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stark verbreiteten Spiritismus, nämlich um den Glauben an Geistererscheinungen, mit dem sich vor nicht langer Zeit ein Berliner Landgericht in Sachen gegen daS bekannte Blumenmedium Anna Rothe beschäftigt hat. Auf der Anklagebank nahmen der am 31. März 1868 in Meerane geb., daselbst wohnende Schmiedemeister Max Paul Frenzel und dessen am 31. Oktober 1892 gleichfalls in Meerane geb. Ehefrau Auguste Louise Frenzel gesch. Dittrich geb. Grundmann Platz, welche sich seit Mitte Mai d. I. hier in Untersuchungshaft befinden. Derber Anklage zu Grunde liegende Sachverhalt ist, wie wir der „Zw. Ztg." entnehmen, folgender: Schon seit mehr als zehn Jahren hat die verehel. Frenzel wöchentlich mehrere spiritistische Sitzungen in ihrer Behausung veranstaltet, wobei sie als „Medium" aufgetreten ist. Sie hat dies schon zu Lebzeiten ihre» ersten Ehemannes, deS Wäschereiarbeiters Dittrich, getan und auch in ihrer jetzigen Ehe fort gesetzt. Als Teilnehmer an den in Frage kommenden Sitzungen hatten sich eine große Anzahl Personen aus Meerane und Umgegend eingefunden. Es sollen mitunter 30 Personen und mehr gewesen sein, während in der letzten Zeit die Zahl der Teilnehmer auf zirka 12 gesunken war, da ein Teil der Mitglieder den Glauben an den Zauber verloren zu haben schien, ein anderer Teil aber auch inzwischen gestorben ist. Die Sitzungen wurden in der Regel von einem der Teilnehmer mit einem Gebet oder dem Borlesen aus einem Gesangbuche eröffnet, worauf dann die verehel. Frenzel nach ihrer eigenen Angabe in einen Traumzustand verfiel. In diesem Zustande begann sie dann zu sprechen und zwar tat sie so, als ob durch ihren Mund Jesus Cristus oder Moses oder die Seele irgend eines Verstorbenen zu den in der Sitzung Anwesenden spräche, hielt dabei religiöse Vorträge und ermahnte die Anwesenden zur Buße und zu einem gottgefälligen Leben und schilderte auf der einen Seite die Freuden der Seligen und auf der anderen die Qualen derjenigen, die in der Hölle schmachteten. Sie trieb die Sache auch noch weiter, indem sie den andächtigen Zuhörern versicherte, Jesus Christus oder Moses und die Seelen Ver storbener erteilten durch ihren Mund den Anwesenden Befehle und stellte dabei für die gehorsame Befolg ung dieser Befehle himmlische Freuden, für die Nichtbefolgung »ber Strafen auf Erden und nach dem Tode in ^Aussicht. Die „Befehle" wurden aber nicht nur mündlich, sondern sogar schriftlich erteilt. In ihrem Traumzustande erfaßte sie einen ihr hingelegten Bleistift und schrieb damit auf einen Zettel, der ihr vorgelegt worden war, die angeblichen Kundgebungen Jesu Christi, Moses und der Seelen Verstorbener. Alles dies wurde von den Versammelten für bare Münze gehalten. Unglaublich, aber wahr! Ja, sie leistetenden „Kundgebungen" und „Befehlen" unbedingten Gehorsam. Und diesen blinden Glauben verstand das Medium Frenzel in der ergiebigsten Weise auszunützen. Gleich beim Beginn ihrer Tätigkeit ordnete JesuS Christus durch ihren Mund an, daß jeder Teilnehmer für Licht, Feuerung und Reinigung der Stube wöchentlich 10 Pfg. an die Frenzel zahlen solle. Dies wurde von den Teil nehmern auch getreulich befolgt und auf diese Weise erhielt sie von jedem über 15 Mark jährlich. Förmlich zum Lachen reizt eine weitere Anordnung, die JesuS Christus durch den Mund