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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 17.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190309173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030917
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030917
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-17
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 17.09.1903
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* Swinemündc, Geschäfts der Kaufmann Paul Retter. Der Ver storbene stand in den dreißiger Jahren und hinter läßt eine Frau und einen 8jährigen Sohn. Was den Unglücklichen in den Tod getrieben hat, ist ein Rätsel. 13,2°/» 63,4°/«, Eiweißstoffe. 12,6°/«, 14,5°/«, und tun 64,8°/o in klarer Stärke. 62,7°/«, Septbr. Seit gestern Art der Düngung. Ungedüngt Gedüngt mit amerikanischem Superphosphat (ahne Kali) Gedüngt mit amerikanischem Superphosphat und 40°/«, Kalidüngesalz (mit Kali) Die Zahlen sind interessant Kleine Chronik. * Von Hofhunden zerfleischt und getötet wurde in Berlin der in Plötzensee wohnende 18jäh- rtge Mechaniker Albert Hoffmann. Der junge Mann kehrte in der Nacht von einer Geburtstagsfeier in animierter Stimmung nach Hause zurück und kam auch bei dem am Spandauer Schiffrkanal belegenen Dtetrichschen Holzlagerplatz vorüber. Dabei fing er an, die beiden dort ausgesetzten großen Wachhunde zu necken, zu melchem Zwecke er auf den Zaun stieg und nach den wütend gewordenen Hunden mit dem Stocke schlug. Hiebei verlor er aber plötzlich das Uebergew:chl und stürzte kopfüber auf den Platz hinab, wo er von den bissigen Hunden, noch ehe der Wärter hinzukam, derartig bearbeitet wurde, daß er nach dem Krankenhause Moabit geschafft werden mußte, woselbst er verstorben ist. * Breslau, 15. September. Wie au« Mytlo- witz gemeldet wird, wurden gestern daselbst siebzehn Personen von einem aus Rußland zugelaufenen Hunde, bei dem dann Tollwut festgestellt wurde, ge bissen. Die Leute werden heute in da« Pasteursche Institut nach Berlin geschafft. * Bromberg, 15. Sept. Der Maurer Fried rich Spang erschoß heule Abend den 11jährigen Sohn de« Stellmachers ^abel mit einem Gewehr. Der Mörder, welcher sofort verhaftet wurde, gab an, aus lerger über den Jungen die Tat begangen zu haben. Der Knabe wurde von der Ladung in« Gesicht getroffen und war sofort tot. * Eupen, 15. Sept. Seit längerer Zeit machte man die Beobachtung, daß auf der Bahn nach Herberlal Eisen- und Holzstücke auf den Schienen festgekeilt waren, die leicht eine Zugentgleisung her beiführen konnten. Nunmehr ist eine Anzahl Knaben al« Täler festgenommen worden. Bei ihrer Ver haftung erklärten sie, daß sie die Wirkung des Zuge« aus eingekeilte Hindernisse hätten erproben wollen. Nun wird wohl die Wirkung eines guten Rohrstocks auf einen gewißen Körperteil der Jungen erprobt werden. Gerichtssaal. 8 Zwickau. Die zweite Ferienstraskammer des hiesigen Kgl. Landgerichts hat mehrere Streikposten steher, die vom Schöffengericht in erster Instanz verurteilt worden waren, freigesprochen. 8 Ein warnendes Beispiel an der am Freitag >wr dem König!. Schöffengericht zu Schwarzenberg , ttgehabten Hauptverhandlung gegen einen Fabrik- ^bester auS Raschau und seine Angehörigen kann sich wohl mancher nehmen, welcher mit den Straf gesetzen nicht recht vertraut ist. T. hatte wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung eine dreimonatliche Gefängnisstrafe zu verbüßen, hatte aber den wieder holt an ihn ergangenen gerichtlichen Ladungen zum Strafantritt nicht Folge geleistet, weshalb seine zwangsweise Vorführung erfolgen sollte. Er hielt sich nicht nur verborgen, sondern wurde auch von seinen Angehörigen verheimlicht, weshalb es den Polizeiorganen schwer wurde, die Verhaftung zu bewirken. Als dieselbe am 9. Juni abends erfolgte, simulierte er Krankheit, leistete Widerstand, und wurde dabei von seinen Angehörigen unterstützt, so daß er sich der Verhaftung durch die Flucht entziehen konnte. Er wurde zu 3 Wochen, seine Ehefrau zu 1 Monat, seine Mutter zu 8 und zwei Brüder zu 8 bez. 12 Tagen Gefängnis verurteilt, außerdem haben die Verurteilten auch noch die Gerichtskosten zu tragen. 