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zug auf „Halt" stand. Der Lokomotivführer von der ersten Lokomotive des Schnellzuges 49 über fuhr das Vor- und Haltesignal und fuhr auf den Personenzug auf. Der Lokomotivführer des letz teren Zuges, die Gefahr erkennend, fuhr nicht weiter, sondern drückte sofort seinen Zug zurück, wodurch ein Zusammenstoß vermieden wurde. Drei Personen haben Beinbrüche erlitten und fünf Per sonen sind leicht verletzt; weitere Verletzungen haben nicht stattgefunden." In Berlin herrschte bis fies in den Nachmittag hinein große Aufregung und da es sehr lange dauerte, bis die genaue Verlustziffer bekannt wurde, wurden die betr. Angaben gewaltig übertrieben. Man sprach von 50 Toten und darüber. Oertliches «nd Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 17. August. * — Wieder jährt sich der 18. August, der Tag der Schlacht von St. Privat, der bekanntlich unsern Sachsen die Entscheidung brachte. Ein gehend und hochinteressant berichtet darüber die Zeitschrift des Kgl. sächs. Militärvereinsbundes „Der Kamerad" und da finden wir schließlich auch folgenden Passus: „König Wilhelm, der, wie be kannt, trotz seiner 73 Jahre und der Siegesmeldung Moltkes die Nacht auf dem Schlachtfelde in einer kleinen Bauernstube zu'^Rezonville, nur mit dem Mantel zugedeckt, verbracht halte, wußte, als er zur spärlichen Ruhe ging, noch nicht, daß die Sachsen St. Privat erstürmt hatten und dadurch erst der volle Sieg des blutigen Tages errungen war. Als er am nächsten Morgen davon erfuhr, ritt er zum Kronprinzen Albert, der ihm die Trümmer seiner stolzen Garde gerettet, hinüber, drückte ihm mit einer Träne in den Augen beide Hände und sagte: „Ich werde es Dir nicht ver gessen, daß Du mich und Preußen am gestrigen Tage zu Deinem Schuldner gemacht hast. Solche Heldentaten kann kein König belohnen. Die Ge schichte wird Dir und Deinen Helden ein würdiges Denkmal setzen." Den meisten dürfte diese Aeuße- rung des Kaisers Wilhelmi, neu sein, aber jeder mann wird mit uns übereinftimmen, wenn wir sagen: „Das sind echte Königsworte!" * — Zur Feier des Gedenktages der Schlacht bei St. Privat werden sich die Mitglieder des König!. Sächs. Militärvereins Altstadt mit ihren Frauen morgen Dienstag abends 8 Uhr im Restau rant „zur goldenen Höhe" versammeln und durch Illumination, musikalische Unterhaltung rc. den denkwürdigen Tag festlich begehen. * — Steuern zahlen! Die Frist zur Be zahlung des 3. Termins der Gemeindeanlagen, so wie des 2. Termins der staatlichen Grundsteuer ist lt. mehrfacher stadträtlicher Bekanntmachung im „Anzeiger" am Sonnabend abgelaufen. Wir machen unsere Leser mit dem Bemerken hieraus aufmerksam, daß alle diejenigen, welche damit noch im Rückstände sind, sich mit der Bezahlung beeilen mögen, da ihnen sonst Kosten für Erinnernng und Zwangsvollstreckung entstehen. * — Die gestrige Elitc-Borstellung in dem noch vom Volksfest her stehengebliebenen Parksalon auf dem Festplatze des Altstädter Schützenhauses hatte — jedenfalls infolge des unfreundlichen Wetters und der am Abend geradezu herbstlichen Temperatur — leider nicht den erwarteten starken Besuch gefunden. Immerhin mochten sich an die 350 Personen eingefunden haben, die zum größten Teil schon während der beiden Festtage am Sonn tag und Montag