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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.10.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190310080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031008
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031008
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-10
- Tag 1903-10-08
-
Monat
1903-10
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.10.1903
- Autor
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eulsrtzung liegt darin, daß die vier Herren bei der Bürgermeisterwahl im Jahre 1893 dem auSerwählten Bürgermeister-Kandidaten Bräutigam ein Schrift stück vorlegten, nach welchem seine Wahl nur dann als gesichert anzusehen sei, wenn er sich schristlich verpflichtete, nichts ohne Wissen und Willen der vier Herren zu unternehmen, auch wenn diese in späterer Zeit dem Gemeinderate nicht mehr ange- hören sollten. Bürgermeister Bräutigam ist vor einiger Zeit mit der halben Pension ver abschiedet worden. * Prenzlau. Der plötzliche Zusammenbruch der Firma Helft und die Flucht deS Geschäftsinhabers machen hier daS größte Aussehen. H. hat seine Flucht längst vorbereitet und zu diesem Zweck ganz be- deutende Geldmittel sich zu verschaffen gewußt. Bei einzelnen Gläubigern kommen 100000, 80000, 60 000, 40000 Mark usw. in Betracht, die nun zum größten Teil verloren sein werden. Die Gesamtforderungen sind auf */, Mill. M. festgestellt worden. Die Speicher der Firma, über die der Konkurs verhängt wurde, sind leer, die Vorräte gering. * Breslau, 6. Okt. Der Kaufmann Alexander Stein von der salltten Holzfirma S. Stein» Witwe in Gleiwitz wurde mit einer Schußwunde im Kopf al» Leiche in der Klodnitz gefunden. In den Kleidern fand man über 300 Mark bare« Geld und 2 Scheck«. * Hamburg. In Sachen der Kindermörderin Wiese geb. Berkefeld, die ferner de« Betruges und de« versuchten Gattenmorde« beschuldigt ist, haben die öffentliche Bekanntmachung und die Aussetzung einer Belohnung von 300 Mark ergeben, daß noch ein weitere« der Wiese anvertraute« Kind verschwun den ist. Ein in der Belle Alliancestraße wohnende« Dienstmädchen erließ im April d. I. ein Inserat, wonach sie ihren kleinen Sohn für eigen abzugeben geneigt sei. Die W. meldete sich, verlangte für die Adoption 50 Mark und sagte, daß eine Frau Dr. Goldschmidt au« London, die gerade hier zu Besuch sei, da» Kind mit nach London nehmen wollte, und nur 50 Mark Reisekosten verlange. Da« Dienstmäd chen hatte nur 30 Mark, mit denen die Wiese sich auch begnügte. Das Kind wurde der W. einge händigt, e« ist seitdem spurlos verschwunden. Im Monat April annoncierte eine am Luisenweg woh nende Frau in gleichem Sinne; sie wollte einen unehelichen Knaben adoptieren lasten. Auch hier meldete sich die W. und erzählte die gleiche Sache von der Dame au« England, die das Kind für 100 Mark Reiseentschädigung mit nach London nehmen wolle. Da die Frau keine 100 Mark hatte, kam da« Geschäft nicht zu stände. Die Ermittelungen haben den Verdacht bestätigt, daß die W. die ver schwundenen Kinder, sowie da« Kind ihrer bei Dr. Goldschmidt in London bediensteten Tochter vorsätz lich getötet hat. Die Leichen Hal sie im Feuerraum de« Küchenherde« verbrannt. In ihren Wohnungen in der