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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 11.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190311115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031111
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031111
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-11
- Tag 1903-11-11
-
Monat
1903-11
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 11.11.1903
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gestellt und war abgeglitten — Ein 18jähriger Kommis von hier schädigte in den letzten Monaten ein hiesiges Bankgeschäft durch Vorlegen gefälschter Wechsel um 1648 Mark. Als er heute nachmittac wiederum einen gefälschten Wechsel über 400 Mar präsentierte, wurde er abgefaßt und der Kriminal Polizei übergeben, welche ihn hinter Schloß und Riegel brachte. * Zwickau, 9. Nov. Die 4. Sitzungsperiode des hiesigen Schwurgerichts beginnt am 19. d. M. und wird einige Fälle von allgemeinem Jnteresfe bringen. Angeklagt sind 11 Personen, davon drei der Brandstiftung, zwei des Münzverbrechens usw. Zur Verhandlung kommen u. a. die Fälle des vormaligen Ratsregistrators in Crimmitschau, späteren Gemeindevorstandes in Mühlau, Enders, Beamtenunterschlagung betr., des Webers Lehnert in Hirschfeld, Tötung eines Kameraden beim Karten spiel betreffend, des Tagelöhners Deitenhöfer hier, versuchten Straßenraubes und versuchter Tötung betreffend. * Zwickau. Der Neubau der hiesigen Luther kirche ist im Jahre 1902 unter Leitung der Architekten Gräbner und Schilling in Dresden begonnen und am 7. d. M. feierlich „gehoben" worden. Zum Reformationssest 1904 soll die Einweihung erfolgen. — Mit dem Bau der großen vereinigten Bahnhofs- Werkstätten ist die Bauarbeit-Firma Sevin u. Riedel in Freiberg betraut und sind die Arbeiten bereits in Angriff genommen worden. Das 200 000 gm große Bauareal befindet sich zwischen dem Friedhof im Stadtteil Mariental und Brand, weshalb auch die Werdauer Werkstätten mit den Zwickauer Werk stätten vereinigt werden sollen. Die Bauzeit ist zunächst auf drei Jahre, das Baukapital auf 5 Mill. Mark festgesetzt worden. — Der Kohlenversand aus dem hiesigen und dem Lugau-Oelsnitzer Stein kohlenbezirk hat sich, wie nach dem außergewöhnlich günstigen Verlauf desselben im Septeniber voraus- -usehen war, im Oktober ziemlich bedeutend abge schwächt. Das Manko beträgt nach dem offiziellen Bericht für das hiesige Revier 14666 To. und für das Lugau-Oelsnitzer 2874 To. Ungünstiger stellte sich das Versandverhältnis bei einem Vergleich mit dem Monat Oktober des Vorjahres, wobei die Ausfälle 12 825 und 12 541 Tonnen für die vorgenannten Reviere betragen. * Auerbach (Erzgebirge), 9. Nov. Heute früh '^4 Uhr ertönte Sturmgeläut. Das im oberen Ortsteile gelegene, erst vor kurzem vom Barbier Dietz gekaufte zweistöckige Wohnhaus wurde ein Raub der Flammen. Die Bewohner, es waren drei Familien, konnten das Leben und einen Teil ihrer Habe retten. Man vermutet Brandstiftung; die polizeilichen Ermittelungen sind im Gange. * Falkenstein, 9. Nov. Der Webermeister Karl Leberecht Fischer hier, welcher erst am ver gangenen Dienstag bei guter Gesundheit sein goldenes Ehejubiläum, sowie sein 50jähriges Bürger- und Meisterjubiläum im Kreise der Seinen begehen konnte, ist am Sonnabend