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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190309083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030908
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030908
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-08
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.09.1903
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und für die höheren Einkommen zwei besondere Klaffen gebildet würden. — Wie de« „B. T." au« Bochum gemeldet wird, hat der Beschluß de« Knappschaft«vorstande«, den Krankenhäusern die besondere Vergütung für die Behandlung der» Wurmkranken zu entziehen, einen Aerztestreik verursacht. Die Aerzte verweigern die Vornahme von KotuntersuLungen ohne Ver gütung. Da die Zechen keine Bergleute einstellen dürfen ohne aus die ärztliche Bescheinigung hin, daß sie wurmfrei find, und die Aerzte solche Bescheinig ungen nicht au«stellen, so werden zahlreiche Bergleute arbeitslo«. — Im Wasserleitung«streit in Metz zwischen der Stadt und dem Militärfi«ku« fordert ein Ober gutachten der Ministertalkommtfsion, wie der Köln. Ztg. von der Mosel telegraphiert wird, eine sehr kostspielige Sanierung der Gorzer Wasserleitungen. Da« Obrrgutachten gibt aber gleichzeitig der Be fürchtung Raum, daß trotz aller Mühe und trotz sehr großer Kosten eine dauernde Erhaltung dieser Wasserversorgung unmöglich sei, und empfiehlt dringend, sofort eine ausreichende Grundwasser leitung anzulegen. Da« war auch von vornherein die Forderung de« Militärfi«ku«. Die Waffernot in der Stadt Metz selbst besteht noch in vollem Unfange fort. In Metz ist kein Typhurfall vor gekommen, die Erkrankungen in Gorze find im Er- löschen begriffen. — Militär und ansteckende Krankheiten. Eine schleunige Verfügung der obersten preußischen Militärbehörde erging nach der Staat«b.-Ztg. an die einzelnen Korprkommando«. In der Kundgeb ung wird auf die großen Gefahren hingewiesen, welche dem Militär gelegentlich der Herbstmanöver durch Einquartierung in verseuchten Ortschaften erwachsen. Zum Schluß werden die Korpskom- mandeure aufgefordert, strengstens dafür zu sorgen, daß in Ortschaften, in welchen der Typhu« ausge brochen ist oder sonstige seuchenähnliche Krankheiten herrschen, Mannschaften nicht einquartiert werden. — Der neue Oberpräsident von Schlesien geht energisch vor. In einer Konferenz der höheren Verwaltungt-Beamten wie« Graf Zedlitz-Trützschler nach der Bresl. Ztg. daraus hin, daß schwere mo ralische und soziale Schäden entstehen würden, wenn man die durch Hochwasser Geschädigten bi« zur nächsten Ernte auf öffentliche Almosen verweise, und ordnete an, schleunigst Wege, Deiche, Brücken und andere Bauten herzustellen, damit die Ueber- schwemmten sich dabei ihr Brod verdienen könnten. Der Staat werde Hilf«gelder dazu sicher hergeben. — Die englischen Vettern. Der Voss. Ztg. geht von Herrn Dr. Alfred Lachmann in Berlin, früherer Rechtsanwalt in Bloemfontein im Oranje staat, ein Schreiben zu, worin der Herr betont, daß bisher über 400 während des Burenkrieges neutral verbliebene Reich«-Deutsche, die ohne ihr Verschulden durch die englische Kriegsführung um mehr als 10 Millionen Mark geschädigt wurden, die ihnen zu kommende Entschädigung noch nicht erhalten haben, obwohl ihre Ansprüche sich schon seit drei Jahren in den Händen de» Reich«amte« de« Auswärtigen befinden. Er dürfte da