Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 27.08.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190308272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030827
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030827
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-27
-
Monat
1903-08
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 27.08.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Alkoholgewinnung, teils zum Einkochen von Pflau menmus Verwendung finden. * Meißen, 25. August. Auf dem Lindigtgpte bei Ziegenhain wechselten zwei Mägde beim Ab stechen der Garben ihre Stände. Beim Herab springen auf den niederen Stand stieß sich dre eine den aufrechtstehenden Gabelstiel tief m den Unter leib. In der Nacht zum Sonnabend ist das be dauernswerte 18jährige Mädchen, die einzige Tochter ihrer in Riesa lebenden Mutter, den gräßlichen Schmerzen erlegen. * Hilbersdorf bei Freiberg, 25. August. Bei dem Krankenkassenkassierer L. Schwabe, dessen Ehe frau und dem zum Besuche anwesenden Schwieger söhne stellten sich nach dem Genüsse von Pilzen schwere Vergiftungserscheinungen ein. Die Pilze hatte man in einer benachbarten Waldung gesammelt. Aerztlicher Hilfe gelang es, die Lebensgefahr ab zuwenden. Schöffengerichtssitzung vom 25. August 1903. Als erster Angeklagter betrat heute der Strumpf wirker Ernst Hermann Günther aus Gersdorf die Anklagebank. Ihm wird zur Last gelegt, am 29. April 1902 auf sein im Grundbuche von Gers dorf — Blatt 17 — eingetragenes Grundstück eine Hypothek von 1963,95 Mark eingetragen zu haben. Diese Eintragung geschah offenbar aus dem Grunde, um eine von dem Strumpffabrikanten Friedrich Vieweg in Ober-Hermsdorf gegen den Angeklagten in die Wege geleitete Pfändung zu vereiteln. G. bestreitet jedoch, daß die Eintragung der betr. Hypothek zu diesem Zwecke geschehen sei, will viel mehr dazu von an der Sache interessierten Per sonen gedrängt worden sein und bei der Eintragung die Absicht der Schädigung des Vieweg keines wegs im Sinne gehabt haben. Das Schöffengericht gelangte jedoch durch die Beweisaufnahme zur Ueberzeugung der Schuld des Angeklagten und verurteilte ihn zu 14 Tagen Gefängnis und Tragung der Kosten. In der Strafsache Jakob und Genossen wurde eine neue Verhandlung anberaumt, zwecks Samm lung von noch mehr Beweismaterial. Wegen Beleidigung der Fabrikspulerin Martha F. hatte sich hierauf die Deckenknüpferin Anna O. von hier zu verantworten. Die O. wird beschuldigt, kurz nach Ostern beleidigende Aeußerungen gegen die Privatklägerin gebraucht zu haben, welche dazu angetan waren, letztere in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Heute erfolgte die Verurteilung der O. zu 20 Mk. Geldstrafe und Tragung der Kosten. In der nächsten Strafsache erschienen die Weber Emil Wolf und Arno Terpe, der Kartonnagen arbeiter Emil Wagner, der Maler Adolf Fritsche, der Buchbinder Emil Lässig, der Weber Wilhelm Göpfert, der Nadelmacher Paul Marlin, der Weber Richard Lässig, der Nadelmacher Reinhard Stein bach, sämtlich aus Hohenstein, sowie der Dienst knecht Paul Müller aus Langenchursdorf vor Ge richt, angeklagt wegen Verübung groben Unfugs. Die Genannten kamen am Abend des 10. Äai die Zechenstraße entlang, dabei in einer Reihe gehend und demzufolge die ganze Straßenbreite einnehmend, wodurch der öffentliche Verkehr ge hemmt wurde. Es wird ihnen ferner zur Last ge legt, Passanten, welche die Straße entlang kamen, den Durchgang verwehrt und in den Straßengraben gedrängt zu haben. Der Angeklagte Wolf hat sich außerdem noch der Körperverletzung gegen den Gärtner Albert Haugck, welcher mit einem Freunde an den Rand des Straßengrabens getreten war um die genannte« zehn jungen Leute vorbeizulassen, dadurch schuldig gemacht, daß