plötzlich vom Tode ereilt worden. * Reichenbach. Als Reichstagskandidaten für den 22. Reichstagswahlkreis kommen, wie in sozialdemokratischen Kreisen erzählt wird, Stadt verordneter Hofmann-Berlin, Dauerredner Antrick, sowie Rechtsanwalt Dr. Liebknecht in Betracht. * Schönheide, 9. Nov. Ein schwerer Unglücks fall ereignete sich heute früh auf dem Fabrikneubau der Papierfabrik Gustav Bretschneider hier. Kurz nach Beginn der Arbeit stürzte ein an der Giebel- feite aufgerichtetes Gerüst, auf welchem sich zwei Maurer und zwei Handarbeiterinnen befanden, in sich zusammen, die vier Personen unter sich begrabend. Alle vier sind schwer verletzt; einer der Maurer hat außer einer starken Verletzung jedenfalls inneren Schaden erlitten, denn er ist noch bewußtlos und wird wahrscheinlich nicht mit dein Leben davon kommen. Einer der Frauen ist der Fuß abgerissen worden, sodaß er nur au einem Hautfetzen hing. * Dresden, 9. Nov. Dr. Planer, Frauenarzt und Inhaber einer Klinik, ist wegen Verdachts, in einem Ehebruchprozeß einen Meineid geleistet zu haben, verhaftet worden. * Meißen, 7. Novbr. Durch Kohlenoxydgas betäubt wurden in vergangener Nacht im benach barten Zehren im Köhlerschen Gasthofe zwei Knechte. Sie wurden früh 5 Uhr bewußtlos aufgefunden. Durch die angestrengten Bemühungen des alsbald herbeigerufenen Arztes, Dr. Oesterwitz-Zehren, ge lang es, den einen ins Leben zurückzurufen. Der andere mar um 9 Uhr vormittags noch bewußtlos. — Hierzu wird noch weiter gemeldet: Die Opfer der Kohlenoxydgasvergiftunq im benachbarten Zehren haben beide ins Leben zurückgerufen werden können, doch befindet sich der eine von ihnen, namens Paul Schmidt, noch nicht außer aller Gefahr. Der andere, namens Ernst Dunkel, vermag bereits ivieder um herzugehen. Die beiden Knechte, anfang der Zwanziger stehend, sind gestern abend spät und durchnäßt nach Hause gekommen und haben in dem in ihrem Schlafraum stehenden eisernen Ofen mit Steinkohlen und Koks Feuer angebrannt, dessen Gase nicht genügenden Abzug gehabt zu haben scheinen. In demselben Zimmer ist schon vor 30 Jahren ein ähnlicher Vergiftungsfall vorgekommen, der einen tödlichen Verlauf nahm. * Döbel«, 9. Nov. In Störmitz brannte in der vergangenen Nacht das unweit des Gasthofes gelegene Zschockelsche Wohnhaus völlig nieder. * Zittau, 7. Novbr. Ein aufregender Vorfall ereignete sich,am Freitag nachmittag an der Löbauer straße hier. Dort scheute das Pferd des Fuhrwerks besitzers Fischer von der Amalienstraße hier vor einem ihm begegnenden, zu schnell fahrenden Auto mobil und ging durch, wobei es, trotzdem es von Herrn Fischer geführt wurde, in das Fuhrwerk des Herrn Ullrich aus Harthau geriet und dem Pferde desselben das Geschirr buchstäblich vom Leibe ge rissen und der Wagen beschädigt wurde. Herr Fischer wurde dabei überfahren und an einem Beine verletzt, während ein Fahrgast des Ullrichschen Fuhrwerkes, der Invalide Brockaus aus Harchau, ebenfalls überfahren wurde. Der Automobilfahrer fuhr nach dem Unfall noch viel schneller, als er vorbeifuhr, davon und gegen Herrnhut zu. Dorthin wurde sofort telephoniert; der Autler war aber bereits durchgefahren. In Löbau konnte er bald nachdem angehalten und als ein gewisser Peters aus Berlin sichergestellt werden. Gerichtssaal. 