Besucher, des Varietes gewesen waren nnd die sich nochmals an den wirklich ge diegenen mannigfachen Darbietungen unserer ein heimischen Künstler ergötzen wollten. Gespielt wurde auch diesmal brillant und reicher Beifall wurde den Darstellern nach jeder Nummer in so reichem Maße gespendet, daß alle, mochte es nun der Musikkünstler Mstr. Legov, die Akrobatentruppe Family Glmseretti, die urkomischen Duettisten Sar- ramuzzi und Stellini, der Jnstrumentalkünstler Modjesko, das eigenartige Künstlertrio Champignon Freres, die Fest-Dueltisten Dorn und Barron, der Charakter-Darsteller Mstr. Carry oder das groß artige Burlesken-Ensemble sein, zu einer Zugabe sich gezwungen sahen. Jedenfalls haben die Va- rwtökünstler unter der vorzüglichen Leitung ihrer Direktoren Dorn »nd Barron zu dem Gelingen des Festes und zu dem guten Abschluß desselben in hervorragender Weise beigetragen, sodaß ihnen ganz besonderer Dank gebührt, den wir gern und freudig auch an dieser Stelle zum Ausdruck bringen. * — Verhaftet wurde gestern Abend ein bereits im Arbeitshaus untergebracht gewesener Hand arbeiter von hier. Derselbe hatte gegen seine Ge schwister vielfach Drohungen ausgestoßen und sich gestern Abend in das Grundstück seines Bruders eingeschlichen, um diesem eins auszuwischen. * — Ein schrecklicher Nnglücksfall mit töd lichem Ausgange trug sich gestern im nahen Hermsdorf zu. Dem auf der Goldbachstraße woh nenden Hausbesitzer Müller war aus seinem Bienen stöcke ein Schwarm Bienen entflohen und hatte sich auf einem dicht neben der elektrischen Licht leitung Oberlungwitz-Hermsdorf stehenden Baume niedergelassen. Um nun den Schwarm einzusangen, legte Müller mit Hilse seines Schwagers eine Leiter an den Baum und stieg dieselbe hinauf. Hierbei muß Müller durch irgend einen Umstand der elektrischen Leitung zu nahe gekommen sein, denn er wurde plötzlich von dem in der Leitung laufenden Strom erfaßt, zusammengekrümmt und stürzte tot von der Leiter herab. Der sofort herbei gerufene Arzt konnte leider nur noch den durch Einwirkung des elektrischen Stromes herbeigesührten Tod des Unglücklichen feststellen. Der aus so traurige Weise ums Leben gekommene Müller stand im 42. Lebensjahre, war in der Uhlig'schen Mühle beschäftigt und wird als ein nüchterner und stets zuverlässiger Arbeiter geschildert. Seiner so plötz lich zur Witwe gewordenen Frau mit ihren 4 noch schulpflichtigen Kindern wird allgemein die größte Teilnahme entgegengebracht. * — Zur Lage des Geschäftsganges uusercr heimischen Webiudukrie wird dem „Leipz. Tage blatt" geschrieben: „Von jeher, selbst in den Jahren des flottesten Geschäftsganges, konnte man beobach ten, daß in unserer Webindustrie für gewöhnlich in den Monaten Juli und August eine sehr be merkbare Flauheit eintrat. Auch in diesem Jahre ist diese Stille zu beobachten, erfreulicherweise jedoch nicht so bedenklich wie in den letztvergangenen Jahren. Die reichlich mit Exportaufträgen ver sehenen Geschäfte stellen hauptsächlich leichte, billige Waren her, während die Fabrikation der besseren, teueren, besonders waschechten Artikel im großen und ganzen viel zu wünschen übrig läßt. Am besten beschäftigt sind jetzt die Weber, welche bunte, un echte Ware Herstellen, wie Portiären- und Möbel stoffe, Phantasiedecken. Aber auch in den