8 Prag, 15. Sept. Der Agent Johann Vasak, welcher beschuldigt war, in 103 Fällen die Nobili- tierung verschafft oder für dieselben die vorbereiten den Schritte getan zu haben, ist heute nach siebentägiger Verhandlung in 98 Fällen der Urkundenfälschung für schuldig befunden und zu 15 Monaten Kerker, verschärft durch einen Fasttag monatlich, verurteilt worden. Abend herrscht hier ein heftiger Nordost mit schweren Unwettern. Der Sturm hat die Holzstege der Bade- anstallen fortgerißen, Bäume gebrochen und weiteren Schaden angcrichtet. Tas N kurant „Seebrücke" konnte abends wegen Hochw nicht verlaßen wer den. Infolge Unwetters ß. erete gestern Abend an der Ostmole da» Schiff „Wilhelmine" au« Wol gast mit 2 Mann Besatzung. Der Kapitän ist ge rettet, der Bootsmann ist i. runken. Das Schiff wurde zerschlagen. * Antwerpen, 15. Semo. Bei den Stürmen der letzten Woche sind im ganzen 17 Schiffer . ^gekommen. * London, 15. Sept. Der Eigentümer de« L verpooler Dampfers „Juchulva" erhielt heute aus Florida die telegraphische Nachricht, daß der Dam pfer während de« letzten Sturmer vollständig ver nichtet worden ist. Von der Besatzung wurden 19 Mann gerettet, neun sind ertrunken. * Cristianta, 15 Sept. In einem großen vierstöckigen Gebäude in der Kongenerstraße brach heule Vormittag Feuer au«, da« sich mit großer Schnelligkeit verbreitete. Mehrere Personen fanden in den Flammen den Tod. Bi« nachmittags 4 Uhr waren sechs Leichen aus den Trümmern gezogen. Drei Personen werden noch vermißt. * Trostlose Nachrichten kommen aus Oester reich, wo neues Hochwasser eingelreten ist. Viele Täler stehen unter Wasser, große Strecken der Giselabahn und die Telegraphenleitungen sind zer stört, verschiedene Brücken fortgerisfen worden. Auch die Neubauten der Tauernbahn im Gasteiner Tale wurden teilweise vernichtet. Häuser sind be schädigt, andere eingestürzt. Gastein wurde von jeder Verbindung abgeschuitten. Militär leistete Hilfe. — Auch in der Schweiz wurden Ueberschwemmungen angerichtet. Dazu herrscht überall winterliches Schneegestöber. Im Engadin sind alle Höhen bis zum Talboden tief verschneit, desgleichen die Appen Weise dar, daß zwischen dem Protein: bezw. Stärke gehalt des Produktes und der Qualität der Düngung ein wechselseitiges Verhältnis besteht. * — Beilage. Unserer heutigen Gesamtauflage liegt ein Prospekt der 10. Wohlfahrtslotterie zu Zwecken der deutschen Schutzgebiete des Haupt lotteriebureaus H. Rupp in Worms a. Rh. bei, auf welchen wir an dieser Stelle nochmals ver weisen möchten. * Dresden, 15. September. Auf dem Bries- nitzer inneren Friedhof sand gestern Nachmittag die Beerdigung der drei Opfer der Brunnenkata strophe unter überaus zahlreicher Beteiligung der Ortsbehörden und Einwohner statt. Die Trauer- reve, aufgebaut auf das Schriftwort Psalm 39,8: Nun Herr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich! hielt der Ortsgeistliche Pfarrer Dunger. Beide Brüder Hiller deckt nun ein Grab, wie sie auch vereint zusammen im Dienst der Gemeinde gestorben sind. Das dritte Opfer, der Klempner meister Zeising, ruht neben ihnen. Gebet und Segen schloß die erhebende Totenfeier und ein mächtiger Blumenhügel deckt jetzt beide Gräber. — Oberbürgermeister Beutler hat die Ehrenmit gliedschaft des Vereins sächsischer Gemeindebeamten angenommen. * Leipzig. Arg