist nach dem „B. L.-A." der Regierungspräsident in Pots dam, v. Moltke, ein Neffe des Feldmarschalls er nannt worden. Der neue Oberpräsikent Friedrich v. Moltke, der als ein hervorragend tüchtiger Be amter und als maßvoller Charakter gilt, ist der dritte Sohn des 1871 verstorbenen Landcats Adolf v. Moltke, dessen ältester Sohn Wilhelm Erbe des Generalseldmarschall» geworden ist und auch dessen Graseniitel übernommen hat. — Der russische Minister des Auswärtigen Graf Lamsdorff trifft am heutigen Mittwoch in Paris ein und stattet zunächst dem Präsidenten Loubet einen Besuch ab, dem er angeblich ein Handschreiben des Zaren überbringt. Mit dem Minister des Auswärtigen Delcassö wird Gras Lamrdcrff wiederholte Unterredungen haben. Am Donnerstag findet ein Ausflug nach Versailler, am Freitag Frühstück bei Delcrssö statt. Nm Sonn abend verläßt Graf Lamsdorff Paris wieder, um zum Zaren nach Darmstadt zurückzukehren. Daß der Besuch Lamsdorffs in Paris prinzipielle po litische Bedeutung besitzt, liegt auf der Hand. Die Tugend der Verschwiegenheit ist in Frankreich eine seltene Blume; daher erfährt man über den Zweck der Besuches wohl bald noch genaueres. — Der in Frankfurt a. M. tagende erste deutsche Arbeiter-Kongreß hatte an tun Kaiser ein Huldigungstelegramm gerichtet, auf welches nun folgende Antwort eingegangen ist: „Ich spreche den zum ersten deutschen Arbeiterkongreß ver sammelten Vertretern der deutschen Arbeiterschaft für den Huldigungsgruß und die Versicherung mo narchischer Treue herzlichen Dank aus. Ich werde die Beratungen der Kongresses mit Meinem Jnlcr- csse begleiten und auch in Zukunft Anregungen und Maßnahmen, welche geeignet erscheinen, das Mir und Meiner Regierung am Heizen liegende Wohl der deutschen Arbeiterschaft zu fördern, gern meinen Schutz und Beistand zuteil werden lassen." Oesterreich Ungarn. — Der böhmische Landtag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen worden, da die Deutschen ihre In teressen nur durch fortgesetzte Obstruktion zu schützen vermochten, infolge deren die Arbeiten nicht von der Stelle kamen. — In Wien ist der ehemalige Vertrauens mann de« ermordeten Serbenkönigs eingetroffen, um die von der Königin Draga bei Wiener Geld instituten hinterlegten Gelder für die erbberechtigten Schwestern abzuheben. Er kassierte auf Grund der Vollmachten bei der österreichischen Sparkasse einen Betrag von 130 000 Kronen ein, welchen Draga kurz vor ihrer Ermordung hinterlegt hat, und bei der Unionbank 23 000 Kronen. Der Hosjuwelier Köcherl verweigert die Herausgabe der ihm von der Königin zur Reparatur übergebenen Schmuck sachen, wenn nicht seine Forderung von mehreren tausend Kronen beglichen wird. Frankreich. — Auf die Gefahr eines französisch-kolum- bischen Konflikt» macht der Pariser „Malin" auf merksam, indem er schreibt: Wie nach Newyorker Meldungen verlautet, beabsichtigt die Regierung von Kolumbien, sich der Besitzrechle der französischen Panamagesellschust zu bemächtigen. Kolumbien will die« dadurch erreichen, daß es entweder die Rechte Frankreichs als verfallen betrachtet, ober dadurch, daß es eine Verlängerung der Konzession bis 1910 für verfassungswidrig erklärt. Der „Matin" fordert die französische Regierung eindringlich auf, die Bc- sitzrschte der Panamagesellschast, für die von den Vereinigten Staaten von Nordamerika eine Ent schädigung von 210 Millionen Franks geboten morden ist, mit aller Entschiedenheit, nötigenfalls durch die Entsendung von Kriegsschiffen zu schützen. Soweit wird e« Kolumbien selbstverständlich nicht kommen lassen, es würde sonst außer allen anderen Schaden auch noch die Kosten der französischen Expedition zu tragen haben. Spanien. — Ueber Bibao ist gestern der Belagerungszu stand verhängt worden. Die ausständigen Berg leute zwangen die Arbeitswilligen durch Steinwürfe und Stockhiebe, die Bergwerke zu verlassen. Gen darmen mußten einschreiten. Ferner zerstörten die Ausständigen ein Wasserreservoir de: Bergwerksbuhn in GaldameS mittels Dynamit und drohten, auch dis Wasserreservoir« anderer Bahnen in die Lust zu sprengen. (S. Telegramme!) Die Kmdesmlterschiebmrg der Gräfin Kwile^ka vor Gericht. Berlin, 27. Oktober. Der Vorsitzende, Land gerichtsdirektor Leuschner, eröffnet die Sitzung des zweiten Verhandlungstages um 9^/, Uhr und ver nimmt die Angeklagte Hebamme Katharina Ossowska. Sie ist des Meineides und der Beihilfe zur Kindes unterschiebung angeklagt. In dem Zivilprozeß in Posen am 30. März 1901 ist sie als Zeugin ver nommen worden. Damals hat sie unter ihrem Eide bekundet: In den Jahren vor der Geburt des Knaben habe sie die Gräfin massiert und auch auf den sonstigen Zustand untersucht uud konstatieren können, daß sie in anderen Umständen sei. Vor ihrer Vernehmung in Posen hatte sie der Gräfin auf deren Wunsch ein Attest ausgestellt, wonach sie die Gräfin im Jahre 1897 massiert habe und bescheinigen könne, daß diese in gesegneten Um stünden gewesen sei. Diese Aussage ist, wie die Angeklagte jetzt aussagt, wissentlich falsch gewesen. Sie erzählt n. a.: Frau Gräfin hat mich rufen lassen und gesagt, soll ich sie massieren. Hab' ich es damals nicht gekannt, hab' aber gelernt und habe Gräfin massiert. Dabei hat sie mir manches erzählt von Kind und von Verwandte, die ihr das Kind ankämpfen. Eines Tages wurde mir gesagt, soll aufhören mit Massieren, auch Fräulein Marie sagte, Frau Gräfin soll sich nicht mehr massieren lassen, manche Leute sterben bei Massieren. Das kleine Graf mar damals schon acht Monate alt! Dann schickte Frau Gräfin wieder zu mir, ging ich auf Schloß, Frau Gräfin und ich befunden uns allein. Sie sagte mir, ich sollte ihr helfen, Hebeamme sei gestorben und hat sich keine Beweise für Geburt. Da hat mir Frau Gräfin leid getan, ich dachte an das kleine Graf und an die gnädigen