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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190309180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030918
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030918
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-18
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.09.1903
- Autor
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graphierte, wurde von verschiedenen Genossen nicht gebilligt. Dieses Vorkommnis habe ihn veranlaßt, von Küßnacht aus eine Erklärung an den „Vor wärts" zu schicken. Er gebe zu, wäre er in Berlin gewesen, dann wäre die Angelegenheit sehr bald erledigt worden. Er gestehe jeder Redaktion das formelle Recht zu, einer Erklärung aus gewissen Gründen die Aufnahme zu versagen, er müsse aber betonen, daß die Redaktion des „Vorwärts" zu rigoros war. — Redakteur Kurt Eisner (Berlin) führt aus: Er habe es für seine Pflicht gehalten, die Erklärung Bebels zu beanstanden. Deshalb habe er Bebel zunächst telegraphisch und alsdann schriftlich gebeten, die Erklärung zurückzuziehen. — Abg. Heine (Berlin): Ich bedaure es ebenfalls, daß ich als Berliner Abgeordneter im „Vorwärts" nicht zum Worte komme. Ich hatte in einer Ber liner Versammlung gesagt: Bebel schläft bisweilen in Küßnacht und alsdann leide er an Traumer scheinungen. Er sehe Parteigenossen der sogenannten revisionistischen Richtung inKniehosen und Schnallen schuhen, das sind aber nur Traumgebilde. Ich habe Bebel als Wächter der Partei bezeichnet; warum soll ein Wächter nicht einmal schlafen?! Die ganze Sache war durchaus harmlos, sie ist aber brühwarm nach Küßnacht berichtet worden. Eine Beleidigung Bebels hat mir selbstverständlich vollständig ferngelegen. Ich achte Bebel nicht bloß als Parteiveteran, sondern auch persönlich. Jeden falls war ich im Nachteil, denn Bebels Erklärung wurde in der „Leipziger Volkszeitung" abgedruckt, zu der ich nicht gehe. (Heiterkeit. Abg. Stadt hagen ruft: Marburg!) Ich will jetzt über Mar burg nicht sprechen, da dies nicht hierher gehört. Ich werde mich der Pflicht, hierüber zu sprechen, nicht entziehen. Ich muß Sie aber bitten, Genosse Stadthagen, nicht jeden Redner durch Zurufe zu unterbrechen. (Abg. Stadthagen: Ich muß mir verbitten, von dem Genoffen Heine über das, was guter Ton ist, Belehrungen zu erhalten.) — Damit ist dieser Fall ohne jede Beschlußfassung erledigt. — Den folgenden Gegenstand bildete die Polen- srage. Abg. Gerisch : Der Parteivorstand sei aufs eifrigste bemüht gewesen, mit der polnischen Sozialdemokratie eine Verständigung zu er zielen. Es sei aber nicht gelungen, die polnischePartei zu überzeugen, daßeineVerständigung nur 'täglich sei, wenn sie sich auf den Boden des Klafsenkampfes stelle und die Wiederherstellung eines selbständigen Polens, das mit der Sozialdemokratie nichts zu tun habe, aus ihren Programmpunkten herauslasse. Da die Polen sich weigerten, ihre nationalen Bestrebungen aufzugeben, so sei das Band zwischen der polnischen und der deutschen Sozialdemokratie zerrissen worden. Der Partei vorstand habe auch beschlossen, der „Gazetta Robotnitza" die Unterstützung zu entziehen. Trotz dem dürfe die Partei nicht aufhören, gegen die Unterdrückung der Polen zu kämpfen. (Lebhafter Beifall.) — Hänisch (Dortmund): Er bedauere den Beschluß des