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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190311218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-11
- Tag 1903-11-21
-
Monat
1903-11
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.11.1903
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dadurch daS Interesse an den fraglichen Kunst gegenständen gewaltig wachsen wird. Abg. Hähnel-Kuppritz (kons.): Er mäste fest stellen, daß die Regierung den Wünschen der Finanz deputation welche in dieser Hinsicht nicht auf Sparsamkeit Hinzielen, Rechnung getragen, aber auch weise gehandelt habe, sich angesichts der Zeit lage Beschränkungen aufzulegen. Neubauten müßten verschoben werden bis zu dem Zeitpunkte, wo alle Ausgaben, welche in den ordentlichen Etat gehören, auch in diesem erscheinen können. Abg. Ehret-Glauchau (natl.): Er erkläre sich für die unentgeltliche Oeffnung der Museen. Einer Ueberfüllung könne durch Ausgabe einer beschränkten Zahl Karten begegnet werden. Abg. Zeidler-Oberlosa (kons.): Er empfehle, daß einige Sammlungsobjekte, speziell Gemälde, ab und zu in die Provinz hinausgegeben werden und dabei Plauen i. V. in erster Linie berücksichtigt werde (Heiterkeit). Plauen habe bereits selbst eine Ausstellung von Gemälden ins Leben gerufen und vermöge seiner Industrie ein berechtigtes Interesse an der Kunst. Abg. Günther-Plauen (freis.) schloß sich diesem Wunsche an und verwandte sich für Vermehrung der freien Besichtigungstage. Abg. Gleisberg-Grimma (natl.): Er danke der Regierung, daß sie Grimma bei der Abgabe von Gemälden in die Provinz bedacht habe und bitte, auf diesem Wege sortzufahren. Hierauf wurde ein stimmig die beantragte Ueberweisung an die Rechenschaftsdeputation beschlossen. Nächste Sitzung: Freitag, den 20. November, vormittags 10 Uhr. Tagesordnung: Allgemeine Vorberatung über das Kgl. Dekret Nr. 18, den Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung an außersächsischen Lotterien betr. Die Kittdesunterschiebung der Gräfin Kwilecka vo Gericht. (17. Verhandlungstag.) Berlin, 19. Nov. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung wiederholt Zmgin Cäcilie Meyer auf Auf forderung des Vorsitzenden nochmals die Personal beschreibung derjenigen Frau, an die sie seinerzeit ihr Kind verkauft hat. Sie schildert diese al« eine ältere Dame von 60 Jahren, deren Gesicht nicht länglich, sondern rund gewesen sei. Der Vorsitzende legt ihr eine alte Photographie der verstorbenen Frau Andruszewska vor und die Zeugin erklärt, daß die bewußte Dame wohl so aulgesehen habe, aber etwa 30 Jahre älter gewesen fei, als die Frau aus der Photographie. Aus Betragen des ersten Staats- anwalis Sieinbrecht erklärt die Zeugin, daß sie dem Kinde Papiere, wie Taufzeugnis usw., nicht mitge geben habe. Eine Erklärung des Grafen Hektor. Verzicht auf das Majorat. Graf Hekior v. Kwtlecki tritt vor und bittet mit Rücksicht daraus, daß in der Presse, namentlich in der Warschauer, unzuinffinde Darstellungen ent halten sind, folgende Erklärung ob eben zu dürfen: 1. Nicht wir, sondern die augeklagten gräflichen Eheleuie haben es für angezeigt erachtet, die Ent scheidung über die Legitimität des Kindes den Gerichten zu übertragen, indem sie den Vorschlag meine« Vaters, die Angelegenheit in dem diskreten Nahmen einer Erörterung im engen Familien kreise zu prüfen, abgelehnt hätten. Nachdem a^:r die Sache aus Anregung des gräflichen Ehepaares zur öffentlichen Besprechung bei Gerichten gelangte, mußte man mit logischer Konsequenz verlangen, daß auch auf diese Weise das gesamte, un« du. ch dritte Personen enthüllte Material zu: Aburteilung gelange. 