er seinem Nebenmann Göpfert einen heftigen Stoß versetzte, wodurch dieser an Terpe und letzterer wiederum an Haugck anflog. H. stürzte durch diesen Anprall die drei Meter hohe Böschung hinab und trug bei dem Sturze einen Arinbruch davon. Die Angeklagten bestreiten zum Teil die ihnen zur Last gelegten Vergehen, namentlich wollen sie den des Weges kom menden Personen nicht den Durchgang verwehrt und außer dein vorgenannten Haugck auch niemand in den Graben gedrängt haben. Müller will nicht mit in der Reihe, sondern hinterher gelaufen sein. Das Schöffengericht verurteilte heute auf Grund der Beweisaufnahme sämtliche Angeklagte, mit Aus nahme des Paul Müller, zu einer Geldstrafe von 20 Mk. Der Angeklagte Wolf erhielt außerdem wegen gefährlicher Körperverletzung eine Gefängnis strafe von 6 Wochen auferlegt. Gerichtssaal. 8 Dresden. Einer der gefährlichsten Schwindel- Bauspekulanten Dresdens, der aus Bautzen gebürtige „Bauunternebmer" Karl August Schneider, der nach einander in Leipzig, Chemnitz, Görlitz und Döbeln Gärtner, Restaurateur, Maurer, Fabrikant, Fabrik arbeiter und Fuhrunternehmer war, dann aber sein Glück in Dresden als „Bauunternehmer" versuchte, stand gestern vor der 5. Ferienstrafkammer des Kgl. LandSgerichtS zu Dresden, um sich wegen gemeiner Schwindeleien zu verantworten. Der 40 Jahre alte Angeklagte erwarb im vorigen Jahre auf der Ludwig Richterstraße, obgleich er gänzlich mittellos war und erst kurz vorher den Offenbarungseid geleistet hatte, einen großen Bauplatz für den Kauf preis von 53 000 Mk. Dieses Geschäft hatte der Schwindler nur deshalb abgeschlossen, um Leicht- gläubige zur Hergabe von Baugeldern zu bewegen, waS ihm auch gelang. Als Besitzer der Baustelle ließ er nun zunächst einen gewissen Jochmann ge richtlich eintragen und dann suchte er Baugeldgeber. Um die letzteren recht sicher zu machen, kaufte er einen Posten Ziegel, ließ dieselben auf dem Bau platz aufstapeln, so daß es den Anschein hatte, daß der Riesenbau alsbald in Angriff genommen werde. Zunächst fiel ein Dresdner Fabrikbesitzer herein; er gab am 18. August vor. Jahres 7780 Mk. Bau geld her und bald darauf ließ auch ein Wildbret händler sich verleiten, 2400 Mk. „vorzustrecken". Mit diesem Gelbe, dessen hypothekarische Sicher stellung nicht erfolgt war, suchte der gewissenlose Spekulant daS Weite. Die Betrogenen ermittelten aber seinen Aufenthalt in der Schweiz und veran- laßten auch die Auslieferung deS Betrügers. Der Mensch wurde zu einer Gefängnisstrafe von 4 Jahren und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren verurteilt. Auf die Strafe wurden drei Monate der erlittenen UntersuchungS- Haft anqerechnet. 8 Zum Leipziger Bankprozeß. Dr. Gentzsch, der im vorigen Jahre wegen betrügerischen BankerottS und Verschleierung unter Annahme mildernder Umstände zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, hat durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt Justizrat Broda daS Wiederaufnahmeverfahren be antragen lassen. Justizrat Broda hatte bekanntlich, nachdem Exner im Wiederaufnahmeverfahren am 11. März d. I. vom Verbrechen des betrügerischen BankerottS freigesprochen und nur wegen versuchten Betrugs zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis und zu 20000 Mk. Geldstrafe verurteilt worden war, für Gentzsch ein Gnadengesuch eingereicht, daS aber ohne Erfolg geblieben ist. Nachdem nun auch am 8. August, dem Geburtstage deS Königs, Dr. Gentzsch nicht begnadigt worden ist, hat er seinen Verteidiger ersucht, daS Wiederaufnahmeverfahren zu beantragen. 