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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 04.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190309040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030904
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030904
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-04
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 04.09.1903
- Autor
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schau patroullieren auch nachts die Landstraße bis zur Werdauer Gtadtgrenze ab und untersuchen die daselbst passierenden Fuhrwerke nach Streikwaren. * Reinsdorf, 1. Sept. Der Gendarmerie ist es gelungen, heute im hiesigen Orte eine Falsch münzerwerkstatt zu entdecken und die Falschmünzer, den 25jährigen Bergarbeiter Möckel und dessen Ehesrau, zu verhaften. Vorgesunden wurden noch eine ganze Anzahl Geldstücke und die zur Her stellung derselben dienenden Vorrichtungen und Gegenstände, was alles beschlagnahmt wurde. * Röhrsdorf, 2. Sept. Von einem gefähr lichen Brande wurde heute kurz vor Mittag unser Ort betroffen. In den beiden großen Scheunen des Lehngerichts, die in einem rechten Winkel stehen, brach um diese Zeit Feuer aus, das sich mit rasender Schnelligkeit über die beiden Gebäude verbreitete und sich auch auf das angrenzende Seitenwohn gebäude ausdehnte. Es entwickelte sich bald eine mächtige Glut, die durch den heftigen Wind nach dem nahen Schulgebäude und der dahinterstehenden Kirche getrieben wurde. Da züngelten plötzlich auch Flammen aus dem Schulgebäude, wie auch aus dein Kirchturme; die unterdessen eingetroffenen Feuerwehren (es waren 12 erschienen) rückten mit seltener Bravour in den Kirchturm vor, nament lich die Röhrsdorfer und die von Kändler, und es glückte ihnen, den Brand bald wieder zu unter drücken. Auch das Feuer in der Schule konnte noch zu rechter Zeit gelöscht werden. In größter Eile wurden die gefährdeten Gebäude ausgeräumt, und der Friedhof bot mit den daselbst aufgestapelten Möbeln und den Schulbänken einen ungewohnten Anblick. Den angestrengten Bemühungen der Wehren gelang es, den Brand auf die beiden Scheunen zu beschränken; aber leider ist die gesamte eingebrachte Ernte verloren gegangen. Das Feuer ist durch zwei kleiue Jungen ausgekommen, die in der Scheune mit Buntfeuerstreichhölzern gespielt haben. * Hainichen, 1. Sept. Der unter dem Ver dacht, den Brand des Dähneschen Gasthofes in Ottendorf durch böswillige Brandstiftung verursacht zu haben, festgenommene Viehhändler Ernst Prädel daselbst ist, wie das „Leipz. Tagebl." meldet, aus der Untersuchungshaft wieder entlassen worden. * Lausigk, 2. Sept. Während des Manövers ereilte Herrn Major Richter vom 3. Bataillon der 181er auf freiem Felde ein Schlaganfall, stürzte vom Pferde und zog sich Verletzungen im Gesicht zu. Nach angelegtem Verbände kehrte er sofort nach seiner Garnison Chemnitz zurück. * Grimma, 1. Sept. Etwas vom Manöver war, obwohl die Hebungen in der Bornaer Amts hauptmannschaft stattfinden, gestern und heute von hier aus doch zu erspähen, nämlich ein Drachen ballon der Luftschifferabteilung. Er schien sehr nahe zu sein, stand aber über dem Bahnhof zu Lausigk, und zwar 400 Meter hoch. Von seiner Gondel aus beobachteten Offiziere das Manöver gelände. Der erste Aufstieg fand gestern früh statt, nachdem der Ballon in ungefähr 10 Minuten mit Wasserstoffgas gefüllt worden war, der letzte heute Vormittag 10 Uhr. Um Uhr wurde der Ballon wieder herabgeholt, entleert und zum Trans port nach Kieritzsch verladen. Obwohl der Ballon der kleinste ist, über den die Luscschifferabteilung verfügt, faßt er doch 600 Kubikmeter, hat eine Länge von 15 Meter und einen Durchmesser von 5 Äeter Entleert wiegt der Ballon 10 Zentner. * Döbeln, 2. Sept. In der hiesigen Privat klinik starb gestern Nachmittag einer Gutsbesitzer Fischer aus Ostrau an den Folgen einer Verunglückung an der Dreschmaschine. Fischer war beim Dreschen vor drei Wochen mit der Hand in die Maschine geraten. Die Hand mußte ihm abgenommen werden, doch war er vor acht Tagen ziemlich wieder her gestellt. Da trat Wundkrampf ein, der znm Tode führte. Der zahlreichen Familie des hochgeachteten Mannes wendet sich allseitig Teilnahme zu. * Meißen. 