Wilhelminenstraße 23 erste Etage und Parterre hat sie die Platten de« Feuerherdes entfernt und den Feuerraum vergrößert. Nachbarn haben sehr oft bemerkt, daß in der Küche der W. übermäßig stark geheizt wurde und daß dort ein entsetzlicher Geruch herrschte. Die Herdplatten sind durch das starke Heizen zersprungen. Jedenfalls gilt die Wiese al« vollständig überführt; sie bleibt bei ihrem Leugnen und will die Kinder bei anderen Leuten unterge bracht haben. * Aachen, 6. Oktober. Der Polizeibehörde ist e» gelungen, acht der Raufbolde zu ermitteln, die vor einiger Zeit nacht« die nach Rott wallfahrenden Pilger angesallen, mißhandelt und teilweise beraubt hatten. * Duisburg, 6. Oktober. In Utroff, Krei« Mör«, erschoß der Landwirt Wilhelm Extermann am Sonntag in einem Streite seine Frau und ver wundete zwei Kinder. Nach der Tat entfloh er, stellte sich aber Montag Abend in Dui«burg der Polizei. * Essen, 7. Okt. Im benachbarten Kay wurde im Streite ein Arbeiter von einem anderen erschlagen. Der Täter hatte den Erschlagenen, einem verheirateten Manne, Anlaß zur Eifersucht gegeben. * Atzmannshausen, 6. Oktober. Gestern nach mittag stürzte ein Automobil die hohe Böschung hinab in den Rhein. Der Insasse, ein Belgier, welcher die Steuerung über das Fahrzeug verloren hatte, ertrank. * München. An einem der jüngsten Abende, als durch die Okloberfestgäste die Straßen überfüllt waren, scheute am Karlsplatze ein Gespann. Der OsfizierSzögling Wimmer vom 25. württembergischen Infanterieregiment warf sich den Pferden entgegen und brachte sie mit eigener Lebensgefahr dicht vor einer Straßenbahnhaltestelle zum Stehen, wo an hundert Personen warteten. Leider ist dem Mutigen die ganze Stirnhaut abgerissen worden. * Paris, 6. Oktober. Wie die Blätter berich ten, ist ein Verwandter de» Herzogs von Arenberg, welcher gestern au« Ostende hier eintraf, plötzlich irrsinnig geworden. Er entkleidete sich auf dem Bahnhof und begann den Cakewalk zu tanzen. Der Kranke wurde einstweilen in einer Heilanstalt unter gebracht. * Paris, 6. Okt. Wie mitgeteilt wird, ver suchte ein früherer Marineoffizier, wie eS heißt, ein Geliebter dec Exkönigin von Madagaskar, letztere zu entführen. Seine Absicht wurde jedoch entdeckt und sein Vorhaben vereitelt. Es ist ein gerichtliches Verfahren gegen ihn eingeleitet. * Brüx. Am Hochzeit«tage seine« Sohne« er- schoß sich der Schuhmachcrmetster Zeibich, während dessen Sohn in der Stadtkirche getraut wurde. Der Vater war gegen die Verheiratung seine« Sohne« gewesen. * Wien, 6. Oktober. Vor wenigen Monaten erschien hier ein Buch, da« die Aufmerksamkeit auch anspruchsvoller Leser auf den Verfasser lenkte: „Geschlecht und Carhakter" von Dr. Otto Meininger. E» war ein Werk, da« sich in scharfer Form gegen die Frau richtete und deshalb zu manchen Diskus sionen Veranlassung gab, aber gedankenreich, originell, anregend auf jeder Seite. Der begabte Autor die se« Buches, der kaum vierundzwanzigjährige Dr. phil. Otto Meininger, hat sich gestern in Wien er schossen. Ueberanstrengung, durch rastlose« Studium hervorgerufen, hat den jungen Schriftsteller in den Tod getrieben. * Kopenhagen, 7. Oktober. Hier sind falsche Zehnkronenscheine cnldeckt worden, die vorzüglich nachgemacht sind. Ob viele dieser Fälschungen