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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.08.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190308284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030828
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030828
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-28
-
Monat
1903-08
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.08.1903
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Maß an die Oeffentlichkeit zu appellieren und eventuell die Presse hierzu in Anspruch zu nehmen. * Zwickau. Bankdirektor a. D. Exner, der in der hiesigen Landesanstalt die ihm im Leipziger Bank-Prozeß auferlegte Gefängnisstrafe verbüßt, genießt die Vergünstigung der Selbstbeschäftigung, für die bekanntlich eine gewisse Entschädigung an die Gefängnisverwaltung gezahlt werden muß. * Werdau. Am Montag Abend fand hier wiederum eine von über 1200 Personen besuchte Arbeiter- und Arbeiterinnen - Versammlung statt, in welcher Herr Albin Reichelt aus Chemnitz über die Zehnstundenbewegung und die Massenaussperrung der Textilarbeiter in Crimmitschau sprach. Er forderte die hiesigen Textilarbeiter auf, Streikarbeit unter keinen Umständen auszuführen, und wenn es dabei zum Ausstand kommen sollte. Es fand denn auch eine darauf bezügliche Resolution einstimmig Annahme. Da zu dieser Versammlung auch Ausständige aus Crimmitschau erschienen waren, so beteiligten sie sich ebenfalls an der Aussprache, die mitunter recht derb war. Die Reden wurden mit stürmischen Beifallsrufen begleitet. * Lößnitz. Ein recht bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich SonnabendNachmittag in Dittersdorf. Der Gutsbesitzer Höfer mähte mit einer Getreide maschine Korn. Hierbei kam eine 17 Jahre alte Dienstmagd den Messern der im Gang befindlichen Maschine zu nahe und schnitt sich beide Unterschenkel fast durch. * Reichenbach i. V. Zu der Crimmitschauer Zehnstundenbewegung beschloß eine hier abgehaltene Textilarbeiter-Versammlung, 1) mit allen Kräften dahin zu wirken, daß auch hier keine Streikarbeit hergestellt wird, und 2) daß die Streikenden in Crimmitschau finanziell so viel wie möglich unter stützt werden, weshalb bis auf weiteres von jedem der Organisation angehörigen Arbeiter pro Woche eine Extrasteuer von 10 Pfg. erhoben werden soll. * OelSnitz i. B-, 25. Aug. Mit ihren beiden Kindern in den Tod gehen wollte gestern Abend die 24jährige Fabrikarbeitersehefrau Amanda Dölling von hier. Nachdem sie die beiden Kleinen, 1^ und a/- Jahr alt, in einen unweit Lauterbach ge legenen tiefen Teich geworfen, sprang sie hinterher. Die schreckliche Tat war aber von weitem beobachtet worden; es eilten mehrere Männer herbei, welche die mit dem Tode kämpfende Mutter und sodann die beiden Kinder wieder aufs Trockene brachten. Das ältere Mädchen war bereits tot, der kleine Knabe konnte ins Leben zurückgernfen werden und wurde mit der Mutter dem hiesigen Stadtkranken hause übergeben. Vorhergegangener Streit mit ihrem Ehemann gab der Frau den Anlaß zu der Verzweiflungstat. * Aus dem Vogtlande. Während des hef tigen Gewitters am Sonntag abend kehrte der Färbergehilfe Friedrich aus dem bayerischer Grenz dorfe Mussen, welcher in Schönbrunn einem Ver einsvergnügen beigewohnt hatte, nach Hause zurück. Wahrscheinlich durch das unaufhörliche Wetter leuchten geblendet, lief Friedrich in ein ihm ent gegenkommendes Geschirr, wurde überfahren und so schwer verletzt, daß er, in ein nahegelegenes Haus gebracht, alsbald verschied. * Lauter, 25. August. Beim Einfahren des Abendzuges verunglückte auf dem hiesigen Bahn hofe am Sonntag ein Passagier dadurch, daß er zu zeitig die Koupeetür öffnete und so aus dem noch in voller Fahrt befindlichen Zug fiel. Bewußt los