1. Sept. Den Tod durch Ver brühen im Waschkessel erlitt der 7jährige Sohn eines hiesigen Okarinafabrikanten. Der Knabe war am Sonnabend Abend nach dem Baden während der kurzen Abwesenheit der Mutter im Waschhause auf den Kesselrand geklettert, hatte unglücklicher weise den Deckel zum Umkippen gebracht und war in das kochende Wasser gefallen. Eine 12jährige Schwester war Augenzeugin des Unglücks, konnte aber keine Hilfe bringen. Am folgenden Tage ist der Knabe gestorben. * Meißen, 1. Sept. Ein Kanonenschuß richtete gestern in der Nähe von Naundorf bei Zehren mittelbar schweres Unheil an. Ein Knecht holte dort Futter ein und hatte sich etwas von seinem Geschirr entfernt. Als er in der Nähe manöve- rierende Artillerie auffahren und sich zum Feuern fertig machen sah, eilte er zu seinem Pferde, erreichte es aber erst, als bereits der erste Schuß fiel. Das Pferd schlug aus und traf den Knecht so unglück lich, daß er tot hinstürzte. * Nicderncukirch, 2. September. Heute früh sind auf dem hiesigen Bahnhofe infolge falscher Weichenstellung zwei leere Personenwagen auf den besetzten, 8 Uhr 58 Min. vormittags von hier nach Schandau verkehrenden Personenzug Nr. 946 aufgefahren, wodurch zwei Personen leicht verletzt worden sind. Die Verletzten haben die Reise mit ihren Angehörigen fortgesetzt. Betriebs störungen sind nicht eingetreten. * Zittau, 1. September. Unter dem Verdachte des Münzverbrechens verhaftet wurde vergangene Nacht ein hier wohnender, nach Böhmen zuständiger Agent und früherer Färbereiarbeiter. Derselbe versuchte in einer Wirtschaft in der Webervorstadt ein falsches Zweimarkstück mit dem Münzzeichen dem Bildnis Kaiser Wilhelms II. und der Jahreszahl 1896 zu verausgaben. Das Falschstück zeichnet sich durch matten Glanz, fettiges Ansühlen und zu leichtes Gewicht aus, ist aber sonst gut nachgeahmt. Gerichtssaal. 8 Zwickau. Von der 1. Strafkammer deS hiesigen Landgerichts ist am Dienstag ein Schwindler, ein gewisser Kuminack aus Berlin, abgeurteilt worden. Er hat dadurch, daß er Bestellungen für Vergrößer ungen von Photographien aufnahm und sich darauf Anzahlungen geben ließ, die Bestellungen aber nicht ausführte, zahlreiche Personen in Sachsen geschädigt. Er wurde zu einem Jahre zehn Monaten Gefängnis verurteilt. 8 Ein strafloser Dieb. Der 20jährige Arbeits bursche Bernhard Georg Köhler in Gera erbrach bei einem dortigen Bäcker eine Kammer und stahl daraus zwei schmutzige Frauenhemden, die bei ihm in einem Schranke vorgefunden wurden. Vor der Strafkammer entschuldigte er den Diebstahl damit, daß er sich die schmutzigen Hemden beschafft habe, um sie gegen Rheumatismus zu gebrauchen, an dem er litt. Er habe gehört, daß schmutzige Frauen hemden als besonders heilkräftig gepriesen worden seien. Die Angaben waren dem Angeklagten nicht zu widerlegen, sodaß die Strafkammer den Dieb von der Anklage freisprach, weil man ein Verschulden nach der subjektiven Seite nicht für vorliegend erachtete. 8 Kiel, 2. Sept. Wegen tätlichen Angriffs auf seinen Vorgesetzten und die Wachen vor versammelter Mannschaft verurteilte das OberkciegSgericht den Matrosen Schlegelberger zu 5 Jahren Gefängnis. 