8 Mit einem ganz gefährlichen Burschen hatte gestern die 5. Strafkammer des Landgerichts Dresden in der Person des auS Kamenz gebürtigen Kellners Georg Max Niebergall zu tun. Vor nicht langer Zeit ist er von demselben Gericht wegen einer Reihe von Straftaten zu insgesamt 5 Jahren 11 Monaten Zuchthaus, 1050 Mk. Geldstrafe, 10 Ihren Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiauf sicht verurteilt worden. Wegen eines untergelau fenen Formfehlers verwies daS Reichsgericht die Strafsache an die Vorinstanz zurück, welche nach Richtigstellung des Formfehler- wiederum zu dem bereits ergangenen Urteil gelangte. Während sich der Gerichtshof zur Urteilsberatung zurückgezogen hatte, ereignete sich im Gerichissaale ein aufregen der Zwischenfall. Mit wildem Geschrei sprang Niebergall aus der Anklagebank heraus, stürzte nach dem Richtertische und versuchte in das Richterjimmer einzudringen. Der Saaldiener warf sich ihm ent- gegen und eS gelang ihm, den robusten Angeklag ten zurückzudrängen. N. ergriff darauf ein auf dem Richtertische liegendes dickes Aktenbündel und warf es bis an die Zuschauertribüne. Nicht genug damit, erfaßte der renitente Patron ein auf dem Berteidigertische stehendes Schreibzeug, zielte nach einer im Zuhörerraum sitzenden Person und zer schmetterte daS Schreibzeug mit einem kräftigen Wurfe an der den Zuhörerraum umgrenzenden Bar riere, wodurch die Zunächstsitzenden „arg in die Tinte gerieten". Ueberdies ist ein Zuhörer durch einen Porzellansplitter am Auge verletzt worden. Der gefährliche Geselle wurde sofort gefesselt und unter sicherem Geleit abgeführt. 8 Das Landgericht Freiberg verurteilte die beiden Schulknaben Curt und Otto Böhme, welche, wie seinerzeit berichtet, in Döbeln mehrere raffinierte Einbrüche verübt hatten, zu 5 Monaten Gefängnis. 8 Gera, 9. November. Vom hiesigen Schwur gericht wurde am Sonnabend der frühere Gastwirt Franz Hempel auS Markersdorf wegen Meineids zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt. 8 Görlitz. Au« Faulheit hatte ein Mädchen die Schule geschwänzt. Ihre ältere Schwester stellte auf Anstifter» der Mutter ein mit dem Namen eines Arztes unterzeichnete« Attest au». Die Mutter wurde vom Gericht zu zehn, die Tochlerzudrei Tagen Gefängnis verurteilt. 8 Frankfurt a. M., 10. Nov. Vor dem OberkriegSgericht wurde gestern gegen den Unter offizier I. K. Hoffmann von der 5. Batterie de« 5. Feldartillerie-Regiment« in Mainz wegen Miß handlung Untergebener verhandelt. Da« Krieg«- gericht stellte 693 Einzelfälle von Mißhandlungen fest, von denen 683 als minderschwer angesehen wurden. Hoffmann erhielt ein Jahr Gefängnis. Außerdem wurde auf Verlust der Treffen erkannt. 8 Müttern zur Warnung. Wegen fahr lässiger Tötung ihre« Kinde« ist dieser Tage in Hamburg eine Mutter zu einem Monat Gefängni« verurteilt worden. Während die Mutter in der einen Stube mit dem Ankleiden de« einen Kinde« beschäftigt war, war nämlich ihr anderer, 3jährige« Kind in ein Nebenzimmer gelaufen, aus die Fenster bank geklettert und au- dem offenen Fenster in den Hof hinuntergestürzt, wobei e« sich eine tödliche Schädelverletzung zuzog. Da nackgewiesen wurde, daß die Frau mehrfach von ihren Nachbarn auf die böse Gewohnheit ihre« Kinde«, an« offene Fenster zu klettern, hingewiesen worden war, so er kannte da« Gericht auf die erwähnte Strafe. 