mußte der Verletzte ausgehoben werden; man fürchtet, daß er schwere innere Verletzungen oder eine Gehirnerschütterung davongetragen hat. * Grimma. Um unbemittelten Leuten „das Steuerzahlen" zu erleichtern, soll hier ein Versuch gemacht werden; zu dieiem Zwecke werden von der Sparkasse Sparmarken zu je 10 Pfennigen aus gegeben, die man an Stadtkassenstelle an Stelle baren Geldes annehmen will. * Leisnig. Geheimnisvolles Dunkel schwebt noch immer über einen am 24. Juli in der so genannten „Lache" am Eichberg gefundenen Er trunkenen. Zunächst glaubte man in dem Leichnam den Kaufmann Däweritz und, nachdem sich dieser persönlich als „Lebender" gemeldet, später den Müllergesellen Johann Wilhelm Loos aus Zer- kupchen zu erkennen, da von letzterem ein Koffer mit Papieren in einer hiesigen Restauration zurück gelassen worden war, welche die Identität des Loos mit der aufgefundenen Leiche wahrscheinlich machten. Jetzt schreibt Loos aus Dresden, daß er in dem Fachblatte „Die Mühle" zwar die Nachricht von seinem Tode gelesen habe, daß er aber darauf be stehen müsse, als noch unter den Lebenden wan delnd zu gelten, event. wolle er vor der Leisniger Polizeibehörde den Beweis der Wahrheit antreten. Nun ist von neuem die Frage offen: Wer war der Unglückliche, der in der Nacht zum 24. Juli d. I. den Tod durch Ertrinken in der Lache ge funden? * Waldheim, 26. Aug. Nach dem Genuß von Pilzen und unreifen Pflaumen starb hier nach schwerem Leiden der 11 Jahre alte Schulknabe Müller. Auch Angehörige des Knaben, welche ebenfalls Pilze genossen hatten, erkrankten, befindin sich aber wieder auf dem Wege der Besserung. * Mutzschen, 24. August. Beim Kleeholen am Sonntag früh ist der am 17. August 188» geborene Dienstknecht Otto Kreyß hier dadurch zu Schaden gekommen, daß er bei der Toreinfahrt mit der Leine, welche er um die Hand gewickelt hatte, an der Torklinke hängen blieb, wodurch ihm vom Zeigefinger das erste und vom dritten und vierten Finger der linken Hand je zwei Glieder durch die Leine abgeschnitten wurden. Gerichtssaal. 8 Auerbach i. V., 26. August. In der be kannten Prozeßsache der Stadtgemeinde Auerbach gegen ihren früheren Bürgermeister Herrn Rechts- anwalt Eule hier wegen Rückzahlung von Beiträgen, welche die zum Standesamtsbezirk Auerbach ge hörigen Landgemeinden früher zur Mitbestreitung der Kosten für die Unterhaltung des Standesamt» bezahlt haben, ist nunmehr daS erstinstanzliche Urteil vor dem Landgericht Plauen ergangen. Danach ist Rechtsanwalt Eule, dem Klageantrage entsprechend, zur Zahlung von 2098.22 Mk. nebst Zinsen seit den Jahren 1888 und 1889 an die Stadtgemeinde Auerbach verurteilt worden. Im ganzen hat Eule sonach gegen 3700 Mk. an die Stadtkasse zu zahlen. In der Urteilsbegründung wurde, wie die hiesigen „Nachr." melden, ausdrücklich hervorgehoben, daß die betreffenden Landgemeinden die Beiträge seiner zeit in dem Willen an die Stadt gezahlt haben, daß die Beiträge in daS Eigentum der Stadt und nicht in daS Eigentum EuleS übergehen. Der Prozeß wurde seinerzeit von den städtischen Kollegien auf Anraten des Herrn BrügermeisterS Achilles angestrengt. 8 Ein Barbar. Dec Handarbeiter B. in Leip zig hatte seine kranke Frau nur geheiratet, um in den Besitz von deren Vermögen zu gelangen. Da die Frau aber ihrem Manne die freie Verfügung über ihr Vermögen im Interesse ihres Kindes nicht gewährte, sondern ihm nur die Zinsen zukommcn ließ, mißhandelte er die Aermste in schändlichster Weise und sperrte sie sogar tagelang ein. DaS Landgericht Leipzig verurteilte jüngst den Unmenschen zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis. 8 Das Berliner Landgericht hat dieser Tage eine« Mieter zur Räumung seiner Wohnung ver urteilt, weil er zwischen 7 und 8 Uhr morgens die Anzüge seiner schulpflichtigen Kinder in der Stube ausklopfen ließ, obwohl der Mietskontrakt sagte: Vor 8 Uhr morgens kein Klopfen. Aber es ist wohl unzweifelhaft, daß hier ein Irrtum vorliegt und daß die höchste Instanz daS Erkenntnis aufhebt. Denn wohin sollten die großstädtischen mit Kindern gesegneten Familien sonst kommen! Schon jetzt sind vielfach kinderreicheLeute von Hauswirten fast geächtet. 