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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 07.10.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190310079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031007
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031007
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-10
- Tag 1903-10-07
-
Monat
1903-10
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 07.10.1903
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8 Kämpfende Amazonen. Ueber 100 junge Mädchen, Zigaretten- und Papierarbeiterinnen, setzten am 25. Juni d. I. in Dresden auf der TrinitatiS- und Fürstenstraße einen Straßenkampf in Szene, dem nur durch Einschreiten der Polizei ein Ende gemacht werden konnte. Die kämpfenden Amazonen stürmten um die Mittagszeit, als sie sich wieder zur Arbeit begeben wollten, eine SelterSwasserbude, weil sie hinter den herabgelassenen Rollläden die daS brodelnde Wasser verkaufende Verkäuferin in zärtlichem Stelldichein mit einem jungen Manne vermuteten, auf dessen Besitz eine andere Schöne Anspruch machte. Die Rivalin und mit ihr sämt liche Freundinnen hatten sich aber getäuscht, und nun begann ein erbitterter Kampf. Man beschimpfte sich, bewarf sich mit Sand und verübte noch andere Heldentaten. Mehrere hundert Personen hatten sich angesammelt, sodaß die Polizei einzuschreiten sich genötigt sah. Jetzt sind vierzehn der jungen Mädchen wegen groben Unfugs zu einer Geldstrafe von je 10 Mk. verurteilt worden. 8 Meißen, 5. Oktober. Bor der dritten Zivil kammer deS Landgerichts Dresden fand am Sonn abend Nachmittag eine Termin statt betreffs einer Klage deS früheren Polizeiinspektors Schulze gegen den Stadtrat Dr. Goldfriedrich. Schulze be fand sich mehrere Monate in Untersuchungshaft unter dem Verdachte, sich verschiedener Vergehen im Amte schuldig gemacht zu haben und wurde am 30. April d. I. von der sechsten Strafkammer des Landgerichts freigesprochen und aus der Haft entlassen. Schulze klagt nun gegen Dr. Goldfriedrich um Schadenersatz von 600 Mk., da dieser bei Erstattung der Anzeige nicht die nötige Sorgfalt habe walten lassen und Schulze hierdurch in erheblicher Weise geschädigt wordev sei. Das Urteil wird am 17. Oktober verkündet. 8 Leipzig. Die Mitteilung, die Kgl. Staats anwaltschaft habe gegen das freisprechende Urteil im Palmengarten-Prozeß Revision eingelegt, bestätigt sich nicht; die Kgl. Staatsanwaltschaft hat in dieser Angelegenheit keine Berufung eingelegt, das Urteil ist rechtskräftig geworden. 8 ImLaurahütterWahlkrawallprozeß haben die zu schweren Zuchthaus-, bez. Gefängnisstrafen verurteilten Rädelsführer sich sämtlich bei den von dem Schwurgericht verhängten Strafen beruhigt. Kleine Chronik. * Berlin. Wegen des Eisenbahnunglücks bei Teltow, wo der Münchener Schnellzug mit dem Berlin-Kasseler Personenzug zusammenstieß, ist von dem Untersuchungsrichter des Landgerichts II Berlin die Voruntersuchung gegen die Führer der beiden Maschinen de» Münchener Zuges eröffnet worden. Bei dem Unglück, welches sich im August zutrug, büßten mehrere Personen ihr Leben ein, andere wurden verletzt. * Bitterfeld, 5. Okt. Zu der Festnahme des Mörder« Lcnnig wird noch mitgeleilt: Der Landrat der benachbarten Wittenberger