8 Ei« empörender Fall gelangte dieser Tage vor der Strafkammer zu Allenstein in Ostpreußen zur Aburteilung. Aus der Anklagebank saß, wie der Frks. Ztg. mitgeteilt wird, die Realschullehrersrau Kuhn, die eine „Stütze" engagiert halte. Diese mußte sofort die gröbsten Arbeiten verrichten, die Wohnung starrte vor Schmutz. Nach anstrengender Tage«arbeit mußte sie beinahe jeden abend der Frau von 10 bi« 1 und 2 Uhr die Haare kämmen, morgens um 4 oder 5 Uhr aber schon wieder aufstehen. Dabei bekam da« Mädchen nicht satt zu essen, so daß e« einmal flehentlich um etwa« Essen bat, das ihm edoch verweigert wurde. Jeder schriftliche Verkehr mit den Eltern wurde ihr unmöglich gemacht, Kleider und Wäsche de« Mädchen« hielt die Angeklagte unter Verschluß, ging sie au«, schloß sie alle Türen ab. Als dar Mädchen erkrankte, durfte er sich nicht zu Bett legen, vielmehr mußte es, da e« die Füße nicht brauchen konnte, auf den Knien die chweren Hausarbeiten verrichten. Sogar das Kranken- retl wurde ihm fortgenommen. Endlich schritt die Polizei ein. Der Gerichtsvorsitzende geißelte mit charfen Worten, die ungemein rohe Handlungrmeise »er Angeklagten, von der man sich mit Abscheu ab wenden müsse. Das Gericht verurteilte die Furie zu drei Monaten zwei Wochen Gefängnis. Kleine Chronik. * Berlin, 9. Nov. Heute früh gegen 6 Uhr irovozierten die im städtischen Obdach in der Frö- >elstraße untergeorachten Mädchen, die dem Magi- trat aus Grund des neuen Fürsorgegesetzes zur Zwangserziehung überwiesen werden und fast ohne luSnahme krank sind, in einem Saal- des dritten Stockwerkes eine tumultuarische Szene. Sie verübten allerhand Unfug, sangen obszöne Lieder und warfen ras Wasser um. Die Aufseherin gebot Ruhe; als ie den Raum verlassen hatte, begann der Skandal von neuem. Was nicht niet- und nagelfest war, wurde demoliert. Die Fenster des 3. Stocks waren zertrümmert, Scherben bedeckten die Fröbelstraße »iS zum gegenüberliegenden Bürgersteig. Es war gefährlich, die Straße zu passieren. Schemel, Bücher, Santinen rc. flogen auf den Straßendamm. Da bei verübten die Mädchen, etwa 83 im Alter von 15—17 Jahren, einen ohrenbetäubenden Lärm. Erst als der Hausinspecktor mit Aufsehern erschien, trat wieder Ruhe ein. * Berlin, 10. Nov. In der Dorfkirche Groß- Glienicke wurde vergangene Nacht ein Einbruch«- diebstahl verübt. Die Diebe, die durch da« Fenster eingedrungen waren, stahlen wertvolle silberne Ge räte. Andere G.zenstände, von denen sie sich keinen großen Nutzen versprachen, beschädigten sie. * Frankfurt a. M, 9. Nov. Die Al mdblätter melden au« Marburg: Zuchthäu«ler au« der Straf anstalt Wehlheiden verübten auf der Domäne Wolter«dorf t.i Frankenberg Au«schreitungen, wobei mehrere Personen schwer verletzt wurden, Gendarmen und Aerzte sind in Wollersdorf eingetroffen. * Köln, 9. November. Der Schutzmann Schnitzler, der vor wenigen Tagen den zu 18 Mo naten Zuchthaus verurteilten früheren Stadtver ordneten und Vorsitzenden des rheinisch-westfälischen ThonröhrensyndikatS, Brauer, auf dem Transport nach dem Gefängnis entfliehen ließ, ist dringend der vorsätzlichen Gefangenenentführung verdächtig. Schnitzler ist verhaftet und das Strafverfahren ge gen ihn eröffnet. Außerdem sind die Frau sowie die Kinder BrauerS wegen Beihilfe zur Gefangenen- befreiung vernommen. Sie verweigerten indessen