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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.08.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190308120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030812
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030812
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-12
-
Monat
1903-08
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.08.1903
- Autor
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Oberstleutnant Mischitch, der ebenfall» eine Haupt rolle bei ter Ermordung Alexanders spielte, hat seine Demission angeboten. Es stehen noch weitere Abschiedsgesuche in Aussicht, wiewohl den früheren Verschwörern die Zusicherung gegeben wurde, daß Oberstleutnant Leschjanin auch ftuiechin al» Militär attachö in Konstantinopel verbleibe'- werde und der Uka« lediglich im Interesse der Wahrung der Autorität de« König« erschienen sei. Alle diese Vorgänge nachen nachhaltig einen peinliche.! Ein druck, zumal sich gleichzeitig da« Verhältnis zwischen den verschworenen und nichtverschworenen Offizieren sichtlich zuspitzt. E« ist, wie dem Berl. Lok.-Anz. geschrieben wird, bereit« so wett gekommen, daß sich die in der Schrecken«nacht vom 11. Juni ver schworenen und jene Offiziere, die der Verschwör ung fernstanden, gegenseitig mit einem Massak e bedrohen. Nordamerika. — Nach einer Washingtoner Meldung de« „Daily Mail" hat da« Marinedepartement be schlossen, die Neger au« dem Mannschaft«bestande der Krieg«schiffe allmählich zu entfernen. Die Ge samtzahl der auf den Schiffen dimstkuenden Neger beträgt ungefähr 500. Die weißen Mannschaften wollen mit den Schwarzen nicht mehr weiter ar beiten und zusammenleben. E« herrscht infolge dessen beständige Unzufriedenheit, und e« kommen fortgesetzt Verstöße gegen die Disziplin vor. Zur Textilarbeiter-Bewegung in Crimmitschau. Crimmitschau, 10. August. Wie bereits gemeldet, ist infolge des einseitigen Vorgehens der Arbeiter in fünf hiesigen Fabriken seitens aller Fabrikanten beschlossen worden, sämt lichen Beschäftigten mit Einschluß der Meister zu kündigen. Diese Kündigung ist auch durchgeführt worden, und gewiß ein großer Teil der davon Betroffenen sieht mit Unbehagen der Zukunft ent gegen, denn viele Arbeiter, die zum Teil schon viele Jahre in den Betrieben beschäftigt wurden, und reilweise auch bereits das haben, was jetzt verlangt wird, mußten den Kündigungsschein erhalten. Bei dieser Bewegung ist besonders der Umstand be achtlich, daß jetzt zum ersten Mal die organisierte Arbeiterschaft sich einem ebenfalls geschlossenen Unternehmertum gegenüber sieht; sehr zu wünschen wäre gerade deshalb, daß beide Teile sich be- mühten, den Streitpunkt aus der Welt zu schaffen und durch beiderseitiges Entgegenkommen feste und dauernde Grundlagen zu finden für ein geordnetes Arbeitsverhältnis. Von dem gesunden Sinne unserer Arbeiterschaft ist auch zu erwarten, daß nicht vorzeitig die Arbeitsstätte verlassen wird, wie dies in einzelnen Fällen bereits erfolgte, denn da durch würden die Verhandlungen in ein ganz anderes Fahrwasser geraten. Bedauerlich ist es auch, wenn von einzelnen an dieser Massenaus sperrung Beteiligten — in etwa 80 Betrieben gegen 7500 Arbeiter — sogar grobe Ungehörigkeiten ver übt werden, die den übrigen besonnenen Arbeit nehmern nur im höchsten Maße fatal sein müssen, außerdem aber für die ganze Bewegung