Parteivorstandes, zumal im rheinisch westfälischen Jndustriebezirke Hunderttausende pol nische Arbeiter leben, mit denen die dortigen Ge nossen gern in Frieden zusammen arbeiten möchten. — Arbeitersekretär Katzenstein (Mannheim): Er bedauere ebenfalls den Beschluß des Parteivorstands. Die Polen bestehen vielfach aus sehr armen Arbeitern, sie werden in allen Lebenslagen unterdrückt. Ebenso wenig wie man den Armeniern zumuten könne, auf nationale Selbständigkeit zu verzichten und sich dem russischen Despotismus zu unterwerfen, so könne man es den Polen nicht verdenken, wenn sie sich dem preußischen Despotismus nicht beugen wollen. — Abg. Ledebour (Berlin): Er bedauere es, daß der Parteivorstand die Genossin Luxem burg als Sachverständige in dieser Frage hinzu gezogen habe und sich von dieser habe beeinflussen lassen. — Die Verhandlungen wurden hierauf auf Donnerstag vertagt. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 17. Sept. Unser Kaiser, dem der Jagdausenlhalt in Mohacr nach wiederholten eigenen Versicherungen eine ganz besondere Freude gewesen ist, trifft am morgigen Freitag vormittag» ch.10 Uhr zum Besuche seine» hohen Verbündeten, des Kaisers Franz Joseph, in Wien ein. Am Sonntag, abends 10 Uhr, erfolgt die Abreise der deutschen Kaisers vom Penziger Bahnhof mit Hofsonderzug, der den Monarchen direkt nach Rominten zu mehr tägigem Jagdausenthaltc führt. Ueber die dem kaiserlichen Besuche beigelegte politische Bedeutung ist an dieser Stelle schon wiederholt die Rede ge wesen. Atan geht wohl mit der Annahme nicht fehl, daß die Handeltvertragrfrage den Hauptgegen stand Ker polnischen Erörterungen bilden wird und zwar in dem Sinne, daß den Ergebnissen der lang wierigen und mühevollen Beratungen über diese Frage die endgültige Zustimmung erteilt wird. — Eine englische Bosheit. Den Augenblick, da Kaiser Wilhelm II. zur Teilnahme an Jagden iu Ungarn verwalte, hielten Londoner Blätter von der bekannten Charaktereigenschaft für den geeigneten Zeitpunkt, die Ungarn gegen Deutschland aufzu- hetzen, indem sie mit dem Scheine vollster Ernst haftigkeit folgender meldeten: Kaiser Franz Joseph ist entschlossen, seinen ungarischen Schwierigkeiten durch einen Verzicht auf die Krone ein Ende zu machen. Den Kronprinzen Franz Ferdinand wird die ungarische Nation als Thronfolger nicht aner kennen, sondern von ihrem konstitutionellen Rechte Gebrauch machen und den zweiten Sohn Kes deutschen Kaisers, den Prinzen Eitel Friedrich, zum König« wählen. Selbstverständlich drucken die Pariser Blätter diese faustdicke Lüge mit vielem Behagen und der Versicherung nach, daß cs sich tatsächlich fo verhalte, es müsse auch zugegeben werden, daß sich Kaiser Wilhelm großer Beliebtheit in Ungarn erfreue, die sich auf seinen Sohn ver erben werde. Man sollte es nicht für möglich halten, daß solche Hirngespinste, wie die von der angeblichen Wahl de« preußischen Prinzen zum Könige von Ungarn, überhaupt ausgeheckt werden könnten, wenn man die betr. Notiz nicht schwarz auf weiß vor sich sähe. — DaS Linienschiff „Kaiser Wilhelm der Große" erlitt bei den Manöver« eine Verbiegung der Steuerbordschraube. ES ist inS Kieler Dock gegangen. — Der Eisenbahnweg über Sibirien wird am 1.Oktober fürden internatio alenPostverkebr eröffnet. — Au« Kamerun bericht"! Oberleutnant Hi: tler Über die Züchtigung der