2. Trotz meiner hier wiederholt abgegebenen Versicherung, daß meine Tätigkeit nicht durch Rücksichten auf pekuniäre Vorteile veranlaßt war, sind Zweifel an der Aufrichtigkeit meiner Worte erhoben worden. Um einen klaren Beweis für meine Absichten zu liefern, erkläre ich hiermit feierlich, daß ich auf dar Majorat Wroblewo, falls die Frage an mich herantrelen sollte, für meine Person verzichten werde. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird der Amtsrichter Koffka, der 4 Jahre in Wronke amtiert hat, darüber vernommen, welcher Art die dort in Prozessen der Gräfin ausgetretenen Zeugen gewesen seien. Ec bekundet, daß die gegen die Gräfin ein gereichten Kausklagen nicht abrissen. Er macht Mitteilungen von einem Prozeß, in welchem immer gleich 10 Zeugen auf der einen Seile mit Bekun dungen auflraten und diese beeideten, während ihnen gleich zehn Zeugen gegenübertraten, die genau da« Gegenteil beeideten. Er habe damal« die volle richterliche Ueberzeugung gehabt und diese auch im Urteile ausgesprochen, das mit Rücksicht aus die Beschaffenheit der dortigen Zeugen beiden Teilen keinerlei Glauben berzum'ffen sei. Der Nachwei« de« Meineids sei aber nicht gelungen. Gerichtsarzt Dr. Störmer und Prof. Dühcssen begutachten, daß der Hausarzt Dr. Rosinski den Knaben und die Gräfin gegen deren Willen nicht untersuchen durfte. Kriminalkommissar v. Trerckow gab wieder, was der Sohn der Hebamme Cwell Warschau, die bei der Geburt zugegen gewesen sein soll, bekundete: Seine Mutter sei krank heimgekehrt und habe ihm milgeleill, daß sie ihre« angegriffenen Zustande« wegen die Entbindung nicht vornehmen konnte. Als die Mutter auf dem Sterbebette lag, habe sie ihn rufen lasten zur Entgegennahme einer wichtigen Mitteilung. Er fand die Mutter aber schon al« Leiche vor. Die Verteidigung verwie« daraus, daß andere Zeugen ausgesagt haben, die Cwell habe die Entbindung vorgenommen. Der Vorsitzende machte den Einwand, daß Probst v. Jadzewski und Dr. Rosinski nur von „einer Hebamme" gesprochen haben. Kommist ar v. Tresckow teilte noch mit, der Mechaniker Cwell habe ihm auch erzählt, daß ein Herr ihn aushor<ben wollte und dafür 3000 Rubel bot. Zeuge v. Koczorow«ka bestritt, daß er dieser Herr war. Die Frau de« Zeugen, die bei der Entbindung der Gräfin zugegen gewesen sein will, bemerkte, Frau Cwell sei nicht ''rank gewesen und habe die Entbindung vorgenommen. Hieraus beantragte d r S aatsanwalt die Ladung Cwell« und anderer Zeugen, wa« die Verteidigung mit neuen Bew i«antrügen beantwo tete. Nach er regter Au«einandersetzung zwischen Staat«anwalt und V r'eidigern beschloß der Gericht«hos, allen Anträgen stat'zugeben und die Verhandlungen erst am Montag fortzusetzen. Ein neues Ser::: § zur Fs lnng der Tuberkulose. D.: öst reich'sche Bakterio'oge Dr. Marmorek, bis v.: kurzem Laboratoriumsch°f des Pariser In stituts Pasteur, machte in der Dienstag-Sitzung