8 Ein für FortbtlduugSschüler bedeutungs volles Urteil fällte daS Reichsgericht als Revisions instanz. Ein Fortbildungsschüler batte der Aufforder ung des Lehrers, eine Bank zu verlassen, nicht Folge geleistet und sich dem Lehrer, als dieser Gewalt anwendete, widersetzt. Der Vorfall kam zur Anzeige. Der Schüler erhielt von der Strafkammer wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vierzehn Tage Gefängnis. Der Vater deS Verurteilten legte beim Reichsgericht Revision ein, die aber verworfen wurde mit der Begründung, daß der Lehrer in Ausübung seines Berufs als Beamter anzusehen sei, und daß ein demselben bei Ausübung seines Beamtenrechts geleisteter Wiederstand gegen die Staatsgewalt nach 8 113 des Reichsstrafgesetzbuches zu bestrafen sei. 8 Das Reichsgericht verwarf die Revision der Wirtsfrau Karoline Przygodda in Röblau, die vom Schwurgericht zu Allenstein am 19. Juni d. I. nach zweitägiger Verhandlung wegen Ermordung ihrer drei Männer durch Gift zum Tode verurteilt worden ist. 8 Der Fall Hüffener gelangt am Donnerstag vor dem Berliner Reichsmilitärgericht zur Revisions verhandlung. Hüffener, der in Essen den Einjährigen Hartmann erstach, war in erster Instanz zu 4 Jahren Gefängnis und in der zweiten zu 2 Jahren Festung verurteilt worden. 8 Dem Grafen Pückler, der wegen Heraus- forderung zum Zweikampf eine achtwöchige FestungS- Haft in Weichselmünde verbüßen muß, wurde dort nach der „Post" das Portemonnaie gestohlen. Als Täter wurde der Musketier Schreiber ermittelt und zu 2 Monaten 3 Tagen Gefängnis sowie Versetz ung in die zweite Klasse des Soldatenstandes verurteilt. Kleine Chronik. * Gera, 25. August. Die „Geraer Ztg." schreibt aus Mühlhausen i. Th., daß der dortige Arzt Dr. Schloß an einer Blutvergiftung, die er sich bei einer Operation zugezogen, am Sonnabend gestorben ist. Demgegenüber zirkuliert aber ein Gerücht, wonach Dr. Schloß mit einem neu zuge zogenen Arzt der Ortskrankenkasse, Dr. Schwarz, ein Duell gehabt habe. Schwarz liegt im Krankenhause. * Gößnitz, 25. August. Vergangene Nacht wurde ein Artillerist von dem hier einquartierten 75. Artillerie-Regiment wegen Urlaubsüberschrei tung und Ungehorsams, vermutlich von der Nacht patrouille, in den Kopf gestochen. Diese Affaire rief unter dem zusammengelaufenen Publikum große Erbitterung hervor, sodaß sich die betreffenden Unteroffiziere genötigt sahen, blank zu ziehen. Der Schwerverletzte wurde heute früh in das Garnison lazarett nach Altenburg überführt. * Berlin, 26. Aug. der Kellner Scheffler ver suchte gestern nachmittag 4'/^ Uhr in einem Zigarren laden der Tieckstraße den Musiker Teniu« zu er schießen. Teniu« wurde fünf Mal am Arm und an der Seite verletzt. Der Täter wurde verhaftet. * Recht zur Vorsicht mahnt die Landwirte ein Vorfall auf der Domäne Sandersleben, wo elf Kühe geplatzt sind, nachdem sie jungen Buchweizen gefressen halt.>n. Dar Vieh war nicht versichert. * München, 25. Aug. Die in der Belgrader Mordnacht verschont gebliebenen drei Schwestern der Königin Draga, Frau Petrowitsch und zwei Fräulein« Lunjewitsch, sind, begleitet von zwei Herren und einer Zofe, gestern aus Zürich hier angekommen. Sie haben heute eine Privatwohnung in der Petten- koserstraße gemietet, um einige Monate in München zu verweilen. * Straßburg i. Elf., 25. August. Während einer Manöverübung bei Helleringen stürzten laut Saarburger Wochenblatt drei Dragoner vom 15. Regiment. Einer hat da« Genick gebrochen. Zwei sind schwer verletzt. * Solingen, 25. August. Der Mefferschleifver- ein beschloß, seine Forderung auf Erhöhung der Schleiflöhne aufrecht zu erhalten, sodaß am 4. Sep tember der Generalstreik auibrechen wird. * Iserlohn, 24. August. Ein Attentat, das die fürchterlichsten Folgen gehabt haben würde, wenn es nicht noch in der letzten Minute vereitelt worden wäre, wurde in der Nacht zum Sonnabend hier auf die Fabrik von Magney u. Plenge be gangen. Ein leider unerkannt entkommener Mensch, vermutlich ein