8 Ein Franzose hatte sich dieser Tage wegen Beleidigung des deutschen Kaisers vor der Straf kammer zu Colmar im Elsaß zu verantworten. Der Angeklagte besuchte, wie man der „Post" schreib», mit einem Landsmann eine Wirtschaft in Oberbergheim, in der ein Bild des Kaisers an der Wand hing. Mit bezug auf dieses Bild ließ er sich zu unflätigen Aeußerungen gegen den Kaiser Hinreißen, weshalb seine sofortige Verhaftung erfolgte. Im Gefängnis unternahm er einen vergeblichen Fluchtversuch, indem er mit einem Schemelbein die Mauer durchbrechen wollte. Die Strafkammer ver urteilte ihn zu 4 Monaten Gefängnis. Kleine Chronik. * Berlin, 2. September. Unter der Spitzmarke „Friedchen verlobt" berichtet die Dtsch. TgSztg.: Der Vorkämpfer des Spiritismus Profesfor Sellin, der wegen seines Auftretens als Entlastungszeuge im Prozeß gegen daS Schwindelmedium Anna Rothe viel von sich reden machte, hat sich mit der Tochter des Blumenmediums, Frl. Frieda Rothe, verlobt. Was „Medibumsel" zur Zeit treibt, weiß niemand. * Berlin, 2. September. Die 27jährige Flora Meyer schoß sich nachts im Beisein ihres ehemaligen Bräutigams im Flur des Hauses Wörther Straße 36 eine Kugel in die Brust. Sie starb bald da rauf im Krankenhause. * Rackwitz, 2. Sept. Auf der Berliner Bahn, bei der Station Rackwitz, wurde heute vormittag gegen 9 Uhr der 35 Jahre alte Bahnarbeiter Schlegel von einem Zuge überfahren und sofort getötet. Wie verlautet, wollte der bedauernswerte Mann ein Kind retten und büßte hierbei sein Leben ein. Das Kind soll nicht zu Schaden gekommen sein. * Ein Hauptmann als Lebensretter. Mann schaften der 12. Kompagnie de» Infanterieregiments Nr. 62 au« Ratibor, zur Zeit im Manövergelände bei Kceuzburg, badeten unter Aussicht de« Kompagnie chef« und de« Feldwebel«. Eben halte die letzte Abteilung den Befehl erhalten, sich anzukleiden, alt einem Manne einfiel, über da« Eisengilter zu klettern und in dar tiefe Wasser zu gehen. Der de« Schwimmen« Unkundige sank bald unter. Da stürzte sich nach oberschlesischen Blättern Hauptmann v. Kräwell in voller Uniform in« Wasser und rettete den Mann. * Kassel, 3. Sept. Der Rendant der Spar- und Vorschußkasse in Berleburg ist verhaftet worden, weil er 60 000 Mark unterschlagen haben soll. * Hagen, 2. Sept. Die Stahlwerke Eicken u. Komp, haben anläßlich ihres 50jährigen Bestehens außerordentliche Stiftungen gemacht. Zu einem Fonds für Arbeiterversorgung wurden 100 000 Mk., für einen solchen zur Heilung skrophulöser Kinder der Arbeiter der Firma 30000 Mk., ausgeworfen. Außerdem wurde jeder einzelne Arbeiter mit Geld beschenkt. * Essen, 2. Sept. Hier wurde der Büreaube- amte Fuhrmann, der bis vor kurzem Fußgendarm und als solcher in Hattingen stationiert war, unter dem Verdachte der Beteiligung an einem Einbruchs diebstahl verhaftet. Es handelt sich um die Be raubung eines Gcldschrankes auf der Heinrichshütte in Hattingen, wobei den Spitzbuben 30 000 Mark bares Geld in die Hände fielen. * Düsseldorf, 2. Sept. Eine Submifsions- blüte eigener Art ist wieder einmal folgende: Die feste Rheinbrück: hierselbst wird zurzeit neu ange strichen. Eine Berliner Firma hat die Arbeit für 14000 Mark übernommen, während eine Düssel dorfer Firma 40 000 Mark verlangt hat. * Bochum, 2. September. Wie die „Westfä lische Volkszeitung" meldet, wurden bei dem Brande einer Wirtschaft in Höntrop die Wirtin und ein Dienstmädchen schwer, 5 andere Personen leicht ver letzt. Nach der Bewältigung des Feuers wurde noch ein Mann durch eine Gasexplosion schwer verletzt. * Metz, 2. Sept. Seit gestern abend herrscht hier große Wassernot. Infolge vorgenommener Ausschachtungsarbeiten wurden die Quellen, welche die große Wasserleitung speisen, abgestellt. Gestern abend um 10 Uhr war in Metz kaum ein Tropfen Wasser vorhanden. Die Hotels konnten die aller- notwendigsten Bedürfnisse nicht befriedigen. Der Bezirkspräsident Graf Zeppelin brach aus