sicher sehr nachteilige Wirkungen haben. So wurden am Freitag in der Tuch- und Buckskinfabrik von C. M. Schmidt drei in der Appretur befindliche Stücken Ware an verschiedenen Stellen zerschnitten; die Firma hat dem Vernehmen nach für die Aus findigmachung des Täters eine Belohnung von 100 Mark ausgeworsen. Im Interesse der ge samten Arbeiterschaft wäre es sehr wünschenswert, wenn derartige Roheiten vereinzelt bleiben würden; hoffentlich bewährt sich auch in der gegenwärtigen Lage die von der Arbeiterschaft Crimmitschaus stets geübte Ruhe, Ordnung und Einsicht. Als Resultat der Sonnabend stattgefundenen Versammlung des hiesigen Spinner- und Fabri kantenvereins ist dem Vorsitzenden der Ortsgruppe Crimmitschau des Deutschen Texiilarbeiterveroandes folgendes Schreiben der Fabrikanten zugestellt worden, das wir in seinen hauptsächlichsten Punkten wieder geben : „In der gemeinschaftlichen Sitzung der beider seitigen Kommissionen am Donnerstag erklärten die Vertreter der hiesigen Arbeiterschaft, daß sie nicht auf allen ihren Forderungen besiänden, sondern zu Verhandlungen bereit wären und diesbezüglichen Vorschlägen des Spinner- und Fabrikantenvereins bis Sonnabend entgegensehen, in der Zwischenzeit aber von weiteren Maßnahmen absehen würden. Da nun, entgegen dieser Vereinbarung, am Frei tag früh gleichwohl bereits in fünf Fabriken seitens der Aibeilerschaft gekündigt wurde, weil die be treffenden Arbeitgeber die Forderungen ihrer Arbeiter, die zehnstündige Arbeitszeit und eine zehnprozentige Lohnerhöhung betreffend, unter Hinweis auf obige Vereinbarung ablehnten, so ist der Spinner- und Fabrikantenverein zunächst nicht in der Lage, den Wünschen dec Arbeiter näher zu treten. Ganz un verständlich ist uns aber der Umstand, daß die Herren Max Schiller und Krug, Mitglieder des Ärbeiterausschusscs, sich persönlich an den Kün digungen beteiligt haben und so den von ihnen selbst gefaßten Beschlüssen zuwiderhandelten. Wir haben durch unsere Ausschußmitglieder bei den Verhandlungen erklären lassen, daß wir Freunde unserer Arbeiter sind, aber wir betonen ausdrück lich: Wi lassen uns zu Zugeständnissen nicht zwingen und haben nur deshalb gestern sämtlichen Arbeitern unserer Betriebe gekündigt. Wir sind trotz alledem bereit, mit der Arbeiterschaft auf deren Ersuchen weiter zu unterhandeln in der Voraussetzung, daß dieselbe bis zum Ablauf der Kündigung in Ruhe fortarbeitet. Schließlich teilen wir Ihnen im Anschluß an unser Schreiben vom 31. Juli d. I. noch mit, daß die mit der hiesigen Vigognespinnerei- und Buckskinfabrikanten in Kon kurrenz stehenden Textilindustriestädte Werdau, Reichenbach, Mylau, Netzschkau, Kirchberg, Pößneck, Neustadt a. Orla, Spremberg i. L., Forst i. L., Guben, Kottbus, M.-Gladbach und die Spinnereien in Chemnitz nach den eingegangenen Berichten elf Stunden arbeiten." OertNches ««d Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 11. August. * — Vom Volk-fest. Trotz des ziemlich starken Regens am Vormittag und des kurzen Regen schaue s in der dritten Nachmittagsstunde war auch der 2. Tag des diesjährigen Volksfestes von gutem Ausfall. Die Zahl der Besucher erreichte gestern die Höhe von ca. 3500, an beiden Tagen also ca. 11500 zahlende Personen, sodaß der Be such trotz des verhältnismäßig ungünstigen Wetters ein besserer wie im vorigen Jahre war. In den meisten offenen Verkaufsständen war dec Umsatz gegenüber