entlassener Arbeiter, war gegen 11 Uhr in die Fabrik eingedrungen, hatte dort die Ventile des Dampfkessels verstopft und das Feuer unter dem Kessel geschürt. Danach versuchte er, die Dynamomaschine zu zerstören, wurde dabei aber von dem Fabrikwächter überrascht. Ein Kampf auf Leben und Tod entspann sich zwischen dem Attentäter und dem Wächter. Nach längerem Ringen wurde der letztere durch einen Schlag mit einer Eisenstange auf den Kopf niedergestreckt. Unterdessen hatte der sich infolge des Anfeuerns des Kessels entwickelnde Dampf eines der nicht ge nügend verstopften Sicherheitsventile in Tätigkeit gesetzt, einige in der Nähe wohnende Arbeiter hörten das Zischen, eilten herbei und beseitigten die Gefahr einer Keffelexplosion. Der Uebeltäter aber entkam leider ungesehen. Die Verletzung des Fabrikwächters ist schwer, aber nicht lebensgefährlich. * Beckum, 25. August. Bei einer Keffelexplo sion aus der Cementfabrtk Mark verunglückten vier Arbeiter; einer wurde getötet. * Graz, 25. Aug. Nachträglich wird bekannt, da« bei dem Uebungrmarsch eine« Teile« der Grazer Garnison am vorigen Sonnabend infolge Hitzschlage« und der Strapazen 96 Soldaten erkrankten. Die Mehrzahl wurde mit dem Rettungswagen nach Graz gebracht. Al« die Mannschaft Durst äußerte, rief ein Hauptmann „Freßt Gra«!" Der Reservist Finsterwalder, der irrsinnig wurde, ist Vater von fünf Kindern. * London, 25. Aug. Nach einer Meldung der „Time«" au« Schanghai hat der gelbe Fluß sein Nordufer bet Tsinanfu durchbrochen. Die deutsche Eisenbahn wurde durch eine Ueberschwemmung in dem Bezirk von Kaomi stark beschädigt. Wie e« heißt, haben die Chinesen 60 englische Meilen deutsche Telegraphen zerstört. * Marseille, 25. August. Von dem der Ge sellschaft „Chargreu« röunis" gehörigen Dampfer „Amiral Gueydon", der von Dünkirchen nach Co lombo bestimmt war, ist seit 33 Tagen keine Nach richt eingegangen. Er hatte 5000 Tonnen Waren, 7 Paffagiere und 50 Mann Besatzung an Bord. Am 15. Juli hatte er den Hafen von Marseille an gelaufen. Man hält da« Schiff für verloren. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 47. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Sodann warf er noch einen Blick in den Spiegel und erwartete den Eintritt deS Besuchers. Sein Bureau war derart plaziert, daß das volle Licht aus das Gesicht deS Besuchers fallen mußte, während Saint-Magloire selbst im Schatten saß. Dies er laubte ihm, die Physiognomien seiner Gegenüber genau beobachten zu können, während diese sein Mienenspiel nicht Wahrzunehwen vermochten. Die Tür öffnete sich, und der Kammerdiener meldete: „Herr Vaulnier!" Der Eintretende hatte ganz daS Aussehen eines braven Mannes in den sechziger Jahren. Etwas stark beleibt, mit einem guten, friedlichen Gesicht, sorgfältig rasiert, das reiche, schöngepflegte Haar schneeweiß ... die Kleidung sehr korrekt, ohne ge suchte Eleganz, machte Herr Vaulnier auf den ersten Blick den Eindruck eines besseren Privatiers aus der Provinzstadt. „Waren der Herr Baron so liebenswürdig," begann er, „sich ein wenig für meine Eisenquellen zu interessieren?" „Sprechen wir ohne Umschweife," unterbrach ihn Saint-Magloire. „Niemand kann unL hier hören." „Um so besser ... Ich habe mich sofort an die Untersuchung gemacht, Herr Baron, mit der Sie mich beauftragt haben. Die Beraubung eines Wagens der Lanqus äs . . ." „Gut, haben Sie etwas Besonderes herausge bracht?" „Ler Streich ist genau so auSgeführt worden, wie die Polizei es vermutet. Ein Mann, der einen Handwagen zog, hat sich an den Wagen angehängt,' scheinbar, um sich die Mühezu ersparen, sein Wägelchen selbst zu ziehen. Das hat natürlich kein Aufsehen gemacht. Der Handwagen war mit einem Plan tuche überspannt, unter welchem sich ein anderes Individuum