8 Das Reichsmilitärgericht in Berlin hat soeben die Revision des Gerichtsherrn gegen das Urteil deS OberkriegSgerichtS im Fall Hüssener in sofern für begründet erklärt, als das Urteil nicht deutlich über die Willensrichtung des Angeklagten bei Begehung der Tat sich ausspreche. DaS Urteil wurde deshalb aufgehoben und der Fall in genanntem Umfang an die Berufungsinstanz zurückverwiesen. Deren Urteil lautete auf nur 2 Jahre 7 Tage Festung. Wie der neue Spruch ausfallen wird, bleibt abzuwarten. 8 Das Kriegsgericht in Alleustein (Ost preußen) verhandelte nach dortigen Blättern in Sachen eines Zweikampfs, der infolge eines Wortstreilszwischen den Leutnants Kayser und Klauenflügel vom 73. Feld-Artillerie-Regiment stattfand. Leutnant Kayser wurde zu 4 Monaten, Leutnant Klauenflügel zu 3 Monaten und Kartellträgec Leutnant Wünsche zu 1 Tag Festung verurteilt. 8 Zuchthausstrafe als Ehescheidungsgrund. Wenngleich in der Verurteilung zur Zuchthausstrafe an und für sich ein Scheidungsgrund nicht zu er blicken ist, so kann doch nicht bezweifelt werden, daß bei Unterstellung normaler Verhältnisse, insbesondere einer ihrem christlichen Glauben entsprechenden Ge sinnung der Ehefrau, dieser da« Zusammenleben mit einem Manne unmöglich gemacht ist, welcher sich als sittlich verkommen und ehrlos gezeigt und Dritte zum Meineid zu verführen gesucht hat. (Oberlandesgericht Braunschweig.) 8 Paris, 27. August. Der frühere Bank direktor Alfred Balensi hatte sich gestern wegen Unterschlagungen von über 20 Millionen vor dem Pariser Schwurgericht zu verantworten. Nach Zubilligung mildernder Umstände wurde er zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt. Kleine Chronik. * Altenburg, 25. August. Im Manövergelände stürzte Oberstleutnant Voigt vom 75. Artillerie regiment beim Uebersetzen eines Grabens vom Pferde und mußte, dem „Leipz. Tgbl." zufolge, schwer verletzt vom Platze getragen werden. * Greiz. Zu edlem Wohltun wurde eine vor nehme Dame am Sonnabend nachmittag durch eine unerfreuliche Szene in der Mühlgaffe veranlaßt. Dort hatte ein Hausbesitzer eine arme Witwe, die wegen langer Krankheit nicht« hatte verdienen können und infolgedessen ein halbes Jahr Miete für die sehr bescheidene Erkerwohnung schuldig ge blieben war, auf die Straße setzen lassen. Die im Lause des Nachmittag« dort vorbeikommende Dame veranstaltete an Ort und Stelle eine erfolgreiche Sammlung, die sie bei allen Vorübergehenden stundenlang fcrlsetzte, bi« — die Polizei ihr das edle Tun untersagen mußte. * Berlin, 26. August. Zur Affäre der Frau v. Zimmerman 1, Gattin deS verstorbenen Kommerzien rats v. Zimmermann, die, wie bekannt, der Erb- schaftSmasse die Summe von 4 Mill. Mk. entzogen haben soll und mit dem Magnetiseur Wllly Rachel nach Amerika abgedampft ist, erfährt ein hiesiges Blatt noch: Die schöne Witwe hat ihrem Geliebten von einem jener Edelleute, die genötigt sind, auS ihrem Namen Kapital zu schlagen, daS Adelsprädikat verschafft. 25000 Mk. soll es gekostet haben, aus Willy Reichel einen Herrn von Stachowicz zu machen. DaS Verfahren gegen Frau v. Zimmer mann und Genossen geht infolge der Gerichtsferien langsamer vorwärts. Die hinter den Flüchtigen erlassenen Steckbriefe dürften nur dann wirken, wenn ihnen ein Verbrechen nachgewiesen wird, wegen dessen die Vereinigten Staaten von Nordamerika laut Venrag ausliefern. Zur Zeit liegt nur Ver leitung zum Meineid vor, deswegen liefert Amerika nicht auS. * Hamburg, 26. August. Die Straßenbahn entließ 60 Rädelsführer der Straßenbahnerbewegung. Die Angestellten der Centralbahn beschlossen, sich der Bewegung anzuschließen. 