des a.n Sonntag erzielten wesentlich geringer, im Ungarischen Dorf und im Park- Salon hingegen hielt es auch gestern schwer, ein Plätzchen zu gewinnen, und die Bedienung hatte hier einen schweren Stand. Ebenso war das Variötö sowohl am Nachmittag wie am Abend ständig vollbesetzt. Das Spiel der auftrctenden einheimischen Künstler entfesselte wie am Sonntag auch gestern wahre Beifallsstürme. Die letzte Ensemble-Nummer, die sich einer ganz besonderen Beliebtheit erfreute, erfuhr gestern Abend durch die liebenswürdige und, was besonders hervor gehoben sei, äußerst originelle und gediegene Mit wirkung des bekannten Pflastersteinmannes eine dem Auditorium sehr willkommene Bereicherung. Erst ging ein Staunen durch die Kopf an Kopf gedrängte Menge, als der bekannte Nachtwächter den in tadellosem Weiß erscheinenden armen Sünder vor den gestrengen Richter führte, dann aber brach ein Beifall tos, daß die Wände erzitterten. Ja, das war was! — Die Illumination des Festplatzes durch die vielen bunten Gasflämmchen, sowie überhaupt die Beleuchtung durch Gasglühlicht machte einen vorzüglichen Eindruck. Den sür Montag als Prämie bestimmten Regulator erhielt Frau verehel. Hartig, Schützenstraße 3, auf die Nr. 2488 zuerteilt. Allen, die sich in den Dienst der Allgemeinheit gestellt, zum Besten der Errichtung eines Stadtparkes ihre Zeit und ihr Geld geopfert und keine Mühe gescheut haben, dem Feste zum Gelingen zu verhelfen, wird der günstige Verlauf desselben gewiß die schönste Genugtuung sein; gleichwohl sei auch an dieser Stelle allen herzlicher und heißer Dank abgestattet. * — Der zweite Zng der 2. Kompagnie unserer sreiwill. Feuerwehr beging, einer seit Jahren ge übten Sitte gemäß, am vergangenen Sonntag im Gasthof „zum grauen Wols" die 20- bezw. 10jäh rige ununterbrochen dem Zuge gewidmete treue Dienstleistung ihres Zugführers Herrn Otto Beyer und der Wehrmänner Herren Emil Wild und Karl Gräbner durch eine besondere Feier. Zuerst wurden den Jubilaren im Auftrage der Mitglieder durch den Sektwnsfübrec He>.rn R. Gläßer unter warmen Worten der Anerkennung für ihre dem Feuerlöschwesen unserer Stadt geleisteten Dienste sinnreiche und wertwolle Geschenke überreicht, wo für Herr Zugführer Beyer zugleich im Namen seiner Mitjubilare bewegt dankte. Hierauf folgten Gesänge, Vo'tcäqe uno Reden in bunter Fo'ge. Ungeteilten Beifall sand die unter Beteiligung der gesamten Mannschaft vorgesührte lebenoige Feuer- ;pritze ohne Rad und sonstige Bestandteile. Nach einem vom Sektionsführec gesprochenen Prolog, welchem das Alarmsignal folgte, rollte unter Kommandorusen das neue Gerät auf Schufte.s Rappen heran, um die Glut zu dämpfen. Ueber- raschung verursachte es, besonders unter den an wesenden Frauen, daß die improvisierte Spritze auch wi klich „spritzte", d. b. einen kräftigen Strahl in den Saal sandte. Ein sich an die Aufführung schließendes Tänzchen b ldete den Schluß der schönen, allen Teilnehmern gewiß unvergeßl ichen Feier. * — Die schweren Gewitter am Sonntag haben nicht nur in unserem Kreise, sondern auch in Nord- und Süddeutschland durch Blitz- und Hagelschlag schwere Schäden angerichtet, vornehmlich in Württemberg und Bayern. In Kleinottweiler in der Pfalz schlug der Blitz in eineKirmes-Tanz- gesellschaft. Vier Personen wurden sofort getötet, eine Person schwer und andere leicht verletzt. * — Truppenübungen Vom 21. bis 24. August dieses