Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 03.12.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190312035
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031203
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-12
- Tag 1903-12-03
-
Monat
1903-12
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 03.12.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
einjährige Budgetperioden. Die geheimnisvolle Behandlung des Etats vor seiner Veröffentlichung könne auch nicht seinen Beifall finden. ES sei er klärlich, wenn sich, weil unausführbar, auch in der Kammer Mitglieder fänden, die die Durchsicht und Prüfung des Etats guten Freunden überließen. (Heiterkeit.) In längerer Rede wendet sich Abg. Vogel hierauf, nachdem er sein Einverständnis mit dem Abg. Opitz hinsichtlich der Arbeiterlöhne und Nichtentlassung von Arbeitern erklärt hatte, zu der Aeußerung des Finanzministers, daß auS seiner (Dr. Vogels) Rede der Geist von 1900/01 geweht habe, als er die Vergrößerung der Räumlichkeiten unserer Sammlungen als eine der dringendsten Aufgaben hingestellt habe, deren Lösung bei Eintritt besserer Verhältnisse notwendig sei. Der Herr Minister habe selbst in diesem Sinne sich wiederholt geäußert, wie Abg. Vogel in humoristischer Form nachwieS. Er besürwortet dann warm die von der Regierung zur Erhaltung deS Mittelstandes getroffenen Maß nahmen, die man insbesondere durch Einführung der Meisterkurse unterstützen könne. In Hannover würden für solche Zwecke 65000 Mk. aufgewendet. Er wünsche, daß auch unsere Regierung, die jetzt 10000 Mk. dafür einstelle, dem Mittelstände das gleiche Wohlwollen entgegenbringe. An verschiedenen Fällen weist alsdann der Redner die Notwendig keit der Berichterstattung seitens der OberrechnungS- kammer nach. Abg. Gräfe-Annaberg regt an, die im Januar d. I. ergangene Verordnung betr. die Beseitigung der Doppelbesteuerung zwischen Sachsen und Oesterreich einer nochmaligen Prüfung zu unter ziehen. Jetzt sei Sachsen wesentlich im Nachteil gegen Oesterreich. Regierungskommissar Geheimrat Schröder ver weist den Abg. Gräfe darauf, daß dieser Vertrag, der auf viele« Andrängen in und außer dem Hause abgeschlossen worden sei, auf keiner anderen Grund- läge als der gegenwärtigen fußen könne. Die Re gierung habe beim Abschluß deS Vertrags die ehr lichsten Absichten gegen ihre Staatsangehörigen verfolgt. (Bravo.) Abg. Andrä-Braun«dorf: Es ist alle« dazu an getan, zum Ausdruck zu bringen, daß alle, die berufen sind, am Wohle de» Vaterlandes zu arbeiten, die Pflicht haben, sich nicht außerhalb de« Hause» aufzuhetzen, sondern gemeinsam zu arbeiten. Bei den letzten Wahlen zum Landtage ist gegen die Konservativen und besonder« gegen die Agrarier Stellung genommen worden. Die bevorzugte Be- Handlung des landwirtschaftlichen Betriebskapitals bei der Ergänzungssteuer ist von den Vertretern der Landwirte in diesem Hause nur beschlossen worden, um nicht die ganze Steuerreform zu Falle zu bringen. In bezug auf die Forsten möchte ich, daß der Kammer ein Bericht über die Tätigkeit der Kommission zur Reorganisation de« Forstwesens zugeht. Weiter habe ich mit einem großen Teil meiner politischen Freunde die Meinung, daß sich in den Staatssorsten ein zu großer Hochwildstand befindet, was sich nicht mit unserer unter gespannten Verhältnissen stehenden Forstwirtschaft verträgt. Ein mäßiger Hochwildstand ist nicht bedenklich. Das