geprellt wurde eine in Gohlis wohnende Frau. Sie ertappte einen Mann, wel cher durch ein offenstehendes Fenster in die Wohnung eingestiegen war. Start nun Lärm zu schlagen, ließ sie sich zum Schweigen verleiten, weil der Eindringling sie bat, ihn zu verbergen, da ein Schutzmann ihn verfolge, weil er sich ein Stück Brot erbettelt habe. Als der Findige das Logis der „guten" Frau verlassen hatte, entdeckte sie das Fehlen von Schuhwerk, welches der Dieb offenbar einem draußen wartenden Genossen zu geworfen hatte. * Leipzig, 15. Sept. In Dösen spielten meh rere Kinder in einem großen Hobelspänhaufen Ver steckens, als es plötzlich einem Knaben einfiel, den Haufen anzuzünden. Sofort stand der ganze Haufen lichterloh in Flammen. Während sich die übrigen Kinder retten konnten, verbrannte leider der fünf Jahre alte Sohn Kurt des Maurerpoliers Mentzel. * Hainichen, 15. Sept. Die Unterschlagungen, die der bei der Leonhardtschen Webwarenfabrik angestellt gewesene Prokurist Friedrich begangen hat, belaufen sich auf ca. 40 000 Mk. — Freiwillig in den Tod ging in der Nacht zum Montag der 50 Jahre alte Weber Moritz Ulbricht von hier. Gestern Vormittag wurde derselbe im sogenannten Kratzmühlenteiche aufgefunden. * Meerane, 13. September. Gefänglich ein gezogen wurde gestern der Rechtskonsulent Dollase hier, welcher früher bei dem bier wohnhaft ge wesenen Rechtsanwalt Leonhardt Bureauvorsteher war, dort Unterschlagungen begangen hatte und deshalb vom Landgerichte Zwickau zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Diesmal soll er einen Schneidermeister in Rothenbach, den er in einer Klagsache zu vertreten hatte, um 25 Mk. betrogen und ihm einen Kostenoorschuß unterschlagen haben. j * Eriuunitschau, 16. Sept. Gestern fand hier in Gegenwart des Herrn Regierungsrates Dr. Aprer als Vertreter der Kgl. Kreishauplmannschaft und des Herrn Amtshauptmanns Dr. Schnorr v. Carolsfeld die feierliche Enthüllung des statt lichen Reiterstandbildes König Alberts statt. An dem Festzuge beteiligten sich Militär-, Gesang- und viele andere Vereine, die Schützengesellschaft usw. Die Festrede hielt Herr Oberpfarrer Schink, Herr Oberbürgermeister Dr. Beckmann übernahm das Denkmal mit herzlichen Dankesworten an die I Gründer des Standbildes. Die früher m Aussicht I gestellte Anwesenheit Sr. Majestät König Georgs I hatte sich leider nicht ermöglichen lassen. * Plaue» i. V., 15. Sept. Feuerlärm schreckte I in vergangener Nacht die Bewohner der inneren I Stadt auS den: Schlafe. Es brannte an einer ! gefährlichen Stelle Ecke Königs- und Marktstraße im Hause des Mehlhändlers Eichhorn. Das Feuer zerstörte den Dachstuhl des genannten Hauses. ! Dieses hat infolge der von der Feuerwehr darauf geworfenen Wasjerwassen stark gelitten. Die an- I grenzende Speiseanstalt des Maria-Vereins, die arg bedroht war, konnte erhalten werden. * Adorf, 14. Sept. Für den Bau einer Eisen- ! bahn von Adorf nach Roßbach, deren baldige In- I angriffnahme von den Bewohnern jener Gegend dringend gewünscht wird, ist von Sachsen der I Aktiengesellschaft Lokalbahn Asch-Roßbach zu Wien nunmehr die Konzession erteilt worden. Die Teil strecke Ädorf-Landesgrenze ist längstens binnen zwei Jahren zu vollenden und dem Betrieb zu über geben. Andernfalls erlischt die Konzession. * Oberwiesenthal. In der Nacht zum Sonn abend starb in Greifenberg i. Schl, der Vater des I an: Fichtelberge ermordeten Reisenden Leopold Hörder, Herr Kaufmann Heinrich Alexander Hör- I der. Der Schmerz, der dem bejahrten Herrn durch die Ermordung seines hoffnungsvollen Sohnes zu gefügt wurde, dürfte ihn gebrochen haben. * Zittau, 14. Sept. Erhängt hat sich hier an: Sonntag Vormittag im Kontor des väterlichen I Gmahel im österreichischen landwirtschaftlichen