doch angebracht erscheinen, daß von deutscher Seite energisch ausgetreten wird, die englischen Herren Vettern lassen niemand so lange warten, wie den „verdammten Deutschen". Oesterreich-Ungarn. — Der Beilegung der ungarischen Minister krise haben sich unerwartet neue Hindernisse in den Weg gestellt. Die Wahl des Kaisers war auf den bisherigen Finanzminister Lukacz gefallen, weil dieser da« persönliche Vertrauen de» Monarchen im höchsten Maße genießt. Graf Khuen überbrachte dem Erkorenen den Wunsch de« Kaiser« zur Ueber« nähme der Kabinett«bildung. Lukacz fügte sich diesem Wunsche, konnte sich aber bei ruhiger Er wägung dem Bedenken nicht entziehen, daß er außer Stande sei, die Opposition im ungarischen Reich»tage zu überwinden. Mit friedlichen Mitteln sei ein Ausgleich unerreichbar, Gewaltmaßregeln anzuwenden sei er nicht geneigt. Augenscheinlich hat Lukacz in diesem Sinne offen zum Kaiser ge sprochen und diesen gebeten, sein Vorhaben auszu geben. Der Kaiser soll denn auch die Gründe des Finanzminister« gebilligt und seinen Auftrag zu- rückgezogen haben. — Gegen da« österreichische Ministerium haben die Tschechen mobil gemacht, in dem sie aus einem Parteitage in Prag den Sturz de» Kabinett« Kröber für ihre erste und dringendste Ausgabe erklärten. Ferner protestierten die Tschechen gegen die Zurückbehaltung der Reserve bei der Fahne. Gegen diese durch die Notwendigkeit ge botene Anordnung hat übrigens auch der Wiener Gemeinderat Einspruch erhoben. Die Heeresver waltung soll denn auch bereits geneigt sein, die im dritten Jahrgange stehenden Mannschaften gänzlich zu beurlauben, wenn diese versprechen, in dem Augenblick, in dem sie wieder einberusen werden, unverzüglich zu ihren Regimentern zurückzukehren. Zur Textilarbeiterbewegung iu Crimmitschau. Crimmitschau, 6. September. Der Riesen- lampf der hiesigen 8000 Textilarbeiter fängt an, schärfere Formen anzunehmen. Besonders sind die Ausgesperrten sehr empört über die in einem Teil der Presse verbreiteten einseitigen und zum Teil gänzlich unwahren Berichte. Aus Grund genauer Erkundigungen wird versichert, daß die Behauptung, die Streikenden seien mit der Höhe der ausgezahlten Unterstützungsgelder nicht zufrieden oder hätten mehr erwartet, keineswegs den Tatsachen entspricht. Die Höhe der Unlerstützungsgelder ist durch die Verbandsstatuten genau geregelt und die Arbeiter haben schon vor Beginn der Bewegung gewußt, wieviel sie im Falle des Streiks bekommen. Trotz der Bestimmung des Verbandsstatuts, daß sür die erste Woche keine Unterstützung zu zahlen ist, hat der Verband solche ausgezahlt! Dein Verbände gehören hier gegen 6500 Personen an. Da aber 8000 Arbeiter ausgesperrt sind, so zahlt der Ver band auch au die übrigen, dem Verbände nicht angehörenden Personen Unterstützungen. Die Nicht verbandsmitglieder erhalten natürlich etwas weniger als die organisierten Arbeiter. Daß bei Auszahlung der Gelder Unregelmäßigkeiten vorgekommen sein sollen, ist ebenfalls nicht wahr. Um zu diesen und noch anderen den Tatsachen nicht entsprechenden Nachrichten Stellung zu nehmen, wurden am Freitag Nachmittag fünf öffentliche Textilarbeiterversammlungen abgehalten, die von annähernd 6000 Personen besucht sein mochten. Zunächst wurde betont, daß, entgegen eines den Crimmitschauer Lokalblättern zugegangenen kreis hauptmannschaftlichen Bescheides, wonach Minister von Metzsch die ihm in den