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lesung des Protokolls durch Sekretär Ahnert wurde die Sitzung gegen 7 Uhr geschlossen. — Nächste Sitzung: Mittwoch 11 Uhr. Tagesordnung: Wahl des Präsidenten, Wahl der Vizepräsidenten und Sekretäre, Mitteilungen. Der öffentlichen Präliminarsitzung war um 4 Uhr die Anmeldung und Einweisung der Mit» glreder beider Ständekammern durch die Direktorien der Kammern vorausgegangen. Erste Kammer: 1. Sitzung Mittwoch 12 Uhr. Tagesordnung: Mitteilungen. 2. Sitzung Donnerstag '/.12 Uhr. Tagesordnung: Mitteilungen, Verpflichtung der neu eintretenden Mitglieder, Wahl deS Vizepräsi denten und der Sekretäre. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. — Seit dem Inkrafttreten de« Invaliden- und Alterrverffcherungsgesetze«, also seit fast dreizehn Jahren, haben 1'/, Millionen Personen Renten er halten. Allein aus die Invalidenversicherung entfall' 1 Million Renten. Diese Zahlen sprechen für das segensreiche Wirken de» Gesetze«. — Der Beirat für Arbeiterstatistik ist im Statistischen Amte zu Berlin zu einer neuen Sitzung zusammengetreten. Wie die „Voss. Ztg." mitteilen kann, werden diesmal die Erhebungen betr. die Arbeitszeiten im Fleischergewerbe, im Fuhrwerks- gewerbe, in Kontoren, sowie die gutachtlichen Aeußer- ungen über die Arbeitslosenversicherung besprochen. — Prinzessin Alice von Großbritannien, die Schwester de« Herzog« von Koburg-Gotha, hat sich mit dem 1874 geborenen und in englischen Militärdiensten stehenden Fürsten Alexander v. Teck verlobt. Die Prinzessin steht im 21. L.benrjahce. Vor einigen Monaten war da« falsche Gerücht ver breitet, sie werde die Gemahlin de« deutschen Kron prinzen werden. Königsberg i. Pr., io. Nov. Zu dem Er mittelungsverfahren wegen Geheimbündelei gegen mehrere hiesige Sozialdemokraten meldet die Königs berger Hartungsche Zeitung: Gestern und heute wurden auf Requisition der hiesigen Staatsanwalt schaft bezw. der Kriminalpolizei auch in Memel der dortige sozialdemokratische Vertrauensmann Treptau und die Arbeiter Klein und Kugel verhaftet. Sämt liche Verhaftungen erfolgten auf Grund de« 8 128 de« Retch«strasgesetzbuche«, (Teilnahme an geheimen Verbindungen). Die Meldung von der auf Grund derselben Beschuldigung erfolgten Verhaftung de» hiesigen sozialdemokratischen Kassenführer» Braun und de» Arbeiter« Nowagrotzky bestätigt sich. Der Königsberg« Volk«zeitung zufolge ist über Braun die Briefsperre verhängt worden, so daß alle an ihn gerichteten Briefe zuerst der Staat«anwaltschafl zugestellt werden müssen. Frankreich. — In Pari» hat ein Mtntsterrat stattgefunden, in dem auf Wunsch de» Kabinett»chef« über die Lage de» Ministerium» verhandelt wurde. Herr Combe« zeigt sich noch immer im hohen Maße er regt, er bleibt dabei, daß seine Stellung erschüttert sei und er einem gelegentlichen Zufallsworte zum Opfer fallen könne, nachdem die alte Zusammen setzung de« Block« gesprengt und eine neue Re- gierung«mehrheit gebildet worden sei. Combe« Hal Recht; jede Deputiertenkammersitzung kann die Krise herausbeschwören; die festen Stützen de« Kabinett« sind tatsächlich erschüttert. Italien. — Der Ministerpräsident Giolitti läßt die in mehreren italienischen Blättern erhobene Behaupt ung, der Selbstmord de« Finanzministers Rosano werde den Rücktritt de« gesamten Kabinett« zur Folge haben, dementieren. England. — Au« der Guildhallrede de« englischen Pre mierministers Balfour am Lordmayor-Tage interes sieren insbesondere die den Balkan und Ostasien be treffenden Auslassungen. E« verdient festgenagelt zu werden, daß trotz der unzähligen Alarmnach richten Londoner Blätter Lord Balfour die Lage in Ostasien al« eine durchau« friedliche bezeichnete. Wir meinen, in dieser Bekundung de« englischen