Jahres finden zwischen Hohenstein-Ernstthal und Waldenburg Brigadeübungen der Feldartillerie und vom 25. bis 28. August d. I. d.e Manöver der 48. Infanterie-Brigade nordöstlich von der Linie Meerane-Glauchau-Lichtenstein statt, während durch das vom 29. bis 31. August d. I. stattfindende Manöver der 24. Division der ganze nordöstliche TeildesamtShauptmannschastlichen Bezirks Glauchau berührt werden wird. * Eine große deutsche Mäßigkeits Ver sammlung tagt zur Zeit in Berlin und in den täglichen Vorträgen wird den Zuhörern klar ge macht, wie viel Unheil der Dämon Alkohol im deutschen Reiche schon angerichtet. Aber man soll auch nicht über das Ziel hinausschießen, und einen guten Trunk im richtigen Maß nicht verdammen. Es stößt in der Bevölkerung auf heftigen Protest, wenn ihr immer wieder Mangel an Gewalt über sich selbst vorgeworfen wird. In Amerika sind eine Unmenge Leute öffentlich Abstinenzler, im Geheimen trinken sie dafür um so ärger. * Oberlungwitz, 10. Aug. Der Gutsbesitzer Landgraf, dessen Scheune gestern früh abbrannte, ist, wie die „CH. N. N." melden, unter dem Ver dachte der Brandstiftung verhaftet worden. * Glauchau, 10. August. Heimlich entfernt hatte sich am Freitag Nachmittag aus dem hiesigen Krankenhaus ein Nervenkranker. Die alsbald an gestellten Ermittelungen nach seinem Verbleib er gaben, daß er in seine in der Oberstadt belegene Behausung zurückgekehrt war und sich dort in einem Zimmer eingeschloffen hatte. Da er dieses trotz allen Bittens und Zuredens seiner Angehörigen nicht öffnen wollte, so mußte man schließlich zu diesem Zweck einen Schlosser herbeiholen. Nach dem das Zimmer geöffnet war, begann aber erst die schwierigste Arbeit: das Zurückschaffen des Leidenden nach dem Krankenhause. Nach stunden langen Bemühungen gelang es schließlich, den be dauernswerten Mann, den übergroße Sehnsucht nach den Seinigen in sein Heim zurückgetrieben hatte, zur freiwilligen Rückkehr ins Krankenhaus zu bewegen. Der Vorgang hatte eine große Menschenansammlung vor dem betreffenden Hause zur Folge gehabt. * Dresden, 10. August. Se. Königl. Hoheit Prinz Max, zurzeit Professor der Theologie in der Schweiz, ist für die nächsten Tage zum Besuche der Königlichen Familie angemeldet und wird im Pillnitzec Schlosse Wohnung nehmen. * Dresden, 10. August. Unter den 70 Be gnadigungen, die König Georg anläßlich seines Geburtstages in so edler, menschlich schöner Weise hat eintreten lassen, befinden sich drei von dem bekannten Löbtauer Zuchthausur-eil Betroffene. Die Zimmerer Kacl Moritz, Johann Gedlich und Karl Wobst wurden durch die Gnade des Königs aus dem Zuchthaus zu Waldheim entlassen, in dem sie gegen 4'/, Jahre zugebracht haben. Den Be gnadigten wurden infolgedessen 3'/, bezw. 2'/, Jahre der Strafe geschenkt, die damals ein Geschworenen gericht über sie verhängte. Der Begnadigungsctc bestimmt zugleich, daß die Entlassenen mit dcm Z itpunkte ihrer Entlassung wieder in die bürger lichen Ehrenrechte eintreten. Von den damals Verurteilten befinden sich nunmehr noch zwei im Zuchthaus, und zwar die am höchsten bestraften Zwahr und Schmieder, die eine 10-bezw. 9jährige Zuchthausstrafe abzubüßen haben. * Dresden, 10. August. In Blascwitz ist am 9. d. M. unerwartet Herr Generalmajor z. D. Gustav Eduard Osterloh nach kurzem, schwerem Leiden gestorben. Der Verstorbene hat an den Feldzügen 1866 in Oesterreich und 1870/71 gegen Frankreich