Mund gelegten Aeußerungen betr. des Streikpostenstehens nicht ge sagt haben will, die in Dresden vorstellig gewordene Arbeiterdeputation die Aeußerungen des Ministers aufrecht erhält. Vollständig aus der Luft gegriffen sei ferner die Mitteilung einiger Zeitungen, daß das Ende der Crimmitschauer Bewegung nahe be vorstehe und event. schon diese Woche zu erwarten sei. Ferner wies man die Behauptung, die Ar beiter seien gegen ihren Willen in den Streik ge treten, entschieden zurück. Die Fabrikanten hätten dafür gesorgt, daß kein Crimmitschauer Textilarbeiter anderwärts Unterkunft fände. Die Arbeiter seien aber auf alles gefaßt, möge es kommen wie es wolle. Abfällig kritisierte man auch das Vorgehen des Fabrikantenvereins gegen die Trikotagenfäbrik, die bereits den Zehnstundentag eingeführt hat. Schließlich gelangten Resolutionen zur Annahme, in welchen der Vorstand des Textilarbeiterverbandes beauftragt wird, beim Spinner- und Fabrikanten verein Einigungsverhandlungen anzubahnen. Die Angriffe auf die Streikleitung und die Führerschaft wurden jedoch energisch zurückgewiesen und derselben das vollste Vertrauen ausgesprochen. In der Crimmitschauer Trikotagenfabrik wird weiter gearbeitet, da hier der Zehnstundentag schon seit längerer Zeit besteht. Die Besitzer der Fabrik, die sich mit im Spinner- und Fabrikantenverein befinden, sollen nun eine hohe Konventionalstrafe zahlen. Die Leitung weigert sich aber, dies zu tun. Es ist deshalb zwischen dem Verein und der Trikotagenfabrik zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Dem weiteren Ausgang der Angelegen heit sieht man mit Spannung entgegen. Die Streik leitung ließ in großen Massen ein äußerst umfang reiches Flugblatt verbreiten, in dem der ganze Hergang der Bewegung, der Konflikt zwischen der Trikotagenfabrik und dem Fabrikantenverein, sowie die Verleumdungen der Bewegung erörtert und beleuchtet werden. Das Flugblatt trug die Ueber- schrift: „An alle rechtlich denkenden Menschen Deutschlands." Da vom Crimmitschauer Stadtrat erneut die Streikposten aufgehoben worden sind, will eine Arbeiterdeputation zum zweiten mal persönlich beim Minister von Metzsch vorstellig werden, um zu fragen, ob in Sachsen die Streikposten erlaubt seien oder nicht. * * Wie aus Forst gemeldet wird, hat eine Ver sammlung der dortigen Textilarbeiter beschlossen, die Streikenden in Crimmitschau mit allen Mitteln zu unterstützen. Ferner wurde beschlossen, bei den jenigen Meistern, die etwa Waren für Crimmit schau liefern, sofort in den Streik einzutreten, falls die betreffenden Meister trotz an sie ergangener Aufforderung weiter lieferten. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 7. September. *— Früher oder später? Ueber die Anzeichen in der Natur, aus denen die erfahrenen Natur kundigen, Schäfer, Gärtner, Fischer und Förster auf den frühen oder späten Eintritt des Winters schließen, seien folgende Mitteilungen gemacht. Ist im September bei den Wintereichen das Laub sehr frisch, so bleibt noch lange mildes Wetter. — Werden die Ameisenhaufen recht hoch gebaut, ist starke Kälte zu erwarten, ebenso wenn es jetzt auf fallend viel Spinnen gibt. — Bauen die Feldmäuse in den Heu- und Getreidefeimen ihre Wohnungen hoch, so wird der Winter naß, gehen sie jedoch unter die Erde, so wird der Winter kalt.