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Hchcnstm-ErMck^ Tageblatt für LiEenkcm-Grnktöal, Göerkungwih, Hcrsdorf, Lermsdorf, Aernsdorf, «,«, »« -»«»'« Weitverbreitetes Insertions-Orga« für amtliche und Privat-Anzeigen «ei Abholung monatlich die einzelne Nummer 5 Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Mittwoch/ den 14. Oktober 1903 Nr. 239 Fernsprecher Nr. 151. Jnsertionsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. A b o n n e m ent: . Frei ins Haus . 35 Pfg- monatlich 42 Pfg- vierteljährlich 1- M. 25 Pfg- Geschäftsstelle: Bahnstr. 3. 30. JahMNg Das italienische Königs paar trifft am heutigen Mittwoch zu viertägigem Be suche in Paris ein. Die Hauptstadt der Republik hat sich zu Ehren des hohen Besuchs in ein glän zendes Festkleid geworfen. Die strengen Republi kaner sind rein närrisch vor Freude, wieder einmal ein gekröntes Staatsoberhaupt in ihren Mauern begrüßen zu können. Der Jubel, der in Paris herrscht, gleicht zwar nicht dem Paroxysmus, in den die arande Nation beim Besuch des russischen Admirals Avellan und beim ersten Zarenbesuch verfallen war, hat aber doch eine recht schätzens werte Höhe erreicht. Aber nicht nur die Straße, sondern auch die ernsten politischen Kreise nehmen lebhaftes Interesse an dem italienischen Besuche. Das Königspaar wird nicht in der italienischen Botschaft, sondern im Palais des Ministeriums des Aeußeren Wohnung nehmen und dort wird König Viktor Emanuel, gerade so wie seiner Zeit Kaiser Nikolaus vou Rußland, in dem Bette Napoleons schlafen. So hohe Auszeichnungen er weist man nicht Besuchern, die emen formellen Höflichkeitsakt zu erfülle» kommen, dahinter müssen politisch wichtige Dinge stecken, das ist die Meinung der Franzosen. Ob resp. inwieweit diese Voraus setzung zutrifft, bleibt abzuwarten. Sollten aber die sanguinischen Herren an der Seine vermuten, daß die Annäherung Italiens an Frankreich die Auflösung des Dreibundes bedeute, dann befinden sie sich zweifellos auf einem der Holzwege, an denen die gute Republik so überaus reich ist. In deutschen unterrichteten Kreisen mißt mau dem Besuche König Viktor Emanuels in Paris eine dreibundfeindliche Tendenz so wenig bei, daß man vielmehr über ihn erfreut ist. Im Interesse des europäischen Friedens kann es auch nur be grüßt werden, daß der Dreibund jedem seiner Mitglieder die Freiheit und die Möglichkeit ge stattet, mit dritten Staaten das freundschaftlichste Einvernehmen zu unterhalten. Diese Tatsache b. weist am besten, daß die Ziele des Dreibundes jedes kriegerischen Beigeschmackes entbehren. Die Gerüchte, daß König Viktor Emanuel bei seinem Besuche in Paris einen Schiedsvertrag zwischen Frankreich und Italien unterzeichnen werde, entbehren noch dringend der Bestätigung. Vor läufig sind sie nicht ernst zu nehme«. Zur Lage in Ostasien. Die neuesten telegraphischen Meldungen aus Ostasien lauten widersprechend. Während eine Privatmitteilung der „Frkf. Ztg." bereits von dein unmittelbar bevorstehenden Ausbruche von Feind seligkeiten wissen will, lautet eine Reuternachricht unverändert friedlich und hoffnungsvoll. Man wird darnach wohl immer noch hoffen dürfen, daß der bewaffnete Konflikt vermieden wird, wenn auch angesichts der scharfen Sprache der russischen Presse die Erkenntnis, daß die Lage kritisch geworden ist, nicht von der Hand gewiesen werden darf. Die beiden schwebenden Streitfragen zwischen Rußland und Japan sind die Räumung der Mandschurei und die Besitzrechte von Korea. Es ist kaum an- zuuehmen, daß Rußland bei der gegenwärtigen Weltlage um der Mandschurei willen/die ihm ja doch ohnehin sicher ist, das Risiko eines Krieges auf sich laden wird, und deshalb hat die Ver mutung, daß hier einige Scheinkonzessionen, mit denen Japan sich einstweilen auch begnügen dürste, von russischer Seite zugestanden werden, Wahr scheinlichkeit für sich. Die koreanische Frage ist im Augenblick jedenfalls die brennendere, weil durch sie das