Premierminister« sei ein recht wertvolles Zugeständnis zu erblicken. Weniger Bedeutung können wir der Erklärung beilegen, daß die Lage auf dem Balkan noch immer eine sehr schwierige sei. Nachdem fcsi- steht, daß alle Signalarmächte de« Berliner Ver trage« den Mürzsteger Reformforderungen zuge stimmt haben, kann deren Annahme durch die Türkei doch nur noch eine Frage der Zeit sein. Die Pforte schriebe sich selbst ihr Todesurteil, wollte sie jenen Forderungen gegenüber bei ihrer Weigerung beharren. Da« Zögern ist de« Sulran« List, er hat e« damit allemal versucht nach dem probaten Rezept: Zeit gewonnen, alle« gewonnen. Brennt ihm da« Feuer unter den Nägeln, dann gibt er nach. Er wird hoffentlich einsichtig genug sein, die«mal nicht zu lange zu warten; er könnte diese Herausforderung sehr teuer zu bezahlen haben. — Ohne Kolonialkriege kann England nicht sein. Augenblicklich kämpfen englische Truppen im Htnterlande von Aden gegen die Kutebi«, denen schwere Verluste beigebracht worden sein solle». Auch auf britischer Sette hat e» eine Anzahl Ver wundete gegeben. Bei der Praxi« der englischen Krieg«bertchterstattung Hal man nach diesem Zuc - ständni« sogar mit einem recht erheblichen englische» Verlust zu rechnen. Spanien. Madrid, 10. Nov. Ueber die Unruhen m Santander wird geschrieben: Die über den Tod de« erschossenen Knaben erregte Volktmenge plün derte die Waffenläden, zog mit den erbeuteten Waffen und unter den Rufen: „Nieder mit den Mönchen, nieder die Mörder!" nach dem Jesuiten kolleg, von wo au« der Schuß abgegeben wurde, sowie nach dem Passionistenkloster, dessen Tore mit Petroleum getränkt und angezündet wurden. Die Gendarmerie eilte herbei, um den Brand zu löschen, wurde aber mit Steinen beworfen. Man wechselte Schüsse, wobei ein Mönch verwundet wurde. Die wütende Volk«menge zog al«dann zum Carmeliter- kloster. Bei der Kirche kam e« zu einem blutigen Zusammenstöße zwischen den Klerikalen und den Republikanern. Man zählte 1 Toten und 20 Ver wundete. Die Truppen patrouillierten gestern in den Straßen. Eie erhielten, da sie der Lage nicht gewachsen waren, Verstärkungen. Seit dem frühen Morgen durchzogen gestern dichte Massen, Drohrufe au«stoßend, die Straßen und erzwangen die Schließ ung säm'licher Läden. In einer Straße errichtete man Barrikaden. Die Gendarmerie gab schließlich Feuer, wobei ein Kind, 2 Frauen und 4 Männer fielen. Der Krieg«zustand mußte über die Stadt verhängt werden. Die Zusammenstöße dauern noch fort. Bei den Unruhen in Valencia gab e« 1 Toten und 2 Verwundete. In Picasent wurde 1 Mann getötet, mehrere verwundet. 4000 Arbeiter der Rio-Ttnto-Minen sind au«ständig. Rußland. — Russische Blätter melden au« Wladiwostock, die japanische Regierung habe Maßregeln ergriffen, welche die Kriegshetze zu unterdrücken bestimmt sind; da« ist vernünftig. Japan dürfte bereit« erkannt haben, daß e« mit der englischen Freundschaft eine Schlange am Busen nährt. Denn englische Ein flüsse und Machenschaften waren und sind e«, die Japan zu einem Kriege gegen Rußland drängen wollten. Balkan. — Dem Fürsten Ferdinand von Bulgarien find neuerdings gerade so wie dem Könige Peter von Serbien Abdankungspläne nachgesagt worden. Auch hat man wieder von einer Verschwörung gegen den Fürsten Ferdinand zu hören bekommen. Von Sofia au« werden diese Gerüchte für absolut grundlo» er klärt. Gegen diejenigen serbischen Blätter, welche die Geschichte von der bevorstehenden Abdankung de« König« Peter gebracht hatten, ist ein Strasvcr- fahren ctngelettet worden. Die Kindedlmterschiebung der Gräfin Kwilecka vor Gericht. Elfter Tag. Berliu, 10. November. Polizeirat Swolkien aus Krakau hat ermittelt, daß vom 23. bis 25. Januar 1897 eine Frau Bonczkomska dort ver weilte. (Nach Hedwig