im Umlauf sind, konnte noch nicht festgestellt werden. Die Polizei ist eifrig bemüht, die Fälscher zu ermitteln. * Rostock a. Do», 7. Okt. Der hiesige Bankier und Wucherer Levin wurde heute Nacht in seiner Wohnung überfallen und ermordet. * Neuyork, 6. Oktober. Hier hat sich ein Syndikat gebildet, um in Europa billiges amerika nische« Schuhwerk auf den Markt zu bringen. Da« Syndikat wird große Schuhwarenläden in Paris, Berlin, Frankfurt a. M-, Dre«den, München, Stutt gart, Amsterdam rc. errichten. * Ei» eigentümliches Gesuch ist an die Königin von Holland gerichtet worden. Ein Beamter hatte nacheinander drei Frauen. Die zweite brachte ihm einen unehelichen Sohn mit in die Ehe, den er adoptierte. Dieser verliebte sich nun in die Tochter aus dritter Ehe und will sie heiraten. Der Standesbeamte aber läßt dies nicht zu und hält die beiden für Geschwister. Jetzt soll die Königin helfen. * Das beste Kommißbrot. Der vom fran zösischen Kriegsministerium ausgeschriebene Wett bewerb um einen Preis von 20000 Fr. für daS Kommißbrot, daS sich 40 Tage frisch hält, ist jetzt entschieden worden. Wie der Berl. Morgenp. ge schrieben wird, hatten sich 72 Wettbewerber gemeldet, 69 von ihnen wurden jedoch gestrichen, da ihr Brot den Anforderungen des HeereSausschusseS nicht entsprach. Die drei verbliebenen Brotpcobcn wurden versiegelt und 40 Tage später untersucht. Als bestes erwieS sich das von dem Bäcker Sinopoulon in Marseille gelieferte Brot. Er erhielt den Preis und die Brotlieferung für das ganze französische Heer. * Die Tragödie eines Unglücklichen. Der 32 Jahre alte Tapezierer Gustav P. sprang nacht« am Mariannen-User zu Berlin in den Landwehr kanal, um seinem Leben ein Ende zu machen. Er wurde von Passanten au« dem Wasser gezogen und nach dem Krankenhaus am Urban gebracht. Hinter dieser lakonischen Meldung birgt sich die mitleider regende Tragödie eines Unglücklichen, der, infolge einer entstellenden Krankheit von allen verlassen, jeder Existenzmöglichkeit beraubt, den Tod in den Fluten seinem jammervollen Dasein vorziehen wollte. Die Gattin sagte sich von P. seiner unheilbaren Krankheit wegen los und wie» alle Bitten des Ver lassenen, ihn in ihre Wohnung aufzunehemen, zurück. Der Unglückliche versuchte vergebens, Arbeit zu be kommen; überall wurde er entlassen, weil die Kol legen seine Gegenwart verabscheuten, obwohl seine Krankheit nicht ansteckend ist. Schließlich fand er einen Posten in Pottdam; aber auch dort wurde er nach wenigen Tagen entlassen. Nachdem er in Berlin wieder über eine Woche vergeblich versucht hatte, ein Unterkommen zu finden, beging er, durch seelische Qualen und dar Bewußtsein feiner hoffnungs losen Lage zum Aeußersten gebracht, den Selbst mordversuch. * Dreifache Hinrichtung. In dem Newyorker Staattgefängnis von Dannemora wurden, wie schon kurz gemeldet, die drei Brüder Van Wormer, die ihren Onkel Peter Hallenbeck vor zwei Jahren ermordet halten, durch Elektrizität hingerichtet. Die drei Brüder, denen man vor der Hinrichtung gestattete, von einander Abschied zu nehmen, ließen sich die letzte Oelung verabreichen. E« wurde ihnen gestaltet, zu wählen, in welcher Reihenfolge sie sterben wollten. Sie bestimmten, daß der älteste Bruder zuerst, der jüngste an zweiter Stelle