unbotmäßigen Bametla. Mit drei europäischen Unterosfizie en, 63 Soldat-« und einer Geoirg«kanone marschiette er gegen die Eingeboren"«. Die Kanone leistete vorzügliche Dienste. Die Bametta zogen sich aber in die Berg schluchten zurück und rollten Fe'rblöcke die Abhänge herab. Ohne weittragende Geweh e wäre ein Ver treiben mit schwe' en Vr lüsten verbunden gewesen. In 1460 Meter Höhe wurde da« Gebirge über schritten und da« flarkbesetzte Take erstürmt. Dann ging es weiter nach Vanja, da« in einem von drei Seiten durch Gebirge . «geschlossenen tief n Ta'e liegt. Laufes Geschrei emvfi.g die Expedition, überall «rtön'en die Kcieg«trommeln. Die Einge borenen stecken in Gfl'öf en, in Schluchten und Buschst! eisen, wo sie nur durch die Gluser entdeckt wurden. Wie zahlreich Vanja besetzt war, o..Men die Scharen Eingeborener, welche dwch dar Ge^ schützseuer au« ihren Verstecken vertrieben wurden und nun den nördlich gelegenen Bergen zuflüchteten. Die Einnahme von Banja machte auf die Häupt- li ge den « hofften Eindruck; sie baten um Frieden und un.cwarfen sich. D.e Verluste auf deutscher Seite wäre., nicht bedeutend. — Soz-aldemokratische Bestrebungen machen sich innerhalb der Ortskrankenkassen geltend. Auf dem deutschen Ortskrankenkassentag in Breslau legte die geschäftsfühende Kasse Leipzig den Vorsitz des Zentralverbandes der deutschen Ortskrankenkassen nieder. Als Grund wurde das Vordringen sozial demokratischer Tende °en im Verbände angegeben. An Stelle Leipzigs wurde darauf Dresden gewählt. — Die Metzer Wasserfrage im Reichstage. Wie der „Dtsch. Tgsztg." aus Metz gemeldet wirk, wird die bekannte Wasserfrage von dem Reich«tag«abg. D.. Iaunez in der nächsten Tagung des Reichs tag« zum Gegenstände seiner Jungfernrede gemacht werden. Dr. Jaur:z hält sich z. Zt. in Gorze auf, um die Wasserfrage zu studieren. Eine Immediat eingabe an oen Kaiser in der gleichen Angelegenheit ist im Gemchnderat von Metz genehmigt worden und wird bereits in einigen Tagen an den Mo narchen abgehen. Oesterreich-Ungarn. — Wie au« Prag gemeldet wird, entdeckte dort die Polizei einen Geheimbund, ähnlich dem Gcheim- bund „Omtadina" des Jahres 1893. Mitglieder des Bundes verstreuten Zettel hochverräterischen Inhaltes in den Gassen und veranstalteten antt- dynasiischs und antiösterreichische Demonstrationen. Bisher sind vier Angehörige des Geheimbundes in Haft, welche nach langem Leugnen ein umfassendes Geständnis ablegten. Frankreich. — Der Zustand der im Krankenhause zu Marseille befindliche» Kranken bessert sich andauernd. Es ist kein neuer Krankheitsfall vorgekommen. Die bakteriologische Untersuchung Hal bei oen Kranken kein Anzeichen von Pest ergeben. Alle Gefahr wird als beseitigt angesehen, da sich kein Pestfüll in der Bevölkerung gezeigt hat. Italien. — Der Besuch des italienischen Königspaarer in Pari« wird, wie nunmehr endgültig fesrsteht, vom 14. bis zum 17. Oktober stallfinden. Das Königspaar wird im Ministerium des Auswärtigen absteigen. Der Besuch König Viktor Emanuel« und der Königin Helene in London soll am 16. No vember erfolgen. Bemerkenswert ist, daß auch die Königin nach Paris geht, obwohl die Verhältnisse einer Republik zur Ausnahme einer regierenden Fürstin wenig geeignet sind. Serbien. — Wie von unterrichteter Seite mitgcteilt wird, befindet sich Peter I. von Serbien beim