Wochenblatt ausführt, Versuche darüber angestellt, wie dem Uebelstande begegnet werden könnte. Die Untersuchungen haben ergeben, daß bei genügender Düngung mit Kali, Phosphorsäure und Stickstoff und bei hinreichendem Vorhandensein von Kalk und Magnesia in der Ackerkrume ein dem aus ländischen gleichwertiger Weizen erzeugt werden kann. Nicht nur fördert die vollkommene Düngung die Erntemenge, sondern in gleichem Maße be sonders durch Kali auch den Gehalt an Eiweiß und an Stärke. Folgendes sind die Ergebnisse: zeller Vorberge, die Zurogegenden und daS Berner Oberland. Auf der etwas über 2000 Meter hohen Scheidegg liegt 40 Zentimeter Schnee. — lieber das Unwetter im Salzkammergut wird noch gemeldet: Mittersill ist nun schon seit zwei Tagen unter Wasser und man kann den Bewohnern keine Hilfe bringen, da die Wogen der reißenden Salzach allzuhoch gehen. Der Salzachdamw, der vor wenigen Wochen erst von Pionieren gebaut wurde, ist an zwei Stellen durchbrochen. DaS Wasser hat eine Höhe von 2 m erreicht. Im Gasteiner Tal sind alle Brücken und Stege vernichtet, der Boden ist aufgewühlt, viele Menschen sind in Gefahr. Da jede Verbindung durch das Tal mit Gastein fehlt, suchen Htlsskolonnen über daS Gebirge hinweg den Ort zu erreichen. Das Ennstal ist bis zum Gesäuse verschlämmt, der Unterbau der Staatsbahnlinie von Gröbming bis Oeblarn ist weggeschwemmt, so daß die Schienen in der Luft hängen. In Hallein trieb die Salzach eine männliche Leiche an. Auf den Wellen des Flusses schwimmen Hausdächer, Brückenteile und totes Vieh. Die Zellerkirche im Zillertal steht tief im Wasser. Furchtbare Stürme wüteten noch in Istrien, Dalmatien und Südtirol. Eine Brücke über die Etsch bei Caragere ist eingestürzt. — Zwei Bauern auf dieser Brücke fanden den Tod in den Wellen. Der Bahnverkehr in Kärnten ist fast gänz lich eingestellt. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 63. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Von den anderen Logen, von dem Parkett, von allen Seiten wurden ihm ehrerbietige oder freund- schaftliche Grüße zugesandt. Es fehlte kaum viel an einer Ovation, wie man sie einem Fürsten bereitet. Der Baron begnügte sich, mit einer leichten Kopf bewegung für diesen Enthusia«mu» zu danken, indem er dabei einen Blick über das ganze Haus gleiten ließ. „So, das ist also dieser famose Saint-Mag- loire," sagte Lemoine und betrachtete aufmerksam den Bankier mit seinem Opernglas. „Hm ... hm ! .... Meiner Treu, wenn ich meine Ketzereien von vorhin wieder aufnehmen dürfte, würde ich Dir er klären, daß mir sein Gesicht nicht gefällt. Kräftige Erscheinung, schöner Kerl sogar, zugestanden, aber .... er hat etwas Merkwürdiges, etwas Unver ständliches in seiner Physiognomie, daS mir anti pathisch ist . . . ." Der Polizeidirektor lächelte fein. Er war inner lich derselben Meinung wie sein Freund; auch er konnte sich eines gewissen, abstoßenden Gefühls nicht erwehren, welches ihm das hochmütige Gebaren des Bankiers einflößte. „Unsinn," sagte er aber laut; „der Baron ist )er reizendste Mensch der Welt. Die Vertreter der ältesten und vornehmsten Geschlechter Frankreichs ühlen sich geehrt, an seinen Diners und Festen eilzunehmen, und reißen sich darum, bei ihm ein geladen zu werden. Er klopft Ministern vertrau- lich auf die Schultern und duzt die Gesandten. Was willst Du noch mehr?" „Ich möchte zum Beispiel wissen, ob der Mann wohltätig ist." „Dann brauchst Du ja nur einmal die Sub skriptionslisten durchzusehen. Seinen Namen findest Du stets an der Spitze." „Davon spreche ich nicht. Die Wohltätigkeit mit der großen Trommel steht ja auf dem offiziellen Programm aller „großen Tiere". Aber ich möchte wetten, daß dieser Mann, welcher sich großartig für tausend Francs auf