und der zweite Bruder zuletzt hingerichtet werden sollte. Der Jüngste sagte: „Ich wollte, e« wären drei elektrische Stühle da, damit wir gleichzeitig sterben könnten." Um 11 Uhr betrat der älteste Bruder den Hinrichtungtraum. Der Stuhl war mit einem Strom von 1800 Volts in Verbindung gesetzt worden. Die 17 Zeugen, die zugegen sein müssen, waren zur Stelle. Die Fesselung der Verurteilten ging schnell vor sich und der Strom wurde dreimal je 60 Sekunden lang in Anwendung gebracht. Die ganze Hinrichtung dauerte 3 Minuten und 30 Sekunden. Jeder der Mörder ging zu dem Hin- richtunglstuhl in Begleitung eine« Geistlichen. Sie waren zwar sehr blaß, zeigten aber sonst keine Furcht. * Verhaftung eines deutschen Diebes in Paris. Ein noch von Hunger und Entbehrungen erschöpfte« Jndividium erschien am Sonnabend nach mittag auf der Pariser Pclizeipräsektur und stellte sich in schlechtem französisch al« Dieb vor, bat je doch, ehe er seine Geschichte erzählte, um eine kleine Mahlzeit, die ihm auch gewährt wurde. Nachdem der arme Teufel, der offenbar seil mehreren Tagen nickt« mehr genossen halte, seinen Hunger ein wenig gestillt hatte, erzählte er, sein Name sei Friedrich Eisenreich, er sei 27 Jahre alt und stamme aus Stuttgart. Er war im Hotel Bristol in Berlin al» Dolmetscher angestellt und unterschlug daselbst im September 1902 über 7000 Mark. Er floh nach Prag und lebte dort lustig und in Freuden. Als er nur noch 600 Mark besaß, nahm er unter einem falschen Namen eine Stelle al» Kellner an, zuletzt in Monte-Carlo, nachdem er auch Genf und Luchon besucht hatte. Er verlor dann seinen Posten und kam nach Pari«, konnte jedoch keine Beschäftigung finden. Zuletzt blieb er in seinem Hotel die Rech nung schuldig und mußte seine Papiere al» Pfand zurücklasscn. Do dachte er an Selbstmord, aber zuletzt fand er e« doch vernünftiger, sich einfach der Polizei zu stellen und nach Berlin zurückbesördern zu lassen, um seine Strafe abzusitzen. So hat er wenigsten« zu essen. * Der „automatische Doktor." Zu den größten Sehen«würvigkeiten aus der Weltausst-llung in St. Loui« wird der „automatische Doktor" ge hören, ein die Stelle des Arzte« vertretender Appa rat. Der „Kranke" tritt auf eine Plattform, ähn lich wie bei den automatischen Wagen, wirft einen Nickel in den Apparat, legt da« Handgelenk auf einen Griff und die Behandlung, die eine Minne dauert, beginnt. In dem Griffe befindet sich einr Vorrichtung, di- die Pul«schläge zählt. Eine andere Vorrichtung schiebt dem „Kranken" ein Thermometer unter die Zunge, da» die Temperatur ausnimmt. Beide» wird auf einem Zettel vermerkt, der sich vor schiebt, sowie der „Kranke" herabsteigt. Auf der Rück seite de» Zettel» findet er dann da« Mittel gegen seine „Krankheit". Die« Verfahren ist noch bedeutend einfacher, al« da« von Nardenkötter und Genossen, und besonder« seiner Billigkeit und Schnelligkeit wegen zu empfehlen. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 78. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Aitsch! . . . Schöne Geschichte daS!" „Ja, wenn daS nur alles wäre l Aber Du hast von mir gesprochen, von »nseren früheren Be ziehungen." „Nicht möglich! ... 