der Pariser Akademie der Medizin die Mitteilung, daß e" ihm gelungen sei, ein Serum zur Heilung der Tuberkulose herzustellen. Dr. Marmorek führte in seinem Vorfrage aus, daß er vor sechs Jahren, at er seine Versuche begonnen habe, zu der Ueberzeugung gelangt sei, daß da« Tuberkulin nicht da« eigent liche, von den Tuberkelbazillen au«geschiedene Gift sei, sondern lediglich ein Reagen«, welche« die Tuber kelbazillen veranlasse, ein besondere« Gist aurzuscheide... Marmorek fanb, daß diese« Gift nur von jungen, nr h nicht von einer Wachs- und Fettschicht umhüllten B.zillen ausgsschieden werde, und daß die« unter g r.iz bestimmten Verhältnissen auf einen besonderen Nährboden geschehe. Infolge seiner Beobachtung, daß der Tuberkelbazillus, umgeben von weißen Blutzellen, lebe, versuchteMarmorek die entsprechenden Lebensbedingungen für den Tuberkelbazillus zu schaffen und stellte einen Nährboden her, indem er einem Kalbe, welchem vorher reichlich Blutzellm etngespritzt waren, Sorum entnahm und die» dann mit Glyzerin- lösungs-Subsianz in Verbindung brach':. Die Bazillen, welche sich auf diesem Nährboden entwickeln, scheiden da« von Marmorek nach seiner Theorie von der Tuberkulinwirkung vermutete Gift au». Mit diesem Gist gelang e« Marmorek nach seinen An gaben, zunächst Meerschweinchen nnd Kaninchen gegen die nachträgliche Impfung mit Tuberkelbazillen zu immunisieren. Sodann schritt Marmorek „ur Immunisierung von Pferden, welche ein Serum lieferten, das, wie er erklärt, seit 16 Monaten von mehre» en Kliniken bei einer Anzahl von Tuberkulose kranken in den verschiedensten Formen zum großen Teil mit Erfolg angewendet ist. Schädliche Wirk ungen seien nicht beobachtet worden. Marmorek sagte am Schluffe seiner Vortrage«, daß er au« dem Institut Pasteur ausgeschieden sei, weil er die Ver antwortung für die Veröffentlichung der Entdeckung ganz allein tragen wolle. Die Crimmitschauer Textilarbeiter bewegung. Crimmitschau, 19. Nov. Für alle, die end lich ein Ende des Streike« erwarteten, ist durch das gestern mitgeleilte Schreiben de» Bürgermeisters Beckmann, diese Hoffnung zu nichte geworden und mit banger Sorge sieht man in weiten Kreisen unserer Bevölkerung nun der Zukunft entgegen. Die Fabrikanten sind zu keinerlei Zugeständnissen und Verhandlungen zu bewegen und die Arbeiter schaft hält mit aller Energie an der Forderung de« Zehnstundentages fest. D'e Situation ist durch diese letzten Vorkommnisse anstatt geklärt, nur trüber ge worden. Inzwischen übt die zur Verstärkung der st dtischen Polizei herbeigezogene Gendarmerie au» cer Dresdner Gegend mit ihren über die Schulter gehängten Gewehren ihre Patrouillengänge durch die Straßen der Stadt au«, was einen eigenartigen ungewohnten Anblick bietet. Kein, auch nur kurze« Slehenbleiben von Passanten wird aus den Straßen geduldet. Ohne Ansehen der Personen werden zu- sammenstehende Passanten zum Aureinandergchen aufgeforderl und im Weigerungsfälle sofort notiert oder verhaflel. E« ist in der Tat eine Art kleiner Belage, ungszustand über Crimmitschau verhängt. Abgesehen von geringeren Vorkommnissen ist e« aber zu ernsten Zusammenstößen mit der Polizei macht noch nicht gekommen. Vom hiesigen Schöffengericht wurden heute wiederum zwei Fabrikarbeiter wegen