Kgl. Hosjagdamt hat auch einen stärkeren Abschuß befohlen. Demnach haben wir die Veberzeugung, daß man hohen Orte« bestrebt ist, der gegebenen Zusicherung zu entsprechen. Bei der Reorganisation de« Forstwesens kann man gleich die Frage der Jagdverpachtung und der fiskalischen Forste mit regeln. Auf keinen Fall sollen die Jagden in Staatsreviercn an Private verpachtet werden. Wenn neue Bahnlinien nicht mehr gebaut werden sollen, so wünschen wir doch die Vervoll ständigung der Kleinbahn von Potschappel nach Hänichen. Ist et seiner nicht möglich, daß da» Zigeunerwesen in Sachsen etwa« eingeschränkt wird? Mit der Talsperre im Wetseritzlal muß endlich an gefangen werden. Abg. Horst-Mulda: Die im außerordentlichen Etat beobachtete Sparsamkeit erkenne ich an, doch darf sie sich nicht auf die Sicherheilsvorkehrungen der Bahn erstrecken. In den Talsperren erblicke ich den Anlaß zu neuen Ausgaben und damit wollen wir vorsichtig sein. Abg. Günther-Plauen (vielfach von Widerspruch unterbrochen): Ich bin etwa« verwundert, daß seitens de« Herrn Ministerpräsidenten v. Metzsch kein Kommentar zur Thronrede gegeben worden ist. Er ist unser gute« Recht, zu wünschen, die Negierung möge im Bundesrat dahin wirken, daß günstige Handelsverträge abgeschloffen werden. Es ist im Lande den Herren von Rechts der Vorwurf gemacht worden, daß in den letzten Jahren aus dem Vollen gewirtschaftet worden sei. Man hat unrentable Bahnen gebaut, kostspielige Bauten ausgesührt. In der Erhaltung der sächsischen St.tatseisenbahnensehe rch einen Teil der Erhaltung der Grundlagen der Deutschen Reiche und eine Gewähr für die Macht stellung des deutschen Vaterlandes. Ich kann cs nicht billigen, wenn an den Bekleidung»- undZahl- geldcrn, an den ArbeUeclöhnen und den Heizungs- kostcn gespart wird. Aber cS ist höchste Zeit, daß bei den höheren Beamten die Tagegelder aus dar richtige Maß zurück^esührt werden. Im ganzen Lande beschwert man sich über das rigorose Ein- schätzungsversahren. Jeder muß sich gegen Über schätzung seiner Verhältnisse wehren dürfen. Man darf ihm da nicht mit allerhand Schwierigkeiten kommen. Ein sehr berechtigter Wunsch der Be völkerung ist es, daß Industrie und Handel eine stärkere Vertretung in der (ersten Kammer finden. Diese ist nicht mehr zeitgemäß zusammengesetzt. Der ländliche Einfluß kommt in der zweiten Kammer genügend zum Ausdruck. Der Wunsch nach Ver änderung der Landtagtwahlkreise ist vollkommen gerechlsertigl. Stadt und Land muffen dabei im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl berücksichtigt, oder mindestens die städtischen Wahlkreise vermehrt werden. Die süheenke Gruppe der Kammer ist jetzt diejenige, die die geringste Einkommensquelle im großen und ganzen repräsentiert. Die Konservativen können sich nicht wundern, wenn die Unzufriedenheit de« Volke« sich gegen ihre Partei richtet. Diese Unzufriedenheit kann nur beseitigt werden durch Einführung eine» gerechten Wahlgesetze». Die letzten LandtagSwahlen beweisen, daß bet den Staatsbürgern ein entschiedener Zug nach link« vorherrscht. Da« mag den Herren von recht« unbequem sein (Lachen recht«). Da« Kartell hat weiter nicht« zu Werke gebracht, al« daß der Liberali«mu« in Sachsen darntederltegt. Die Nationalltberalen sollten die Schlacken de« Kartell« von sich streifen und wahrhaft liberal handeln. Unser sächsische« Volk hat ein Anrecht darauf, daß mehr liberale Vertreter in