die Aussage. Desgleichen ist einer der Verteidiger, Rechtsanwalt Simon Mayer, gerichtlich vernommen worden. Auf die Ergreifung des Flüchtigen wurde eine Belohnung von lausend Mark ausgesetzt. * Ruhrort, 9. Nov. Gestern Nacht stahlen Einbrecher bei dem Juwelier Kielmann für 25 000 Mark Wertsachen. Von den Tätern hat man noch keine Spur. Der Staat«anwalt setzte 800 Mark Belohnung für deren Ermittelung au«. * Bochum. Auf Zeche „General" bei Bochum mußte nach westfälischen Blättern die Kohlenförderung eingestellt werden, da auf der ersten Sohle da« Gebirge einbrach. Wie e« heißt, soll ein neuer Schacht abgetauft werden. Die Zeche lieferte jähr lich 158 000 Tonnen Kohlen. * Duderstadt, 8. Nov. Zu der bereit« gestern gemeldeten Auffindung der Leiche de« Handel«- mann» Bust und der Verhaftung des Schäfer« Borchert wird noch folgende» mitgeteilt: Seit dem 3. Mai d. I. ist der Schafhändler Bust au« Hollenbach bei Mühlhausen, gebürtig au« Wilbich (Kreis Heiligenstadt), der auf dem Untereich-felde eine größere Anzahl Schafe angekaufl hatte und 6000 Mk. Geld, sowie seinen Schäferhund mit sich führte, spurlos verschwunden. Ob Bust« Ver schwinden ein freiwillige« war, oder ob ein Raub mord oder Unglücksfall vorlag, konnte trotz eifriger Recherchen bi« jetzt nicht ermittelt werden. Der de« Morde« verdächtige Schäfer Borchert in Esplingerode, bei dem Bust zuletzt eingekehrt war, wurde damal« verhaftet, man konnte ihm aber nicht« Nachweisen und mußte ihn derhalb wieder in Freiheit setzen. Da« später auftretende Gerücht, Bust« Hund sei aus einem Teiche herau«gefischt worden, erwie« sich al« unrichtig. Den fortgesetzten Bemühungen der Kriminalpolizei ist es nun heute gelungen, den Mörder zu verhaften. Nachdem heute morgen in Esplingerode da« ganze Anwesen de« Schäfer« Borchert abgesucht und der Garten umgegraben war, fanden Geheimpolizisten heute vormittag zu nächst den Kadaver von Bust« Hund, der noch da« Hal«band mit dem Namen Bust trug. Heute abend ^7 Uhr fand man dann auch die schon in Ver wesung übergegangene Leiche Busts. Der Schäfer Borchert, der schon vormittags verhaftet worden und in da« hiesige Gerichttgesängni« tran«portiert war, machte darin einen Selbstmordversuch, der aber noch rechtzeitig vereitelt wurde. Mit dem 8 Uhr- Zuge wurde der Mörder, der da« schaurige Ver brechen noch nicht eingestanden hat, ins Landge- richtrgefängni« nach Göttingen übergeführt. Auf dem ganzen Eichrfelde herrscht große Aufregung, zugleich auch große Genugtuung, daß der Mord endlich seine Aufklärung gesunden hat. * Großbreitenbach, 9. Nov. Der Forstauf seher Schenkel erschoß bei einem Rekontre mit zwei Wilddieben einen derselben. Der andere Wil derer entkam, wurde aber nach einer Meldung de» „Arnstädter Anzeiger«" in der Person de« Bäcker« Wilhelm Tresselt von hier ermittelt. Seine In haftierung ist inzwischen erfolgt. * Lüttich, 7. Nov. Ein schreckliche« Schauspiel bot sich vorgestern abend in der Station Chaudfontaine den zahlreichen Personen, die auf dem Bahnhofe die Ankunft de« von Vervier« kommenden Zuge« er warteten. Al« nämlich dieser Zug einlief, sahen die auf den Perron befindlichen Reisenden und Beamten mit Entsetzen, daß sich au« einem der Coupcefenster ein Mann herau«lehnte, dessen Kopf eine unförmliche blutige Masse bildete. Auch die Außenseite der