diesem Grunde seinen Urlaub ab und kehrte hierher zu rück, um selbst die eiligen Maßnahmen zur Wieder herstellung normaler Verhältnisse zu treffen. Man hofft bis morgen abend eine interimistische Holz leitung sertiggestellt zu hoben. * Asch. Einen schrecklichen Tod hat am Sonn abend eine junge Frau in Haslau erlitten. Dort wollte die 25 Jahre alte Gattin de« Tischlerge hilfen Pelrak die noch schwache Glut im Ofen da durch anfachen, daß sie dieselbe mit Petroleum be goß, wobei die Flasche explodierte, deren brennen der Inhalt sich über die Kleider der Frau ergoß. Diese eilte, ihr kleines Kind auf dem Arme tragend, auf die Straße und rief verzweifelt um Hilfe. Durch den bei dem raschen Laufen erzeugten Luft zug wurden die Flammen noch mehr angefacht, so daß da« unglückliche Weib bald über und über in Flammen stand. Jetzt erst vermochte sich die Mutter von ihrem Kinde zu trennen; sie warf e« weg und bewahrte e« so vor dem auch ihm drohenden Feuer lode. Al« Nachbarn zu Hilse kamen und die Flammen erstickten, war die Frau bereit« am ganzen Körper so furchtbar verbrannt, daß man bei ihrem Anblick erschauerte. * Gmunden, 2. Sept. Der gestern abgestürzte Herr aus dem Gefolge der Königin von Spanien ist der Oberstallmeister Marquis de la Maina. * Mailand, 3. Sept. In der Golaschen Spitzen fabrik brach gestern Abend Feuer aus, welches daS ganze Gebäude ergriff. Feuerwehr und Truppen waren sofort zur Stelle, trotzdem konnte der Brand bis Mitternacht nicht unterdrückt werden. * Lissabon, 2. Sept. Bei Coimbra ist ein Schnellzug mit einem Personenzug zusammengestoßen. Sieben Wagen wurden zertrümmert. Mehrere Reisende wurden verwundet. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 53. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Ich meine, ob Sie, und sei es nur durch das Lesen von wissenschaftlichen Werken, Kenntnis haben von vem ungeheuren Reichtum dieser Kolonie, die mcn leider vernachlässigt. Ich habe im Auftrage meines HauseS Guyana nach allen Richtungen hin durchstreift, um den Kautschuk aufzukaufen. Ich habe die riesigen Mahagonie-Wälder gesehen, die Steineichen und die vielen anderen nützlichen Ge hölze, die man leicht verkaufen könnte, und die unS weiter nichts kosten, als die Fracht. Ich habe von der Ausbeutung dieser prächtigen Wälder geträumt und komme, um Sie zu bitten, mir das nötige Kapital zu beschaffen, welches für den Anfang nötig wäre, ein Kapital, welches innerhalb zweier Jahre verdoppelt werden soll. Je größer man die Sache anlegt, um so größer wird der Gewinn sein." Saint-Magloire hörte kaum zu. Er dachte an ganz andere Dinge. LavardenS war ohne Stellung. Ec war ohne Mittel, und er war ein intelligenter und ehrlicher Mensch. Saint-Magloire wußte, daß sein Gegenüber ve> trauensselig bis zur Naivetät sein konnte, und tro*) seines Wagemutes einen etwas schwachen Charakter hatte, der leicht zu leiten war. DaS Geschäft, dessen Idee er soeben entwickelte, war wirklich gut. Rozen wußte daS besser zu beurteilen als irgend sonst jemand .... auch er hatte Guyana kennen ge lernt . . .! Aber die Ausbeutung der dortigen Urwälder verlangte alle möglichen Vorbereitungen; Reisen, Einrichtungen ... mit einem Wort: Zeil. Und er konnte LavardenS für ein Geschäft ge brauchen, daS nicht weniger und fast sofort einträg lich war, man konnte ihn dazu benutzen, daS große Unternehmen zu fördern, daS Sokolow in den Dienst deS Bundes gestellt hatte. Die Goldbarren, welche aus der Werlstätle Sokolows hervorgingen, verkauften sich leicht, auS dem einfachen Grunde, weil es wirkliches, echtes Gold war, daß sich von demjenigen deS Transvaal und Alaskas nur in der Herkunft unterschied. Der geschickteste, gewiegteste Chemiker wäre vollständig unfähig gewesen, in diesem Golde auch nur die