der Frau Frenzel den Versammelten erteilte: Sie sollten nämlich „zur Erlösung Unseliger" Skat spielen und den dabei erzielten Gewinn in eine gemeinschaftliche Kaffe, die natürlich nur von den Frenzel'schen Ehe leuten verwaltet werden durfte, abliefern. Auch dies haben die Spiritisten befolgt und an dem Skaispiele haben sich in der Folgezeit nicht nur Männlein und Weiblein, sondern auch solche Personen beteiligt, die das Skatspiel gar nicht verstanden. Es war aber „Befehl" Jesu Christi und da wagte es keiner, sich auszuschließen. Durch diese „Skai- kasse" dürfte, da das Spiel jahrelang betrieben worden ist, Frenzels eine nicht unbedeutende Summe zugeflossen sein. Auch Reiseanordnungen traf Jesus Christus. Sehr häufig gab ec nämlich durch den Mund der Frau Frenzel den Versammlungsteil nehmern auf, „zur Erlösung Unseliger" Reisen nach bestimmten Orten zu unternehmen, und denjenigen Personen, die aus irgend einem Grunde verhindert waren, an der Reise sich zu beteiligen, legte er die Verpflichtung auf, einen den mutmaßlichen Reise kosten ungefähr gleichkommenden Betrag in die ge meinschaftliche Kaffe einzulegen, aus der dann die gemeinschaftlichen Kosten für Esten, Fahrgeld usw. bestritten wurden. In Befolgung dieser Anordnungen sind dann auch wirklich von verschiedenen Gläubigen Reisen nach Leipzig, Dresden, Pirna, Hohenstein- Ernstthal und verschiedene andere Orte unter nommen, von den nicht beteiligten Personen aber ziemlich erhebliche Betrüge in die gemeinschaftliche Kasse eingelegtworden. Daß sich Frenzels an den Reisen aufKostender allgemeinen Kaffe mitbeteiligten, versteht sich von selbst und war ja die Hauptsache. Einen Hanptstreich spielt das Medium in folgendem. Der Ehemann Frenzel schuldete seiner Schwester Martha 600 Mark, dem Weber Kroitzsch 1500 Mark und dem Maler Knolle ebenfalls 1500 Mark. Diese Beträge standen als Hypotheken aus dem Frenzelschcn Grundstücke und waren mit 4°/» zu verzinsen. „Jesus Christus" ließ nun eines Tages durch den Mund der Frau Frenzel, während sie wieder in einen Traumzustand verfallen war, verkünden, daß das Zinsennehmen sündhaft sei, und ordnete gleich zeitig an, daß die genannten Personen von der Ein- ziehung der Zinsen absehen sollten. Diesem Befehle gemäß haben dieselben auf längere Zeit hindurch wirklich von Zinsen für ihre Forderungen abge sehen. Später sprach einmal der verstorbene Mann der Witwe Tauber durch den Mund der Frenzel. Diese wußte nämlich, daß die Witwe Tauber 20 Mark zu Hause habe. Flugs ordnete der verstorbene Tauber an, daß seine Witwe die 20 Mark herbei schaffen und der Frau Frenzel geben solle. Diese erhielt sie darauf auch. Unglaublich plump verfuhr sie einmal vor längerer Zeit, als sie einen neuen Mantel gebrauchte. Damals lebte ihr erster Mann Dietrich noch und diesen schickte sie mit einem Zettel, der mit „JesuS" unterschrieben war, zu dem Weber Kroitzsch. Auf dem Zettel, der natürlich auch in einem Traumzustande auf höhere Eingebung ge schrieben sein sollte, stand, daß Kroitzsch zu einem Herbstmantel Geld geben sollte. Kroitzsch glaubte wirklich, die Anordnung rühre von JesuS Christus her, und blechte 18 Mark. Einen weiteren solchen Zettel, der ebenfalls wieder mit „JesuS" unterschrieben war, erhielt Kroitzsch später nochmals. Darin wu.de er aufgefordert, der Frau Frenzel Geld zu einem Kinderwagen