und in letztgenanntem Feldzuge an der Schlacht bei St. Privat, der Beschießung und dem Gefecht bei Verdun, >dem Gefecht bei Nouart, den Schlachten bei Beaumont und Sedan, der Belage rung von Paris und dem Ausfallgefecht bei Bondy teilgenommen. Er besaß an Kriegsorden u. a. das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse. Diese Auszeich nungen erhielt er sür bewiesene Bravour bei der Be lagerung von Paris und bei einem Vorpostengefecht. * Dresden, 10. Aug. Von der Handelskammer Plauen als derzeitigem Vorort ist im Namen sämt licher Handelskammern an das Ministerium des Innern das Ersuchen gerichtet worden: Es wolle zu der geplanten Vorberatung einer Wahlrechts änderung von jeder Handelskammer einen Ver treter zuziehen. Das Ministerium des Innern hat hierauf, wie das „Dresdn. Journal" mitteilt, fol gendes erwidert: „Bei der bevorstehenden Beratung der von der Königlichen Staatsregierung ins Auge gefaßten Aenderung des Landtagswahlrechts handelt es sich nicht, wie die Handelskammern anzunehmen scheinen, um eine nach parlamentarischer Art tagende und beschließende Versammlung; vielmehr ist die Absicht der Königlichen Staatsregierung nur auf eine vertrauliche und unverbindliche Besprechung mit einer Anzahl von Vertrauensmännern gerichtet, mit denen vor der Beschlußfassung wegen Ein bringung einer Vorlage an die Stände Fühlung genommen werden soll. Darüber, wer zu dieser Besprechung berufen werden soll, liegt noch keine endgültige Entschließung vor; doch wird der Kreis der einzuladenden keinesfalls sehr weit gezogen werden können." * Dresden, 10. August. Von einem schweren Unglück ist der hiesige Rechtsanwalt und Notar Lauterbach, der zur Zeit mit seiner Familie am Walchsee in Oberbayern zur Erholung weilt, be- iroffen worden. Am Sonnabend ist seine Gattin beim Bootsahren ertrunken. Ihr kleiner jüngster Sohn war über Bord ins Wasser gefallen und bei dem Versuch, ihn zu retten, fand die Mutter selbst den Tod. Der Knabe konnte von Bootsleuten dem Wasser noch entrissen werden. Der Leichnam der Frau ist bisher nicht gefunden worden. * Dresden, 11. August. Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft wurde am Sonnabend vor mittag dec Verleger und Redakteur der hier seit kurzem erscheinenden Zeitschrift „Verkehr" und „Welt-V-rkehr" Arthur Prölß auf seinem Bureau, Ritzenbeigstraße 6, verhaftet und nach dem Amts gericht überführt. Wie verlautet, hat man es in dem Zeitungsverlage mit einem Schwindelunter nehmen zu tun, das der Genannte, ein schon wieder holt vorbestrafter Mensch, ins Leben rief, ohne selbst einen Pfennig zu besitzen. Seinen Angestellten ist er Monate lang die Gehälter schuldig geblieben. Die jungen Leute ließen sich immer damit trösten, daß er ihnen vorredete, er habe eine steinreiche Braut und sein Schwiegervater würde ihm in Kürze 150000 Mark auszahlen. Verlangte schließ lich der eine oder der andere Angestellte energisch Auszahlung seines Gehalts, so wurde er einfach entlassen und an seine Stelle eine neue Kraft ein gestellt. So trieb es P. bis Anfang dieses Monats, da reichte endlich sein Sekceiär, mit dem er sich ebenfalls entzweit hatte, eine Anzeige bei der Staats anwaltschaft ein. Zirka 20 junge Leute haben mehrere Monate lang umsonst gearbeitet und sind jetzt plötzlich durch die leichtsinnige Handlungsweise des Schwindlers brotlos geworden. Eine Buch führung existierte in seinem Geschäft überhaupt nicht. Zu den Geschädigten gehören ferner viele Geschäftsleute, da P. fast alles auf Borgentnabm und nichts bezahlte. Des weiteren wird er sich voraussichtlich auch wegen verschiedener Heira s- i windeleien zu verantworten haben, da er in ^.