'S scheint, daß ich aber doch gehörig betrunken war!" „Bildest Du Dir vielleicht ein, daß eS den Polizisten und besonders dem Kommissar nicht aus gefallen ist, daß ein bookmaker, der obendrein noch ein Raufbold und Säufer ist, sich für den intimen Freund und Kamerad eines FinanzkönigS ausgibt?" „Allerdings ist eS richtig," sagte Macaron und kratzte sich hinter den Ohren, „daß manchem da die Idee kommen könnte, ein wenig nachzugehen ... und wenn diese „Neugierigen" erst einmal anfangen zu suchen, wer weiß, wo sie aufhören werden." „Siehst Du'S jetzt ein, Du Hornochse, der Du bist," brach Saint-Magloire los, „daß Du den ganzen Rummel verbummelt hast, und daß Du von der Bildfläche verschwinden mußt?" „Ich . . . verschwinden . . . ?" „Na, oder ziehst Du vielleicht vor, daß sich die Polizei mit dieser Formalität befaßt? ... Ich habe Dich einmal aus ihren Klauen gerissen. Aber wer weiß, ob ein zweites oder drittes Mal . . ." „O," rief Macaron mit ungeheucheltem Ernst aus, „ich schwöre Ihnen, nicht mehr zu trinken." „Pah — der Schwur eines SäuferS . . ." „Nein, ernster, aufrichtiger Eid. Habe ich nicht Wort gehalten, war ich etwa benebelt bei der Ge schichte in der Eisenbahn Paris—Havre?" „Unglücksmensch! Willst Dunichtso laut schreien!" „Sehen Sie l" „Angenommen, ich glaubte Dir und Du hieltest Deinen Eid, den Du hier geleistet . . . glaubst Du vielleicht, daß daS alles ist?" „Das wird ja immer besser! Was gibt'S denn jetzt noch?" „Bist Du ein aufrichtiger Genosse?" fragte Saint-Magloire, mit dieser Frage die andere be antwortend. „Gewiß, Meister." „Bist Du auch zu großen Opfern bereit?" „Ja, aber . . . selbstverständlich!" „Du würdest clso ohne Bedauern Deine Ge wohnheiten, Dein gesichertes Leben, Leine Ver gnügungen ausgeben, um den Kampf gegen die Gesell schaft wieder aufzunehmen?" „Aber . . . ja . . . hören Sie mal, Meister," sagte Macaron verlegen, „wir wollen ja aufrichtig sein, was? Gut. Die Geschichte, so wie sie ist, ist ja ganz schön und grün — wenn man jung ist . . ." „Ah! Ah!" „Aber wenn man dann mein Alter erreicht hat, wenn man das Elend gekostet, wenn man durch so viele Schwulitäten, wie wir sie erlebt haben, durch ist und dann endlich so ungefähr alles ge funden hat, um ruhig leben zu können, dann . . ." „Dann? Fahre doch ruhig fort." „Nun ja, dann ist es hart — ja hart . . . O," fuhr er fort, da er ja keine Ahnung von den Gefühlen hatte, die Saint-Magloire bewegten, „o, ich drücke mich ja nicht davon . . . wenn ich meinen Karren wieder absolut rückwärts ziehen muß ... ich bin dabei . . . aber hart wäre eS doch — sehr hart ... ES wäre mir schon lieber, wenn's eben anders wäre." „Ich bin gar nicht ungehalten darüber, Dich so sprechen zu hören," sagte der Baron mit be deutend milderem Tone, „denn auch ich finde es unmenschlich, alles auszugeben, alles einem Traume zu opfern, der ein böseS Ende nehmen kann, denn wenn wir heute unseren Feinden durch unsere . . . geschickten Operationen einen Krieg liefern wollten, wäre der Ausgang doch sehr zweifelhaft." „Ganz me'ne Meinung," unterbrach Macaron den Gedankengang seines würdigen Gefährten. „Schön! Nun kommt aber Sokolow, der un geduldig wird und findet, daß wir unS durch die Vollgenüsse deS Lebens haben einschläfern lassen. Er will von keinem Aufschub mehr hören." Macaron antwortete nicht, aber sein Gesicht spiegelte