Zaren tat sächlich in tiefster Ungnade. Ein Bittgesuch de« Königs Peler ist schroff ablehnend beschieden worden. Des Königs Regierung ist von den Mächten aner kannt worden, er selbst aber bleibt so lange au« dem Kreise der Monarchen ausgeschlossen, als er unter der Botmäßigkeit der Verschwörerbande ver bleibt und als diese seinen Willen und seine Hand lungen beherrscht. Aus diesem Grunde mußte man auch im Konak den Entschluß fassen, den Antritts besuch an den Höfen vor. Wien und Petersburg auf das nächste Jahr zu verschieben. In sei« er Begleitung könnten jetzt nur die Verschwörer sich be finden, diesen ist aber jede Berührung mit russischen und österreichischen Autoritäten unmöglich. Oertliched und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 17. September. *— Gcsaugs-Konzcrt Das gestern Abend im Saale des Altstädtcr Schützenhauses veranstaltete Konzert des Gesangs-E> sembleS „Arpa", Mitglieder der Kgl. Hofoper zu Dresden, hatte sich eines zahl reichen Besuches zu erfreuen. — Aus dem reich haltigen Programm, welches noch durch zahlreiche Einlagen bereichert wurde, erwähnen wir die Arie des Pagen a. d. Op. „Die Hugenotten" von Meyer- beer, in welcher die großen Kadenzen und Triller und in der Einlage die schnellen Passagen recht gut gelangen. Das ewig schöne Lied „Mein Els- lein von Eaub", Quartett von Bogner, verfehlte wiederum seine Wirkung nicht, besonders bei dem Vortra-e, wie er hier zum Ausdruck kam. Zu bewundern war auch der umfangreiche Baß, welcher in dem L.ede „Die Waldschänke" sowie in der darauf folgenden Einlage voll zur Geltung gelangte. In den beiden Liedern „Das Vergißmeinnicht" und „Ich will dirs nimmer sagen" bewies der Tenorist, Herr Bruno Wolf, aufs trefflichste seine Vorlragskunst und erfreute durch das edle Timbre seines besonders im Pianissimo so schmelzenden Organs die Herzen aller Anwesenden. Dasselbe gilt auch von dem Bariton, nicht zu vergessen die deutliche Aussprache. Für die sich den Ge- sängen getreu anschmiegende Klavierbegleitung dem Ausführenden ein Extralob! Mit dem allgemein bekannten und beliebten Gesangs - Walzer „Am Wörther See" von Koschat, welchem noch eine Einlage folgte, schloß das Konzert. Der reiche Beifall, welcher den Vortragenden nach jeder Piece zuteil wurde, bewies am besten, wie sehr sich die Künstler in die Herzen der Zuhörer hineingesungen, und wird es nicht nur unser, sondern gewiß vieler Wunsch sein, dieselben recht bald wieder einmal in unsern Mauern begrüßen zu können. * — Winterfahrplan. Am 1. Oktober tritt auf den sämtlichen Staatsbahnen und den mitver walteten übrigen Bahnen der Winterfahrplan in Kraft. Nähere Auskunft erteilen die Stationen und Auskunftsstellen. Bei beiden ist auch der neue Fahrplan in Buchform zum Preise von 10 Pfg. und in Aushangssorm zum Preise von 50 Pfg. käuflich. * — Zur Lage des Geldmarktes wird aus Berlin gemeldet: Die Reichsbank gedenkt zunächst den Ausweis vo.n 15. September und, wenn irgend möglich, noch den vom 23. September abzuwarten, bevor sie über eine Diskonterhöhung sich schlüssig macht. Immerhin muß man sich darauf vorbe reiten, daß noch im Lause des September dem Zentralausschuß ein solcher Vorschlag gemacht wer den wird. * — Vom Verband sächsischer Gewerbe- Vereine. Die neueste 1903er Statistik des Ver bandes sächsischer Gewerbe- und Handwerkervereine, der