zu geben. Auch dieser Zettel brachte der Frau Frenzel „einige Mark" ein. An all diesen BetrugShandlungen soll nun der Ehemann Frenzel als Mittäter mitgewirkt und mit seiner Frau, mit der ec seit 1897 verheiratet ist, gemeinsame Sache gemacht haben, indem er den Teilnehmern an den spiritistischen Sitzungen seine Wohnung zur Ver fügung stellte, sie in dem Glauben, daß höhere Mächte durch seine Frau sprächen, beließ, die Geld beträge, die die Teilnehmer zu der gemeinschaftlichen Kaffe zahlten, in Verwahrung nahm und insbe- sondere die Vermögensvorteile, die seiner Frau aus ihrem Tun und Treiben zuflossen, mit genoß. Zu dem Prozesse waren auch die Akten über den Ber liner Prozeß gegen Anna Rothe herbeigezogen. Die ganze Verhandlung nahm nur einige Stunden in Anspruch. Das Urteil lautet gegen die Frau Frenzel wegen Betrugs auf 6 Monate Gefängnis, während der Ehemann Frenzel frcigefprochen wurde. Dieser wurde jedoch auf Antrag der Staats anwaltschaft sofort aufs neue verhaftet, da gegen ihn Meineidsverdacht vorliegl. Gerichtssaal. 8 Das Buchholzer Eisenbahnunglück vo' Gericht. Chemnitz, 17. Sept. Am 24. Juli d. I. trug der Telegraph die entsetzliche Kunde durchs Land, daß das Gebirgsstädtchen Buchholz die Stätte eines furchtbaren Eisenbahnunglückes gewesen sei. Fünf Tote und eine ganze Anzahl von Verletzten blieben auf der Unglücksstätte, ein Schwerverletzter starb später noch, unv mancher hat noch heute an den Folgen zu leiden. Der bald darauf in Untersuchungshaft genommene Urheber des Un glückes, der 32 Jahre alte, aus Chemnitz gebürtige Stationsschreiber Reinhard zu Buchholz, hatte sich nun gestern wegen der ihm zur Last gelegten Straf taten vor der Strafkammer III des Kgl. Land gerichts zu Chemnitz zu verantworten. Die Ver handlung fand im großen Schwurgerichtssaale statt. Derselben wohnte nicht nur eine große Menge von Buchholzer Einwohnern, sondern auch eine Anzahl Beamte der Kgl. sächsischen Staatseisenbahndirektion bei. Bei Vernehmung zur Sache stellt Reinhardt entschieden in Abrede, daß das Unglück durch eine Dienstvernachlässigung seinerseits herbeigeführt worden sei. Er war beschuldigt, die Weiche, welche der Zug 1387 der Strecke Annaberg—Schwarzen berg zu passieren hatte, zu früh entriegelt und dadurch verschuldet zu haben, daß die letzten drei Wagen des Zuges entgleisten. Reinhardt bestreitet, daß das Jnbewegungsetzen des Kurbelwerkes die Ursache der Entgleisung gewesen sei. Er sei aller dings an jenem Tage etwas zerstreut gewesen, da er infolge Krankheit eines Kindes mehrere Nächte vor her nicht richtig geschlafen habe. Auch leide er selbst an einem Magenübel. Uebrigens habe er geglaubt, daß sich eine Weiche gar nicht öffnen lasse, sobald der Zug dieselbe noch nicht ganz passiert habe. Er sei in diesem Zweige des Dienstes nicht ausgebildet worden. Wie der Vertreter der Anklage, Herr Staatsanwalt Dr. Huber bemerkte, hat der Angeklagte früher er klärt, er habe den einfahrenden Zug vom Mittel perron aus gesehen und sei dann an das Kurbel werk gesprungen. Reinhardt muß auf Vorhalt zu geben, daß er die Weiche vom Kurbelwerk aus überhaupt nicht sehen konnte, und daß er ander seits das Kurbelwerk nach Einfahren des Zuges 1959 dem Hilssweichensteller Höfer übergeben habe. Allf Wunsch des Herrn Staatsanwalts wurde fest- gestellt, daß Reinhardt den Gepäckdienst, den