die Sammelliste für die Ueberschwemmten in Ungarn oder für die durch ein Erdbeben in Caracas obdachlos gewordenen Un glücklichen eingezeichnet, keinen Pfennig für einen armen, verhungerten Teufel gibt, der ihn abends in der Dunkelheit darum bittet." „Ich glaube, Du bist neidisch!" „Außerdem, wie erklärst Du Dir die falben Bart- und Kopfhaare in der Nähe dieser schwarzen Augen eines Orientalen?" „Da mußt Du seine Eltern darüber fragen." „Wieviel lieber ist mir da diese junge Frau neben ihm I DaS ist doch wenigstens ein loyales, offenes Gesicht und gleichzeitig der Typus einer wahren Schönheit." Lemoine hielt einen Augenblick bewundernd und überrascht inne. „Merkwürdig," murmelte er für sich, „ich scheine der Spielball einer Hallucination zu sein . . . Welche Beziehungen können zwischen dem Baron und ... der anderen bestehen? Ich träume . . . Und trotzdem — die Aehnlichkeit ist wirklich frappant." „Was hast Du denn wieder?" fragte Cardec. „Du scheinst einen Monolog zu halten?" „Nein, alter Freund, mir ist nur etwas durch den Kopf gegangen ... Ich beklage diese schöne Frau. Sie wird nicht sehr glücklich sein mit einem solchen Gemahl." „Bah! Er bietet ihr allen erdenklichen Luxus. Was verlangt ein Weib noch mehr?" In diesem Augenblicke setzte daS Orchester ein. Doktor Lemoine antwortete deshalb nicht und wandte sich der Bühne zu, um der Vorstellung zu folgen. Wenn der „gute Doktor" auch nicht gerade ein guter Physiognomist war, so schien er doch, nach den wenigen Andeutungen, die er über Saint-Mag- loire und Elena gemacht, ein vorzüglicher Menschen kenner zu sein. Elena war in der Tat nichts weniger als glück lich, trotz des Pomps und Luxus, der sie umgab. Sie litt in den verborgensten Tiefen ihres Herzens. Saint-Magloire, dieser Mann aus Stahl, ohne Gewissen, ohne Herz, hatte eine große Schwäche: er huldigte dem schönen Geschlechte zu sehr. . . huldigte ihm ohne Ausnahme, ohne Grenzen. Dank seinem Ruf als König von Paris, wie ihn Cardec nannte, brauchte er nur zu wählen: Damen der hohen Gesellschaftskreise, Halbweltsterne, Schauspielerinnen, Bürgerinnen, keine widerstand ihm. WaS Elena anbetraf, welche er bei sich behalten hatte und die er als seine Gattin ausgab, so beschränkte er sich ihr gegenüber auf die gesellschaftlichen Förm lichkeiten. Im Familienleben war sie ihm nichts mehr: eine Fremde. Elena litt grausam unter seiner Gleichgiltigkeit. Aber wenn er sie auch vernachlässigte, sie liebte ihn noch immer. Sie war ihm in Dankbarkeit ergeben, hatte er doch ihr Kind in London vor dem Hunger tode gerettet. Sie ahnte nicht, daß er zu dieser guten Tat nur gezwungen worden war. Die Ehre gebührte Bastien, alia8 Macaron, dem Banditen, Räuber und Mörder, der aber noch hundertmal mehr Menschlichkeit im Leibe hatte als sein Spießgeselle. Die Liebesabenteuer Saint-Magloires hatten jedoch keine lange Dauer, sie entsprangen seiner Sinnlichkeit, nicht seinem Herzen. Elena konnte deshalb, obwohl ihr Herz immer wieder von neuen Schmerzen durchbohrt wurde, noch glauben, die einzige wahre Zuneigung Gastons zu besitzen. Und in dieser krampfhaften Ueberzeugung verzieh sie ihm seine unaufhörlichen Treulosigkeiten. Stolz, an dem Arme des Geliebten sich zu zeigen, ihn in ihrer Nähe zu haben, strahlte ihr Gesicht in seiner ganzen, reinen Schönheit, die so oft durch die innern Seelenleiden und die Tränen getrübt und beeinträchtigt wurde. Wenn Saint-Magloire König von Paris ge nannt wurde, so hätte man Elena für die Königin der Schönen erklären können, unter allen den Frauen, die das Opernhaus zierten. Unterdessen hatte sich der Vorhang gehoben und „Faust" begann. DaS Getöse dec sprechenden und lachenden Menge machte einer feierlichen, erwartungs vollen Stille Platz. Der Eintritt