Coupeetüre, sowie da« Trittbrett waren über und über mit Blut bespritzt. So wie der Zug hielt, ei.cen mehrere Beamte herbei, die den bewußtlosen Menschen schleunigst nach dem Hospital brachten, woselbst derselbe ohne die Besinnung zurück erlangt zu haben, kurz nachher verschied. Die als bald eingeleitete Untersuchung ergab, daß der Ver storbene ein 23jähriger belgischer Etsenbahnbeamter war. Wie man vermutet, hatte derselbe gerade vor dem Einlaufen de« Zuge» in den Tunnel von Chaudfontain zum Fenster hinau«gesehen und dabei war ihm von einem dec eisernen Haken, an denen die Telegraphendrähte befestigt sind, der Kopf zer schmettert worden. * Venedig, 10. Nov. Zwischen Brescia und Mantua fand ein Zusammenstoß zweier Eisenbahn züge statt, wobei 15 Personen verletzt wurden. * Freiwillig verhungern wollte in Berlin ein 67 Jahre alter früherer Gemeindeschullehrer, der nach dortigen Zeitungen in Pasewalk (Pommern) angestellt, aber ohne Pension entlassen worden war. Er lebte in den dürftigsten Verhältnissen. Nach zehn Tagen fand man ihn besinnung«Ios vor; er kam in« Krankenhaus. * Eine „Flaschenpost", die nach der T. R. unweit Fukawe (Freundschasttinseln) jetzt erst auf gefunden worden ist, gibt Kunde von einem Schiffs unglück vor sieben Jahren. Der Zettel lautet: Der Finder dieser Flasche wird ersucht, die Herren Barkhool u. Co. in Port Said zu benachrichtigen, daß ihr Schuner „Ethel" etwa 1000 Seemeilen von Bombay gesunken ist. Diese Nachricht wurde von den einzigen Ueberlrbenden, Kapitän Lee und dem Matrosen Thoma«, die alle Hoffnung aufgegeben, geschrieben am 26. oder 27. Januar 1897. Neueste Nachrichten und Depeschen vom LV. November. Berlin. Das Befinden des Kaisers war auch bis gestern abend ein durchaus befriedigendes. Der Kaiser hat im Laufe des Tages verschiedene Re gierungsgeschäfte erledigt und heute mehrere Re gierungsbeamte zu Vorträgen empfangen. Der Kaiser hat gestern an verschiedene Monarchen Antworten auf eingegangene Erkundigungstele gramme absenden lassen. Präsident Roosevelt und Staatssekretär Hay haben ebenfalls telegraphisch ihre Freude über den glücklichen Verlauf der Opera tion ausgedrückt. Berlin. Nach einer Meldung aus Rom erregte eine Ansprache des Papstes im gestrigen Konsistorium, dem alle anwesenden Kardinäle bei wohnten, großes Aufsehen. In der Ansprache, die einen religiösen Charakter trug, betonte der Papst, daß die Kirche dem Fortschritt und der Wissenschaft nicht feindlich gegenüber stehe. Dem „L. A." zufolge erklärte der Papst ferner, daß er sein Verhalten ganz nach dem seines Vorgängers, Leos 13., einrichten werde. Er verlange die volle Freiheit für den heiligen Stuhl, der keiner welt lichen Gewalt unterworfen sein dürfe. Er schloß mit einem Hinweis auf die kirchenfeindlichen Irr lehren. Königsberg i. Pr. Die Sozialdemokraten Braun und Novagrosky wurden gestern ebenfalls unter dem Verdachte der Geheimbündelei ver haftet. Wien. Wie aus Hofkreisen mitgeteilt wird, hat Kaiser Franz Josef schon anläßlich der An wesenheit des Kaisers Wilhelm in Wien zu seiner Umgebung Besorgnisse über das Aussehen und die Heiserkeit seines hohen Gastes geäußert. Genf. Mehrere französische Blätter verbreiteten in einem aus München datierten Telegramm, die ehemalige Kronprinzessin von Sachsen, die Gräfin Montignoso, habe einen