Kreiser, Freiherr von Bodenhausen, befand sich in dem seinem Vater ge hörigen Radiser Forste auf der Pursche, al« er in der Nähe einen Schuß fallen hörte. In der An nahme, daß der ihn begleitende Forstaufseher Nie- boldt einen Rehbock geschaffen habe, ging er aus die Stelle zu, wo der Schuß gefallen. Zu seinem Er staunen fand er den angeschoffenen Mörder Lenning. Wie bereits gemeldet, Halle Nieboldt denselben durch einen Schrotschuß in die Beine kampfunfähig ge macht. Dem Landrat, der den Wilddieb sragle, wie lange er sich schon im dortigen Forste aufhalte, gab er zur Antwort: „Herr Landrat, Sie hätte ich schon zehnmal tolschießen können, so nahe sind Sie an mir vorbeigegangen." * Hamburg, 6. Okt. Der starke Weststurm hat schwere Schiffsunfälle im Gefolge gehabt. Der Fischerdampfer „Präsident Carnot" ist unweit Rotter dam gestrandet. 13 Mann der Besatzung ertranken, 6 konnten gerettet werden. Der Dampfer „Irene" mit Kohlenladung von Neuyork nach Dublin ist unterwegs im Kanal mit Mann und Maus unter gegangen. Mehrere Leichen wurden bereits an das Land getrieben. Der Dampfer „Finsbury", von Hamburg nach Aokohama bestimmt, gilt als ver schollen. * Hamburg, 6. Okt. Der um 1,04 fällige Berliner Schnellzug erlitt unterwegs einen einstündigen Aufenthalt. Das Dampfrohr war geplatzt, wodurch die Maschine schadhaft geworden war. Dieser An laß hatte zu Gerüchten von einem Zusammenstoß geführt. * Kiel. Ueber die Abführung des Fähnrich« Hüffener zur Strafhaft wird noch gemeldet: Der Fähnrich zur See Hüffener verließ nachmittag« 5 Uhr da« Stationsgefängnis in Kiel und fuhr unter Bewachung eines Leutnant« zur See 'n einer Droschke, von der Bevölkerung unbeachtet, nach dem Bahnhofe, wo er mit seinem Begleiter zur Abführ ung nach Magdeburg den Zug bestieg. Hüffener hat selbst die ihm zudiklierte Festungsstrafe in Magdeburg zu verbüßen beantragt, und daraufhin wurde seine Abführung dorthin verfügt. Es ist ein Irrtum, daß Hüffener noch 22 Monate seiner Strafhaft zu verbüßen hat. Da« erste Urteil de« Oberkrieg«gericht« erlangte am 13. Juli mit der Verzichtleistung Hüffeners auf die Einlegung der Revision Rechtskraft; es waren damals 2 Monate 7 Tage nach dem ergangenen Erkenntnis al« ver büßt zu erachten. Somit ist der 6. Mai als der Beginn der Strafhaft gesetzlich anzusehen. Am 13. Oktober hat Hüffener bereit« 5 Monate 7 Tage verbüßt, und seine Festungshaft dauert von dem Tage an nur noch 19 Monate, also bi« zum 13. Mai 1905. * Kiel, 5. Oktober. Der Schleppdampfer „Assi stent" überrannte vor der Einfahrt in den Großen Belt den nach Kiel bestimmten Schoner „Ingrid". Der „Ingrid" sank, die Besatzung wurde gerettet. Der Steuerer de« Schleppdampfer« trägt die Schuld an dem Unfall; er war eingeschlafen. * Heiligenstadt (Eichsseld), 5. Oktober. In einem bei Sollstedt gelegenen Bergwerke sind drei zehn Bergleute verunglückt. Einige von ihnen haben schwere Verletzungen erlitten. * Hannover, 5. Oktober. Im Harze sind neue Erzadern angetroffen worden, die auf Jahre hinau« den Harzer Bergbau sichern. Die Erzadern liegen bei Grund und zwar im Kaiser Wilhelm-Schacht und in der Grube Rosenhof. * Arnstadt, 5. Oktober. Für den Bau eine« Krüppelhetm« hier stiftete die Fürstin von Schwarz burg-Rudolstadt 20 000 Mark. * Essen a. d. Ruhr, 