nationale Jntereffe Japans besonders empfindlich berührt wird. Vielleicht wird aber auch in diesem Streitpunkte der sich bietende Aus weg einer Teilung aus halb und halb als einst weilige Lösung der Schwierigkeiten von beiden Seiten akzeptiert. Im einzelnen lauten die vor liegenden Meldungen: Frankfurt a. M. Der „Franks. Ztg." wird aus Schanghai gemeldet: Hier ist eine Nachricht aus Tschifu eingetroffen, daß die Japaner Masampho auf Korea eingenommen haben. Man erwartet eine offizielle Kriegserklärung. London. Dem „Reuterschen Bureau" hat Ler japanische Gesandte in London, Vicomte Hayashi, mitgeteilt, die gegenwärtige Lage bestätige in keiner Weise die bezüglich der russisch-japanischen Be ziehungen umlaufenden Gerüchte kriegerischer Art. Von einem Ultimatum könne keine Rede sein. Die Vereinigung der russischen Kriegsschiffe bei Port Arthur sei leicht zu erklären durch die gewöhn lichen Flottenbewegungen. Daraus könne keine Drohung gegen Japan hergeleitet werden. Der japanische Gesandte erklärte ferner, er habe keine Nachrichten über die Räumung der Mandschurei durch Rußland erhalten. London. Dem „Reuterschen Bureau" wird aus Niutschwang vom 9. d. M. gemeldet: Der hiesige russische Zivilgouverneur hat bisher keine Instruktion über die Zurückziehnirg der Truppen erhalten. Der chinesische Taotai von Niutschwang kehrte vor kurzem hierher zurück und versuchte Unterhandlungen einzuleiten bezüglich der Uebergabe der Regierung an die Chinesen; als der russische Gouverneur ihn jedoch ausforderte, abzureisen, kam er dieser Weisung nach. Der russische kommandierende General, der kürzlich einen Urlaub nach der Heimat angetreten hatte mit der Absicht, in Rußland zu bleiben, hat für den Winter in Niutschwang ein Haus gemietet und kehrt mit seiner Familie zurück. Die russische Regierung erhält viele wertvolle Grund stücke zu lächerlich niedrigen Preisen von den chinesischen Innungen infolge eines durch die russischen Beamten ausgeübten Druckes. Alle diese Umstände unterstützen die Vermutung, daß die Russen zu bleiben gedenken. London. Die „Morning Post" läßt sich aus Tschifu melden, die Japaner hätten beschlossen, nach Ablauf des von ihnen gestellten Ultimatums die Feindseligkeiten zu eröffnen. Nach „Daily Mail" hält sich die Landung japanischer Truppen in Masampho (Korea) innerhalb der Grenzen der japanischen Ver-ragsrechte, da die koreanische Re gierung seinerzeit aus. Anlaß des Baues einer Zweigeisenbahn dort ein Stück Land an die Japaner abtrat. Neber die Polenpolitik hat der preußische Minister des Innern bei der Enthüllung des Bismarck-Denkmals in Pofen ge sprochen. Herr v. Hammer stein fordert zu treuer Mitarbeit auf Leider habe nicht immer die Neber- zeugung geherrscht, daß die deutsche Vorherrschaft in der Ostmark ein Lebensbedürfnis für das ge samte Reich ist. Man empfand nicht die drohende Gefahr für unser ganzes Volkstum. Erst ein Bismarck habe das Nationalgefühl wieder geweckt. „Wie der eiserne Kanzler es einmal ausgesprochen, erhoffen und verlangen wir eine Deutschtreue, wenn nicht deutsche Bevölkerung. Vertrauen Sie (ge meint sind die Deutschen der Provinz Posen) der Regierung, wie die Regierung auf Sie baut, auf ihre Beharrlichkeit und Festigkeit. Fürst Bismarck hat es einmal gesagt, daß unser Groll in dem überlieferten deutschen Bedürfnis des Kampfes und der Kritik gegen die eigene Regierung eine häufige Anwenduug finde. Lassen Sie von dieser üblen lleberlieserung der unfruchtbaren Nörgelei, fühlen und handeln Sie als die Pioniere des Deutschtums und denken Sie an die Meinung des großen Kanzlers, daß Zersplitterung in den eigenen Reihen nur den Gegner unterstützt. Nicht die Krnfessionen, nicht die politischen Parteien des Reiches dürfen hier für unser Ver halten entscheidend sein, sondern allein der nationale Gedanke, das heißt: strenge Gerechtigkeit gegen jedermann, auch gegen den Gegner, aber auch strenge Selbstdisziplin, einhelliges'Zusammenhalten