ügen Fällen von jungen Mädchen unter dem Versprechen, sie zu heiraten, ganz beträchtliche Geldsummen erschwindelt haben soll. * Leipzig. Wie dem „Leipziger Tageblatt" gemeldet wird, befinden sich am 5. September bei Leipzig im Gefolge des Kaisers auch der Graf von Turin, sowie der Gencralinspektc r der italie nischen Armee, Rogier, außerdem 40 hohe Offiziere und die militärischen Attaches der Botschaften von Oesterreich, Italien, Rußland, Frankreich, England, Schweden, Spanien, Holland, der Türkei, Amerika und Japan. Erwartet wird von aus ländischen fürstlichen Personen auch der Kronprinz von Dänemark. * Leipzig, 10. August. Frau Rechtsanwalt Dr. Neubert hat sich von der Vergiftung, die sie sich mit ihrem Gatten in der Nacht zum Sonn abend infolge Ausströmens von Gas zugezogen, nicht wieder erholt. In vergangener Nacht ist auch sie trotz sorgfältiger Pflege im städtischen Kranken hause zu St. Jakob gestorben. Zu dem Unglücks fall wissen die „Leipz. N. Nachr." noch folgendes zu melden : Herr Rechtsanwalt Neubert litt sehr schwer an Ischias. Die heftigen Schmerzen, welche ihn guälren, hatten häufige Schlaflosigkeit zur Folge und veranlaßten seine Gattin, die ihn hingebungsvoll pflegte, während der Nacht eine Gaslampe brennen zu lassen. Der von der Lampe zum Gasrohr führende Gummischlauch mag wohl infolge des häufigen Gebrauchs schadhaft geworden sein. Man nimmt an, daß er platzte und gleichzeitig die Lampe verlöschte. Als der Arzt, der bis ziemlich spät bei dem Kranken war, die Wohnung verließ, war alles noch in Ordnung. * Zwickau, 11. August. Das am Sonntag mit ungewöhnlicher Heftigkeit aufgetretene Gewitter hat hier leider einen schweren Unfall im Gefolge gehabt, indem der Schirrmeister Burkhardt, der bei dem Guts- und Ziegeleibesitzer Heinrich in Marienthal in Diensten stand, auf dem Felde vom Blitze erschlagen wurde. Der Verunglückte befand sich in Begleitung seiner Frau und der Tochter seines Dienstherrn bei einem Erntewagen, als das Gewitter ausbrach. B. wollte, um den Wagen schnell einfahren zu können, nach der Scheune vorauseilen, mar aber nur wenige Schritte vom Wagen weg, als der Blitz niederfuhr und ihn auf der Stelle lötete. Die Uebrigen wurden von dnn Blitz und dem heftigen Luftdruck zu Boden geworfen; die Gattin des Erschlagenen wurde leicht verletzt und muß das Bett hüten, während die Tochter des Herrn Heinrich unverletzt danonkam. Die Kraft des Blitzes muß eine außer gewöhnlich starke gewesen sein ; B. war am ganzen Körper braun gebrannt, die Kleidung, vor allem die Stiefel, in Fetzen zerrissen. * Meerane, 10. August. Ein schweres, von einem wolkenbruchartigen Regen begleitetes Un wetter ist gestern mittag kurz nach 12 Uhr über unsere Stadt und die Umgebung niedergegangen. Bei einer tropischen Hitze, die seit frühmorgens herrschte, ballten sich in der 11. Stunde am west lichen und südwestlichen Horizont schwarze, un heimlich drohende Gewitterwolken zusammen, die sich bald nach 12 Uhr mit Blitz und Donner ent luden und einen derartig wolkenbruchähnlichen Regen herniedersandten, daß die Schleusen die Wassermengen nicht zu fassen vermochten lind die Straßen