bekanntlich Ende dieses Monats (2O./21. Sept.) in Zittau sein 25jähriges Jubiläum begeht, weist insgesamt 134 Verbandsvereine auf mit rund 26500 Mitgliedern. * — Das Reichsversicherungsümt hat ent schieden: Wenn der Weg zur Arbeit dem Betriebe zuzurechnen und im Arbeitsvertrage Vein Arbeiter nach Möglichkeit Schutz auf den Wegen zu nnv von der Arbeit gegenüber Ausständigen zugesichert worden ist, stellen sich die getroffenen Vorkehrungen zu diesem Schutz als Betriebseinrichtungen dar. Wenn Mißhandlungen von Streikbrechern unter solchen Umstünden ans dem Wege zur Arbeitsstätte stattfinden, sind sie als Betriebsunfall zu behandeln. "— Vorsicht! Durchgeriffene und wieder zu- sammengekteble Reichskassenscheine zu 5, 20 uud 50 Mark gelaugten bisher bei allen öffentlichen Kaffen zur Einlösung uud blieben deshalb auch im Geschäftsverkehr unbeanstandet. Neuerdings ist eine Aenderung insofern eingetreten, als die öffentlichen Kassen solche beklebte Scheine anzunehmen sich weigern, wenn nicht ein zusammenhängendes, nicht geklebtes Stück mehr als die Hülste des Scheines ausmacht. Andere Scheine müssen bei der Reichs schuldenverwaltung in Berlin, Oranienstraße 92, umge^auscht werden. *— Selbstmörder. Die Zahl der Selbstmörder im Königreiche Sachsen ist auch im vergangenen Jahre wiederum gestiegen. Während 1901 ins gesamt 1388 Selbstmorde vorkamen, stieg ihre Zahl nn Jahre 1902 auf 1427, darunter 1098 männ lichen, 326 weiblichen und 3 unermittellen Ge schlechts. Verheiratet waren von den Selbstmördern 751, verwitwet 196, geschieden 19, ledig unter 14 Jahren 21, über 14 Jahren 388, unbekannt war der Familienstand von 52. * — Rebhühner. Viele Tausende von Reb hühnern gehen in Deutschland alljährlich durch die Telegraphendrähte zugrunde. Die Hühner fliegen in der Dunkelheit dagegen auf und beschädigen sich dabei meist so, daß sie an Ort und Stelle verenden. Die Strecken beamten sinden daher nicht selten tote Rebhühner in der Nähe des Bahn körpers. * Lugau, 16. September. Der Luganer Spar- und Bauverein hat am Sonnabend in einer gemcin- schastlichen, vom Bergdirektor Müller geleiteten Sitzung des Aussichlsrates und Vorstandes beschlossen, noch in diesem Jahre mit der Erbauung eines Wohnhauses zu beginnen. Es wird hierzu ein Grundstück verwendet, welches dem Bauverein vom Luganer Steinkohlenbanverein zn niedrigem Preise überlassen wird nnd an der linken Seile der Ver- trauenschachlslraße gelegen ist. Das zu erbauende Haus wird für drei Familien angenehme Woh nungen enthalten, denen auch noch ziemlich viel Gartenland beigegebcn werden kann. Der Bau verein hat die Absicht, das ganze sieben Baustellen enthaltende Grundstück zu erwerben, das er dann nach nnd nach mit gleichen Wohnhäusern zn be bauen gedenkt. * Lugau. Schwer verunglückt in seinem Be rufe ist am Freitag Abend der Arbeiter Schneider aus der „Fundgrube" liier. Er war mit dem Einsetzen einer über 2 Meter langen Eisenkappe beschäftigt; dabei schlug diese nm und traf den Schneider so schwer, daß ihm die Hirnschale zer trümmert wnrde. Der Verunglückte wurde sofort in ärztliche Behandlung gegeben. * Dresden, 16. September. Kaiser Wilhelm verlieh dem kommandierenden General des 19. Armeekorps, von Treitschke, und dem sächsischen Kriegsminister Freiherrn von Hausen das Groß- kreuz des Roten Adlerordens, dein Kriegsminister