verborgen hielt. Unterwegs kroch dieses in den Wagen der Laugu« äs Kranes und reichte einen Sack nach dem andern heraus. Der Mann, der den Handwagen zog, brachte sie in denselben und . . ." „Das hat die Untersuchung der Polizei bereits herausgebracht," bemerkte der Baron mit gleich- giltiger Miene, während er, wie zerstreut und etwas gelangweilt, mit einem Brieföffner spielte. „Weiter haben Sie nichts entdeckt? „Doch, doch, aber ich wollte vor allem diese Untersuchung prüfen," entgegnete der Biedermann in etwas beleidigtem Tone. „Obwohl ich sehr große Stücke auf den Spürsinn unserer Polizei halte, deren langjähriger Angestellter zu sein ich die Ehre hatte, so vertraue ich doch nur auf mich allein." „Also . . . ?" „Sobald der Wagen geleert war, kroch der Räuber wieder unter das Plantuch in den Hand wagen zurück. Derselbe wurde alsdann von dem Mann, der ihn zog, von dem Wagen der Bank loSgebunden und bog in eine Seitenstraße ein, während der ausgeraubte Wagen seinen Weg fort setzte. In der Seitenstraße verließ das zweite Individuum sein Versteck und half den recht schwer gewordenen Handwagen ziehen. Die beiden Diebe haben ihn sodann nach dem Nordbahnhof gefahren." „Sie glauben?" „Ich bin dessen vollkommen sicher, Herr Baron, ich selbst habe ihre Spur ausgefundcn ... Ich könnte fast eine genaue Beschreibung der Räuber geben . . ." „Ganz unnötig!" unterbrach ihn lebhaft der Baron. „Ich bin von Ihrem außerordentlichen Spürsinn genügend überzeugt, Herr Vaulnier. WaS ich noch gerne wissen möchte, ist, was aus den ge raubten Werten und Geldern geworden ist. Sie wissen, daß sich darunter eine Summe befand, die auS meinem Bankhause stammt." „Ganz recht, Herr Baron." „Ich gehöre deshalb zu den Bestohlenen. Was mich mehr interessiert als die Festnahme der Diebe — das geht die Polizei an, — ist zu wissen, ob noch irgend etwas zu retten ist." „WaS das anbetrifft, Herr Baron, so können Sie darüber ruhig schlafen; die Werte sind bereits in England, in sicherem Versteck. Zu retten ist da nichts mehr!" „Gut, verlieren wir kein Wort mehr darüber," seufzte der Baron . . . „Ich danke Ihnen für dle viele Mühe, Herr Vaulnier, bitte nehmen Sie diese« Billet als ein kleines Zeichen meiner Anerkennung." Damit reichte er dem Detektive eine Fünkhundert- francSnote. Der biedere würdige Herr nahm dieselbe, prüfte sie, — auS Gewohnheit — und steckte sie in seine Brieftasche: „Also soll ich mit der Untersuchung dieser Sache aufhören?" fragte er. „Natürlich!" „Wenn der Herr Baron sich meiner vorkommenden- falls freundlichst erinnern wollte." „Aber mit Vergnügen, Herr Vaulnier, ich habe ja Ihre Adresse. Also auf Wiedersehen." „Ganz ergebener Diener deS Herrn Baron!" Herr Vaulnier verschwand unter zahlreichen tiefen Verbeugungen. (Fortsetzung folgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen vom 2K. August. Breslau. In einer gestrigen sozialdemokratischen Parteiversammlung wurden einstimmig die ReichS- tagsabgeordneten Schippel und Bernstein und Zeitungsverleger Schiff als Landtagskandidaten für BreSlau aufgestellt. Die Genannten werden die Wahl annehmen. Stade. Generalsuperintendent D. Hermann Steinmetz ist im Alter von 72 Jahren an einem Schlaganfall plötzlich gestorben. Der Verstorbene war außerordentliches Mitglied deS hannoverschen LandeSkonsiftoliumS. Marienbad. Hier war gestern das Gerücht verbreitet, Kaiser Wilhelm treffe zum Besuche deS Königs von England ein. Um 11 Uhr vormittag- standen Tausende in der Kaiserstraße. DaS Gerücht soll begründet, nur der Tag soll nicht richtig sein. Budapest. Es ist sicher, daß während der An wesenheit des Kaisers die Krisis nicht zur Lösung gelangen wird. Von allen den von 15 Politikern gemachten Vorschlägen war kein einziger, der die Grundlage für das