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Nr. 13. — 1. Jahrgang. Der . Neukölln-Berlin, 30, März 1923 Deutsche Erwerbsgartenbau 38. Jahrgang der Wochenzeitschrift des Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe Hauptgeschäftsstelle: Neukölln-Berlin, Bergstraße 97-98, — Fernsprecher: Amt Neukölln Nr, 1123. ~ Postscheckkonto: Berlin Nr. 29 8& Mitteilungsblatt des Reichsverbandes dentscher Gartenbaubetriebe sowie des'Bayerischen Gärtnerei-Verbandes, des Verbandes württenbergischer Gartenbaubetriebe, des Verbandes badischer Gartenbaubetriebe, der Verbindung der selbständigen Gärtner Hessens, der Vereinigung Piälzer Gärtnereibesitzer, des Gartenbau-Verbandes für den Freistaat Sachsen und zahlreicher gärtnerischer Sonderzüchtervereinigungen; Verkändangsblatt der Gartenbau-Beruisgenossenschait. Sitz Cassel, der Gärtner- Krankenkasse, Sitz Hamburg. — Bezugspreis: Deutschland und Deutsch- Oesterreich monatlich 390.00 Mark, Ausland nach Währung. Einzel-Nummer: freibleibend. — Die Mitglieder des „Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe“ und der süd deutschen gärtnerischen Verbände erhalten den „Deutschen Erwerbsgartenbau" für den Mitgliedsbeitrag kostenfrei zugestellt. Auszüge aus dem Inhalt des „Deutschen Erwerbsgartenbaues" nur bei auaführL. Quellenangabe, Nachdruck von Actikela nur mit besoad Genehmigung der Hauptscariftleitung gestattet. Gärtnerei-Zentrale Schlesien Obst- und Gemüseverwertung, Aktien-Ges. Stammkapital 100 Mil’ionen Mark. Unter der Firma Gärtnerei-Zentrale Schlesien, Obs- u. Gemüse- Verwertung, Aktien-Gesellschaft in Breslau, ist am 19. März eine Aktiengesellschaft mir einem Stammkapital von 100 Millionen Mark gegründet worden. Gegenstand des Unternehmens ist die Erzeu gung und Verwertung von Garten- und Ackerbauprodukten, deren planmäßige Erfassung, Lagerung und Verwertung. Ebenso soll die Erzeugung und Ausgleichung des Angebots erstrebt werden. Außerdem soll der Großhandel mit Naturprodukten, die Fabrikation aller den Acker-, Obst- und Gemüsebau fördernden Hilfsmittel, die Beschaffung der Bedarfsartikel wie Roh- und Brennstoffe, Dünge mittel usw., durch Großankauf und Weitergabe au die Betriebe un ternommen werden. Es ist ferner ein Hauptzweck, durch Abschluß von Anbau-, Verarbeitungs- und Lieferungsverträgen die wirt- schaitliche Leistungsfähigkeit des heimischen Gartenbaues zu ver bessern und die Existenz der Gärtnerei- und Gemüsebaubetriebe zu sichern. Durch Einrichtung von Beispielswirtschaften, Versuchsan- bau-Samenzucht soll die Sicherung der Volksernährung unterstützt werden. Diese Gründung ist ein erfreuliches Zeichen der Zeit. Schlesien ist damit sehr schnell dem Vorgehen der süddeutschen Gärtner ge folgt, und es dürften durch den Einfluß dieser Aktiengesellschaft auf die bereits bestehenden Ein- und Verkaufsorganisationen bedeu tende wirtschaftliche Erfolge erzielt werden können. Eine ge schlossene Einheit, die von großen Gesichtspunkten geleitet, auf Er zeugung, Absatz und Beschaffung der Rohstoffe einwirkt, wird den Gärtner leichter über die schwierige Zeit, in der wir uns befinden, hinweghelfen. Sonderbrödelei jedes Einzelnen führt ins Verderben. Nachdem nunmehr bereits die zweite derartige Gesellschaft mit einem für heutige gärtnerische Begriffe verhältnismäßig hohen Ka pital geschaffen worden ist, sollte überall da, wo der Gedanke ge meinsamer Erfassung der Erzeugung und gemeinsamer Belieferung mit Rohstoffen bisher nicht Platz greifen konnte, jeder einzelne einmal darüber nachdenken, ob auf die Dauer gegen lebensnotwen dige Gemeinschaftsarbeit angekämpft werden darf oder ob ein Zu sammenschluß und eine Zusammenfassung der Kräfte erfolgen muß. Kleinliche Engherzigkeit, An klammern an bis herige Gebräuche, Konkurrenzneid und plan lose Erzeugung werden uns nicht weiter bringen. Forts ehr it ist nur durch Zusammenschluß mög lich. ’ -dt. Ausfuhrerschwerungen nach der Schweiz. Im. Herbst vorigen Jahres war es den schweizer Baumschulen besitzern gelungen, beim Schweizer Bundesrat Einfuhrerschwerungen für Obsthochstämme, Obstformbäume, Beerenobstpflanzen und Rosenpflanzen durchzusetzen. Nunmehr hat der Schweizer Bundes rat auf Betreiben des schweizerischen Handelsgärtnerverbandes auch die Einfuhr von Topfpflanzen dem Bewilligungszwange unter worfen, eine Maßnahme, die die süddeutschen Gärtner besonders schwer trifft. Nach ' einer Verfügung des Eidgenössischen Volkswirtschafts- departements in Bern vom 23. 