diese« Hau« kommen und die freisinnige Partei stärker vertreten ist, al« jetzt. StaatSmtnister v. Metzsch erwidert dem Vorredner, daß e« stet« Gepflogenheit gewesen sei, daß der Finanzminister die Einleitungen zu den Etatberat- ungen gibt, und der Herr Finanzmintster habe e« diesmal in durchau« erschöpfender Weise getan. (Sehr richtig!) Ueber die WahlrechtSfrage enthalte er sich gegenwärtig jeder Aeußerung. Tatsächlich berichtigt der Herr Minister, er sei weder Minister präsident, noch im weiteren Sinne leitender Minister. Nach der bestehenden Verfassung seien die Ministerien einander vollständig gletchgeordnet, nur habe der dienstälteste Minister die Geschäft»leitung im Gesamt ministerium. Der Präsident schlägt hierauf vor, die Sitzung nach fünfstündiger Dauer zu schließen. Er bemerkt, daß noch 29 Redner auf der Rednerliste stehen. Nächste Sitzung Mittwoch vormittag 10 Uhr: Fortsetzung der Etatberatung. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 2. Dezember. V Bevor Ihr Euren Lieblingen zum U * Christfeste ein gutes Buch schenkt, sehet zuvor das Literatur-Verzeichnis ein, welches in der Geschäftsstelle des „Anzeigers" ausliegt und Euch gern zur Verfügung steht; oder fragt die Lehrer Eurer Kinder um Rat. Das im Vorjahre in 500 Exemplaren zur Verteilung gelangte Jugend- schriften-Verzeichnis kann Euch ebenfalls zur Richt schnur dienen! Beeilt Euch mit der Bestellung. Vei unseren Buchhandlungen entsteht in den letzten Tagen vor dem Feste erfahrungsgemäß großer Andrang! * — Für Hausbesitzer oder deren Stellvertreter sei das Bestreuen der Fußwege mit Sand, Äschere, bei eintretender Glätte in Erinnerung gebracht. * — Eitcrnabcnde. Das Lehrerkollegium der 2. Bezirksschule beabsichtigt, kurz vor den Weih nachtsferien mehrere Elternabende zu veranstalten. Diese finden in der Turnhalle statt und sollen dazu dienen, Haus und Schule immer enger zu verbinden. Da sich das Interesse am Schulleben sichtlich gesteigert hat, wie dies jetzt vor allem bei Einrichtung der Spielschule deutlich an den Tag trat, so ist zu erwarten, daß sich auch die Eltern abende eines zahlreichen Besuches erfreuen werden. Alte, liebe Weihnachtslieder, gesungen von einer frohen Kinderschar, zeitgemäße Deklamationen und ein kurzes, sinniges „Festspiel", ausgeführt von einigen Lehrern und Schülern, werden die Abende aussüllen. Vielen, die vielleicht allein stehen und nicht vermögen, zu Hause einen Weihnachtsbaum anzuzünden, dürfte damit ein willkommener Ersatz geboten sein. Der Zutritt ist nur durch Karten, die an die Kinder ausgehändigt werden, gestattet. Um zu großem Andrange vorzubeugen, werden für jeden Abend nur eine bestimmte Anzahl Karten ausgegeben. Der Eintritt ist für Eltern, Freunde und Gönner der Schule frei. * — Ein Konzert, das zweifellos in den Kreisen der Musikfreunde unserer Stadt wie der Umgebung das größte Interesse erwecken wird, findet morgen abend im Saale des Altstädter Schützenhauses statt. Dasselbe wird von der Chem- nitzer Stadlkapclle unter persönlicher Leitung ihres Direktors, Herrn Pohl, ausgeführt und verspricht, nach dem im Inseratenteil des „Anzeigers" ver öffentlichten Programm zu urteilen, einen ganz be sonderen musikalischen Genuß. Wir verfehlen nicht, unsere Leser auch an dieser Stelle auf dasselbe aufmerksam zu machen. Der Vorverkauf der Ein trittskarten zu ermäßigtem Preise befindet sich bei Herrn Karl Marx, Weinkellerstraße, im Restaurant „Gerichtsschänke", Lungwitzerstraße, und im Konzert lokal. * — Der hiesige Gesangverein „Sänger- freund" ist laut Beschluß einer am vergangenen Sonnabend stattgesundenen Versammlung nunmehr als aufgelöst zu betrachten. Genannter Verein, vor 19 Jahren gegründet, war früher einer der stärksten Gesangvereine unserer Stadt. Am Montag ist denn auch das Vereins-Inventar unter den dem Verein zuletzt angehörenden wenigen Mitgliedern freihändig versteigert worden. * — Ein größeres Unglück, das aber einen verhältnismäßig günstigen Ausgang nahm, er eignete sich gestern abend in der 8. Stunde ober halb der goldenen Höhe in der Badstraße. Ein Glauchauer Färbereigeschirr halte den H^-uweg angetreten und fuhr die Badstraße entlang. Plötz lich versagte — jedenfalls infolge der herrschenden Glätte — eins der vor den Wagen gespannten Pferde den Dienst, das andere konnte den Wagen nicht mehr halten, so daß derselbe nach hinten ins Rollen kam und die an dieser Stelle ca. drei Meter hohe Böschung hinunterstürzte, die Pferde mit sich ziehend. Der Kutscher, sowie die beiden Pferde wurden zwar verletzt, konnten jedoch, nach dem ein anderer Wagen herbeigeholt worden war, den Heimweg antreten, während der zerbrochene Wagens heute früh in die(Köhe gebracht wurde. * — Bon dem großen Los der sächsischen Landeslotterie, das bekanntlich in die Kollekte des Herrn Vieweg in Mittelbach fiel, ist, wie jetzt erst bekannt wird, ein Zehntelanteil nach Berlin bezw. Weißensee gekommen. Die glücklichen Gewinner sind Arbeiter, die, in einer Fabrik beschäftigt, ge meinsam das Los spielten. Wer die Gewinner der anderen neun Zehntelanteile sind, ist noch immer unbekannt. * - Zu dem Ehescheidungs - Prozeß des Prinze» und der Prinzessin von Schönburg Waldenburg hat bereits gestern vor dem Dres dener zuständigen Oberlandesgericht Termin statt gefunden. Die Prinzessin war persönlich anwesend. Die gestrige Verhandlung wurde vertagt; ein zweiter Termin wird in einigen Wochen stattfinden. Die Prinzessin von Schönburg-Waldenburg soll in Pirna zunächst aus 14 Tage Wohnung genommen haben, da sie auch in weiteren Terminen ihre Sache vor Gericht selbst mit vertreten will. In der nächsten Zeit wird Don Jaime, der Bruder der Prinzessin, in Dresden erwartet; er wird als Zeuge vernommen werden. Die Ehe scheidungsklage stützt sich auf Körperverletzung und Freiheitsberaubung. — Der „Magdeb. Ztg." wird in der Scheidungsangelegenheit aus Venedig ge schrieben: Die Prinzessin war die Lieblingstochter ihres Vaters Don Carlos und erfreute sich in Venedig, wo sie bis zu ihrer Verheiratung lebte, in den aristokratischen Kreisen lebhafter Sympa- thieen. Sie war sehr schön, schlank, mit bleicher Gesichtsfarbe und großen schwarzen Augen. Durch ihr leidenschaftliches, aufbrausendes Wesen machte sie schon in ihrer venetianischen Zeit von sich reden. Vor ihrer Hochzeit mit dem deutschen Prinzen scheint sie ein harmloses Verhältnis mit einem venetianischen Nobile gehabt zu haben, der sich später weigerte, der Prinzessin einige Briefe zurück- zugeben, die sie ihm geschrieben hatte. Aus diesem Anlasse hat sie einmal auf dem Lido ihre beiden großen Hunde auf den erschreckten Nobile gehetzt, der sich dann beeilte, die Briefe zurückzuschicken. Als Prinzessin Alice den Prinzen Friedrich Ernst von Schönburg Waldenburg kennen lernte, zählte sie etwa 20 Jahre. Der Prinz unterlag völlig dem Zauber der