Fahr- kartenverkauf, die Bedienung des Kurbetwerkes und der Signale, die Entgegennahme von Briefen, die allgemeine Aufsicht und schließlich noch ein Ein springen bei Verladung des Gepäcks zu versorgen gehabt habe. — Nach Abhörung verschiedener Zeugen beschloß auf Antrag des Verteidigers das Gericht abends '/,9 Uhr, sich an Ort und Stelle davon zu überzeugen, ob es möglich sei, innerhalb der vorgeschriebencn Zeit die dem Angeklagten Reinhardt abgelegenen Arbeiten zu erfüllen. Es werden deshalb nicht nur der Gerichtshof, sondern anch der Angeklagte und die Sachverständigen nach Buchholz reisen. Die Verhandlung soll dann am Nachmittag in den Räu nen des Kgl. Amtsgerichts Annaberg zu Ende geführt werden. 8 Zwickau, 16. Sept. Die hiesige Strafkammer verurteilte den Maurer Wühre, der sich an seinen drei Töchtern im Alter von 14, 15 und 16 Jahren vergangen hat, zu drei Jahren Zuchthaus. 8 Saarbrücken, 16. Sept. Der Kaufmann Friedrich Waltzinger aus Ottweiler wurde gestern von der hiesigen Strafkammer wegen Steuerhinter ziehung zur Zahlung des achtfachen Betrages der während sechs Jahcen hinterzogenen Summe mit 26096 Mark verurteilt. Bei der Beurteilung fiel erschwerend ins Gewicht, daß Waltzinger selbst Mit glied der Steucrkommission war. 8 Bochum, 16. Sept. Das Zeugniszwangs verfahren gegen den verhafteten Redakteur der Berg arbeiterzeitung Leimpeters ist eingestellt und Leim- peters heute Mittag aus der Haft entlassen worden. Sein Rechtsbeistand halte der Staatsanwaltschaft dorgelegt, daß das Verfahren gegen Leimpeters ge setzlich unzulässig sei, da bei seiner Verhaftung ein Strafverfahren gegen ihn noch garnicht eingeleitet gewesen wäre. 8 Der Rächer seiner Ehre. Der Freispruch eine» Mörder» erregt in Neapel großer Aufsehen. Dieser Tage endete die am 23. Juni begonnene Verhandlung gegen Ernesto delli Franc!, der ange klagt war, den Grasen del Balzo ermordet zu haben, und trotz seine» Geständnisse» freigesprochen wurde. Die Tragödie ereignete sich im Januar des vorigen Jahre«. Graf del Balzo verführte Franci« Tochter Lucia, da« Hau« ihre« Vater« zu verlassen und zu ihm zu kommen. Er wurde angeklagt und wegen Entführung mehrere Tage in» Gefängni« gesperrt. Erst al« er e« auf sich nahm, da« Mädchen zu hei raten, wurde er freigcgeben; aber dann weigerte er sich, sein Versprechen zu erfüllen. Al« er au« dem Gefängni« kam, forderte ihn Carlo, ein Bru der Lucia«. Gleichzeitig suchte der Vater de« Mäd chen« eine Versöhnung herbeizuführen und den Grafen zu überreden, die versprochene Genugtuung zu gewäh ren. Zur Besprechung der Angelegenheit verabredete er ein Zusammentreffen mit ihm am Abend de« 22 Januar 1S02. Sie trafen sich auf der Piazza Dante, und die Unterredung endete damit, daß Er nesto delli Franci seinen Revolver he:au«zog und de.. Grafen niederschoß. Bei der Gklichksverhand- lung sagte Ernesto delli Franci zu seiner Vertei digung, daß der Graf nicht nur seine Tochter ent- eh", sondern auch ihn selbst während der Un cr- redung gröblich beleidigt habe durch da« Anerbieten, sür da« Mädchen zu sorgen. Daraufhin habe er die Herrschaft über sich verloren und die verhc...z- nisvollen Schüsse abgegeben. Al« der Richter vte Freisprechung au«sprach, klatschten die Zuhörer laut Beifall und riefen: „Lang lebe die volk»tümliche Justiz!" Kleine Chronik. * Gera. Unter