anderen Zweigen der Textilindustrie rechnet man, je näher wir dem Herbste entgegengehen, auf einen baldigen Aufschwung. Angebracht erscheint es deshalb, ein mal einen Blick auf die gegenwärtige Lage der Webbranche zu werfen. Noch vor einigen Jahren, als der „eiserne Weber", der mechanische Webs uhl, noch nicht die heutige Verbreitung gesunden hatte, waren die hiesigen Fabrikanten oftmals gezwungen, fremde auswärtige Weber anzunehmen, so z. B. aus dem benachbarten Glauchau, Stollberg und dem Mülsengrunde. Obgleich heute einige hiesige Geschäfte noch mit auswärtigen Hauswebern — wenn auch nicht mehr in dem Maßstabe wie früher — arbeiten, so hat sich doch im allgemeinen der Spieß umgekehrt: viele hiesige Hausweber arbeiten nach dem nahen Lichlenstein-Callnberg, und tagtäg lich kann man sie in ganz stattlicher Zahl mit Körben und Wagen versehen nach und von unserem Bahnhof gehen sehen. In Lichtenstein nimmt man hiesige Hausweber sehr gern an, weil sie auf Ar tikel wie Decken undPortiören sehr gut eingerichtet sind. Man sieht daraus, daß viele Hausweber, nur um nicht in die Fabrik gehen zu müssen, selbst großen Umstand nicht scheuen, um, wenn auch bloß als Lohnarbeiter, doch immerhin selbständig bleiben zu können." * — Verfichcrungspfltcht der Lehrlinge Lehrlinge sind nur versicherungspflichtig, wenn sie gegen Gehalt oder Lohn bescyäftigt werden; der Lohn kann auch in Naturalien bestehen; diese müssen aber das Entgelt für die geleistete Arbeit sein. Wird der Lehrherr für Kost und Logis durch das Lehrgeld voll entschädigt, so liegt über haupt kein versicherungspflichtiges Arbeitsverhält nis vor. Ob ein daneben gewährtes Taschengeld die Versicherungspflicht begründet, ist nach den be sonderen Umständen des Falles zu beurteilen. Der Durchschnittspreis für Naturalbezüge wird nicht von der Kasse, sondern von der unteren Verwal tungsbehörde festgesetzt. * — Allgemein interessant für Eltern. Gegen die schon häufig öffentlich gerügten Be schädigungen der Reichstelegraphen-Änlagen durch Schulkinder richtet sich eine unter dem 4. August 1903 erlassene Verfügung der Regierung in Pots dam. Diese Verfügung wird im amtlichen Schul- blatt bekannt gemacht und lautet: „In letzter Zeit sind Reichstelegraphen-Anlagen wiederholt vorsätz lich durch Schulkinder beschädigt worden, welche die Isolatoren der Telegraphen- oder Fernsprech leitungen durch Steinwürfe zertrümmerten. Die Beschädigungen fallen ausnahmslos Kindern zur Last, die Gemeindeschulen besuchen. In allen den jenigen Fällen, in welchen die Kinder das zwölfte Lebensjahr zurückgelegt hatten, ist auf Grund der Bestimmungen in den ßß 317 rc. des Reichsstraf- gesetzbnches Strafantrag gestellt worden. Außer dem sind in jedem Falle die Kosten für die Wiederherstellung der Leitungen von den Vätern rc. der Schuldigen eingczogcn. Wir ersuchen die Kreisschulinspektoren, den Schulvor ständen und Lehrern von Vorstehendem Mitteilung zu machen und sie aufzufordern, die Schulkinder vor der Ausführung von Beschädigungen der ge dachten Art eindringlich zu warnen!" Sehr oft werden die Telegraphen- und Telephon-Leitungen auch beim Spielen mit dem Papierdrachen beschädigt. Schlingt sich z. B die Drachenschnur um zwei Drähte, so wird bei feuchter Witterung die elek trische Leitung stark beeinträchtigt. * — Ter