— Tragen Eichhörnchen und Haselmaus zeitig ein und schließen sie ihr Nest zeitig, so tritt frühe Kälte ein. Auch in dem Fortziehen der Schwalben kann man er kennen, ob die Kälte früh oder spät eintritt. Das Vorgefühl der Tiere für die Witterungsverände rungen ist schon vielfach von Gelehrten festgestellt worden. Wer Lust hat, stelle selbst Beobachtungen an! * — Möglichst sparsam mit dem Wasser umzugehen, insbesondere das Besprengen der Straßen und Gärten mit Wasser aus der städtischen Leitung zu unterlassen, wird die Einwohnerschaft vom Stadtrat ersucht. Die Ergiebigkeit der Quellen hat sich infolge der eingetretenen Trockenheit derart vermindert, daß in den hochgelegenen Stadtteilen — mangels genügenden Druckes — die Gefahr zeitweiligen Versagens der Wasserleitungen vorliegt. * — Einen Brand in den Anlagen des Erz gebirgsvereins, und zwar im Langeschen Steinbruch, verursachte gestern gegen Mittag ein älterer hiesiger Schulknabe vermutlich durch Spielen mit Streich hölzchen. Durch das Hinzukommen einiger hiesiger Einwohner wurde glücklicherweise das Feuer, das leicht die ganzen Anlagen vernichten konnte, bald gelöscht, gleichwohl ist der Schaden an den vor jährigen Anpflanzungen ein nicht unerheblicher. — Bei dieser Gelegenheit sei warnend darauf auf merksam gemacht, daß das noch immer häufige Ab brennen der Feldraine, von Kartoffelkraut rc. in der Nähe der Stadt laut einer Bekanntmachung des Stadtrates verboten ist und Zuwiderhandelnde sich einer strengen Bestrafung aussetzen. Für von Kindern verursachte Schäden sind, wie wir schon früher einmal erwähnten, die Eltern verantwortlich und ersatzpflichtig. * — Ein recht bedauerlicher Unfall ereignete sich gestern Nachmittag kurz nach 5 Uhr aus dem hiesigen Neumarkt in unmittelbarer Nähe des Pfarr hauses. Der Besitzer eines um diese Zeit daselbst stehenden Lohngeschirres, ein Herr Löbig aus Limbach, hatte, um in der Nähe wohnende Ver wandte zu besuchen, den Wagen verlassen, in dem selben eine ältere und eine jüngere Frau, sowie 2 Kinder zurücklassend. Aus noch unbekannter Ursache wurde das Pferd unruhig und glaubten die Kinder, es durch Erfassen der Zügel besänftigen zu können, erreichten aber, da zu kurz gefaßt, das Gegenteil. Die Folge davon war, daß der Wagen umkippte und die Insassen unter sich begrub. Während die Kinder und die jüngere Frau mit dem Schreck bez. mit einigenHautabschürfungen davon kamen, erlitt die ältere Frau leider einen doppelten Armbruch. Auch das Pferd trug Verletzungen davon und vom Wagen zerbrach die Deichsel. Die Verunglückte wurde zunächst ins Pfarrhaus ge bracht, woselbst ihr die erste Hilfe und liebens würdigste Pflege zu teil wurde. * — Nnglücksfall Einem schulpflichtigen Mädchen in der Zeißigstraße siel gestern eine steinerne Platte auf den Fuß, wodurch das Kind schwer verletzt wurde und sich ärztliche Hilfe nötig machte. * — Eteuerwesen. Das Königliche Finanz ministerium erläßt folgende Bekanntmachung: Die Vorschrift des 8 47, Absatz 3, Satz 1 der Ver ordnung, die Ausführung des Einkommensteuer gesetzes vom 24. Juli 1900 betreffend, wird dahin abgeändert: In der Aufforderung zur Deklaration ist dem Beitragspflichtigen zu deren Abgabe eine Frist von drei Wochen einzuräumen, welche aus Ansuchen des Beitragspflichtigen durch die Ge meindebehörde um eine weitere Woche verlängert werden kann, dafern durch eine solche Verlängerung nicht die Einhaltung des in tz 52 für di? Abgabe der Deklarationen an die Bezirkssteuereinnahme