Ttreikposten- st hen« zu je einem Tag Hast und zur Tragung der Kosten verurteilt. Einem andern Berichte aus Crimmitschau ent nehmen wir folgende Einzelheiten über die Taktik der Streikenden den Arbeitswillige,- gegenüber. Im Nachbarort Nuoelswalde leg'en bei einem im dortigen Gasthof dieser Tage abgehobenen, stark frequen tierten Tanzvergnügen alle Tänzer die „Arbeit" nieder. Vergebens spielte die Musik mehrmals auf, und Tanzleiter und Wirt gaben sich Mühe, die Ursache de« Nichttanzen« zu ergründen. Da stellte es si z kerau«, daß unter den W ut n ein Streik brecher war, aus dessen Entfern? q Arbeiter be- 7 a n. Erst als diesem Ve staltgcgeben > > 'd betreffende Musiker - k:lfernt hatte, r der Tanz seinen ungestör F Ugang. In i öffentlichen Tanzvergnür, - wiederum läßt waige anwesende Arbeit-wM zum Gespött anderen „Solo" tanzen, sodaß sn er vorziehen, - n sie sich nicht noch anderen Belästigungen au«- s tz n wollen, die Säle zu verlassen. Er ist so w t, daß arbeitswillige Männer wie Mädchen sich in keinem öffentlichen Lokal oder Saal sehen lassen können; überall wird ihnen der Aufenthalt so un angenehm wie nur möglich gemacht. Durch die genaue Geschäslrsührung im Streikbureau und da« Streikpostenstehen sind den Abständigen alle Ar beitswilligen bekannt. wörtliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 20. November. * — Trübe Novembertage sind uns zum Zeichen, daß der Winter immer näher heranrückt, seit Anfang dieser Woche beschieden, welche der sprichwörtlich gewordenen Signatur „trüb und grau" alle Ehre machen. Den Geschäftsinhabern ist die feuchte Witterung vielfach höchst unwillkommen; durch den Eintritt von strenger Kä'te würde das Verkaufsgeschäft in manchen Artikeln in vorteil haftester Weise beeinflußt werden. Natürlich übt diese Witterung auch einen höchst ungünstigen Ein fluß auf die allgemeinen Gesundheitsverhältnisse aus; die Klagen über Schnupfen, Katarrhe, Hals krankheiten usw. sind allgemeine. In dieser Bezieh ung habe man besonders auf die Kinder ein auf merksames Auge. — Anders war es bekanntlich im vorigen Jahre um diese Zeit: am 17. November begann eine strenge Frostperiode, die bis zum 28. anhielt, um dann am 3. Dezember von neuem einzusetzen. * — Ernennung. Herr Postinspektor Seidel ist als Postdirektor dahier ernannt worden. * — Das große Los ist heraus. Am gestrigen Tage ist der erste Hauptgewinn der sächsischen Lotterie, das große Los im Betrage von 500 000 Mark auf die Nummer 93 450 in die Kollektion von Emil Vieweg im nahen Mittelbach gefallen. Fortuna hat aber mit den Mittelbachern selbst kein Einsehen gehabt, denn die betreffende Nummer, die in Fünftellosen gespielt wurde, hat ihre glücklichen Besitzer außerhalb Mittelbach. Im Glücksrade verbleibt nur noch ein großer Hauptgewinn, die Prämie von 300 000 Mark, ein kleiner Trost für die bisher von der Glücksgöttin stiefmütterlich Be handelten. * — Sächsische Staatseisenbahnen. Das Ein nahme-Ergebnis vom Oktober d. I. ist von be sonderem Interesse, weil in diesem Monat zum erstenmal die am 1. Oktober eingeführte Erhöhung der Rückfahrkartenpreise um 6*/^ Prozent zur Wirk samkeit kommt. Nach vorläufiger Feststellung wurden nun vereinnahmt: 3672560 Mk. im Personen verkehr (-s- 351460 Mk. gegen den gleichen Monat im