6. Okt. Im benach barten Rotihausen durchschnitt ein Bergmann mit einem Rasiermesser seiner Frau den Hals und brachte sich dann selbst tödliche Verletzungen bei. * Frankfurt am Main, 5. Okt. Wie die „Franks. Ztg." au« Düsseldorf meldet, überfuhr der D-Zug bei Dui«burg drei Wagenarbeiter. Zwei sind tot und der dritte schwer verletzt. * Prag. In Ritschau hat der 52 Jahre alte Kutscher Franz Vilimek seinen 17 Jahre alten Sohn in grausamer Weise zu Tode geprügelt. Als der arme Bursche bereits winselnd am Boden lag, hieb der unmenschliche Vater noch so lange mit einem Stocke auf ihn ein, bis er tot war. Der Ermordete war als rechtschaffener Bursche bekannt, während sein Vater ein Trunkenbold ist. Der Mörder wurde verhaftet. * Klattau. Am Sonnabend spielten hier mehrere Kinder in einem Strohschober, wobei eines derselben mit einem Zündhölzchen das Stroh in Brand steckte. Die Kinder liefen davon, nur der vier Jahre alte Bahnfchaffnerssohn Anton Hornig konnte sich nicht retten und verbrannte. * Wien, 6. Oktober. Die über Czernowitz ge meldeten Gerüchte von einer Judenhetze in Mohilew haben sich nach Berichten der Wiener israelitischen Allianz als unbegründet erwiesen. * Marseille, 6. Oktober. Die Arbeiterinnen der hiesigen Zündholzfabrik sind in den Ausstand getreten. Sie verlangen besseres Rohmaterial. * Nizza, 6. Oktober. Die Touristen Mandrit und Stähling sind bei einer Bergtour auf den Montblank von einem Schneesturm überrascht worden. Die ausgesandte Hilfskommission hat sie noch nicht gefunden. Man glaubt, daß die Beiden umgekommen sind. * Ein Kupplernest ist wieder mal in Berlin ausgehoben worden. Eine Frau Moitz betrieb, wie das Berl. Tgbl. berichtet, in der Mauerstraße ein Pensionat. Ihre Räume zerfielen in zwei Teile mit durchaus verschiedenem Charakter. Auf der einen Seite befand sich ein anständiges Pensionat, während auf der anderen unter dem Vorwande der „Maniküre" die bedenklichsten Dinge getrieben wurden. Kam ein Herr nun ein Zimmer mieten, so wurde er auf der „anständigen Seite" empfangen und behalten, wenn es ihm mit dem Zimmer Ernst war. Bemerkte man aber, daß er andere Absichten hatte, so wurde er durch eine sehr zweckmäßig an gelegte Tapetentür auf die einfachste Weise nach der anderen Seite befördert. Ein Druck auf einen Knops, der die Tür öffnete, diente zugleich dazu, die jungen Mädchen auf die Ankunft eines neuen Gastes aufmerksam zu machen. Kam der Dame des Hauses jemand verdächtig vor, so hatte sie auch für diesen Fall ihre Vorkehrungen getroffen. Die jungen Mädchen, die die „Maniküre" betrieben, wurden auf das schamloseste ausgebeutet. Die eine Hälfte ihrer Einnahmen mußten sie Frau M. über- lassen und für die andere kaufte ihnen diese die Kleidung usw. Es ist nachgewiesen, daß ein Mädchen in einem Monat 2000 M. einnahm und doch keinen Pfennig bar bekam. Im Hause erregte das Treiben schon längere Zeit Acrgernis. Ein Bewohner, der die Dinge beim rechten Namen nannte, wurde wegen Beleidigung verklagt. Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es der Kriminalpolizei, die Gesell schaft zu überrumpeln. * Alesund, 5. Oktober. Der norwegische Dam pfer „Terjevigen" ist vorgestern während eines Sturmer unweit von hier gesunken. Die ganze aus zwölf Mann bestehende Besatzung ist ertrunken. * Ein Erzherzog beim Baden geplündert. Erzherzog Ludwig Viktor von Oesterreich, der Bruder des Kaisers Franz Joseph, badete dieser Tage im Bassin des Angiolinabades in Abbazia. Während er sich im Wasser befand, wurden aus seiner Kabine seine Schmucksachen gestohlen: zwei goldene Uhren, eine goldene Kette, ein goldenes Armband, ein Petschaft und kleinere Wertgegenstände, darunter Andenken seiner Mutter. Die entwendeten Sachen haben einen Wert von mehr als 12 000 Kronen. Nach Entdeckung deS Diebstahls wurde die Badeanstalt sofort gesperrt, man durchsuchte sämtliche Kabinen und die Kleider aller Badegäste, fand aber die abhanden gekommenen Gegenstände nicht. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 77. Fortsetzung. (Nachdruck verboten. „Es war vorauszusehen," unterbrach ihn Sokolow grob, „daß die Fabrikation langsam vor sich gehen würde... Ich habe Ihnen keineswegs die Schwierig keiten der Fabrikation verborgen; auch mußten wir die Gefahr im Auge haben, entdeckt zu werden, wenn man zuviel deS Metalls auf den Markt würfe. Immerhin, ich habe Ihnen weitaus genug gegeben, um ein starkes Kapital zu gründen . . . WaS haben Sie damit gemacht? Sie haben es zum Fenster hinausgeworfen, um Ihren persönlichen Passionen und Launen zu genügen. Dient man auf diese Art einer großen Sache?" „Sokolow, mein Freund!" unterbrach Rozen ihn mit prachtvoll geheuchelter Erregung. „Ich war Fürst, mein Herr," fuhr Sokolow mit starker Betonung fort, „ein Fürst in des Wortes edelster Bedeutung und in einem Lande, wo daS Geld nicht gezählt wird. Das Leben an dem Hofe Rußlands ist gewiß ebenso kostspielig — seien Sie dessen sicher — wie das Leben in Paris. Nun wohl, ich warf das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus, wie meine Freunde, aber ich ver brauchte meine Einnahmen, die doch noch weit da von entfernt waren, so hoch wie die Ihrigen zu sein, nicht. Ich hätte zu Ihnen nicht so gesprochen, wenn ich nicht die Ueberzeugung gewonnen hätte, daß Sie Ihre Versprechungen und Pflichten über Ihren Vergnügungen vergessen." „Ein Irrtum; ich schwöre Ihnen, Sie täuschen sich über meine Tätigkeit!" „Beweisen Sie es mir, indem Sie handeln. Die Zeit ist günstig!" „Geben Sie mir einige Tage." „Gut! Ich gebe Ihnen vierzehn Tage. In vierzehn Tagen können Sie wiederkommen. Ich werde dann sehen, ob ich Ihnen mein Vertrauen bewahren oder entziehen muß." Mit diesen Worten setzte sich der alte Gelehrte wieder an seinen Arbeitstisch und gab seinem Be sucher mit der Hand ein Zeichen, daß er sich ent fernen sollte. Trotzdem wollte der Bankier noch einen letzten Versuch wagen. „Freund," sagte er, „noch eine Bitte . . ." „Was?" fragte Sokolow barsch. „Ich brauche einige Barren . . ." „Ich habe Ihnen schon gesagt, daß ich Ihnen keine mehr gebe," schrie ihn der Alte an, „und um Wort zu halten, habe ich meine Apparate und Maschinen vernichtet. Sie haben von mir die Grundlage zu einem Vermögen verlangt ... Ich habe Sie Ihnen ge geben. Jetzt handeln Sie, wie es Ihnen beliebt ... Ich will nichts mehr mit Ihren schmutzigen Spekulationen zu tun haben. Wenn Sie inner halb vierzehn Tagen nicht getan haben, was ich wünschte . . . dann werde ich allein handeln. Das ist mein letztes Wort!" „Meister, der Zorn läßt Sie