Nachteil des Submissions-Ver fahrens wird wieder einmal an einem Vorkommnis in Leipzig illustriert. Ausgeschrieben waren die Schlosserarbeiten an zwei Brücken. Bei einer der selben war die Höchst-Forderung des Anschlages 2630,20 Mark, die niedrigste Forderung stellte sich auf 927,50 Mark. Der Submittent dieser Forderung erhielt den Zuschlag. Derselbe führt die Arbeit fast also dreimal so billig aus, als der Höchst- Fordernde. Wenn auch anzunehmen ist, daß letzterer in seinem Anschlag einen respektablen Nutzen ein kalkuliert haben mag, so begreift man nicht, wie der Unternehmer, der die Arbeit auszuführen hat, dabei seine Rechnung finden will. Bei der anderen Submission variieren die Kostenanschläge zwischen 1737 Mark und 5200 Mark. Im Interesse des soliden Handwerks sollte der verwerflichen Unter bietung gesteuert werden. * — Wie nötig die größte Vorsicht beim Sammeln und beim Einkäufen von Pilsen ist, zeigt folgende Meldung aus Schöneck: Am Freitg mittag sind bei der Familie R., die zur Sommerfrische hier weilt, nach dem Genüsse von Pilzen, die sie selbst eingesammelt hatte, lebhaftes Erbrechen und Ver giftungserscheinungen eingetreten. Als man nach dem vierjährigen Kinde sah, das nian nach dem Essen zur Ruhe gebracht hatte, lag dasselbe schon im Starrkrampf. Der schnell herbeigerufene Arzt Herr Dr. Kirst vermochte den Mund des Kindes nach längeren Bemühungen zu öffnen und es gelang ihm dann anch, das Kind durch Einflößung von Milch rc. zum Erbrechen zu bringen. Das Kind, wie auch die übrigen Angehörigen der Familie befinden sich nunmehr außer Lebensgefahr. — Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß selbst eßbare Pilze schlimme Vergiftungen herbeiführen können, wenn sie bereits zu alt und dadurch zum Genuß verdorben sind. Auch müssen Pilze stets frisch zubereitet werden. * Dresden, 16. August. Die Absicht der Re gierung, die zu erwartende Wahlrechtsänderungs vorlage in einer unverantwortlichen Vorkommission durchberaten zu lassen, scheint scheitern zu sollen. Die „Dresdner Zeitung" schreibt: „Wie man uns mitteilt, haben in diesen Tagen Versammlungen der konservativen Landtagsfraktion und des Par teivorstandes stattgefunden, und man hat hinter verschlossenen Türen, wie verlautet, beschlossen, sich, nach dem Vorgang der Nationalliberalen, gleich falls von der Kommission sernzuhalten. Ist das richtig, dann wäre der Plan der Regierung, die Parteien für die Vorlage moralisch mit verant wortlich zu machen, gescheitert, und die Regierung wird sich nun wohl dazu verstehen müssen, dem Volke unter eigener und alleiniger Verantwortung ihre Reformpläne mitzuteilen und vor den Kammern zu vertreten. Andeutungsweise verlautet, daß der neue Entwurf die Beibehaltung der Dreiklassenwahl will, aber so, daß jede Klasse ihr Drittteil allein wählt; im übrigen die allgemeine, geheime und direkte Wahl. Als Wahltermin wird der 15. Ok tober mit ziemlicher Bestimmtheit genannt". * Dresden, 16. August. Gestern nachmittag in der vierten Stunde stürzte ein Schieferdecker von einem Hausgrundstück auf der Graffstraße herab. Bei Lem Sturze suchte er sich vergeblich an dem Gerüst anzuhalten; auf einem Ziegelhausen blieb er liegen. Am Kopfe und an Armen wie Beinen blutend, wurde er aufgehoben und dem Johannstädter Krankenhause