Vorjahre), 7 460 300 Mk. im Güterverkehr (-j- 31300 Mk.), n 132 860 Mk. im ganzen (-j- 382 760 Mk.). Die Erhöhung der Einnahme aus dem Personen- und Gepäckverkehr aus Anlaß der Erhöhung der Rückfahrkartenpreise ist auf höchstens 120 000 Mk. zu schätzen. Es bleiben dann noch 231460 Mark Mehreinnahme, die einer Verkehrs steigerung von reichlich 7 Prozent entspricht. Bei der verhältnismäßig geringen Steigerung im Güter verkehr kommt in Betracht, daß die Güterverkehrs- Einnahme im vorjährigen Oktober besonders hoch (um 672 000 Mk. höher als im Oktober 1901) war. In der Zeit vom 1. Januar bis 31. Okt. d. I. wurden vereinnahmt: 36 990 411 Mk. im Personenverkehr (Z- 2149 068 Mk. 621 Mk. auf 1 Bahnkilometer gegen den gleichen Zeitraum im Vorjahre), 65 845 886 Mk. im Güterverkehr (-s- 2 957 160 Mk. — 722 Mk. aus 1 Kilometer Bahnlänge), 102 836 297 Mk. im ganzen (-j- 5 106 228 Mk. 1286 Mk. auf 1 Kilometer Bahnlänge). *— Neber die Mormonen, die in Sachsen eine lebhafte Agitation entfalten, bringt der „V. A." aus Plauen folgende interessante Einzelheiten: „Schon seit längerer Zeit halten sich in hiesiger Stadt drei Mormonen auf, die in aller Stille für ihre Sekte in Amerika Propaganda machen. Sie gehen von Haus zu Haus, verteilen religiöse Schriften und haben in einigen Familien schon große Ver wirrung angerichtet. Die Mormonen bilden eine fanatische Sekte, in der phantastischer Wahnglaube, mohamcdanische Sinnlichkeit, chiliastische Schwär merei und amerikanischer Unternehmungsgeist zu einem religiösen Humbug sondergleichen sich ver einigt haben. Gegen die Vielweiberei, die sie treiben, sind mehrere Gesetze erlassen worden, aber „die Heiligen des letzten Tages", wie sie sich nennen, haben es verstanden, die Gesetze zu umgehen. Wie furchtbar muß der Sinn für Wahrheit erloschen sein, wenn es in unserem deutschen Volke Leute gibt, die sich von diesem amerikanischen Humbug einsangen lassen! Das Buch, auf welchem ihre ganze Lehre beruht, heißt „Mormon" und wurde 1830 von Jos. Smith herausgegeben. Es ist eine Fälschung, ein Plagiat, das die fingierte Geschichte der angeblich nach Amerika ausgewandertenJsraeliten des Zehnstämmereiches erzählt und von einem „heiligen Mormon" herrühren soll, nachgewiesener weise aber 1812 von einem gewissen Spaulding zusammengetragen ist. Im Jahre 1843 führten sie die Vielweiberei ein und seitdem schickten sie „Apostel" und „Evangelisten" in alle Gegenden der Vereinigten Staaten, späte, mich nach Europa. Die Aussendung dieser „Apostel"'.^ leicheinMittel, unliebsame Elemente aus ihrer Sitte loszuwerden. 1847 wanderten die Mormonen aus, 15 000 Mann stark, nach Utah an den Salzsee und gründeten hier Salt Lake City. 1874 trat eine Spaltung ein. Die Söhne des Präsidenten gründeten eine oppositionelle „reorganisierte Kirche der Heiligen des letzten Tages". 1882 wurde ihnen wegen ihrer Polygamie <Vielweiberei) das Wahlrecht entzogen. 