vergessen, was ich bereits getan — Sie verkennen die geleisteten Dienste." „Ganz und gar nicht, mein Herr. Ich habe in Ihnen einen äußerst intelligenten Mann ver mutet ... Ich habe Sie für eine starke Stütze unserer Sache gehalten ... Ich habe Sie wie meinen eigenen Sohn behandelt. Sie haben das ekle Leben eines Lebemannes vorgezogen ... das ist Ihre Sache, ich kümmere mich nicht darum. . . aber Sie haben mein Vertrauen verscherzt. Ich gebe Ihnen vierzehn Tage, um es sich wieder zu erwerben. Gehen Sie jetzt . . . handeln Sie . . . dann werden wir weiter sehen!" Sokolow reichte dem Baron die Fingerspitzen, um nicht die dargebotene Hand ganz zurückweisen zu müssen. Saint-Magloire war außer Fassung, als er vor der Tür stand. „Die Serie „Pech" geht weiter," sagte er sich melancholisch und trat den Heimweg an. „Ich gehe zu ihm, damit er mir aus der Verlegenheit helfe, und erhalte weiter nichts als eine Predigt und die Ankündigung einer letzten Frist. Bankerott! Donner wetter I Was er mir den so schön ausmalt! Eher lasse ich alle Brüder erschießen und fange mit ihm an! Immerhin! Ich habe vierzehn Tage vor mir ... Es müßte doch mit dem Teufel zu- gehen, wenn ich nicht irgend einen Trik fände, um mich wieder ins richtige Fahrwasser zu bringen." Er hielt einen Wagen an und ließ sich direkt nach der Place Vendome fahren. Dort fand er Bastien ulia8 Macaron vor, welcher auf ihn wartete. Wie es der Kommissar deS Sicherheitsdienstes Bourguignon versprochen, war er sofort zu seinem Kollegen, dem Polizei-Kommissar gegangen, um ihm die Gnadenworte des Barons de Saint-Magloire zu übermitteln. Der Beamte war ebenso glücklich wie Bourguignon, dieser mächtigen Persönlichkeit, die mit dem Polizei-Präfekten auf so gutem Fuße stand, eine Gefälligkeit erweisen zu können. Er beeilte sich deshalb, den falschen Robertson wieder in Frei heit zu setzen, und empfahl ihm eindringlichst, dem hochherzigen Manne persönlich zu danken, der sich für ihn verwendet hatte. Macaron hatte seinen Rausch ausgeschlafen und war dem Rat des Kommissars gefolgt. Er er wartete die Rückkehr des Bankiers in banger Vor ahnung. Demgemäß hatte er das Rückgrat ge krümmt und eine Armesündermiene aufgesetzt. Saint-Magloire machte ein Zeichen mit der Hand, ohne ihn eines Wortes zu würdigen, und ging dem Privat-Eingang zu, von welchem aus eine Treppe direkt in sein Kabinett führte. Bastien folgte ihm zitternd. Saint-Magloire öffnete die Tür und schob Macaron vor sich in das Zimmer; dann schloß er die Tür wieder ab. „Sapristi," sagte sich Macaron, den diese un erwartete Ruhe mehr entsetzte als ein Wutanfall. „Das kann heiter werden." „Bastien," begann Saint-Magloire und pflanzte sieb dicht vor seinem früheren Gefährten auf, „Sie scheinen sich unwohl in der Haut jener Persönlich keit zu fühlen, welche Sie sich ausgesucht haben . .. Die Maske dieses Robertson brennt Sie, Sie wollen sich ihrer entledigen." „Pardon, Meister, ich versiehe nicht recht, was Sie sagen wollen . . ." „Ich war aber deutlich genug, denke ich. Ich wollte sagen, daß, während ich alles getan habe, um Sie der Galeere zu entreißen, Sie alles tun, um wieder dorthin zurückzukehren." „Aber gewiß nicht. Nein!" rief Bastien aus. „Wenn Du Schafskopf allein in Frage ständest, dann beunruhigte ich mich