1800 Straßenbahner sind in den Centralverband der Verkehrsarbeiter eingetreten. * Hamburg, 27. August. AuS der Alster wurde die Leiche eines Offiziers, deS Grafen von Baudissin aus Berlin, mit durchschossener Schläfe gezogen. Die Ursache deS Selbstmordes ist unglück liche Liebe. * Kiel, 25. August. Beim Baden im Kriegs- Hafen unter Bellevue verunglückte vor den Augen vieler Personen der 19jährige Oberfekundaner Franz LauerS, der Sohn deS Architekten L. E- erregt Befremden, daß kein Zgschauer Hilfe leistete. * Kassel, 26. August. Im ganzen südlichen Kurhessen, besonders an der Rhön und in der Hanauer Maingegend hat ein furchtbare- Unwetter gehaust, welche- mit ungewöhnlich starkem Hagel schlag, schwerem Gewittersturm und wolkenbruch artigen Regengüssen verbunden war. Menschen, die auf dem freien Felde waren, wurden verletzt; an den Häusern ist großer Schaden verursacht; die Feldfrüchte, Gartengewächse und Obstplantagen sind strichweise völlig vernichtet worden. Bon der Gewalt deS Sturmes kann man sich einen Begriff machen, wenn man hört, daß in Niederrasphe bei Marburg daS neu errichtete Schulgebäude umgeweht ist. Besonders böse Kunde kommt aus Marburg, Fulda, Gersfeld, Tann, Hanau und vor allem auS Bischofsheim a. d. Rhön. Als daS Unwetter nieder ging, war eS stockfinster. Dann zuckte Blitz auf Blitz nieder und der Donner dröhnte nach den kalten Schlägen so stark, daß tatsächlich die Häuser bebten. Dächer wurden vom Sturm abgedeckt, Tausende von Fensterscheiben zertrümmert, sodaß die Regenmassen in die Häuser eindrangen und Wände und Fußböden durchweichten. Hunderte von Baum riesen wurden entwurzelt, namentlich in den Hanauer Anlagen. * Fulda, 26. August. Ein großes Feuer hat daS Magazin der Norddeutschen Wollkämmerei und die angrenzenden Stallungen und Scheunen zerstört. Der angerichtete Schaden wird auf eine halbe Million geschätzt. Homburg v. d. H., 26. August. Von einem Personenzug der Usinger Eisenbahn wurde heute Mittag unterhalb der Saalburg am Uebergang bei Wehrheim ein Einspänner auS CranSberq überfahren. Ler Lenker des Gefährts und daS Pferd wurden getötet. * Osnabrück, 26. August. Die EmS führt Hochwasser, weite Strecken sind überschwemmt. * Landsberg (Warthe), 26. August. Beim gest igen Leichenbegräbnis der ermordeten Wirt schaf -rin Burkert in Lorenzdorf wurden neue Ent hüllungen gemacht. An der Bahre gestand der 17jähri5,e Lehrling Herold au« Sachsen, der beim Ob..schweizer Scherer ebenfalls wie der Unter schweizer Klix in Pension war, daß er Wasser in einem Bott ch nach dem Kuhstall getragen habe, damit der Mörder Klix seinen mit Blut getränkten Anzug auswässern konnte. Bei Herold wurden noch drei scharfe Patronen gefunden. Herold wu de sofort geschlossen abgeführt. Man nimmt an, daß noch andere Personen an der Bluttat be teiligt sind. * Basel, 26. August. Heute morgen sprach ein Individuum, angeblich ein russischer Journalist, beim Redakteur der „Hotel-Revue", Wagner, vor und bat um eine Unterstützung. Als ihm diese verweigert wurde, gab der Russe mehrere Revolver schüsse ab, so daß Wagner schwer verletzt inS Hospital gebracht werden mußte. Der Attentäter wurde verhastet. * Zürich, 27. August. Der Redakteur der „Neuen Züricher Ztg." ist im Züricher See ertrunken. * Laibach, 26. August. Die gesamte 16 000 Mann zählende beim Bau der Karawanken-Bahn in Birnbaum, Bezirk Rathmannsdorf, beschäftigte Arbeiterschaft ist in den Ausstand getreten. Der Ausstand ist auf die Ablehnung der achtstündigen Arbeitszeit seitens der Bauunternehmer