seine große Bestürzung wider. „Es gäbe vielleicht ein Mittel," sagte Saint- Magloire langsam nach einer Pause, „das den ge- fürchteten Augenblick verzögern würde." „Sprechen Sie doch weiter, Meister. Was könnte man tun?" „Du müßtest zu Sokolow gehen . . ." „Gut; ich werde hingehen. Und dann?" „Du wirst ihm sagen, daß ich entschlossen bin, sofort vorzugehen, aber Du wirst hinzufügen, daß alle Genossen in Paris und ganz Frankreich, mit denen Du in Verbindung stehst, noch nicht bereit sind." „Gut, ich werde ihm das schon erzählen! Aber ob er mir glauben wird!" „Er kennt nur die Korrespondenten der großen, internationalen Zentralstellen, nicht die einzelnen Glieder. Ueberzeuge ihn also, damit er uns bittet, zu warten. Dann wären immerhin einige Wochen gewonnen. — Später werden wir schon weiter sehen." „Ich fliege!" rief Macaron voller Hoffnungs freude aus. „Meister, Sie können auf meine Be redsamkeitzählen. — Ich werde unwiderstehlich sein!" „Unter dieser Bedingung werde ich Dir Deine Dummheiten verzeihen. — Aber nimm Dich zu sammen!" „Fürchte nichts, alter Schwede. Auf Wieder sehen, Meisterlein!" „Auf Wiedersehen!" Saint-Magloire öffnete wieder die Türe und ließ Bastien die Privattreppe benutzen. Vor der Tür traf Macaron den Groom Josef. „ Sie hier, Master Robertson?" rief der Schlingel, „Sie waren wohl beim „Alten"?" „Halte seine Maul, Kleines ... Ich habe Deinen Master Barron gedanken foor eine große Gefällig, keit, welcher er duvs erwiesen an mir. Ich engagieren ^ou Deinen Schnäbel zu gehalten . . (Fortsetzung folgt.) HaudelsNachrichten. »ivrllu, 6. Oktober. (Wtchstl-EourS.) Kornzucker cxci. 88'/« Ren- 169,05 168,15 80,90 80,45 81,00 213,40 80,95 112,10 85,15 8 T 2M 8 T 3M 10 r 2M 8 r v r 3M 14 r 2M 8 T 3M 9 r 3M 8 T 8 T 3M Vlseovt 112,10 20,385 20,215 60,40 4,195 81,05 Amsterdam per 100 st. d. Brüssel und Antwerpen pr. 100 Francs. Italienische Plätze pr. 100 Lire Schwei,. Pl. 100 Frc. London pr. 1 Lstrl. Madrid und Barcelona pr. 100 Pesetas Paris pr 100 Franc Petersburg pr. 100 Rubel Warschau 100 Rubel Wien per 100 Kr. S W. Arräobur», 6. Oktober. dement 8,20—8,35, Nachproducte excl. 75'/, Rendement 0,00—0,00. Stimmung: ruhig. Krystallzucker 1 20,82. «rodralstnade 1 20,57.* Gem. Raffinade 20,57.* Bem. Melis 19,82*. Rohzucker l. Product Trans, f. a. B. Hamburg per Okt. 17,25 Gd., 17,35 Br., —,— bez., per Novbr. 17,20 Gd., 17,30 Br., —bez., per Dezbr.- 17,30 Gd., 17,35 Br., —bez., per Januar-März 17,60 Gd., 17,65 Br., -,— bez., per Mai 17,90 Gd., 17,95 Br., 17,95 bez. Stimmung: Schwächer. llumdur^, 6. Oktober. Weizen still, Holsteinischer u. Mecklenburger t50—155, Hard Winter 133. Roggen still, südruss. 102, Holsteinischer und Mecklenburger 134—138. Mais ruhig, amerikanischer 93,00. Hafer still. Gerste still. Wetter: Stürmisch. Naumwolle. Aromen, 6. Oktober. Tendenz: Matt. Upl. middl. loko 59,60 Pfg. Liverpool, 6. Oktober. Mutmaßlicher Umsatz: 4000 Ballen. Stimmung: Willig. Import: 7000 Ballen. Preise 7—8 Punkte niedriger. — Umsatz: 5 000 Ballen, davon für Spekulation und Export 500 Ballen. Amerikaner willig, Egypter ruhig, unverändert, Lieferung: ruhig. Oktober 5,17 bis 5,18, Oktober-November 5,14, Dezember-Januar 4,96, Februar-März 4,95, April-Mai 4,95 bis 4,96. Zahlungseinstellungen. Ernst