Selbstmordversuch gemacht, sie sei überhaupt nicht mehr bei klarem Verstände. Demgegenüber stellt die „Schweizerische Depeschen agentur" fest, woraus hervorgeht, daß der Anwalt der Gräfin, Advokat Lachenal, am Montag briefliche Mitteilungen von Schloß Ronno, Departement Rhone, erhielt, woraus hervorgeht, daß seine immer noch dort weilende Klientin sich der besten Gesund heit erfreut. Rom. Die Presse hält die Beschuldigungen gegen Rosano aufrecht, dagegen bezeichnet „Tri buna" den Finanzminister als ein Opfer der Parteiwut. Bordeaux. Die Bäckergesellen und Arbeiter der Bisquit-Fabriken hielten gestern eine Versamm lung ab, in welcher eine Resolution gegen die Stellenvermittlungsbureaus angenommen wurde. Als die Arbeiter nach Schluß der Versamm lung unter Tumulten vor den Stellenvermitt lungsbureaus demonstrierten, schritt die Polizei ein, wobei es zu heftigen Zusammenstößen kam. Mehrere Demonstranten wurden verhaftet. Spät abends fand eine neue Versammlung statt, nach deren Beendigung die Arbeiter vor den Vermiltlungs- bureaus Exzesse verübten. Auch hierbei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Armentieres. Die Lage ist unverändert. Eine große Anzahl der Streikenden begab sich vor die Fabriken und beschimpfte die Arbeitswilligen. Truppen mußten vorgehen, um die angesammelten Massen zu zerstreuen. Nachdem begaben sich gegen 6000 Menschen nach Houplines, wo eine große Versammlung stattfand. In derselben wurde eine Resolution angenommen, worin sich die Arbeiter verpflichteten, den Ausstand fortzusetzen. Hierauf begaben sich alle Versammlungsteilnehmer nach Lille und veranstalteten dort vor der Arbeiterbörse eine Demonstration. Petersburg. Wie aus Gornaja gemeldet wird, ist daselbst der Pulverturm von Popow in die Lust geflogen. 9 Personen kamen ums Leben, viele erlitten Verletzungen. Madrid. Auch in Santander entstanden Wahl- unruhen, wo die Volksmenge das Jesuitenkloster stürmen und anzünden wollte, aber von Truppen daran gehindert wurde. Ein Kind wurde durch einen Schuß getötet, die Stimmung scheint bedenk- lich, da der Kriegszustand erklärt wurde. — Eine spätere Depesche lautet: Die letzten Nachrichten auS Santander lauten noch immer ernst. Die Truppen wurden von der Menge angegriffen. Waffen- Magazine wurde geplündert und Baracken errichtet Newyork. Die Unionregierung verbietet das Einschiffen kolumbischer Truppen in irgend einen Haupthafen. Die provisorische Regierung Panamas setzte eine Kommission mit der Vollmacht ein, so fort den Kanalvertrag mit der amerikanischen Re gierung abzuschließen. Die Kommission begab sich sofort nach Washington. Der Senat dürfte Morgan von dem Amte des Vorsitzenden des Kanalkomitees entbinden, da Morgan Obstruktionist ist. Der hiesige kolumbische Konsul Breigart erklärte, Kolum bien werde eine Kommission nach Deutschland senden, um sich wegen Länderkonzessionen unweit Panamas unter deutsches Protektorat zu stellen. Newyork. Im Monat Oktober kamen aus dem deutschen Reiche 2412 Einwanderer mit 1 200 000 Mark Vermögen in Newyork an. Santo Domingo. Die Stadt Macoris wurde von einem dominikanischen Schiffe bombardiert, wobei es zu einem ernsten Zusammenstoß kam. Der amerikanische Kreuzer Baltimore ist an der dominikanischen Küste angelangt.
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