Vergiftungserscheinungen ist eine hiesige au« vier Köpfen bestehende Familie nach dem Genüsse von Kartoffelsuppe erkrankt. Wie sich heraurstellte, hatte man der Suppe da« Abgekochte von Pilzen, die die Familie von be freundeter Seite erhalten hatte und al« Trüffeln bezeichnet worden waren, beigetan. Eine nähe/e Untersuchung ergab schließlich, daß die Pilze soge nannte Karloffeiboviste, die bekanntlich giftig sind, waren. * Göttingen, 16. September. Im Nachbar städtchen Dassel brannten 18 Gebäude ab. Zehn Familien sind obdachlo« geworden. Man vermutet, daß Brandstiftung vorliegt. * Steinach, 16. Sept. Die 44jährige Gast wirtin Philippine Schmitt zu Hohn wurde nachts gegen 11 Uhr in ihrer Küche erstochen aufgefunden. * Düffeldorf, 16. Sept. Gelegentlich einer hier abgehaltenen Schützcnfestlichkeit ereigneten sich zwei schwere Unfälle. Da« auf dem Schützenhose in einer Bretterbude ausbewahrle Pulver, das zu den Böller schüssen verwendet werden sollte, explodierte, wobei zwei Arbeiter lebensgefährlich verletzt wurden. Wäh rend der Heimfahrt de« Schützenkönigspaares wuroen die vier vor dem Wagen gespannten Pferde wild und rannten mit dem Gefährt direkt in den Nhcin. Dem Besitzer ist ein Schaden von 8000 Mk. er wachsen. Beim Abspringen wurde der Lenker des Gefährt« erheblich verletzt. * Thorn, 16. Sept. Ein merkwürdiger Unfall ereignete sich auf dem Grundstück des Besitzer« Krü ger. Als dessen Sohn ein Stück Ackerland neben dem alten Weichseldeich pflügte, senkte sich der Erd boden und beide Pferde, Pflug und Nosselenker stürzten in einenjAbgrund von etwa 10 Metern Tiefe. Der junge Mann vermochte sich mit großer Anstrengung au« den Erdmassen herauszuarbeiten, die Pferde wurden vollständig verschüttet und erstickten. * Landsberg i. O.-S., 16. Sept. Wie ein Roman klingt die nachstehende Schilderung, und doch hat sich alles buchstäblich zugeiragen. Vor circa drei Jahren besuchte eine hiesige bildhübsche junge Dame, Fräulein Else Kukrisa, ihre Tante in Kilchinew- Auf einer Ballfestlichkeit lernte der einzige Sohn eines sehr reichen Fabrikbesitzers, Nikolaus Weraschgin, das Fräulein kennen, verliebte sich in dasselbe und warb um deren Hand. Obgleich nun von Seiten der Angehörigen der Lame nichts gegen eine Verbindung einzuwendcn war, versagten die Eltern des jungen Mannes ihre Zustimmung zu dem Ehebündnis, weil die Dame Protestantin war, sie jedoch der griechisch-katholischen Religion angehörte. Ein Versuch, die junge Dame der Religion des Bräutigams zuzuführen, war erfolglos, und dieselbe reiste kurzerhand ab. Vor 4 Wochen traf der nach dem Tode des Vaters in den Besitz eines ungeheueren Vermögens gelangte Nikolaus W. hier ein, hielt nochmals um die Hand der Geliebten an, und am Sonntag fand die frohe Hochzeitsfeier hier statt. * München. Nach amtlichen Erhebungen heißt die fünfköpfige Familie (Vater, Mutter, zwei er wachsene und eine 10jährige Tocbter), die sich vor einigen Tagen im Walchensee am Fuße des Herzogs- strandes ertränkt hat, Schmidt und stammt aus Norddeulschland; die Familie hatte keinen festen Wohnsitz, hielt sich in Bädern, Kurorten usw. auf, wohnte in Pensionaten, zuletzt in der Schweiz, und man nimmt an, daß sie wegen mißlicher Vermögens- vsrbältnisse den gemeinsamen Tod gesucht haben. Daß man die Leichen finden werde, wird bei den eig enartigen Verhältnissen