wurde vom Großherzog zu Sachsen das Großkreuz des Sachsen-Weimarischen Hansordens der Wach samkeit verliehen. * Dresden, 15. Sept. In nicht geringe Auf regung wurden am gestrigen Vormittage die Be amten des hiesigen Königl. Amtsgerichts durch die verwegene Flucht eines am Tage zuvor wegen eines schweren Einbruches zu 2 Jahren 3 Mon. Zucht haus verurteilten Verbrechers versetzt. Der 19 Jahre alte, aus Leipzig gebürtige, bereits mehrfach vorbestrafte Markthelfer Maximilian Albert Georg Reichardt sollte wegen eines kleineren Diebstahls- deliktes vom Königlichen Schwurgericht abgeurteilt werden. Der Sträfling wurde gegen 10 Uhr vor mittags in den Sitzungssaal des Amtsgerichts ge führt. Kaum hatte er denselben betreten, als er sich mit einein mächtigen Satze auf die hohe Fenster brüstung schwang, das Fenster anfris; und in die Tiefe sprang. Ehe die Beamten sich von ihrem Schrecken erholt hatten, war der Flüchtling auf und davon. Der Sprung vom Fenster auf die Straße war ihm geglückt, doch lange sollte er sich der goldenen Freiheit nicht erfreuen. Ein Gen darm hatte aus einiger Entfernung den gewaltigen Sprung beobachtet und setzte dem Flüchtling nach. Ein zahlreiches Publikum schloß sich an und nun begann eine wilde Jagd. Schließlich, nach halb- stündiger Verfolgung, versagten dem Flüchtling die Kräfte und er wurde gefesselt ins Gefängnis zu- rückgesührt, wo noch am selben Vormittage seine Aburteilung zu 4 Monaten Gefängnis erfolgte. * Leipzig, 11. Septbr. Gestern früh in der 4. Stunde brach in der Schokoladenfabrik von Niguet u. Ko. in Gautzsch Feuer aus. Dank dem schnellen Eingreifen der herbeigeeilten Feuerwehr konnte der Brandherd auf zwei Abteilungen der Fabrik beschränkt werden. Die Licht- und Pack räume sind verschont geblieben. Die Fabrikation erleidet keine Unterbrechung. * Leipzig, 15. September. Junge tanzlustige Herren sind ein gesuchter Artikel, sodaß ein viel geplagter Brautvater hier sich mit folgender An zeige im „Tageblatt" aus der Verlegenheit zu ziehen sucht: „Gesacht einige junge Herren, welche geneigt sind, an eitler besseren Hochzeitsfeier teil zunehmen. Wagen nnd Bouquetts werden besorgt." Freundl. Off. bitte niederzulegcn unter 232 bei Haasenstein u. Vogler, A.-G., Leipzig. * Leipzig, 17. September. Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr ist einem von Meuselwitz auf dem Bayerischen Bahnhof hier eintreffenden Güterzuge, bestehend aus zwei Maschinen, einem Gepäckwagen sowie 13 Lowrys, hinter der Gasanstalt ein Un fall zugestoßen. Es entgleisten infolge Weichen zungenbruches die zweite Maschine, der Gepäck- nud der Packmeislcrwagen sowie fünf Lowrys. Die Wagen schoben sich hierbei durcheinander. Der Heizer der zweiten Maschine erlitt anscheinend leichte Verletzungen am rechten Arm und am rech ten Knie, ein Schaffner, der absprang, verletzte sich unerheblich am Kopse. Zwei Beamte, die sich im Packmeisterwagen befanden, blieben, obwohl der Wagen säst vollständig demoliert wurde, wie durch ein Wunder unversehrt. Der Materialschaden ist bedeutend. * Leipzig. Zu dem Mordversuch gegen Frau Mader ist zu melden, daß leider die Ermittelung des Täters noch nicht gelang; infolge der Aussetzung einer Belohnung sind Anzeigen in Fülle eingelaufen, allein diese haben sich bisher als unbegründet er wiesen. — Der 17 Jahre alte Schüler