Andruszewska ist ihre Mutter unter diesem Namen nach Krakau gereist). Zeugin Badwanska, die das Kind aus der Fahri nach Berlin gestillt haben soll, machte Aussagen, aus welchen die Verteidigung schloß, daß die Zeugin schon am 17. Januar nach Berlin gereist sei. Es scheine sich hier alse um zwei verschiedene Vorgänge zu bandeln. Der Staatsanwalt machte darauf aufmerksam, daß diese Zeugin sogar die Geburt ihres Kindes falsch angegeben habe, mithin unzuverlässig sei. Hebamme Rademacher aus Krakau teilte mit, daß zwei Damen einen Knaben von intelligenten Eltern und mit schwarzen Augen wünschten. DaS Kind der Meyer sei ihnen zuerst zu alt erschienen, sie hätten es aber doch für 100 Gulden genommen. Wann das gewesen sei, wisse sie nicht mehr, sie mei»e, an einem Sonnabend. Die eine der Dame habe künstliches Haar getragen. (Angeblich mußte die alte Andrus zewska eine Perrücke aufsetzen). Aus einer Photo graphie der A. konnte die Zeugin keine Aehnlichkeit mit der Dame herausfinden. Die angebliche Mutter des Kindes. Unter allgemeiner Spannung wird alsdann die verehelichte Weichenwärter Cäcilie Meyer, geb. Parcza vernommen. Sie ist vom Wochenbett noch etwas angegriffen und macht ihre Aussagen sitzend, wie folgt: Sie hatte aus ihrem Verhältnis mit dem Hauptmann v. Ziegler schon einen Knaben, welchen sie nach vier Monaten zu fremden Leuten gebracht hatte. Dann hatte sie aus dem Verhältnis mit demselben Herrn einen am 22. Dezember 1896 geborenen zweiten Sohn. Sie ist jetzt 29 Jahre alt. An einem Tage, den sie früher als den 24. Januar 1897 angeben müsse, sind zu ihr drei Frauen gekommen, nämlich die Hebamme Frau Moll, die sie entbunden, und zwei andere, die sie fragten, ob sie nicht ihr Kind zur Erziehung ab geben wolle. Die Frauen haben sich dann das Kind angesehen, die eine ältere Dame sagte, es sei eigentlich schon zu groß, aber es gefalle ihr. Sie war erst zweifelhaft, ob sie das Kind weggeben solle, man überredete sie aber und sagte, der Knabe würde es sehr gut haben und so hat sie dann den Jungen hingegeben und 100 Gulden dafür erhalten. Als das Kind weg war, hat es ihr doch leid getan und sie hat darüber geweint. Während sie in Tränen dagesessen, ist ihre Schwester zu ihr ge kommen und hat sie gefragt, warum sie denn weine und da habe sie es denn eingestanden, daß sie den kleinen Jungen an eine Gräfin weggegebeu habe. Die Schwester hat ihr Vorwürfe gemacht, sie hat aber gesagt, daß ihr zugesichert sei, daß der Knabe es sehr gut haben werde. Am nächsten Tage ist s e zu der Hebamme, jetzt verehelichte Moll, ge gangen und habe sich selbst Vorwürfe gemacht, daß sie sich auf dies Geschäft eingelassen. Die Hebamme hat sie aber getröstet. Auf abermalige Vorwürfe ihrer Schwester hat sie dann geantwortet: die ganze Sache ging so schnell, daß sie gar nicht zur Be sinnung gekommen sei. Am 9. Februar 1897, so erzählt die Zeugin weiter, habe sie den Verteidiger in Strassachen, Dr. Filimowski in Krakau, ausge sucht und ihn gebeten, ihr zur Wiedererlangung ihres Kindes behilflich zu sein. Sie hat dann auch in den Hotels nachgeforscht und festgestellt, daß dort zur fraglichen Zeit eine Gräfin sich aufhielt, dies sei aber eine Gräfin aus Oswice gewesen. Sie habe ihren kleinen Jungen nicht wiedergesehen; eines Tages aber habe ihr Hechelski einige Photographien vorgelegt und sie habe darunter die Photographie des angeblichen jungen Grafen als die ihres Kindes herausgefunden. Es schien ihr eine Aehnlichkeit mit ihrem älteren Sohne vorzuliegen. Das Bild des Knaben habe keine auffällige Tracht gezeigt, sie habe ihn aber dennoch sofort erkannt. Sie wisse ganz genau, daß ihr Kind am 25. Januar, einem Montage, abgeholt worden sei. Die ältere Dame müsse etwa 60 Jahre alt gewesen sein, da sie