des Walchensees bezweifelt. * Wien, 16. Sept. Wie Lemberger Blätter melden, sind die Mörder des Gutsbesitzers TomrschefSky au? Wilna, dessen Leiche, wie wir vorig" Woche meldeten, in einem Reisekorbe aus dem Mosko >er Bahnhose gefunden wurde, bereits entdeckt. Die Mörder sind die Studenten Maletzky und Win' r, beide leichtsinnige Kartenspieler. Maletzky ist .1 Cousin des ermordeten Tomaschefsky, der vor ein ..er Zeit von Maletzky zum Kartenspiel eingeladen nnr; bei Eintreten inS Spielzimmer wurde dieser von Maletzky durch einen Schlag auf den Kopf betäubt und hierauf von Winkler durch Einspritzung einer starken Dosis Cyankali ins Gesicht getötet. Die Leiche wurde, nachdem sie einer großen Summe Geldes beraubt war, in den Reisekorb gezwengt und als Reisegepäck nach Moskau geschickt. * Graz, 17. Sept. Im oberen Mur- und EnnStale ist der Eisenbahnverkehr unterbrochen. Bei dem Bruch de« Draustege« haben außer den beiden Polizisten vermutlich auch noch 3 oder 4 Erwachsene und einige Kinder den Tod in den Fluten gefunden. * Budapest, 17. Sept. Wegen Brandes de« großen Budapester Warenhauses Goldberg ist über den Oberkommandant der Feuerwehr, den Bezirks- ingenteur und den Bezirksvorstand die Disziplinar untersuchung verhängt worden. * Pest, 16. September. In der Ortschaft Mazedonika entstand dadurch, daß ein im Kirchturm befindliche«, zum Böllerschteßen bestimmte« Quantum Pulver bötwilligerweise zur Explosion gebracht wor den war, eine furchtbare Feuersbrunst. Der Kirch turm stürzte ein. Zahlreiche Häuser sind abgebrannt. Ein Kind kam in ven Flammen um. * Neber die LöwevplageinDeutsch-Ostafrika berichtet die Ostafr. Ztg. in ihrer letzten Nummer: Vom Löwen geschlagen wurden nachts an der Pugustraße zwei Negerfrauen, Sultanssklavinnen, die in einer offenen Hütte nächtigten. Der Löwe hatte sich zuerst des einen Weibes bemächtigt und ihr sofort das Genick durchs issen. Auf den Angst schrei deS anderen WeibeS hatte sich dann der Löwe von seinem ersten Opfer abgewandt und tötete durch einen Tatzenschlag gegen die Brust auch das zweite Weib, mit dem er sich davon machen wollte, jedoch durch die auS den Nachbarhütten mit Feuerbränden herbeieilenden und schreienden Leute daran verhindert wurde. Der Löwe ließ auch sein zweites Opfer fahren und verschwand unter Wutgeheul im nahen Busch. * Mit großen Goldfunden in Deutsch- Ostafrika scheint es nichts zu sein. Nach der Ostafr. Ztg. sind die beiden Bergleute Thiele und Jordan, von den Jrangi-Goldfeldern zurücklehrend, in Daresfalaam eingetroffen. Auch der Leiter der bockigen Arbeiten, Herr Janke, wird in einigen Monatenan der Küste zurückerwartet, da der Betrieb aus den genannten Feldern bis auf weiteres einge stellt werden soll. Einige Goldproben im Werte von etwa 8000 Mark von der Ausbeute in Jrangi befanden sich in den Händen der Herren Thiele und Jordan. Dagegen sollen die östlich von Viktoria« see bei Jkoma gemachten Goldfunde, wie der in Mombasic erscheinende Afcican Standard erfahren haben will, bei der amtlichen Untersuchung in Berlin sehr günstige Ergebnisse gezeigt haben, so daß man zu der Ueberzeugung gekommen sei, die Jkoma-Gold- felder hätten eine glänzende Zukunft. So srhr dies zu wünschen wäre, muß man sich doch vor Ver trauensseligkeit hüten. * Die niesenden Kohlen. Bei einem breto nischen Kohlenhändler in Paris hatten