geringste Minderwertigkeit nach- zuwcisen. Alle bisher auf dem Markt gebrachten uuZMt8 (Goldklumpen) waren denn auch abgegangen wie warme Semmeln. Trotz alledem war zu befürchten, daß eine zu große Menge dieser wertvollen Ware auf die Dauer das Mißtrauen der kleinen Welt erwecken möchte, welche von dem Handel mit nicht gemünztem Golde lebt und äußerst raffiniertt und argwöhnisch ist. Man würde sich fragen, woher die vielen Goldbarren der Bank Saint-Maglorie stammten, ohne daß die Marklgrößen von der Provenienz Kenntnis hätten. Da war es denn nötig, das Geheimnis mit größter Vorsicht und Eifersucht zu bewahren und vor den profanen Augen der Menge die Quelle und den Lauf de« GoldflusseS Paktolos niemals zu ent hüllen. Aus diesem Grunde — Saint-Magloire hatte schon lange und viel darüber nachgedacht — wäre eS von unschätzbarem Wert gewesen, einen Mann zu finden, der, von Markt zu Markt gehend, die Goldbarren in kleiner, unauffälliger Anzahl zum Verkauf bringen würde. Es handelte sich nur da rum, diesen Mann zu finden. Plötzlich war eS dem Bankier klar geworden, daß LavardenS der Mann sei, den er brauche. Die Schwierigkeit bestand nur darin, dem ehr lichen Mann dort, der keine Kenntnisse auf dem Gebiete der Wissenschaften hatte, die Sache glaub haft zu machen, daS er nicht fürchtete, falsches Gold für echtes auszugeben und in eine ihm gestellte Falle zu gehen. Saint-Magloire wollte das große Spiel wagen. Aber er fühlte auch, wie es ihm in allen Fibern zuckte, zunächst zu erfahren, waS LavardenS wohl von ihm dachte. „Sie sagen mir," begann er steif, „öfters in Guyana geweilt zu haben. Sie dürften dort viel leicht von einem Verbrecher gehört haben, der vor einigen Jahren dort viel von sich reden machte. .." „Wie hieß er?" fragte LavardenS. „Gaston Rozen." „Rozen!" rief LavardenS. „Ich habe mehr als sprechen von ihm gehört; ich habe ihn sogar gut gekannt!" „Nicht möglich!" „Doch. Ich hatte Gelegenheit, ihn in England kennen zu lernen vor seinem Fall ... ich habe ihn wiedergesehen ... in Cayenne . . . Doch warum sprechen Sie von diesem Mann?" „Weil ich ihn ebenfalls gekannt habe, den armen Teufel. Sein Unglück ist mir nahe gegangen." Rozen sagte das in bewegtem Tone, und La- vardens fiel darauf hinein. „Der Unglückliche." sagte er. „Ich habe ihn aus tiefstem Herzen bedauert. Mit seiner ganz außerordentlichen Intelligenz und seinen hervor ragenden Eigenschaften hätte er e» weit gebracht, wenn er sie richtig zu verwenden grwußt hätte." „Er soll ein entsetzliche- Ende gefunden haben, hat man mir gesagt," unterbrach ihn Saint-Mag loire. LavardenS antwortete nicht sogleich. Der Klang der Stimme seines Gegenüber-, die merkwürdige Wendung ihrer Unterhaltung durch den Bankier, dessen ganze- Verhalten weckten in ihm verwirrte Erinnerungen. Instinktiv hob er den Kopf und blickte den Bankier lange und fest an. „Merkwürdig!" murmelte er. Trotz aller festen Vorsätze, da- innere Gleich gewicht und äußeren Gleichmut zu bewahren, suhr der Baron erschrocken zusammen. „An waS denken Sie, mein Herr?" fragte er ein wenig fassungslos. In seiner Verwirrung, die er nur mit Aufge bot aller Kräfte zu bemeistern vermochte, ließ er unvorsichtigerweise seine Brille fallen, die seinen Blick bisher verbarg. Er setzte sie zwar schnell wieder auf, aber LavardenS hatte doch bereits den Ausdruck jener Augen gesehen, der in seinem Ge dächtnis unauslöschlich eingegraben war. (Fortsetzung folgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen Leipzig. Gestern Abend 11'/, Uhr kam der Kaiser hier an. Der Hofzug wurde jedoch nicht bis zum Dresdner Bahnhof geführt, sondern auf die Uebergangsbahn geleitet, wo der kaiserliche Salonwagen auf einem Nebengleis die Nacht über stehen blieb. Der Kaiser verbrachte die Nacht im