zugeführt. * Leipzig. Neue große Universitätsbauten sollen zwischen Liebigstraße und Johannisallee er stehen, wo mit den Fundamentierungsarbeiten für das pathologisch - anatomische Institut für ge richtliche Medizin begonnen wurde. Dieses wird auch eine „Morgue" erhalten, d. i. eine Leichen schaustätte für Verunglückte, deren Personalien sich nicht haben feststellen lassen oder die aus gericht lichen Gründen nicht gleich der Erde übergeben werden kön en. * Leipzig. Die Rachsucht eines Brauers wurde am Freitag vom Landgericht Leipzig mit einer Strafe belegt, welche vollste Zustimmung bei allen anständigen Leuten finden wird. Am 28. März d. I. wurde in der Lindenauer Vorstadt ein 2'/g- jähriges Kind durch Ueberfahren sofort getötet. Auf dem Wagen befand sich außer dem Führer auch der Brauer Gebhardt, welcher damals an Amtsstelle bekundete, daß den Wagenführer nicht das geringste Verschulden treffe. Später wurde Gebhardt aus seiner Stellung entlassen, und er war der Meinung, daß der Geschirrführer die Ur sache dieser Maßregel sei. Nunmehr trat er plötz lich mit der Behauptung auf, daß der Geschirrführer ganz allein die Schuld an dem Unglück trage. Das Ergebnis seiner Bemühungen war indessen, daß er wegen wissentlich falscher Anschuldigung mit vier Monaten Gefängnis belegt wurde. * Chemnitz, 16. Aug. Der vor drei Jahren um dieselbe Zeit nach Dresden einberufene 1. säch sische Grenadiertag hatte sich einer weit größeren Beiteiligung zu erfreuen, als der hier vom 15. bis 17. August stattfindende 2. sächsische Grenadiertag. Damals waren mehr als 6000 Teilnehmer nach der sächsischen Residenz geeilt, während in diesem Jahre nur etwas über 3000 ehemalige Angehörige der beiden Grenadierregimenter während der Fest tage in unseren Mauern weilen. Die Stadt prangt im Festkleide; die öffentlichen Gebäude tragen Flaggenschmuck. Außerdem ist auf Kosten der Stadt unweit des Hauptbahnhoses am Eingänge der Karolastraße eine Begrüßungspsorte errichtet morden. Auch zahlreiche Privathäuser sind ge schmückt. In der inneren Stadt sieht man an vielen Stellen wirkungsvolle Schaufensterdekorationen und Transparente mit der Aufschrift „Willkommen, Grenadiere!" Der Einmarsch der alten Grenadiere erfolgte am Sonnabend in Abteilungen unter jedes maligem Vorantritt der vollzähligen Kapelle des 2. Grenadierregiments Nr. 101 in Uniform. Vom ersten Einmarsch wurden photographische Bilder ausgenommen und bereits am Abend während des in den Sälen des „Kaufmännischen Vereinshauses" staltfindenden Festkommerses auf kinematographischem Wege den Besuchern vor Augen geführt. Nach mittags fand im Garten des Festlokals Konzert statt. Den Glanzpunkt des Festes bildete die Illu mination des Schloßteiches und der ihn einschließen den prächtigen Anlagen. Auch die umliegenden H'user erglänzten im Lichterschmuck. * Chemnitz, 16. August. Ein tief bedauer licher Unfall ereignete sich gestern nachmittag auf der Königstraße. Vor einem Wagen der Straßen bahnlinie Schönau-Schlachthof fuhr dort eine Frau Mauersberger mit einem niedrigen Kinderhavd- wagen her, in dem das 4'/, Jahre alte Mädchen der Frau saß. Als diese dem Motorwagen aus weichen und zu diesem Zwecke rechts nach der Trottoirseite fahren wollte, streifte der Straßen bahnwagen das kleine Gefährt und kippte es