zurückzu führen. Ruhe und Ordnung wurden bisher nicht gestört. * Eine gräfliche Familienkatastrophe wird aus Udine in Italien gemeldet: Graf Manano ist nach Hinterlassung von Million Lire Schulden geflüchtet. Seine Frau hat sich erschossen. * Eide del Abeo, 27. August. Die prächtigen Palmen- und Fichtenwälder von Telazh Tirman und Bossiret sind fast gänzlich durch mächtige Feuersbrünste, die sich über 60 Kilometer hin er streckten, zerstört worden. * Newyork, 26. August. Ein Goldsucher, welcher bis zum Polarkreise vorgedrungen war, will Ueberreste der Andreeschen Nordpolexpedition ge funden haben und hat Teile einer Ballonhülle aus Vancouver mitgebracht. Er erklärte, dieselben an der Mackenzie-Bai aufgefunden zu haben. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 48. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Saint-Magloire klingelte. „Lassen Sie Herrn Barker eintreten," befahl er dem Kammerdiener. Einige Augenblicke später erschien der Gewünschte. Barker war ein Typ der englischen Rasse: lang, mager, semmelblond und phlegmatisch. „Es ist alles gut abgelaufen," sagte ohne weitere Umschweife der Bankier. „Ich habe die „Entdeckungen" der Polizei nochmals auf meine Rechnung unter suchen lassen, indem ich vorgab, ein Opfer dieses Meistergaunerstückchens zu sein. Die Werte sind gut am Bestimmungsort angelangt. DaS übrige geht Sie an." Barker, ohne ein einziges Wort gesagt zu haben, verbeugte sich linkisch und verließ daS Bureau. Saint-Magloire klingelte wieder und machte dem eintretenden Kammerdiener ein Zeichen. So fort verkündete derselbe mit lauter Stimme: „Seine Durchlaucht der Prinz Coriolan Bocconi." Ein junger, magerer, sehr eleganter Kavalier er schien. Auch ohne daß man seinen Namen kannte, verriet sein ganzes AeußereS, der nußbraune Teint, die großen, schwarzen Augen, daS leichtgelockte, schwarze Haar den Italiener. Er begrüßte den Baron mit einer tiefen Ver beugung, die nur mit einem leichten Kopfnicken er widert wurde. „Der Herr Baron . . begann er. „Bitte, nehmen Sie Platz, Prinz," unterbrach ihn Saint-Magloire, „und sagen Sie mir, war Sie herfühlt." „Herr Baron," begann der Prinz von neuem, indem er sich in den Sessel vis-L-vis dem Banlir niederließ, «ich glaube, es ist unnötig, daß ich mich Ihnen nochmal- besonders vorstelle. Ich bin der Prinz Coriolan Bocconi, von dem Geschlechte der Bocconi zu Palermo." „Ganz recht," versetzte Saint-Magloire. „Ich erinnere mich, daS Vergnügen gehabt zu haben, Sie im Cercle der Ausländer kennen zu lernen." „Meine Familie ist sehr reich," fuhr der Prinz fort. „Ich selbst besitze weite ausgedehnte Lände- reien in Sizilien. Aber die Pächter zahlen nicht, die Zinsen gehen sehr unregelmäßig ein ... kurz ..." „Kurz, Sie haben Geld nötig," unterbrach ihn der Baron. „Leider GotteS, ja, Herr Baron." „Madame MorvillarS will demnach nicht mehr «blechen" ?" Die Worte trafen den Prinzen wie ein Peit- schenschlag inS Gesicht. Wie von einer Feder ge schnellt, sprang er von seinem Sessel auf. Seine Augen sprühten Funken. Saint-Magloire, ohne eine Miene zu verziehen, suchte mit der Hand seinen Revolver. Aber diese Situation dauerte eine Sekunde. Die Augen des Italieners verloren ihren unheim lichen Glanz, und der brave Prinz nahm wieder seine Leichenbittermiene an: „Ich verstehe Sie nicht, Herr Baron." „Gut," lächelte Saint-Magloire, „unter uns keine Heimlichkeiten. Alle Welt weiß, und ich ganz besonders, daß Ihre Familie sich bis in die Zeit der Kreuzzüge zurückleittt und ehemals große Lände reien besaß. Diese Güter sind zerstreut, verkauft und das schon seit langer Zeit. ES bleiben Ihnen nur noch einige ganz unbedeutende Parzellen im Gebirge, die nichts einbringen und mit Hypotheken sehr stark belastet sind. Ferner haben Sie Ihren