einen Schleier trug und es ein dunkler Tag war, könne sie keine nähere Beschreibung von ihr geben. Die alte Dame habe gesagt, das Kind solle für eine junge Gräfin sein, die einen Bräuti gam habe, der sie aber nur heiraten wolle, wenn sie ein Kind aufweisen könne. (Heiterkeit.) Auf eine Frage der Verteidigung, wer daS Geld gegeben habe, damit der ältere Sohn der Meyer ebenso gekleidet werde wie der kleine Graf, erwiderte Kriminalkommissar v. Treskow, das Kind sei so notdürftig gekleidet nach Berlin gekommen, daß die Staatsanwaltschaft sich bereit erklärte, aus der Staatskasse Mittel für einen Mantel herzugeben. Dieser sei dann von Hechelski aus einem Waren hause besorgt worden. Der Vormund des kleinen Meyer, frühere Richter Dr. Filimowski aus Krakau, teilte mit, daß die Meyer nach der Weggabe des Kindes zu ihm gekommen sei und der Vermutung Ausdruck gegeben habe, daß es sich um eine Unterschiebung handle. Sie würde es lieber sehen, der Knabe werde ein armer aber ehrsamer Mann, als ein Eindringling in eine gräfliche Familie. Er, Zeuge, sei von einer dritten Person im Auftrage eines Anwalts ersucht worden, diesem die Akten über die Geburt des Leo Meyer zur Einsicht zu ver schaffen ; das habe er aber abgelehnt. Der Zeuge weigerte sich, den Namen diejeS Anwalts zu nennen. Die Verteidigung beantragte, Urteile des Krakauer Landgerichts gegen Dr. F- einzufordern, die über Vorleben und Glaubwürdigkeit des Zeugen ausklären sollen. Nach längerer Erörterung wurde der Antrag vorläufig zurückgezogen und die weitere Verhandlung vertagt. Die Crimmitschauer Textilarbeiter- Bewegung. Crimmitschau, 10. Nov. Um, wenn möglich, im Textilarbeiter-Ausstand eine Einigung herbei- zuführen, wurden heute vormiuag die Arbeiter- Ausschüsse von 15 Betrieben bei chcen betr. Chefs vorstellig, die den nun seit über 11 Wochen Feiern den allerdings nach dem Beschlusse des Industriellen- Verbandes keinerlei Zugeständnisse machen konnten. In derselben Angelegenheit findet morgen abend im „Roß" eine Versammlung von hiesigen Laden inhabern statt. Dieselben gedenken, eine Petition an den Stadtrat abzuschicken, durch welche um weitere Anbahnung von Vereinigungsverhandlungen ersucht werden soll. Oertliched und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 11. November. * — Jubiläum. Nachdem vor einigen Wochen Herr Webermeister Karl Hermann Eibisch, hier, sein KOjähriges Bürger- und Meisterjubiläum be gehen konnte, ist es demselben vergönnt, am nächsten Freitag abermals ein 50jähriges Jubi läum, und zwar die goldene Hochzeit, mit seiner Gattin feiern zu können. Dem noch rüstigen Jubel paare bringen auch wir au dieser Stelle die besten Glückwünsche dar. * — Wer sirb vor Schaden infolge Ver jährung seiner Rechte bewahren will, beachte den ß 197 des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sein Inhalt ist: „In vier Jahren verjähren die An sprüche auf Rückstände von: 1. Zinsen (mit Ein schluß der Amortisationsquoten). 2. Pachtzinsen. 3. Mietzinsen. (Ausgenommen sind die Mietzins ansprüche derjenigen Vermieter, die bewegliche Sachen gewerbsmäßig vermieten; ihre Ansprüche verjähren schon in 2 Jahren, ß 196 Ziffer 6.) 4. Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Warte geldern, Ruhegehalten, Unterhaltungsbeiträgen (z. B. der Kinder, Ehefrauen, außerehelichen Kinder). 