zu dem hohen, vom großen Reichskanzler uns vor gezeichneten Ziel der Einheit, Macht und Größe des Vaterlandes. Lassen Sie uns säen, was unsere Söhne und Enkel ernten werden: Den Segen deutscher Eintracht, deutscher Arbeit und deutscher Gesittung, der als herrlichste Frucht den zufriedenen und gesicherten deutschen Bürger und Landmann zeitigen möge. Tagcsgeschichte. Deutsches Reich. — Da« Kaiserpaar kehrt in diesen Tagen au Hub rturstock nach Potsdam zurück. Am Sonntag findet die Einsegnung der Prinzen August Wilhelm ib Oskar statt. — Vierzehn deutsche Seeoffiziere traten die Heimreise von Ostasien an. Sie kehren zum ersten Male durch Sibirien zurück. — Auf der fünften Jahresversammlung b:e Vereins für Kinderforschung in Halle a. S. teilte Anstal'Slei er Trüper-Jena mit, daß von 22 Mill Kindern im Reiche 7 Mill, nicht verstanden würden, wül man ihre Seele nicht kenne. Gegen 50 000 Kinder ständen alljährlich vor dem Strafrichter, Grund genug, sich immer mehr dem Studium des Kinde« hinzugeben. Rußland. — Die bedeutendsten russischen Residenzblätter knüpfen an die Tatsache, daß der Besuch des Zaren in Rom einstweilen aufgeschoben sei, ernste Be trachtungen. Die „Nowoje Wremja" schreibt, wer die italienische Pccsse in der testen Zeit versolgt habe, wundere nch nicht weiter über den allerhöchsten Entschluß. Bei dem erwarteten Gegenbesuch des Zaren sei von den Anhängern de« Sozialismus und der republikanischen Partei eine feindliche Manifestation bei der Begrüßung beabsichtigt, die Sozialisten im Parlament Hütten schon lange dafür ae.isert, obwohl die Besonnenen in den freien Parteien die« Vorgehen verurteilt und energisch dagegen protestiert hätten. Der aufgeschobene Be such finde lediglich hierin seinen Grund. Die Be ziehungen beider Herrscherhäuser seien dieselben herzlichen, und es sei keine Störung in diesen Be ziehungen vorgekommen. Doch scheine ein Teil des italienischen Volke« die einfachsten Regeln der Gast freundschaft vergessen zu haben zum Schaden dec ganzen Nation. Spanien. — Die Wallfahrt zur Jungfrau vou Begona führte in der spanischen Sladt Bilbao zu blutigen Zusammenstößen zwischen den Gläubigen und Sozialisten. Die Polizei mußte einschreiten. Nach Privatmeldungen gab e« drei Tote und 29 Ver wundete ; unter letzteren befinden sich vier Polizisten und ein Leutnant. — Ueber den Madrider Polizeiskandal wird be richtet: „Dis vom Gouverneur entlassenen 112 Be amten der politischen und Kriminalpolizei veran staltelen ein Meeting, worin sie unter Anführung zahlreicher Beispiele nachzuweisen suchten, daß nicht ste, sondern gerade die im Amte Verbliebenen mit Räubern und Dieben unter einer Decke steckten. Einer der Entlassenen hatte am Tage vorher aus Nahrung«sorgen Selbstmord begangen. Die Presse setzt ihren Feldzug gegen die herrschende Korruption fort. Auch der Richter hat endlich drei der am meisten bloßgestellten Inspektoren gefänglich' eingc- zogen. Das gegen ste aufgehäufts Belastungs material ist so groß und enthält derartige Dings, daß wenigstens diese drei ehrenwerten Wächter der Ordnung für eine Zeit lang unschädlich gemacht sein dürften." Nordamerika. — Gemäß dem Grundsätze „Böse Beispiele verderben guten Sitten" hat der Ches des geheimen Sicherheitsdienste« des Präsidenten Roosevelt den im Weißen Hause beschäftigten, sowie allen dort in Dienst befindlichen Geheimpolizisten und Schutzleuten strenge Weisung erteilt, keinerlei Nachrichten über Unzurechnungsfähige, die in da« Weiße Hau« etn- zudringen versuchten, in die Oeffenlltchkeit gelangen zu lasten. Die Weisung war der „Post" zufolge von der Andeutung begleitet, daß im Zuwiderhanb- lungrsalle die Betreffenden entlasten werden würden. Wie man annimmt, erfolgte dieser Befehl, um zu verhindern, daß durch Veröffentlichung der Berichte über dergleichen Vorfälle andere Personen zu ähn lichen Versuchen angereizt werden. Der Geschäftsgang der hiesigen Fabrik- nnd Hansweberei war dieses Jahr ein leidlicher zu nennen. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß die hiesige Weberschaft mit ihrer Lage zufrieden sein kann. Im allgemeinen machen sich durch die Uebergangs- periode von der Hausweberei zur Fabrikweberei immer noch die überschüssigen Arbeitskräfte, be sonders in der Zeit zwischen Pfingsten und Michaelis, recht bemerkbar. Denn in dieser Zeit herrscht ein ziemlicher Stillstand in den Fabriken, weil die Aufträge für den Sommer erledigt sind und Neu-Aufträge, die eine flotte Beschäftigung der Arbeiter zur Folge hätten, nicht eingehen. Die Arbeiter klagen zumeist über die große Zahl der mechanischen Webstühle, die nach ihrer Meinung selbst in der flotten Zeit — von Fastnacht bis Pfingsten — nicht vollständig mit Ketten belegt werden können, während dann in Zeiten eines flauen Geschäftsganges ein immenser Stuhlwechsel eintritt und deshalb der Arbeiter nichts verdienen kann Allerdings haben wir auch Fabriken mit wenigen mechanischen Stühlen, die anhaltend be schäftigt sind und für welche auch der Hausweber jahraus, jahrein flott arbeiten kann. Gegenwärtig steht eine größere Anzahl von mechan. Webstühlen leer; die Aufträge sollen in einigen Fabriken nicht so zahlreich eingegangen sein, wie sie, der Jahres zeit angemessen, hätten eingehen sollen; möglicher weise beeinflussen auch die hohen Baumwollpreise den Geschäftsgang in der Weberei noch immer. Die Hausweberei dagegen ist augenscheinlich gut beschäftigt, wenngleich von einem guten Verdienst für die übergroße Zahl der Hausweber nicht die Rede sein kann. Einen guten Verdienst erzielte der Hausweber noch vor etwa fünf Jahren durch die Verfertigung von waschechten Decken, welche aber auch eine besondere Intelligenz des Arbeiters voraussetzte; denn neben hohen Jacquardmaschinen gab es bei den feinen und besseren Waren noch komplizierte Vorrichtungen usw. Die Fabrikation waschechter Decken im Hausgewerbe — vorzüglich der besseren Sorten — nimmt zusehends ab. Es sind in der Hauptsache nur die kleineren Fabri kanten, die sich mit dieser Fabrikation an die Hausweber wenden, und daher kommt es auch, daß diese Hausweber öfterem Wechsel unterworfen sind, und je mehr Wechsel und Vorrichtungen statt finden, je geringer ist das jährliche Einkommen eines Hauswebers. Der Kleinfabrikant möchte allen Anforderungen die an ihn in bezug auf bessere Waren gestellt werden, genügen, kann aber bei der geringen Zahl seiner Abnehmer nur wenig davon fabrizieren lasfen, und auf Lager zu arbeiten, ist ihm zu kostspielig. Einen besseren Verdienst er ziele« diejenigen Weber, die in de« buntfarbigen Fantasie-Decken beschäftigt werden; insbesondere da, wo es sich um sogenannte Borden handelt. Die Herstellung solcher Borden (Kanten) vermehrt sich stark. Es ist großartig, was in dieser Be ziehung eins hiesige Firma leistet. Hunderte von neuen Mustern sind in den letzten Jahren mit den erdenklichsten Farben in Schuß und Kette gemustert und zum Versandt gebracht worden. Der Lohn ist bei Verfertigung unechter Decken, wie z. B. die Fantasiedecke es ist, gegenüber waschechten Decken ein besserer zu nennen, weil die große Kettendichle bei waschechten Decken vielfach nicht mit einem höheren Lohn in Kalkulation gebracht wird, der Hausweber aber mit einer größeren Geldausgabe au die Treiber zu rechnen hat. Im übrigen sind die Löhne stets schwankend gewesen; einer bezahlt diese Qualität besser, ein anderer wieder jene Qualität, und so geht es fort. Seil der letzten Krise haben manche Artikel in unechten Fantasie decken eine Lohnreduzierung von mindestens 20 Prozent erfahren, während der Lohn in waschechte« Decken so ziemlich dein, alten geblieben ist. Es gibt in der Hausweberei für die Arbeiter — mit einem Wort gesagt — nicht mehr viel zu erhaschen. So leid es jedem tun mag, kann doch nur gewünscht werden, daß mit der Hansweberei baldigst aufgeräumt wird. Was in der hiesigen Hausweberei «och am «reisten und am längsten