wenig; aber Deine Ver haftung kann mich und Sokolow und das große Werk schwer kompromittieren .... das will ich nicht!" „Hast recht, Brüderlein!" .... „Laß die dummen Witze; die Lage ist viel zu ernst. Du siehst aus, als ob Du Dir gar nicht darüber klar wärest." „Was!" jammerte Macaron. „Wegen eines armseligen Schlucks „Sirup", den ich mir gekauft habe?" „Wenn man nichts vertragen kann, dann soll man eben nur den Daumen lutschen. Du erinnerst Dich also nicht mehr, duß Du in Deinem Suff die Polizisten verhauen und dabei Gassendialekt ver zapft hast, und dazu noch auf französisch, Du, der sich für einen Engländer ausgibt." (Fortsetzung folgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen vorn «. Oktober. Berlin. Der Berliner Omnibusstreik wurde durch den Beschluß einer Versammlung der Omni busangestellten heute früh als beendet erklärt en Kiel. Auf der Südwestbahn fand einAZu- sammenstoß zwischen einem Lastzug und einem Arbeiterzug statt. Fünf Beamte wurden getötet. Zahlreiche Arbeiter verletzt. Frankfurt a. M. Die „Frkf. Ztg." meldet aus Newyork: Präsident Castro treibt unter strengsten Maßregeln die Zölle in Ciudad Bolivar ein, die bereits von den Insurgenten erhoben worden sind. Der Deutsche Sprick erhielt die Aufforderung zur Nachzahlung, die verweigert wurde, worauf Castro eine Ladung Rum versteigern ließ zur Deckung der angeblichen Schulden. Sprick ist um etwa 100 000 Mark geschädigt. Wien. Wie das Wiener K. K. Telegr.-Korr.- Bureau vernimmt, befriedigte das Ergebnis der Besprechung in Mürzsteg die beiden Souveräne in hohem Grade. Als äußeres Zeichen dieser Befrie digung verlieh Kaiser Nikolaus dem Grafen Goluchowski den Andreas-Orden mit Brillanten und Kaiser Franz Josef dem Grafen Lamsdorff das Großkreuz des Stefan-Ordens mit Brillanten. Lemberg. Gestern veranstalteten drei Husaren des 8. Husarenregiments infolge ihrer Erbitterung über ihre Zurückbehaltung im Dienste eine große Straßen-Ausschreitung, wobei mehrere unbeteiligte Personen durch Säbelhiebe verletzt wurden. Sie widersetzten sich auch einer Militärpatrouille. Einer konnte festgenommen werden, die übrigen entkamen. London. Der Herzog von Devonshire hat seine Entlassung als Lord-Präsident des Geheimen Rates gegeben. Die Demission des Herzogs von Devonshire ist angenommen worden. Der Brief, in welchem der Herzog seine Demission nachsucht, wurde gestern der Presse zugestellt. In demselben teilt der Herzog mit, daß er schon dazu entschlossen war, als sich die ersten Demissionen vollzogen und die jüngste Rede Balfours habe ihn in seinem Ent schluß bestärkt. Der Brief ist im freundlichen Tone gehalten. Balfour antwortete in einem langen Brief an den Herzog, worin er sein Bedauern aus- spicht, daß er sich von ihm trennen müsse. London. Die Neubildung des Kabinetts ist heute erfolgt. Austen Chamberlain wurde zum Schatzkanzler ernannt, Alfred Lyttleton zum Kolonial sekretär, Arnold Forster zum Kriegssekretär, Brodrick zum Sekretär von Indien, Graham Merray zum Sekretär von Schottland und Lord Stanley zum Postminister. Rom. Großes Erstaunen erregt das Gerücht, daß der Aufenthalt des Zaren in Rom plötzlich von 4 Tage auf 36 Stunden gekürzt worden sei. Am 26. Oktober erfolgt die Ankunft und am 27. nach dem Besuch beim Papste findet