5. allen anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen." Nach dem ehemaligen sächsischen Rechte verjährten solche Ansprüche erst in 30 Jahren. Jetzt gilt die vierjährige Verjährungsfrist. Wichtig ist, daß diese neue, kurze Frist mit Ablauf dieses Jahres das erste Mal praktisch wird und grund sätzlich die alten sächsischen Forderungen mit be greift. Die Verjährung wird am sichersten durch Ausklagen der Ansprüche unterbrochen. Hat man seine Ansprüche durch einen Schuldtitel rechtskräftig seststellen lassen, so tritt grundsätzlich die 30jährige Verjährungsfrist ein. * — Ist das Fcilbieten von Schlachtvieh auf Schlachthöfen ein Wandergewerbe im Sinne des Gesetzes vom 1. Juli 1878, wenn der Vieh händler außerhalb der Städte mit Schlachthöfen seine gewerbliche Niederlassung Hal? Eine prin zipielle gerichtliche Entscheidung in dieser weitere Kreise interessierenden Frage hat nunmehr der höchste sächsische Gerichtshof, der Strafsenat des Königlichen Oberlandesgerichtes zu Dresden, zu Gunsten der Viehhändler getroffen. Danach unter liegt der Vichhandel nicht mehr fortab der Wander gewerbesteuerpflicht, sobald der Viehhändler an seinem Wohnorte sein Gewerbe als ein ständiges anmeldet und das nach den Schlachthöfen zu dirigierende Vieh vorher an seinem Wohnorte auf gestallt gehabt hat. * — Tie Zahl der Impflinge ist im König reiche Sachsen nach amtlichen Angaben im Jahre 1902 wiederum erheblich zurückgegangen, eine Er scheinung, die auf den Rückgang der Geburten zurückzuführen ist. Unter den 257 084 Geimpften befanden sich auch 1577 eingewanderte erwachsene Ausländer. Die Zahl der Kinder, die der Impfung pflichtwidrig entzogen wurden, ist wieder gestiegen. Sie betrug 1901 durchschnittlich 0,75 Prozent, 1902 aber 1,78 Prozent. * — Zur Warnung mag dienen, daß das Berliner Hauptsteueramt einen Baumeister, der eine Wechselstempelmarke nicht in der vorgeschriebenen Weise entwertete, sondern für den Monat eine Zahl und keine Buchstaben setzte, in eine Strafe genommen hat, die den zwanzigfachen Betrag der Stempelmarke ausmacht. Die gleiche Strafe wird den Akzeptanten und alle Giranten treffen. * Lichteustei«, 10. Novbr. Der am Freitag früh unter dem Verdachte der Brandstiftung ver haftete und in das Amtsgerichtsgefängnis Lichten- stein eingelieferte Dienstknecht aus St. Egidien hat sich in seiner Zelle erhängt. Limbach. Die hiesigen städtischen Kollegien hatten kürzlich über den Weiterbestand des hiesigen Technikums zu beschließen. Der Rat hatte sich zunächst dahin schlüssig gemacht, dem zukünftigen Leiter die Gebäude, Lehrmittel und Jnventargegen- stände im jährlichen Nutzungswerte von 4000 Mk. unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, außerdem aber noch jährlich 4000 Mk. baren Zuschuß zu gewähren. Direktor Siebold lehnte es jedoch ab, die Anstalt unter diesen Bedingungen fortzusühren. Darauf hat sich Ingenieur Hauptmann erboten, das Technikum zu diesen Bedingungen von Ostern 1904 ab zu übernehmen. Das Stadtverordneten- Kollegium stimmte nach längerer Aussprache dem Ratsbeschlusse zu. * Chemnitz, 10. Nov. Deutsche Kriegsvete ranen aus allen Gauen des Reiches werden sich hier im Jahre 1904 zum Delegiertentag des deutschen Kriegsveteranen - Verbandes versammeln. Es ist die 20. Zusammenkunft dieser Art. Die 19. war bekanntlich Heuer in Hamburg, wo Chem nitz als nächstjähriger Versammlungsort gewählt wurde. Jetzt ist die Annahme dieses Beschlusses durch die hiesigen Kameraden erfolgt. * Chemnitz, 11. Nov. Bei den am Montag stattgefundenen Stadtverordnetenwahlen hatte die Abteilung ö einen ansässigen und zwei unansässige Stadtverordnete und die Abteilung 0 zwei ansässige und zwei unansässige Stadtverordnete, außerdem hatten beide Abteilungen je zwei ansässige und zwei unansässige Ersatzmänner zu wählen. Wie nicht anders zu erwarten war, siegten in Abteilung 6 die Kandidaten der Sozialdemokratie mit großer Majorität. * Chemnitz. Das große Gebäude der Chemnitzer Aktienspinnerei, die ihren Betrieb nach der Vor stadt Altchemnitz verlegt, geht bekanntlich in kurzer Zeit in den Besitz der Stadt Chemnitz über. Die Stadt hatte es, so schreibt das „L. T.", im Jahre 1899 für den