Schien» > gen, Bartenstein. Louis Abraham, Bernburg. Gottlieb Gusella, Bingen. L. Friedländer, Brieg. Stefan Heger, Chemnitz. Hermann Ed. Heyen, Langeoog-Esens. August Schmidt, Genthin. Christian Boltz, Hanau. Hahn und Schmidt, Itzehoe. I. Lewen- sohn, Kolberg. Ludwig Griesemann, Oberbronn-Nieder bronn. Friedrich Borst, Groitzsch-Pegau. Oskar Burg dorff, Sangerhausen. Neueste Nachrichten und Depeschen vom 6. Oktober. Berlin. Die Sozialdemokraten des 2. Berliner Wahlkreises setzten gestern die Erörterungen über den Dresdner Parteitag im überfüllten Saale der Bockbrauerei fort. Als erster Redner sprach Bebel gegen zwei Stunden. Nach seinen Ausführungen, sowie denen der Genossen Braun, Bernhard, Fischer und Wurm gelangte folgende Erklärung zur An nahme: „Die heute im großen Saale der Bock brauerei tagende Versammlung spricht ihr Bedauern darüber aus, daß die kostbare Zeil auf dem Partei- tage durch Debatten persönlicher Natur in Anspruch genommen wurde. Darnach sprach die Versamm lung ihre Genugtuung darüber aus, daß der Par teitag die revisionistischen Bestrebungen als den Par- teitraditionen unwürdig zurückgewiesen hat. Folgende von den Genossen Wurm und Bebel eingebrachte Erklärung wurde gegen einige Stimmen ange nommen: „Der Parteivorstand wird aufgefordert, die Untersuchung über die durch Harden gegen Braun, Bernhard, Heine und Göhre erhobenen Beschuldigungen so zu beschleunigen, daß noch vor den Landtagswahlen Klarheit darüber geschaffen werden kann, ob die Genossen noch würdig sind, der Partei anzugehören." Wien. Es bestätigt sich, daß König Leopold von Belgien in der 2. Hälfte des Oktobers nach Wien kommen wird, nachdem eine vollständige Aussöhnung mitKaiser Franz Josef stattgesunden hat. Budapest. Anläßlich des Gedenktages der Hinrichtung der Märtyrer von 1848 fand, wie im ganzen Lande, auch in Szegedin eine Erinnerungs feier statt. Auf Kossuths Monument wurde ein Kranz mit einer Widmung von zurückbehaltenen Dreijährigen vorgefunden. Eine Militärpatrouille entfernte den Kranz, worauf die Menge mit Steinen warf. Am Abend sammelte sich eine große Menge vor der Kaserne, warf die Fenster ein und forderte die Herausgabe des Kranzes. Das Militär schritt mit aufgepflanztem Bajonet ein, wobei 5 Personen verwundet wurden. — Nach einer uns später zu gegangenen Nachricht haben die Demonstrationen die ganze Nacht angedauert. Das Militär mußte wiederholt von der Feuerwaffe Gebrauch machen. In Budapester Regierungskreisen rufen die Nach richten aus Szegedin große Verstimmung hervor. Man befürchtet, daß dadurch die Situation wesent lich verschlimmert wird. Das Honvedministerium hat eine strenge Untersuchung eingeleitet. Budapest. Wie aus Baja gemeldet wird, wurde über das dort stationierte Honvedregiment gestern Arrest verhängt, weil die Dreijährigen in demonstrativer Weise ihre sofortige Entlassung ver langten. Sofia. Die Leiter der mazedonischen Bewe gung bezeichnen die neueste Aktion Oesterreich- Ungarns und Rußlands als gänzlich verfehlt. Die Türkei fei unfähig, die Reformen einzuführen. Der Aufstand werde nur dann aufhören, wenn Maze donien unter einem christlichen Gouverneur und unter europäischer Kontrolle gestellt werde.
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