Wagen und suhr heute früh 6 Uhr nach Erfurt zur Parade des 11. Armeekorps. König Georg traf gestern Abend 11 Uhr 10 Min. auf dem Dresdner Bahnhof hierselbst ein und begab sich sofort in das König!. Palais, um dort die Nacht zu verbringen und heute früh nach Erfurt zur Parade des 11. Armeekorps weiterzureisen. Die Abfahrt des Königs nach Erfurt erfolgte heute früh 7 Uhr 20 Min. * Hamburg. Lebaudy, der „Kaiser derSahara", stieg in einem hiesigen Hotel ab, verließ aber die Stadt bald wieder. Sein neues Reiseziel ist nicht bekannt. Auch engagierte er für seine in Las Palmas liegende Nacht einen Hamburger Kapitän. Wien. Der König von England reiste gestern Abend 10,4 Uhr mit der Westbahn ab und begibt sich direkt nach London. Wie verlautet, hat ihn Kaiser Franz Joseph noch vor der Abreise zum Admiral der österreich-ungarischen Flotte ernannt. Wien. Der Kaiser begibt sich heute Abend 9 Uhr nach Budapest. Die Aussichten auf eine baldige Beilegung der Krise sind sehr gering. Die Obstruktion der Unabhängigkeitspartei beab sichtigt die Frage der ungarischen Kommando sprache zur Parteifrage zu erheben. Wien. Der serbische Priester in Johlim wurde im Dorfe Ronkowzi im Vilajet Uesküb von einer bulgarischen Bande ermordet, weil er sich weigerte, sich der aufständischen Bewegung anzuschließen. Paris. In der Nacht zum Mittwoch ist in Lemans ein Dynamitattentat gegen das Haus eines Führers der Sozialdemokratie namens Alexan der Oyon verübt worden. Das Erdgeschoß des Hauses und die Treppen wurden völlig zerstört und im Umkreise von 200 Metern sämtliche Fenster zertrümmert. Personen wurden glücklicher Weise nicht verletzt. Clermont Ferrand. Während des Manövers wurden vom 32. Infanterieregiment auf eine Offiziers gruppe, unter welcher sich auch der Oberst befand, mehrere scharfe Kugelschüffe abgegeben. Das Manöver wurde sofort eingestellt. Auch ereignete sich gestern bei einem Regiment der gleiche Vor fall. Das Regiment wurde hierauf sofort in die Kaserne zurückgeführt und eine strenge Untersuchung eingeleitet. London. In ganz England wütete gestern ein furchtbarer Orkan, welcher auf eine mehrere Tage dauernde große Hitze folgte. Der Regen führte zu Ueberschwemmuugen, welche großen Schaden anrichteten. Die noch nicht eingebrachte Ernte ist fast vollständig vernichtet. Portsmuth Der alte Küstendampfer „De- liske" wird am Freitag von den englischen Unter seebooten angegriffen werden. Es werden dieselben Schießversuche angestellt werden, wie in Frankreich. Calais. Der Dauerschwimmer Holbein, welcher vorgestern von Dover abgeschwommen ist, um die französische Küste zu erreichen, kam gestern Abend 9 Uhr 2 Min. in Kap Gris-Nez an. Tie Strömung trieb ihn aber wieder ins offene Meer. Er gab hierauf den Versuch, den Kanal zu durchschwimmen, auf und stieg in das ihn be gleitende Boot. Genf. Alfred Dreyfuß ist gestern hier einge troffen und bewohnt eine Villa am See im Dorfe Cologny, die ihm von einem Genfer Freund auf einen Monat zur Verfügung gestellt worden ist. Es heißt, Dreyfus werde hier neue Dokumente für seine Rehabilitierung sammeln. Newyork. Das Kanonenboot „Skorpion" kollodierte bei der Einfahrt in die Marinewerft mit einem Schleppdampfer. Es wurde nach einem Pier bugsiert und sank dann. Der an Bord weilende Admiral Barker und die Mannschaft konnten an Land springen. KpMfaal für KommerftMer nml Kurgäste. Dürfte eS nicht im Interesse unserer Stadt als Luftkurort liegen, wenn am Jahresschlüsse die Gesamt zahl der im Laufe des JahreL hier aufhältlich ge wesenen Sommerfrischler Und Kurgäste veröffentlicht würde? — Die zweifellos recht ansehnliche Zahl dürfte manchen veranlassen, künftig ebenfalls unsere Stadt als Sommeraufenthalt zu wählen. k. 8.
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