Preis von 900 000 Mark angekauft, um in das Gebäude eventuell das zu errichtende König-Albert-Museum zu legen. Unterdessen ist vom Rate das Projekt ausgearbeitet worden, das Museum in Verbindung mit dem Theaterneubau auf dem Neustädter Markt zu errichten, und zudem sind die wirtschaftlichen Verhältnisse jetzt derartige, daß an eine Verwertung der Aktienspinnerei zu einem Museum usw. zur Zeit nicht zu denken ist. Der Rat und gestern auch die Stadtverordneten haben deshalb beschlossen, die in dem Gebäude verbleibenden Dampfkessel, Dampfmaschinen, Trans missionen usw. für den Preis von 70 000 Mark zu erwerben, um das Gebäude vorläufig an industrielle Betriebe vermieten zu können. Einige Stadtverordnete sprachen aber hierbei die Hoffnung aus, daß die Aktienspinnerei später doch zu Zwecken des Museums verwandt werde, damit auf den Neustädter Markt nur das Theater komme. * Zwönitz. Bei der am Sonntag nachmittag gegebenen Kindervorstellung „Max und Moritz" ereignete sich ein Unfall, der den Ausfall der für Montag festgesetzten Vorstellung zur Folge hatte. Bei der dem Lehrer Lempel widerfahrenden Pul verexplosion in seiner Pfeife verbrannte sich der Darsteller dieser Rolle, Herr Paul Schmidt, der art das Gesicht, daß der Verlust des Augenlichts zu beklagen sein wird. * Dresden. Anläßlich eines Gesuchs, das wegen Errichtung eines Krematoriums eingereicht worden ist, hat das evangelisch-lutherische Landes konsistorium auf eine Anfrage des Rats geantwortet, daß die Leichenverbrennung im Königreiche Sachsen ebensowenig durch die Staatsgesetzgebung, wie durch das Recht der Landeskirche zugelassen sei. Die kirchlichen Oberbehörden stellen deshalb in Aussicht, daß sie nach wie vor nicht allein gegen die Er richtung von Baulichkeiten für die Leichen-Ver- brennung oder Unterbringung der Aschenreste auf landeskirchlichen Gottesäckern, sondern auch bei den zuständigen Behörden gegen die Errichtung von Krematorien aus anderen Grundstücken vor stellig werden würden. — Wegen des Verdachts, einen Meineid geleistet zu haben, ist, wie schon kurz berichtet, Dr. med. Planer verhaftet worden. Der selbe fungierte vor etwa 14/, Jahr in einem vor dem hiesigen Landgericht gegen den Agenten Behnert wegen falscher Anschuldigung und Erpressung an hängig gemachten Strafprozeß als Zeuge und be kundete eidlich, entgegen der Behauptung des Behnertschen Ehepaares, mit der Ehefrau Behnert, die er als Frauenarzt in seiner Behandlung hatte, nicht verkehrt zu haben. Schon in damaliger Ver handlung wurde gegen ihn der Vorwurf des Mein eids erhoben, indes konnte er mangels ausreichender Beweise nicht überführt werden. Jetzt hat sich das Belastungsmaterial derart gehäuft, daß die Staats anwaltschaft die Verhaftung des Beschuldigten ver fügte. Der damals zu 2 Jahren Gefängnis ver urteilte Behnert ließ die Sache nicht ruhen und erreichte nach Verbüßung der Hälfte der Strafe seine vorläufige Freilassung. Der Festgenommene dürfte sich voraussichtlich schon in der nächsten Schwurgerichtsperiode zu verantworten haben. * Colditz, 9. Nov. Heute morgen wurde der von hier gebürtige bis jetzt in Zettlitz bei Rochlitz in Stellung gewesene 19 Jahre alte Dienstknecht Max Quellmalz in Lastauer Flur auf der Eisen bahnstrecke tot aufgefunden. Wie die angestellten Erörterungen ergeben haben, hat sich Quellmalz vom letzten nach Rochlitz verkehrenden Abendzuge überfahren lassen wollen, ist von den Räumern der Lokomotive aus dem Geleise geworfen und am Hinterkopfe tätlich verletzt worden. Das im Pu blikum verbreitete Gerücht von einem an Quellmalz verübten Morde ist damit widerlegt. * Zschorlau, 10. Nov. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag haben rohe Burschen dem hiesigen Stickmaschinenbesitzer Herrn Oswald