sich am Sonntag während der Kirchzeit zwei Diebe ein geschlichen, die jedoch noch nicht entronnen waren, al« der Händler heimkam. Dieser sah, daß Diebe dagewesen waren, konnte sie jedoch nicht finden. Die Polizei suchte dar ganze Lager ab und wollte unverrichteter Dinge wieder abziehen, als plötzlich in einem Sack heftig genießt wurde. „Sie haben aber spaßige Kohlen", sagte der eine humorvolle Schutzmann und zog die Diebe aus zwei Säcken, in die sie sich gerettet. * Sonderbare Heiratsgeschichte. Eine be kannte Pariser Börsengröße hat sich nunmehr wieder mit seiner Frau verheiratet, nachdem er sich von ihr vor 25 Jahren in aller Form hatte scheiden lassen. Nach dieser Scheidung führte er eine andere Frau zum Altäre: als diese starb, hatte der alte Herr, dem das Leben al« Witwer unerträglich schien, nichts Bessere', zu tun, als seine erste Ehehälfte wieder auszusuchen und sich mit ihr trauen zu lassen. Der Mann war somit dreimal verheiratet und hatte doch nur zwei Frauen. Neueste Nachrichten und Depeschen vom 17. September. Berlin. Eine der ersten Amtshandlungen des neuen Kriegsmiuisters ist die Erinnerung der Unteroffiziere und Mannschaften an das Verbot der Betätigung sozialdemokratischer Gesinnung und des „Haltens und der Verbreitung revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften" usw. Frankfurt a. M. Der „Frkf. Ztg." zufolge hat das 4. türkische Armeekorps in Erzingjan und das 5. Armeekorps in Bagdad Befehl zur Mobil machung erhalten. Wien. Bezüglich der bevorstehenden Zu sammenkunft des Kaisers mit dem Zaren ver lautet, es werde zu wichtigen Abmachungen zwischen beiden Monarchen kommen, welche be zweckten, auf dem Balkan für 10 Jahre Ruhe zu schaffen. Wien. Kaiser Wilhelm hat den Wunsch aus gesprochen, daß zu dem Diner in der deutschen Botschaft auch die Fürstin Pauline Metternich ge laden wird. Die Fürstin wird deshalb morgen in Wien eintreffen. Wien. Wie aus guter Quelle verlautet, er folgte gestern ein Kollektivschritt der Mächte. Es wurde in der betreffenden Note betont, daß die Mächte zum letzten Male der bulgarischen Regierung nahe legen, sich in keinen Krieg mit der Türkei, der weder für Bulgarien noch für Mazedonien Vorteile habe, einzulaffen. Bern. Die Handelsvertragsverhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland werden Mitte Oktober beginnen. Der Verhandlungsorl ist noch nicht bestimmt worden. Rom. Wie verlautet, wird das im Hafen von Augusta liegende Geschwader nach den tür kischen Gewässern abgehen. Sofia. Blättermeldungen zufolge treffen die einberufenen Reservisten mit großer Bereitwilligkeit ein. Es heißt, die Pforte habe gegen die Einbe- rnfung Protcst erhoben. Belgrad. Das Kriegsgericht gegen die ver- hafteleu' Offiziere tritt morgen zusammen. Aden. Ein Kampf wird aus dem Nordosteu vou Dharla berichtet. Der Kampf entbrannte zwischen Infanterie und Arabern. Die englischen Soldaten hatten 1 Toten und 6 Schwerverletzte, die Araber 7 Tote und 14 Schwerverletzte. Ncwyork. Präsident Roosevelt hat an Bord seiner Nacht einen äußerst heftigen Orkan gegen über der Meerenge von Long Island zu bestehen gehabt. Die Nacht lief mit einigen Havarien im Hafen von Newyork ein. An Bord befanden sich seine Frau und Kinder. Ncwyork. Eine Anzahl großer Baumwoll- fabriken in Lawrence und Methuen nehmen am Montag die Arbeit wieder auf.