1890 erklärte Präsident Wodruff in einer heuchler ischen Proklamation, alles tun zu wollen, damit die Vielweiberei aufhöre. In Wahrheit wollte er erreichen, daß Utah zu einem eigenen Staat ge macht und damit von der Bevormundung durch die Zentralregierung befreit wird. Die Stärke der Mormonen ist die kirchlich-gesellschaftliche Organi sation mit einem großartigen System kirchlicher Steuern, einer rücksichtslosen jesuitischen Spionage, einer Fülle von allerhand kleinen Aemtern und einer großen Freiheit auf dem Gebiete des sechsten Gebotes. Der Kultus ist zum Teil geheim; Ver wünschungen und Verfluchungen aller Nicht mormonen spielen eine große Rolle. Die Viel weiberei wird damit gerechtfertigt, daß nur solche Weiber an der Erlösung teil haben, die „einem Heiligen versiegelt", d. h. angetraut sind. Deshalb werden ihnen auch Verstorbene noch angetraut! Hoffentlich gewinnt solcher Humbug nicht auch noch hier festeren Boden, als schon bisher." * Lugau, 18. Novbr. In Anwesenheit der Herren Exzellenz v. Nostiz-Wallwitz aus Dresden und Amtshauptmann Dr. Hallbauer aus Chemnitz mit ihren Gemahlinnen, sowie der Orts- und Schulbehörde und Kaiserlichen und Königlichen Behörden fand am gestrigen Nachmittage von 4 Uhr ab im hiesigen Diakonatsaale vor einer zahl reichen Zuhörerschaft die Prüfung der Schülerinnen des ersten Wanderkochkursus statt. Unter aner- kennenden Worten über das so glatt verlaufene Examen wünschte der Herr Amtshauptmann die immer weitere Verbreitung der so segensreichen Einrichtung der Wanderkochkurse. * Niederwürschnitz, 19. Nov. Am Dienstag abend in der 9. Stunde brannte hier der Schuppen der früheren Bärschen, jetzt Herrn EiSmann ge hörigen Ziegelei in kurzer Zeit vollständig nieder. * Dresden, 19. Nov. Auf Drängen der Stadt verordneten hat der Rat das photographische Atelier des Warenhauses Herzfeld wegen Feuers gefahr behördlich schließen lassen. In dem ge nannten Atelier waren etwa 30 Photographen be schäftigt. Im Stadtverordnetenkollegium gab die Angelegenheit wiederholt Anlaß, den Rat dring- lich um Abänderung des Uebelstandes anzugehen. * Dresden, 20. Nov. Vor kurzem fand hier eine zahlreich besuchte Versammlung des gesamten Wahlausschusses für die Wahl des Abg. Schulze- Dresden unter Vorsitz des Hofrates Dr. Kolbe statt, in der beschlossen wurde, öffentlich Protest zu erheben gegen das Verhalten des Präsidenten der II. Kammer gegenüber dem Abg. Schulze und sich an die Wähler von ganz Dresden mit einem aufklürenden Rundschreiben zu wenden und, wenn nötig, eine Protestversammlung einzuberufen. Der gesamte Wahlausschuß hat den Abg. Schulze einstimmig seiner Hochachtung und seines Vertrauens versichert. * Leipzig, 19. Nov. Die von der hiesigen Handelskammer s. Zt. erhobene Beschwerde gegen die von einem Staatsanwalt hier in einem Prozeß wegen Nahrungsmittelfälschung getane Aeußerung, in der die Kaufleute als Fälscher bezeichnet wurden, ist von der vorgesetzten Dienstbehörde des Staats anwalts als unbegründet abgelehnt worden. * Leipzig, 19. Nov. Der verhaftete Rechts anwalt Rößner dürfte, falls sich sein Geisteszustand als normal herausstellt, einer Bestrafung nicht ent gehen. Obwohl die angeblich aus einer Erbschafts- masse verschwundenen Wertpapiere vollständig wieder vorhanden sind, steht doch fest, daß dieselben bei einem Bankinstitut lombardiert waren. — Beim hiesigen städtischen Leihamte ist im letzten Berichts jahre mit einem Verlust von 6067,95 M. gearbeitet worden. Dieses Resultat entspricht indessen durch aus den Tendenzen des Instituts, welches im Interesse der ärmeren Bevölkerung eine Hilssanstalt sein soll. * Zwickau, 