2.1923 ist die Einholung einer Ein fuhrbewilligung für folgende Pflanzen erforderlich: Bäume, Sträu- eher, lebende Pflanzen in Kübeln oder Töpfen der Position 208b und nicht in Kübel oder Töpfen mit Wirzelballen der Position 210 des schweizer Zolltarifes. Ausgenommen sind von diesen beiden Posi tionen sämtliche Koniferen, Heckenpflanzen (Taxus, Buxus, Liguster, Thuja), immergrüne Pflanzen (Kirschlorbeer, Aucuba, Evonymus, Ilex, Mahonien, Efeu) und Lorbeeren (Laurus nobilis) in Kübelu oder Töpfen, ferner Azaleen, Rhododendron, Kamellien, wenn nicht blühend. Eine Einfukrbewillgung wird in beschränk tem Maße erteilt für Stecklinge bewurzelt und unbewurzelt, Jung pflanzen von Begonia Oloire de Lorraine mit kleinem Erdbailen oder in kleinen Stecklingstöpfen, für Jungpflanzen von Topffarnen mit ganz kleinen Erdbailen. Grundsätzlich nicht bewilligt werden soll dagegen die Einfuhr aller Topf- und Gruppenpflanzen in Kübel oder Töpfen oder mit Erdballen wie Pelargonien, Begonien, Fuchsien, Calceoiarien, Heliotrop, Petunien, Primeln, Cinerarien, Hortensien, Nelken, Cyclamen, Chrysanthemen und dergl., für alle Frühjahrs- gruppenpflanzen wie Pensees, Myosolis, Bellis, Teppichbeetpflanzen und dergl., für alle Treibhaus- und Zimmerblattpflanzen wie Ara lien, Dracaenen, Ficus und dergl., ferner für alle bereits blühenden getriebenen Moorbeetpflanzen wie blühende Azaleen, Rhododendron, Kamellien und dergl. Die Einfuhrbeschränkungen haben nur Gültigkeit gegenüber Deutschland und Oesterreich. Die Einfuhr aus den übrigen Staaten wie Holland, Belgien, Frankreich usw. ist frei. Daraus sind die Gründe für die Erschwerung ersichtlich. Sie liegen lediglich in der Schleuderkonkurrenz, die die Gärtner niedervalutarischer Länder dem schweizer Gartenbau bereitet haben. Alle Aufforderungen der Verbandsleitung, beim Verkauf nach dem Auslande einen den dor tigen Marktverhältnissen angemessenen Preis möglichst in der Wäh rung des Einfuhrlandes zu fordern, der es auch den dortigen Kolle gen ermöglicht, konkurrenzfähig zu bleiben, sind ungehört verhallt. Die Folgen dieses unkollegialen und unkaufmännischen Verhaltens haben dem deutschen Erwerbsgartenbau eines seiner wertvollsten Absatzgebiete fast völlig verschlossen und dem gesamten Berufe damit eine schwere Schädigung zugefügt. Wie unkaufmännisch und unkollegial seitens der deutschen Gärtner gegen die schweizer Gärt ner verfahren ist, geht aus folgenden Tatsachen hervor: Deutsche Gärtner haben ihre Erzeugnisse weit unter schweizer Preisen aa schweizer Gärtner geliefert. Gleichzeitig führten sie aber Lieferun gen zu annähernd den gleichen Preisen sowohl an Blumengeschäfts- inhaber als auch an Private durch und verhinderten damit ihre« schweizer Kollegen, die ihnen verkauften Pflanzen gewinnbringend weiter zu veräußern. Die schwerste Schädigung fügte aber dem Berufe die Tatsache zu, daß zahlreiche berufsfremde Elemente bei süddeutschen Gärtnern zur Ausfuhr geeignete Erzeugnisse zusam- menkauften und sie dann jenseits der Grenze um jeden nur annehm baren Preis sowohl an Gärtner als auch an Blumengeschäftsinhaber und Private losschlugen. Der Reichsverband bedauert derartige Vorkommnisse außer ordentlich, zumal sie alle Versuche, eine Linderung der Einfuhr erschwerungen durchzusetzen, äußerst erschweren. Er wird trotz dem nichts unversucht lassen, um wenigstens für den Handelsverkehr von Gärtner zu Gärtner jede nur erdenkliche Erleichterung durch zusetzen. Der Reichsverband wird seine Bemühungen fortsetzen und sich mit dem schweizerischen Handelsgärtnerverbande ins Einver nehmen setzen. Auf einen Erfolg können wir aber nur daun rechnen, wenn in Zukunft der deutsche Gärtner beim Ausfuhr geschäft desselben Grundsatz verfolgt, der für den Inlandshandel Helft dea schwer kämpfenden Brüdern im Einbruchsgebiet durch das Deutsche Volksopfer.