um, sodaß das Kind auf die Straße fiel und zwar un glücklicherweise zwischen die Hinter- und Vorder räder eines in diesem Augenblick in der gleichen Richtung vorüberfahrendenFärbereitransportwagenk. Da der Kutscher dieses Geschirres von dem ganzen Vorgänge nicht sofort etwas merken konnte, fuhr der Wagen weiter und das linke Hinterrad fuhr dem bedauernswerten Kinde direkt über den Kopf, sodaß der Tod sofort eintral. Das verunglückte Kind wurde zunächst in ein benachbartes Haus und sodann nach der Polizeihauptwache gebracht. Der bedauernswerten Mutter nahmen sich Vorüber gehende vorläufig an. * Werdau, 16. August. Vor einiger Zeit ist in dem Uhren- nnd Goldwarengeschäft von Fiebiger hier ein nächtlicher Einbruchsdiebstahl verübt worden, wobei Waren im Werte von 2700 Mk. gestohlen wurden. Jetzt ist es gelungen, den Dieb in dem 22 Jahre alten Justus Schröder aus Bremen zu ermitteln. Schröder kam schon von Anfang an in Verdacht, bei dem Einbruchsdiebstahl im Fiebiaer- schen Geschäft mit einer internationalen Diebes, bande gemeinsame Sache gemacht zu haben. ES ließ sich dem Schröder aber, trotzdem er bei seinem Chef wohnte, nicht das Geringste nachweisen. Gestern wollte er seine Stellung verlassen; am Donnerstag Abend übergab er seinem Freund S. I ein Paket, das angeblich Briefe von Schröders Eltern enthielt, mit der Weisung, das Paket in Zwickau auf dem dortigen Postamt postlagernd nach Bremen aufzugeben. Der Freund nahm das Paket mit nach Hause, wo seiner Mutter die Schwere des Pakets auffiel, so daß sie es öffnen ließ. Dabei stellte sich heraus, daß darin sämtliche gestohlenen Pretiosen, Uhren und Goldwaren, wie sie der bestohlene Geschäftsinhaber ausgezeichnet halte, enthalten waren. Der Dieb wurde darauf hin sofort verhaftet. * Plauen i. B. Mit beispielloser Dreistigkeit sind in der Nacht zum Freitag ungebetene Gäste zu Werke gegangen, die in ein am Dittrichplatz belegenes Restaurant eingestiegen sind. Nicht nur daß sie den Zigarren-Äutomaten erbrachen und die darin enthaltenen Vorräte samt dem Gelde sich aneigneten, sie bereiteten sich vielmehr auch in aller Seelenruhe auf dem Gaskocher Rühreier und kochten sich das im Speisenschrank vorgefundene Fleisch. Beides verzehrten sie mit gutem Appetit und ließen nichts außer den sauber abgenagten Knochen auf dem Schauplatz der Tat zurück. * Aunaberg, 16. August. Im 21. sächsischen Reichstagswahlkreise war die Frage einer Protest erhebung gegen den Ausfall der letzten Reichstags wahl lebhaft erörtert worden, weil der Gewählte, Herr Ernst Grenz, sich als Former Grenz aus Leipzig hat aufstellen lassen, während er in Wirk lichkeit nicht in Leipzig wohnt und auch das Former. Handwerk schon lange nicht mehr betreibt. Als Aufenthaltsort des Betreffenden ist vielmehr Schöne feld ermittelt worden, wo er zur Zeit der Wahl kampagne als Parteikassierer seinen Wohnsitz hatte. In der falschen Wohnungs- und Berussangabe ist zwar ein Verstoß gegen die bestehenden gesetz lichen Bestimmungen zu erblicken, trotzdem haben die zunächst berufenen Personen von einer Protest erhebung abgesehen. Maßgebend zu diesem Ent schluß ist u. a. der Umstand gewesen, daß nach Gepflogenheit des Wahlprüfungsausschusses im Reichstage der Protest aus dem 21. sächsischen Reichstagswahlkreise unter Umständen