hochgebildeten, temperamentvollen Venelianerin, brach um ihretwillen mit seiner Fa milie, trat zum Katholizismus über und ließ sich am 26. April 1897 mit ihr in Venedig trauen. Patriarch Sarto, der heutige Papst Pius X., voll zog selber die Trauung und in der klerikalen Presse und Aristokratie Venedigs herrschte großer Jubel. Das Eheglück des jungen Paares hat also nur sechs Jahre gedauert. Man sucht jetzt in Venedig alle möglichen Erklärungsgründe ausfindig zu machen. Ihre Freundinnen entsinnen sich auf ein mal, daß die Prinzessin ihren Bräutigam nie habe leiden können. Sie soll sich mehr als einmal über den ,,roWO 83.88LN0", den plumpen Sachsen, lustig gemacht haben. Einen großen Teil der Schuld an dem Unglück treffe die venelianische Geistlichkeit, die unablässig in die Prinzessin gedrungen hätte, sie solle doch den Prinzen heiraten und dadurch eine der ersten Adelsfamilien Deutschlands wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurückführen. Diesem Drängen habe endlich die Prinzessin, wenn auch mit schwerem Herzen, nachgegeben, aber jeder vernünftige Mensch habe es sich an den Fingern abzählen können, daß diese Ehe schlecht enden müsse. Don Carlos selber läßt keinerlei Ent schuldigungen gelten. Er hat unterm 24. No vember eine lithographierte Anzeige an alle seine Freunde und Verwandten geschickt, in der mitgeteilt wird, daß die Prinzessin Marie Alice Jldesonsa Magherita von Bourbon, Prinzessin von Schön burg-Waldenburg, für ihre Familie tot und ge storben sei. Wie man weiß, hat Don Carlos eine ähnliche Bekanntmachung schon bezüglich seiner ältesten Tochter Donna Elvira erlassen müssen, die im Jahre 1895 mit dem Maler Folchi, einem verheirateten Manne und Vater von vier Kindern, entflohen war. Donna Elvira lebt jetzt in einem Kloster in Mailand, was aus dem Maler Folchi geworden ist, weiß man nicht. Auch mit seiner zweiten Tochter Donna Beatrice, hat Don Carlos schon viel ausstehen müssen. Sie ist mit dem rö mischen Principe Fabricio Massimo vermählt, aber sehr unglücklich und beging vergangenes Frühjahr einen Selbstmordversuch. Sie stürzte sich in den Tiber, konnte aber gerettet werden. Don Jaime, der einzige Sohn des Prätendenten, lebt in Streit mit seinem Vater wegen der Teilung der mütter lichen Erbschaft. Er ist in russische Dienste ge treten und Leutnant in einem Garderegiment in Petersburg. Nur Donna Bianca, die Gemahlin des Erzherzogs Leopold Salvator, macht ihrem Vater Freude. * Glauchau, 2. Dez. Herr Pfarrer Neumann- Zeithain, der Nachfolger des Herrn Oberkirchenrats Weidauer im Pfarramte zu St. Georgen, traf gestern vormittag '/,10 Uhr hier ein. Zum Em pfange waren auf dem Bahnhofe anwesend die Herren Bürgermeister Brink und Pfarrer Weidauer. Die feierliche Einweisung des Herrn Neumann in sein Amt findet am kommenden Sonntag statt. — Gestern waren 30 Jahre verflossen, daß Herr Polizeiinspektor Schürer in hiesige städtische Dienste trat. Der Titel Stadtpolizei-Jnspekcor wurde Herrn Schürer im Jahre 1898 nach 25jährigec Dienstzeit verliehen. * Waldenburg, 1. Dezbr. Bei der gestrigen Stadtverordneten-Ersatzwahl hierselbst wurden die Herren Kupferschmiedemeister Geiler, Schornstein, fegermeister Claus, Buchdruckereibesitzer Kästner, Fleischermeister Hermann Jäh, Oberlehrer Streubel und Rentier Lüpfert gewählt. * Meerane, 1. Dez. Wie wir kürzlich meldeten, hatte sich nach Besteigen eines zur Abfahrt nach Glauchau bereitstehenden