kleinen Bächen glichen. Hierzu entwickelte sich unter gewaltigem Brausen ein orkanartiger Sturm, der viele Dächer abhob, Bäume in den Gärten und Anlagen wie Strohhalme abbrach oder auch entwurzelte, das Obst von den Bäumen herabwarf und die davon betroffenen Straßen dicht mit zolldicken Aesten und Zweigen bedeckte. Der durch unsere Stadt fließende, gewöhnlich nur we nig Wasser enthaltende Bach war in wenig Mi nuten zum reißenden Strome angewachsen, in dessen schmutziggelben bluten allerhand vom Sturm her- beigesührte Gegenstände schwammen. Die an den tiefer gelegenen Stellen des Bachufers stehenden Häuser und Keller wurden unter Wasser gesetzt, ebenso einige Fabriken in ihren Parterreräumen, namentlich an der Crotenlaider Straße. Eine an der Glauchauer Straße stehende Trinkhalle des Mineralwassersabrikanten Clauß wurde vom Sturme nach einer Sandgrube (ca. 60 Meter weit) fort- getragen und zertrümmert. Ebenso erging es einem Karussell, das am „Jägerhaus" stand. Der Orkan entführte dasselbe nach einer ca. 200 Meter- entfernt liegenden Gärtnerei, wo es in Trümmer ging. In Crotenlaide fiel ein betrunkener Hand werksbursche in den stark angeschwollenen Bach, konnte aber den Fluten noch rechtzeitig entrissen werden. Der angerichtete Schaden, der namentlich in den Fluren der Umgebung von Seiseritz sehr groß ist, beträgt viele tausend Mark. * Lunzenau, 11. August. Gestern abend in der 9. Stunde wurde in der hiesigen Herberge der wegen Mordes an der Dienstmagd Lina Rust in Waltersdorf in Thüringen steckbrieflich ver folgte, 22 Jahre alt Dienstknecht Schulz verhaftet und m das Königl. Amtsgericht Penig einge liefert. * Annadcrg, 10. August. Ein vielversprechen des Bürschchen hat sich gestern vormittag auf hiesigem Friedhöfe produziert Dort war ein 12- jäyciges Mädchen an einem Grabe beschäftigt als der Junge hinzutrat, dem Mädchen die Grab- scheere aus der Hand nahm und ihm einen Teil des Haarzopses abschnitt. Leider gelang es dem Jungen, unerkannt das Weite suchen zu können. * Raschau. Gegen eine Anzahl verheirateter Einwohner, welche sich in letzter Zeit in der Woh nung eines hiesigen Fabrikarbeiters der Völlerei hingegeben haben, mußte, wie der „Erzg. Volksfr." schreibt, seitens der Aufsichtsbehörden eingeschritten werden. Die G.schen Eheleute wurden verhaftet, da nachweislich in ihrer Behausung stundenlang, unter Musikbegleitung, wahre Orgien gefeiert wur den, welche gegen tz 180 des Reichs-Straf-Gesetz- buchs verstoßen. Die Angelegenheit erregte hierorts bereits viel Aerqernis. * Adorf, 11. August. Die Neudelschen Ehe leute in Remtengrün müssen zur Zeit wie die kleinen Kinder gepflegt werden, da sie bei dem furchtbaren Brandunglück so schwere Verletzungen erhalten haben, daß sie ihre Hände nicht gebrauchen können. * Hainichen, 10. August. Unsere freundliche Gellertstadt war gestern und heute die Feststadt für das 19. Gesangssest des Sängerbundes „Saxonia". Die Stadt hatte deshalb ein reiches Festgewand angelegt. Aus Döbeln, Geringswalde, Hartha, Leisnig, Nossen, Rochlitz, Roßwein und Waldheim kamen ca. 350 Sänger. Um '/, 11 Uhr vormittags erfolgte am Sonntag der gemeinsame Einzug der Vereine in die Stadt. Um 12 Uhr fand in der neuen, als Zentralbau errichteten herrlichen Kirche Probe und um 3 Uhr Kirchenkonzert statt. Von '/^6 bis '/y7 Uhr fand im Löwensaale Festkommers
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