angeordneten Termines gefährdet wird. * — Von der Eisenbahn. Nach jetzt vor liegenden endgültigen Festsetzungen gestalteten sich die Betriebsergebnisse der Sächsischen Staatseisen bahnen im April d. I. wie folgt: Befördert wurden 5 824429 Personen und 2 069 916 Tonnen Güter und dafür insgesamt 9889 578 Mark ver einnahmt. Aus den Personenverkehr entfielen hier von 3 475 430 Mark, auf den Güterverkehr 6 414148 Mark. Die diesjährige April-Einnahme überstieg demnach diejenige vom Vorjahre um 448 347 Mark. Die Gesamteinnahme vom Monat Januar bis mit April l. I. ergab 36 173 960 Mark, das sind 2 097 638 Mark mehr als im gleichen Zeiträume des Vorjahres. * — Die Postbchördc hat, laut Vossischer Zeitung, eine bemerkenswerte Verfügung über die Rückgabe von falsch bestellten Briefen erlassen. Es wird darauf hingewiesen, daß Briese und Post karten, welche irrtümlich bestellt oder in Drucksachen vorgefunden sind, nur dann eine weitere freie Be förderung erfahren, wenn sie einem Briefträger zurückgegeben werden. Falls die Sendungen in dessen, was oftmals geschieht, einfach in einen Briefkasten gesteckt werden, so unterliegen sie von Neuem der postalischen Beförderung und werden als „unfrankiert" behandelt. Infolge von zahl reichen Reklamationen wegen der Zahlung von Strafporto und der damit verbundenen Zeitver säumnis durch Schreibereien und Vernehmungen wird daher gebeten, im Interesse der unbekannten Adressaten falsch bestellte Briefe und Postkarten einfach bei nächster Gelegenheit dem Briefträger zurückzugeben. * — Der „Verband Sächsischer Gewerbe- und Handwcrkervereine" hält seinen diesjährigen Verbandstag in Zittau, und zwar am Sonntag, den 20., und Montag, den 21. September dieses Jahres, ab. * — Verwertung von Glühkörpcrasche. Die Staatseifenbahn-Verwaltung beabsichtigt, die Glüh körperasche künftig zum Verkauf zu bringen. Die Verbrauchsstellen sind jetzt angewiesen worden, diese Asche von jetzt ab sorgfältig zu sammeln und an das Werkstätlen-Magazin in Dresden-Friedrichstadt zwecks weiterer Aufbewahrung abzuführen. Gersdorf, 7. September. „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende!" Die hiesige Familie Franke, welche sich infolge eines Familienfestes in Freudenstimmung befand, wurde plötzlich in tiefe Trauer versetzt, indem die Tochter einige Stunden vor ihrer Trauung am Herzschlag verstarb. Der Bräutigam und die Mutter sind untröstlich. * Berusdorf, 7. Sept. Die Frau, welche vor mehreren Tagen von ihrer geistesschwachen Tochter am Kopfe so schwer verletzt wurde, ist am Sonn abend früh im Lichtensteiner Krantenhause gestorben. * Erlbach, 7. September. Gestern Abend in der 11. Stunde brach hier Großfeuer aus, es stand das Scheunengebäude des Mühlenbesitzers Franz Mehlhorn in Hellen Flammen, sodaß auch das an stehende Seitengebäude mit ergriffen wurde und vollständig niederbrannte. Das Wohnhaus mit Mühlengebäude und ein Schuppen konnten infolge der Windstille sowie schnellen Eingreifens der Feuerwehr erhalten werden. Von den herbeigeeilten Wehren erhielten die Gersdorfer Freiwillige Feuer wehr den 1., die Lugauer den 2. Preis. Brand stiftung dürste die Ursache des Feuers sein. Hj Grüna, 7. Sept. Am gestrigen Sonntage tagte in Helbigs Gasthaus hier eine öffentliche Textilarbeiter-Versammlung. Zu Punkt 1 der Tagesordnung berichtete zunächst Herr Helbig- Reichenbrand über die Lohnverhältnisse bezw. Lohn