Personenzuges ein hiesiger junger Kaufmann den „Spaß" erlaubt, kurz vor Abfahrt des Zuges zum Wagenfenster hinaus, weit hin vernehmbar, „Abfahren!" zu rufen. Da der Lokomotivführer in dem Glauben war, der Zug führer habe das Abfahrtssignal gegeben, setzte er den Zug in Bewegung und fuhr ab. Auf dem Bahnhof Glauchau wurde der Name des Ueber- mütigen festgestellt, der jetzt für sein Gebühren mit 60 Mark Strafe belegt wurde. Der „kostbare" Spaß ist für den jungen Mann demnach zu einem recht „kostspieligen" geworden. * Hartenstein. Vergangenen Freitag fand hier eine Besprechung wegen erneuter Absendung einer Petition um Erbauung einer Eisenbahn von Wiesenburg nach Höhlteich statt. Sämtliche An wesende hielten eine weitere Petition für unbedingt notwendig und betrauten damit den aufs neue zum Vorsitzenden gewählten Herrn Bürgermeister Forberg in Hartenstein. Die Gemeinden Oelsnitz i. E. und Lugau gaben eine schriftliche Erklärung ab. * Cainsdorf. Die Königin-Marienhütte, Aktien- Gesellschaft, wird auch für das laufende Jahr keine Dividende verteilen. Die Bilanz 1902 wies einen Verlust von 135,861 Mark auf. * Dresden, 1. Dezember. Eine furchtbare Bluttat hat, wie bereits gestern kurz gemeldet, abermals die Bewohnerschaft des Villenvorortes Plauen in Angst und Schrecken versetzt. Noch ist die Ermordung des in Plauen wohnhaft gewesenen Bauschülers Schubert auS der Erinnerung nicht geschwunden, als am Montag zu später Abend- stunde abermals die Kunde von einem Morde von Munde zu Munde ging. In der Zeit von 5 bis 8 Uhr ist die in der Villa „Camilla", Bienert straße 29, im 2. Stock wohnhafte Kaufmannswitwe mit einem spitzen Instrumente, wahrscheinlich einer Rüstklammer, meuchlings ermordet worden. Ver schiedene Wahrnehmungen lassen darauf schließen, daß der Mordgeselle nach verübter Tat in der Wohnung nach Geld Umschau gehalten hat, bei dem Suchen aber gestört worden ist. Es liegt zweifellos ein Raubmord vor. Als gegen 9 Uhr die 20jährige Tochter ahnungslos aus ihrem in Dresden gelegenen Geschäft nach der Wohnung ihrer Mutter, mit der sie zusammen wohnte, heim- kehrte, fand sie diese hinter der Korridortür mit schweren Kopfwunden tot vor. Der sofort herbei gerufene Arzt Dr. Lange stellte fest, daß die 66jährige Dame wahrscheinlich mit einer Rüst- klammer erschlagen worden und sofort tot gewesen ist. Eine Stunde nach der Mordtat umzingelten 12 Kriminalbeamte das Grundstück und suchten den Garten nach hinterlassenen Spuren ab. Im Schnee fanden sie wahrscheinlich von dem flüchtigen Mörder herrührende Fußtapfen vor, in welchen genau die abgedrückten Stiefelzwecken zu erkennen waren. Diese Wahrnehmung führte zunächst zu der Ver haftung eines im Souterrain wohnhaften jungen Menschen, dessen Stiefelsohlen mit Zwecken ver sehen waren. Er wurde aber, als er sein Alibi nachweisen konnte, wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Verdacht lastet nun auf dem einen Sohn der Ermordeten, der in Berlin einen lüderlichen Lebens wandel führt, und vor dem die eigene Mutter wiederholt ihre Furcht zu erkennen gegeben hat. Wahrscheinlich ist ihm bekannt geworden, daß seine Mutter kürzlich 2200 Mark in der Lotterie gewonnen hat, zumal diese in ihrer Freude darüber jedermann Mitteilung davon gemacht hat. Die sofort nach dem Sohne angestellten Ermittelungen haben noch zu keinem Resultat geführt. Heute vormittag erschien die Staatsanwaltschaft an der Mordstelle