Kredit bei allen existierenden Geldverleihern erschöpft, und Ihre Unterschrift ist keinen Pfennig wert." „Herr Baron!" schrie der Prinz auf und wurde aschfahl im Gesicht. «Ich sage Ihnen daS nicht, um Sie zu beleidigen," fuhr Saint-Magloire fort. „Wir Finanzmenschen kennen nur die Bilanz. WaS ich soeben sagte, ist die Ihre. Sie wären demnach ohne jegliche Sub sistenzmittel, wenn Ihnen nicht eine Dame, die sie für einen hübschen Kerl hält, zu Hilfe käme und Ihnen ihre Neigung durch diese Freigebigkeit be wiese." „DaS ist zu stark!" keuchte der Prinz. „Ich könnte vergessen, daß ich in Ihrem Hause bin." „Bitte, behalten Sie doch Platz, lieber Prinz," entgegnete der Baron mit überlegen-sarkastischem Lächeln. „Ich kritisiere ja nicht einmal Ihre Lebens weise; im Gegenteil, ich kann Ihnen nur gratulieren. Wieviele Mitglieder unseres Klubs, und darunter die glänzendsten, verdanken ihren Luxus, ihre Eleganz und ihr tägliches Brot nur ihrer äußeren, vorteil haften Erscheinung!" „Ach ja!" murmelte der junge Aristokrat und senkte die Augen. „Ich habe mich mit Madame MorvillarS veruneinigt, und gerade deshalb habe ich Geld nötig. Ich möchte ihr alles zurückgeben, waS ich ihr schulde . . . waS sie mir geliehen hat . . . denn ich habe das alles nur als geliehen an genommen . . . seien Sie davon überzeugt." (Fortsetzung solgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen vo« 27. August. Berlin. Die „Berliner Politischen Nachr." schreiben: Die Finanzminister der verschiedenen Einzelstaaten treten Ende September oder Anfang Oktober in Berlin zu einer Konferenz zusammen. Es handelt sich bei dieser Konferenz nicht um ein schneidende prinzipielle Fragen, wohl aber um die Frage der Balancierung des Reichshaushaltsetats. Frankfurt a M. Die „Frkf. Ztg." meldet aus Kassel: Als die Kaiserin gestern Mittag gegen 1 Uhr von einem Ausflug nach Schloß Wilhelms höhe zurückkehrte, warf eine Dame einen Brief in den Wagen der Kaiserin. Während der Wagen weiterfuhr, stellten Polizeiorgane die Personalien der Dame fest. Diese gab an, aus Berlin zu sein. Der Bries enthalte eine Bittschrift für ihren im Gefängnis weilenden Mann. Kiel. Das Torpedoboot „S. 7," Depeschen boot des Flottenchefs, welches bei der Insel Borkum eine Kesselhavarie erlitt, ist aus der Uebungsflotte ausgeschieden und nach Kiel zurückgekehrt. Brünn. Der gestern abend von hier nach Wien abgehende Schnellzug wurde zwischen den Stationen Medritz und Rohrbach von unbekannten Tätern mit Schleuderwürfen bombardiert. Mehrere Personen wurden verletzt. Viele Fensterscheiben sind zertrümmert. Budapest. Der Stand der Krisis ist unver ändert. Der Kaiser verläßt morgen Budapest und kehrt am 11. September zurück. Man hofft, daß bis dahin die Opposition keine weiteren Schwierig keiten bereitet. Nom. Der König von Italien wird morgen in Talviso mit einem Abgesandten Kaiser Franz Josefs eine Besprechung zur Feststellung der Einzel heiten für die Reise des Kaisers nach Rom haben. Sofia. Eine mazedonische Abordnung, angeb lich bestehend aus dem Metropoliten Simoon und den Hochschulprofessoren Miletisch und Gerogow begibt sich nach den europäischen Hauptstädten, um die Mächte zum Eingreifen zu Gunsten Maze doniens zu bewegen. Gestern fanden große maze donische Versammlungen statt. Sofia. Entgegen den türkischen Anschuldig ungen von Grausamkeiten, begangen durch die Ausständigen, veröffentlicht „Autonomie" die Namen von 65 Orten, die in den letzten Tagen von tür kischen Truppen zerstört und deren Einwohner, so gar Frauen und Kinder, niedergemetzelt wurden. Belgrad. Der türkische Gesandte setzt alle Hebel in Bewegung, damit die Regierung das nunmehr für Sonntag in Aussicht genommene Meeting verbietet.
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