erst nach Jahren seine Erledigung gefunden hätte und daß man dann, möglicherweise nur ein oder zwei Jahre vor dem Abschluß der nächsten Legislaturperiode, dem Kreis nicht erst eine nochmalige Wahlauf- r regung bereiten möchte. * Oberwiesenthal, 15. August. Auf dem Fichtelberge ist heute nahe der Stelle, an welcher der Leichnam des ermordeten Reisenden Leopold Hörder lag, beim Ausforsten des Waldes ein Ruck sack gefunden worden, in welchem sich ein Stück Seife, ein Stück von einem Gewehrkolben und ein grünliches Jackett befanden. Da der Kops des Ermordeten anscheinend mit einem Gewehrkolben L zertrümmert worden, ist wird man nicht fehlgehen, wenn man diese Gegenstände mit der Mordtat in Zusammenhang bringt. * Adorf, 16. August. Der unglückliche Guts besitzer Neudel in Remtengrün, der kürzlich beim Brande seines Besitztums sechs Kinder verlor, wird vielleicht nie wieder die volle Gebrauchssähigkeit seiner Arme und Hände erlangen. Er hat sich nicht nur arge Brandwunden, sondern auch schwere Sehnenverletzungen und bis ans den Knochen gehende Schnittwunden zugezogen, als er in dem brennenden Bodenräume ein Fenster zertrümmerte, um durch dieses ins Freie zu gelangen. * Falkenstein. Die Reichsbank-Nebenstelle in unserer Stadt ist genehmigt. Sie wird Ende Oktober oder Anfang November im alten Rathause ven Geschäftsbetrieb eröffnen. * Ebersbach. Nachdem seit einigen Wochen die Bewohner des Oberdorfes durch fortgesetzte Diebereien beunruhigt worden waren, hat man jetzt die Diebe in drei Schulknaben, von denen zwei je 13 und einer 12 Jahre alt ist, ermittelt. Die jugendlichen Diebe hatten Beträge bis zu 60 und 80 Mark erlangt. Das gestohlene Geld hatten sie unter sich verteilt und znm größten Teile ver nascht. Ein noch übriggebliebener Betrag von 50 Mark wurde in einem Garten, wo die Diebe das Geld vergraben halten, aufgefunden und wieder herbeigeschasft. Neuerdings war von ihnen wieder geplant worden, in das Kontor eines dortigen Fabrikgebäudes einzubrechen. Dieses Vorhaben ist ihnen nun aber durch ihre Festnahme vereitelt worden. * Lausigk, 15. August. Auf dem hiesigen Bahnhofe sind hente vormittag gegen 8 Uhr beim Umsetzen der von Leipzig eingetroffenen Personen wagen des Zuges 4ir. 1612 in der Geithainer Einfahrlsweiche zwei Personenwagen dritter Klasse entgleist. Verletzt wurde dabei niemand, jedoch wurde der Verkehr über die genannte Weiche längere Zeit gesperrt. * Colditz, 16. August. Der 7 Jahre alte Sohn des in Gralapp wohnhaften Arbeiters Schädlich, welcher vor einiger Zeit auf dem Wege zwischen Gralapp und Lastau von einer Kreuzotter m den Fuß gebissen worden war, mußte ans ärztliche Anordnung, da trotz angewendeter Gegenmittel eine nicht ungefährliche Verschlimmerung eingetreten war, nach dem Leipziger Stadtkrankenhause über geführt werden * Brand. „Das Rathaus brennt!" Dieser Ruf erscholl am Donnerstag Abend 7 Uhr in unserer Stadt. Aus den vorderen Dach-, Erker- und den Giebelfenstern quoll dicker schwarzer Rauch hervor. In den Bodenräumen brannte das ganze Sparrenwerk. Die Feuerwehren beschränkten den Brand auf den Dachstuhl, sodaß glücklicherweise die Gefahr von den darunter befindlichen Expedi tionsräumen abgewendet werden konnte. Man ist allgemein der Ueberzeugung, daß hier vorsätzliche Brandstiftung vorliegt.