Rodriguez, welcher bei Verwandten Geld und Schmucksachen gestohlen hatte, ist reuig zurückgekehrt und hat ins besondere zwei Busennadeln, von denen eine ein Geschenk des Kaisers ist, zurückgebracht. * Chemnitz, 17. September. Der Einzug der reitenden Jäger (I. Eskadron Nr. 12), die nun mehr mit den bereits hier garnisonierenden Jägern zu Pferde das „Kombinierte Jägerdetachement zu Pferde" bilden werden, hatte eine ganze Anzahl Schaulustiger auf die Beine gebracht. Einzelne Häuser der Stadt und besonders die Straßen, die von den Einziehenden berührt wurden, hatten Flaggenschmuck angelegt. Am Eingang zu den Jägerbaracksn aber wehten Fahnen, ein Kranz mit der Inschrift „Willkommen, Jäger!" leuchtete den Ankommenden entgegen. Nach 11 Uhr trafen die Erwarteten endlich ein, lebhaft begrüßt von dem an den Straßen stehenden Publikum. Der Rat hat den neuen Bewohnern unserer Stadt einen Willtommengruß in Form eines Blumenkorbes übersandt. * Burkhardtsdorf. Der nun bereits seit ra. 2 Monaten bei der hiesigen Firma Schüppel u. Günther ausgebrochene Nadelmacherstreik dauert noch immer fort, da eine Einigung beider Parteien bis jetzt noch nicht erzielt werden konnte. Der Betrieb in der Fabrik geht aber fort, da eine An zahl Arbeitswilliger vorhanden ist. Ausständig sind noch 26 Mann mit zusammen 30 Kindern. * Burgstädt, 16. September. In seiner letzten Sitzung hat der hiesige Kirchenvorstand nach reif licher Ueberlegung und eingehender Beratung zu einem Orgelneubau sich entschlossen. Man sah sich hierzu gezwungen, da sich in der letzten Zeit an der allen Orgel infolge Wurmfraßes derartige Defekte herausgestellt hatten, daß der berufene Orgelbaumeister und der zur weiteren Begutachtung zugezogene Sachverständige, der Kgl. Musikdirektor- Reichhardt aus Waldenburg, dringend zu einem Orgelneuban geraten haben. * Mittweida. 16. Septbr. Zwei noch nicht strasmündige Schulknaben räumten der Polizei gegenüber ein, vor drei Jahren eine Scheune an der Bahnhofstraße, neuerdings eine solche am Schwanenleich und auch die Heinigsche Bäckerei in Altmittweida vorsätzlich in Brand gesteckt zu haben. * Werdau. Die hiesige Textilarbeiterschaft hat bis jetzt für die Ausständigen in Crimmitschau 500 Mk. durch sreiwillige Beiträge aufgebracht und an die Zentralkasse des Textilarbeiter-Verbandes in Berlin eingesandt. Ein Antrag, die Verbands steuer während der Dauer des Streiks um wöchent lich 10 Pf. zu erhöhen, fand keine Sympathie. * Stolpen. Nach dem reichlichen Genüsse wahrscheinlich unreifen Obstes hat der hier bedien stete Knecht Noack Bier getrunken. Er erkrankte unter lyphusähnuchen Erscheinungen und war am zweiten Tage darauf schon tot. Z Bautzen, 16. Sept. Von dem 4 Nhr 27 Min. früh von Königswartha nach Bautzen ver kehrenden Personenzuge Vir. 2711 wurde heule früh am Uebergange zwischen Quoos und Neschwitz ein Geschirr überfahren. Das Pferd wurde tödlich verletzt und der Wagen zertrümmert, während die beiden Insassen keine Verletzungen davontrugen. Prozeß gegen das Spiritisten- Ehepaar Frenzel in Meerane. Zwickau, 16. Stpt. Bor dec zweiten Straf kammer des Kgl. Landgerichts zu Zwickau begann heute Vormittag ein Prozeß, der schon seit längerer Zeit in der Presse viel besprochen worden ist. Handelt es sich doch um den in unserer Gegend
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