die Abreise statt. Belgrad. Der neue Ministerpräsident Gruitsch erklärte in einem Interview, durch die Kabinett bildung wäre der Beweis erbracht, daß keine weiteren Differenzen zwischen den beiden radikalen Parteien bestehen. Es sei die Hoffnung vorhanden, daß sich die Staatsgeschäfte ruhig abwickeln werden. Die Thronrede, die der König morgen halten wird, wird keinerlei besondere Ankündigungen enthalten. Washington. Im Weißen Hause wurde von dem diensttuenden Polizeibeamten ein Mann ver haftet, der versucht hatte, sich mit Gewalt Eintritt zu verschaffen. Der Verhaftete heißt Elliot, ist ein geborener Schwede und von Beruf Mechaniker in Minneapolis, wo er wegen seiner häufigen Reden über Sozialismus für überspannt gehalten wird. Vor seiner Reise nach Washington besuchte er die als Ausgangspunkt vieler anarchistischer Ver schwörungen bekannte Stadt Patterson. Da die Aerzte Elliot für geisteskrank erklärt haben, so wurde er einem Irrenhaus zugeführt. Standesamtliche Nachrichten von Hoherlstein-Ernstthal auf die Zeit vom 27. Sept, bis mit 3. Oktbr. 1SVS. Geburten: Ein Sohn: Dem Fabrikweber Karl Paul Wagner. Dem Strumpfwirker Richard Emil Wendler. Dem Lehrer Georg Heinrich Haferberger. Dem Hausweber Karl Friedrich Bohne. Eine Tochter: Dem Fleischer Albin Richard Granitz. Dem Geschäftsgehilfen Robert Emil Baumgärtel. Dem Bäckermeister Gustav Wilhelm Schobert. Dein Nadel macher Karl Hugo Aurich. Außerdem 2 unehel. Söhne. Aufgebote: Der Tischlergehilfe Heinrich George Trieschmann mit der Wirlschaftsgehilfin Auguste Emma Wolf, beide hier. Der Fabrikweber Emil Paul Burkert mit der Hand schuhnäherin Helene Martha Lässig, beide hier. Der Barbier Paul Richard Büttner hier mit der Plätterin Christiane Klara Höfer in Lugau. Der Fabrikweber Arthur Clemens Horn mit der Fabrikweberin Minna Klara Oelschner, beide hier. Der Hausweber Gotthilf Friedrich Heide mit der Deckenmüpferin Anna Minna gesch. Haase geb. Anger, beide hier. Eheschließungen: Der Eisenhobler Karl Friedrich Fischer in Chemnitz mit der Haustochter Johanne Frieda Glänzel hier. Ter Wirtschaftsgehilfe Ernst Louis Oehme mit der Fabrik Weberin Bertha Elsa Friedrich, beide hier. Der Expedient Hermann Alfred Schumann mit der Haustochter Lina Klara Landgraf, beide hier. Der Hausweber Paul Feld mann in Oberlungwitz mit der Fabrikweberin Wilbelmine Lina Beck hier. Der Tischler Emil Moritz Steinbach in Chemnitz mit der Leviererin Emma Klara Nadler hier. Sterbcfälle: Johanna Emma Granitz, Tochter des Fleischers Albin Richard Gränitz, 2 Tage alt. Kurt Eugen Ahnert, Sohn des Bäckermeisters Eugen Bernhard Almert, 8 Monate alt. Der Weber Kuri Alfred Andrä, 22 Jabre alt. Anna Ella Meiner, Tochter des Formmeisters Pau! Meiner, 1 Monat alt. Der Handarbeiter Karl Morin Jähn, 33 Jahre alt. Herbert Eugen Otto Fritzsche, S. des Buchhalters Hugo Otto Fritzsche, 7 Monate alt. Anna Helene Müller, Tochter des Zimmermanns Max Guido Müller, l Monat alt. Otto Alfred Schilling, Sohn des Strumpfwirkers OSkar Ernst Schilling, >0 Tage alt. Die Feuermannsehefrau Anna Emilie Rommel, geb. Müller, 49 Jahre all. Der vorm Krankenhausver walter Friedrich Wilhelm Richter, 56 Jahre all. Außer dem 1 unehel. Sohn und 1. unehel. Tochter.
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