Margarethens rief allgemeines Er staunen wach. Obwohl Germaine eine Schönheit war, fehlte ihr doch die duftige und rührende Anmut, welche diese dankbare Rolle unbedingt erfordert. Germaines Reize waren berauschend, aber paßten trotz ihres prächtigen, wenn auch falschen „Haarwuchses" recht schlecht zu der Figur. Sie war nicht daS sanfte Gretchen des deut schen Dichters, sondern eine Margarete L la woäs äs Uaris. Aber sie hatte lange und fleißig studiert. Schon nach den drei ersten Takten verschwand der unbehagliche Eindruck, und das ganze Haus war von ihrer Kunst gefesselt. Zwei Personen im Zuschauerraum waren schon im voraus von ihrem Können überzeugt: Dulac, der die Sängerin sterblich liebte und daher niemals einen Fehler an ihr hätte entdecken können, und Saint-Magloire, dem das Blut in den Kopf stieg, als er die blendende Erscheinung der Sängerin auf die Bühne treten sah. Von diesem Augenblicke an verschlang er sie mit den Blicken und schien überhaupt alles um sich her vergessen zu haben. Elena, welche ihn um et was befragte, erhielt kaum eine Antwort. So selbstsicher und kühn Germaine war, eine begreifliche Aufregung hatte sich ihrer doch bemäch tigt. (Fortsetzung solgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen vom 1k. September. Wien. Kaiser Wilhelm trifft am 18. Sept- r/,10 Uhr vormittags auf dem Südbahnhofe ein, wo ihm ein feierlicher Empfang bereitet wird. Am Sonntag, nach dem Theater, fährt der Kaiser nach dem Penzinger Bahnhof, wo die Abreise erfolgt. Graz. Das Hochwasser in Steiermark hat in wenigen Stundet: zahllose Existenzen vernichtet und Menschenleben gefordert. Bei Villach soll der Draufluß außer Tierkadavern auch Menschenleichen mit sich führen. In Hallein trieb der Salzach eine männliche Leiche an. Im Zillertale stieg das Hoch wasser bis gestern. Die Gräber des Kirchhofes sind aufgewühlt und die Grabsteine weggeschwemmt. Der Bahnverkehr nach der Richtung hin ist unter brochen. Einige Ortschaften befinden sich in Gefahr. Marburg a. Drau. Das Hochwasser hat gestern Abend den Gaseesteg über die Drau weg gerissen. 10—11 Personen, darunter 2 Polizisten, die sich auf dem Steg befanden, sind wahrscheinlich ertrunken. Auch die große Draubrücke ist in Ge fahr. Aus allen Teiler: der Alpen treffen Hiobs nachrichten ein. Das Wasser steigt stetig. Alle Flüsse und Bäche sind ausgetreten. Marsrille. Der Dampfer „Polinesien" ist auf den Grund geraten. Seine Lage ist kritisch. Einige Schleppdampfer sind zur Hilfeleistung herbeigeeilt. Mailand. Dem Mailänder Blatte „Sera" zufolge treffen die Militärbehörden in Neapel alle Vorbereitungen zu einer Expedition von 10 000 Mann nach Mazedonien. Christiani«. Die Gesamtzahl der bei dem Brandunglück in der Kongenerstraße Umgekommenen ist mit 9 festgestellt. (S. Kleine Chronik.) Belgrad. Seit zwei Tagen beschäftigt sich der Minsterrat mit der Frage, ob eine Reihe höherer Offiziere, welche die eigentlichen Urheber des Nischer Komplottes sind, verhaftet wer den sollen. Die Mehrzahl der Minister jst gegen die Verhaftung, weil dadurch dem Ausland bewiesen werde, daß das Nischer Komplott eine weit größere Bedeutung habe, als man in Belgrad zugeben wolle. Sofia. Die „Autonomie" meldet, daß die Massenmetzeleien im Landschak Kirkilissa andauern. In der Stadt Kirkilissa selbst ordnen die Behörden an, daß alle Bulgaren, welche in Gemeinschaft mit den Griechen leben, abgesondert werden sollen. Die im Gefängnis befindlichen Bulgaren sind von türkischen Mitgefangenen niedergemacht worden. Algier. General Cazo, Kommandant des 19. Armeekorps, verläßt heute Algier, um sich nach dem äußersten Süden zu begeben, wo die jüngsten Ereignisse seine Anwesenheit erfordern.
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