forderungen der Koulierhandschuhmacher von Grüna, Reichenbrand, Mittelbach, Oberlungwitz, Wüsten brand sowie in der Pflege von Waldenburg, wie Callenberg usw. Herr Helbig führte aus, daß ihm Ende März dieses Jahres von Arbeitern mit geteilt worden sei, daß einige Fabrikanten dieser Branche die Lohntarifsütze durchbrochen hätten und deswegen weniger Lohn auszahlten als im Tarif vorgesehen sei. Auf seine Ermittelungen hin bei den in Frage kommenden Fabrikanten sowie bei dem Vorsitzenden desdortigen Arbeitgeber-Verbandes, Herrn Opitz-Grüna, habe Herr Opitz erklärt, daß unter allen Umständen die Tarifsätze eingehalten werden müßten. Brieflich teilten dann die zwei in der Grünaer Pflege wohnenden Fabrikanten mit, daß es sich bei ihnen nicht um einen Durchbruch der Tarifsätze handelte, sondern lediglich ein Ver sehen vorliege. Sie erklärten deshalb, nach wie vor die vereinbarten Tarifsätze zu bezahlen. An ders dagegen verfuhren die Arbeitgeber in Callen berg, Reichenbach usw., wo die Arbeiter in einen etwa vierwöchentlichen Streik eintreten mußten und damit wenigstens erreichten, daß der frühere Lohn von 1 Mark 10 Pfg. per Dutzend solcher Hand schuhe auf 1 Mark 70 Pfg. erhöht wurde, außer dem gaben die Fabrikanten das Versprechen ab, ab 1. Oktober dss. Js. 2 Mk. 20 Pfg. beziehentlich 2 Mark 40 Pfg. pro Dutzend bezahlen zu wollen (2 Mk. 40 Pfg. ist Tariflohn.) Herr Helbig be- richtete dann weiter, daß er einer weiteren Forde rung der Arbeiter, 30 Pfg. pro Dutzend mehr zu verlangen, keine Sympathie entgegenbringen könne, erklärte sich aber damit einverstanden — da jetzt diese Artikel gemustert werden — dieses Verlangen Herrn Opitz in Grüna mitzuteilen, damit die hier in Frage kommenden Fabrikanten — etwa 68 an der Zahl — diesen erhöhten Lohn bei den neuen Artikeln mit in Kalkulation bringen möchten. Der Arbeitgeberverband hat aber Herrn Helbig mitteilen lassen, daß zur Zeit von einer solchen Lohnerhöhung abzusehen sei, weil die Baumwollpreise noch sehr hoch, dann aber der jetzige Geschäftsgang ein sehr flauer sei und eine Neubelebung in nächster Zeit nicht zu erwarten ist. Herr Opitz macht ferner Herrn Helbig den Vorschlag, eine Lohnkommission, deren Mitglieder in dieser Branche Sachkenntnis besäßen, zu wählen, mit der dann der Arbeitgeber- Verband in Unterhandlungen treten könnte. Herr Reichelt-Chemnitz stellt bei dieser Berichterstattung einiges richtig, worauf die altbestehende Lohn kommission wieder- bezw. einige neugewählt wurden. Zu Punkt 2) „über die Zehnstundenbewegung in Crimmitschau" berichtete Herr Reichelt-Chemnitz. Redner geht eingehend auf die Ursache diefer Be wegung ein, die statt zu einem Streik der Arbeiter, zu einer Massen-Aussperrung durch die Fabrik besitzer geendet habe. Er bedauerte auf das leb hafteste, daß die Behörde in Crimmitschau zu Gunsten des Unternehmertums diese Bewegung der Arbeiter erschwere und rügte ferner die wahrheits widrigen Preßäußerungen. Wenn man den Sozial demokraten Terrorismus vorwerfe, so verweise er auf den Fabrikbesitzer-Verband, der ein Mitglied, das bereits nur 10 Stunden arbeiten ließ, zwingen wollte, ebenfalls seine Arbeiter auszusperren. Der betr. Spinnereibesitzer habe daraufhin seinen Aus tritt aus dem Verband erklärt; dies sei jedoch nicht angenommen worden, vielmehr sei der betr. Herr in eine Geldstrafe genommen worden, die etwa 10 000 Mk. betrage. Eine solche