und nahm den Tatbestand auf. — Amt lich wird hierzu noch gemeldet: Die Tat ist durch Schläge mit einem vierkantigen Instrument, ver mutlich einer Rüstklammer, einem Schieferdecker hammer oder dergleichen, ausgeführt worden. An scheinend mit dem gleichen Werkzeuge hat der Täter einen im Wohnzimmer stehenden Schreibsekretär an verschiedenen Stellen angehackt und zu öffnen verfucht. Die im Besitze der Verstorbenen gewesenen Wertpapiere und ein Sparkassenbuch hat er nicht gefunden, dagegen sind ihm mehrere, in einem Kästchen aufbewahrte Schmuckstücke in die Hände gefallen, vielleicht auch einiges Kleingeld. Die Tat ist vermutlich in den Nachmittagsstunden zwischen 3 und 5 Uhr begangen worden, während welcher Zeit die Ermordete allein in der Wohnung gewesen ist. * Leipzig. Noch an demselben Tage wie das Laibacher Erdbeben, also am 26. November, registrierte das Leipziger Seismometer ein zweites Beben. Aus der Gestalt einer Aufzeichnung ließ sich schließen, daß der Herd dieser Erschütterung in Zentralasien gelegen sei. Rascher als man ahnen konnte, traf die telegraphische Meldung ein, daß dort tatsächlich, und zwar in Irkutsk, ein heftiges Beben stattgefunden hat, welches sich dem nach bis nach Leipzig fortgepflanzt hat und hier von dem Seismometer ausgezeichnet worden ist. * Leipzig, 1. Dezember. Der Turmknopf des neuen Leipziger Rathauses wurde heute aus die Spitze des Turmes gebracht, sodaß nun äußerlich der gewaltige Bau als abgeschlossen erscheint. In den „Knopf", der 1,10 Meter im Durchmesser hat und der 2,20 Meter hoch ist, wurde eine Urkunde über den Bau deS alten und des neuen Rathauses eingelegt. Der Verlötung des Turmknopfes wohnten die Herren Oberbürgermeister Dr. Tröndlin und Stadtverordnetenvorsteher Rechtsanwaltbeim Reichs gericht Dr. Junck bei. * Dölitz, 1. Dezember. Der hier wohnhafte Handelsmann Peters rieb seine 61 Jahre alte Ehefrau wegen ihres rheumatischen Leidens mit Petroleumäther ein, als plötzlich auf unaufklärliche Weise der Aether Feuer fing. Infolgedessen erlitt die Frau ausgedehnte schwere Brandwunden am ganzen Oberkörper, sowie im Gesicht, die ihre Uebersührung in das Leipziger StadtkrankenhauS notwendig machten. * Döbeln, 30. November. Die heutige Stadt verordnetenwahl ergab zum ersten Male die Wahl eines Sozialdemokraten, des Materialwarenhändlers Vieweg. — Beim Abbruch eines Hauses an der Ritterstraße brach ein Zimmermann aus Oberstein bach durch den Fußboden des 1. Stockwerkes und stürzte in das Erdgeschoß hinab. Er zog sich einen Rippenbruch zu und mußte nach dem Krankenhause gebracht werden. * Stoffe», 1. Dez. In Rhäsa wurde dem Getreidehändler Müller nachts ein Pferd (schwarz- brauner Wallach mit weißem Stern) aus dem Stalle gestohlen. Das Pferd hat einen Wert von 1000 M. * Plauen i. V, 1. Dezbr. Wie den „Leipz. St. Nachr." von hier gemeldet wird, ist man in den Kreisen der Wähler des 23. sächsischen Land tagswahlkreises entrüstet über den Abgeordneten Günther, weil er der Adresse an König Georg die Unterzeichnung verweigerte. (1. Landtagsbericht!) Die Wähler fordern im Amtsblatt den Abgeordneten auf, sein Landtagsmandat recht bald in die Hände der Wähler zurückzugeben. * Buchholz, 1. Dezember. Die in Sachen des großen Brandunglücks fortgesetzt stattgefundenen Vernehmungen haben ergeben, daß das Feuer, durch welches am Totensestsonntage 75 Personen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)