weitere Verhalten der Krone bilden konnte. Indessen steht fest, daß die Mann schaften des dritten Aufgebots, die am 1. Oktober beurlaubt werden sollten, vorläufig weiter unter den Fahnen behalten werden. Agram. In Zlatar kam eS anläßlich der be- vorstehenden Abgeordnetenwahlen zwischen den Wählern zu blutigen Zusammenstößen. Die Gendarmerie mußte eingreifen, wobei mehrere Personen schwer verwundet wurden. Paris. Das Urteil im Humbertprozeß ist ver gangene Nacht rechtskräftig geworden. London. Der Bericht der zur Untersuchung der Kriegsführung in Südafrika eingesetzten Kom mission ist jetzt veröffentlicht worden. In demselben wird zugegeben, daß eine Reihe von falschen Be rechnungen hinsichtlich der Natur und der Aus dehnung der Operationen gemacht wurden, die eine große Folge von Mißverständnissen und Versehen nach sich zogen. Die Kommission tadelt scharf, daß keine Kriegs-Vorräte vorhanden gewesen seien, er kennt aber an, daß man sich, al« man einmal mitten im Kriege war, mit der Lage geschickt ab gefunden habe, und läßt denen, die daran beteiligt waren, volle Gerechtigkeit widerfahren; sie erklärt es jedoch für einen Fehler, daß nicht genügend Vor kehrungen getroffen seien, um eine Wiederkehr solcher Zustände zu verhüten. An dem gegenwär tigen Militärsystem müsse man sesthalten, da e« sich weiter ausbilden lasse; die Verteidigung der englischen Küsten sei in gefährlichem Maße schwach. Die Kommission hält weiter die Rekrutterung«srage für ernst und sagt, da« Heer als Ganze« repräsen tiere in keiner Weise die militärische Kraft de« Reicher; sie lobt die Kolonialtruppen, die in einem kommenden Kriege von hohem Werle sein würden, doch seien gut au«gebildete Osfiziere und eme Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Disziplin not wendig. Lord Roberts erklärte bei seiner Vernehm ung, die Zahl der gemachten Fehler sei größer bei den höheren Chargen der Osfiziere, al« bei den niederen. Die Kommission gibt zu, daß e« unmög lich sei, in Frieden«zeiten eine sür den Krieg hin reichende Anzahl von Sanitätrosfizieren zu halten, sie empfiehlt, ein System zu wählen, da« dem deutschen ähnlich sei. Rom L'Jtalia meldet: Die Polizeipräfektur ergreift schon jetzt Vorstcht«maßregeln für die An kunft der Zaren. E« wurden die Wohnungen und Läden der Straßen, durch welche der Zar fährt, einer Prüfung unterzogen. Außerdem wird von der Polizei eine Liste aller verdächtigen Personen auf gestellt. Fiume. Gestern Abend 11,43 Uhr wurde hier ein starker Erdstoß verspürt. Sofia. Sollte Fürst Ferdinand seine ange- kündtgte Rückkehr nicht einhalten, so hält man es für sicher, daß der Fürst Bedenken trage, seinen Untertanen nahe zu kommen. Sofia. Sarakoff hat neuerdings eine von Monastir datierte Proklamation an die bulgarische Bevölkerung gerichtet, worin alle waffenfähigen Bulgaren ausgefordert werden, sich der Bewegung anzuschließen und das Türkenjoch abzuschütteln. Die Stunde der Befreiung sei gekommen. Phtltppopel. Der türkische Konsul wurde, als er einen Beamten auf den Bahnhof begleitete, von Gendarmen auf offener Straße insultiert. Er konnte sich schließlich mit zerrissenen Kleidern in daS Konsulatsgebäude flüchten. Der Vorfall wurde sofort nach Konstantinopel berichtet. Semli«. Die in Belgrad erscheinende „Narodny Listy" bringt einen Brief, worin dem Chefredakteur des Blattes angekündigt wird, daß er, drei Oberste und zwei Hauptleute von einem geheimen Komitee zum Tode verurteilt worden seien. Uokohama. Die russischen Behörden haben in Kamtschatka japanische Schiffe, welche Fische auf kauften, wegen ungesetzlichen Handels beschlagnahmt, 28 Osfiziere zurückbehalten und die 280 Mann zählenden Besatzungen in ihre Heimat geschafft.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)