19. Nov. Der frühere Kriminal schutzmann Dörr geriet Dienstag nacht in einem übelberüchtigten Hause mit mehreren Gästen in Streit; durch Revolverschüsse in die Luft suchte er sie abzuwehren, wurde aber so schwer gemißhandelt, daß er ins Krankenhaus geschafft werden mußte. * Mülsen Et. Jacob, 19. Nov. Der älteste Baum unseres Ortes ist kürzlich gefällt worden und somit das mächtige Wahrzeichen der Acker mann-Mühle — eine seltene große Eiche — ver schwunden. Der ca. 300 Jahre alte, an 30 Meter hohe Baum, hat einen Stammumfang von 3,75 Meter. * Eckersbach, 18. Novbr. Die Vereinigung mit Zwickau hat der hiesige Gemeinderat beschlossen, bezw. bei dem Rate zu Zwickau nachgesucht. Der deshalb aufgestellte Eingemeindungsvertrag ist dem hiesigen Rat zugegangen und von diesem beraten worden. Eckersbach besitzt 3000 Einwohner, hängt eng mit Zwickau zusammen und grenzt bis an die zur Kreishauptmannschast Chemnitz gehörenden Mülsengrund-Fluren. * Auerbach (Erzgeb.), 18. Nov. In der ersten Morgenstunde des Montag stürzte im Saale des hiesigen Gasthofes zu den drei Schimmeln, nach dem soeben die Lampen ausgedreht worden waren, der Kronleuchter herab. Glücklicherweise ist nie mand zu Schaden gekommen, da die Gäste kurz vorher den Saal verlassen hatten. Wäre der Sturz am Abend mährend der Tanzmusik erfolgt, so wäre ein großes Unglück unvermeidlich gewesen. * Oederan, 18. Nov. Aus Verzweiflung über eine langanhaltende Krankheit nahm sich der hier wohnende 52 Jahre alte Schmied Bauer durch Erhängen das Leben. * Meerane, 19. November. Im Schönberger Brauerei-Teiche wurde gestern die Leiche der seit einigen Tagen verschwundenen 18jährigen Zschunke von hier gefunden. Was das junge Mädchen in den Tod getrieben, ist noch nicht bekannt. — Nach Mitteilung des Stadtrats an die Ortskrankenkasse I kann dem Anträge der außerordentlichen General versammlung dieser Kasse, wonach sie sich auflösen bezw. an die Ortskrankenkasse II ihre Mitglieder weisen will, nicht stattgegeben werden, so lange nicht eine rückhaltlose Zustimmung der Generalver sammlung vorliegt. Der Vorstand der Kaffe hat deshalb eine neue Versammlung einberufen. — Der hiesigen gewerblichen Fortbildungs- und Web schule ist auf das laufende Jahr vom Ministerium des Innern eine ordentliche Beihilfe von 3500 M. und eine außerordentliche dergl. von 1500 M. ge währt worden. * Aue, 19. November. Das Anwesen des Bäckermeisters Rau hier wurde gestern durch Feuer völlig zerstört. * Hartmannsdorf b. Kirchberg, 19. Novbr. Die bekannte Schneidemühle von Steinbach ist in der vergangenen Nacht niedergebrannt. Vermutlich liegt Brandstiftung vor. * Plauen, 19. Nov. Nach Unterschlagung von 4500 Mark ist ein Lagerhalter des hiesigen Konsumvereins, namens Kisra, flüchtig geworden. — Außer den Mormonen sind seit einiger Zeit auch die „Adventisten und Sabbatianer", die den Freitag als Sabbat wieder einführen wollen, hier tätig. — Plötzlich gestorben ist am Dienstag der hier stationierie Obersteuerkontrolleur Ernst Richard Schlimpert. Der Beamte, der dienstlich unterwegs war, saß im Gasthof „zum Rosenthal" bei Pirk beim Mittagsmahl, als er vom Schlage getroffen wurde. Schlimpert ist 46 Jahre alt und hinter läßt Frau und vier Kinder.
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