Handlung, von einem Arbeiter ausgeführt, genügte, diesen auf viele Monate hinter Schloß und Riegel zu bringen. Redner wünscht, daß die hiesigen Textilarbeiter den bestorganisierten und bestdisziplinierten Arbeitern Crimmitschaus ihre tatkräftige Unterstützung nicht versagen werden usw. Herr Helbig als Vorsitzender betont, daß eine Resolution nicht eingegangen sei, macht aber den Vorschlag, sich mit diesen Arbeitern solidarisch zu erklären, was einstimmig geschieht, worauf die Versammlung ihr Ende er reichte. * Dresden, 6. Sept. Ein schwerer Unglücks fall ereignete sich vorgestern Abend im Hause Marternistraße 14. Eine dort wohnende junge Frau geriet beim Nachfüllen einer Petroleumlampe in Brand und anstatt sich auf den Erdboden zu werfen, lies sie die zugige Treppe hinab. Die Un glückliche erlitt furchtbare Brandwunden, die das Schlimmste befürchten lassen. * Leipzig. Ueber einen bemerkenswerten Vor gang, der sich nach Beendigung der Parade in Leipzig abspielte, berichtet ein Augenzeuge: Als der Kaiser nach Schluß der Parade vom Exerzierplatz abritt, bildeten Ulanen Spalier. In unmittelbarer Nähe des Exerzierplatzes wartete eine vieltausendköpfige Menge, um den Kaiser zu sehen. Beim Erscheinen der stattlichen Reiterschar des Kaisers, der Fürstlich keiten und ihrer Begleiter erscholl brausendes Hurra. Dadurch wurden einige Pferde der Spalier bilden den Reiter unruhig. Weil aber der Kaiser in un mittelbarer Nähe war, drängten die Ulanen ihre Rosse, die dadurch nur noch erregter wurden, sich bäumten und ausschlugen, in die dichten Reihen deS dahinter stehenden, sich nach vorn schiebenden Publikums. Nur das persönliche Eingreifen des Kaisers, der die dem Publikum drohende Gefahr sofort mit scharfem Blick erkannte, wendete das jedem Nahestehenden unvermeidlich dünkende Unheil ab. Einen Moment an der Spitze des Zuges haltend, befahl er den betreffenden Reitern, mit ihm abzu reiten. Dankerfüllt schlugen die Herzen der zu nächst vor Schreck verstummten Umstehenden dem umsichtigen und menschenfreundlichen Monarchen nach, der wenige Augenblicke später in der auf- wirbelnden Staubwolke seines im Trabe mit ihm davonreitenden Gefolges verschwunden war. * Leipzig, 6. Sept. Einige Mannschaften des 133. Infanterieregiments waren bekanntlich am Donnerstag gegen Mittag beim Einrücken des Regiments in Leipzig infolge der geradezu uner träglichen Hitze trotz aller Erleichterungen, die man den Mannschaften aus dem Marsche gewährt hatte, ohnmächtig geworden und von der Bürgerschaft in liebevollster Weise ausgenommen und verpflegt worden. Von zuständiger Seite wird nun mitge teilt, daß sämtliche in Frage kommenden Mann schaften wieder frisch und munter sind. * Oederan, 5. Sept. Bei einer Revision der Gelder der hiesigen Kirchenkasse wurden bedeutende Unregelmäßigkeiten aufgedeckt. Der als Kaffen führer tätige Kirchner Fiedler wurde verhaftet. * Rokwcin, 4. Sept. Aus zwei Pulten eines hiesigen Fabrikkontors wurden während der ver gangenen Nacht 180 Mark in bar und Postwert zeichen gestohlen. Beide Pulte wurden erbrochen, das eine aber merkwürdigerweise wieder verschlossen. Von den Tätern fehlt noch jede Spur. * Pirna. In der Nacht zum Freitag brachen in Berthelsdorf, Liebstadt und Umgebung drei Schadenfeuer aus. Zunächst brannte die mit Ernte vorräten gefüllte Scheune des Herrn Klemm nieder.
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