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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 05.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190307051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030705
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-05
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 05.07.1903
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Beilage zum Hohenstein-Crustthaler Anzeiger Tageblatt. Sonntag, den 5. Juli 1903. Nr. 153. 30. Jahrgang. Die neue Stellung lles Drähllenten iler Vereinigten Staaten von UorMmerika. Hat sich die Stellung des Präsidenten der französischen Republik schon wesentlich durch die Besuche fremder Monarchen in Paris und durch die Gegenbesuche des ersten Mannes in Frankreich in den Hauptstädten des Auslandes geändert, so ist der Wechsel doch noch weit größer bezüglich der Position des Oberhauptes der nordamenkanischen Union infolge der Welt-Politik, welche die Ver einigten Staaten eingeschlagen haben. Darauf haben besonders der Besuch des nordamerikanischen Ge schwaders in Kiel und die in unserem größten Kriegshafen bei dieser Gelegenheit gewechselten Reden das Augenmerk gelenkt. In den Trinksprüchen, welche unser Kaiser ausbrachte, wird Präsident Roosevelt direkt und indirekt als der leitende Mann vonNordamerika gefeiert, und der bekannteDepeschen- wechsel zwischen dem Monarchen und dem republi kanischen Präsidenten zeigt auch, daß Herr Roose velt, bei aller Vorsicht der Sprache, die Ueberzeugung gewonnen hat, ein Oberhaupt müsse in viel höherem Maße als Führer seiner Nation in den Beziehungen zum Auslande, wie innerhalb des Staates auf treten, als es früher geschehen ist, wo die Vereinigten Staaten sich lediglich mit sich selbst beschäftigten. In einem monarchischen Staate kann der regierende Herr nicht bestimmter und energischer auftreten, als es Herr Roosevelt in Sachen der Entsendung eines Geschwaders nach Kiel getan hat. Das Gleiche macht sich in den wiederholten recht ernsten Auf forderungen an die nordamerikanische Presse be merkbar, in den Erörterungen über das Ausland etwas mehr Mäßigung und Besonnenheit obwalten zu lassen. Auch in seinen kräftigen Worten über die Ausschreitungen der Trust-Spekulanten und bei anderen Anlässen kommt der eigene Mann, die persönliche Ueberzeugung zum Ausdruck, in einer Weise, wie sie drüben bisher nicht bekannt gewesen ist. Die bisherigen nordamerikanischen Präsidenten, so tüchtige Männer umer ihnen waren, waren doch alle mehr oder weniger Vertreter derjenigen Partei, die ihnen zum Siege verhalf, sie waren ausschließ lich Amerikaner. Theodor Roosevelt steht höher; er ist ein Weltmann im besten Sinne des Wortes, über den Parteien stehend und, was bei den Yankee's nicht gerade häufig ist, ein Mann, der auch dem Auslande sein volles Recht zu teil werden läßt. Wenn man die veränderten Verhältnisse in An rechnung bringt, so kann man sehr wohl sagen, Roosevelt sei ein amerikanisches Seitenstück zur Person des deutschen Kaisers. Das in ihnen etwas Geistes-Verwandtschaft liegt, das empfinden wohl beide Männer. Es ist ein Glück, daß ein solcher Präsident zu einer Zeit an die Spitze der Vereinigten Staaten von Nordamerika trat, in welcher den Yankees teil weise der Hochmut recht erheblich zu Kopfe gestiegen war. Seine besonnene Einsicht hat schon mancherlei Reibereien beseitigt, denn die Rücksichtnahme der Amerikaner, selbst der Minister in Washington, ist nicht allzugroß. Es steht ja doch tatsächlich fest, daß der nordamerikanische Minister Hay die Ent sendung des Geschwaders hintertreiben wollte, und ein anderer Präsident hätte Herrn Hay vielleicht seinen Willen gelassen. Jedenfalls ist ein solches Auftreten, wie das Roosevelt's, in Amerika ganz ungewöhnlich, in Frankreich wäre es nach den dort geltenden Anschauungen sogar direkt unmöglich ge wesen. Die taktvolle Haltung des Präsidenten werden die Amerikaner besonders in den nächsten Jahren vorteilhaft finden, wenn es sich um die Erneuerung der Handelsverträge handelt. Der Geschäftsgeist ist drüben sehr rege entwickelt, der Durst nach Geldgewinn außerordentlich groß, und so wird manches verdorben, was bei kühlem Blut sich ganz anders gestaltet. Es ist darum im allseitigen Interesse zu wünschen, daß Roosevelt bei Ablauf seiner Amtsperiode wieder gewählt wird. Einen einsichtigeren Staatschef können die Vereinigten Staaten von Nordamerika jedenfalls nicht so leicht bekommen. Die Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse in anderen großen Staaten ist jenseits des Ozeans wirklich nicht allzugroß; der Yankee unterschätzt angesichts der kolossalen Entwickelung bei sich zu Hause leicht fremde Zustände, er meint, und das ist der schlimmste Irrtum, mit Geld sei alles zu machen. Das Bedenkliche dieses Punktes hat Präsident Roosevelt so recht erkannt, daher sein Einwirken auf Vertiefung der nationalen An schauungen. Trotz ihrer großartigen Position würden die Amerikaner z. B. in einem ernsten Kriege doch in eine mißliche Lage kommen, sie würden erkennen, daß eine große Zahl von gut bezahlten Söldnern doch noch lange keine starke Armee von tüchtigen Soldaten ist. Roosevelt hat durch sein Auftreten im Kuba-Kriege, das ihn so volkstümlich machte, gezeigt, was hier geleistet werden soll. Auch in dem Punkte ist er anders wie andere Präsidenten. Sächsischer Gemeindetag in Pirna. Pirna, 3. Juli. Der Sächsische Gemeindetag trat heute vormittag 9 Uhr im Saale des „Hotels zum Adler" zu seiner ersten Hauptversammlung zusammen. Dr. Tröndlin-Leipzig eröffnete die Versammlung mit einer Begrüßungsansprache, in welcher er insbesondere Sr. Exzellenz dem Herrn Staatsminister v. Metzsch und den übrigen erschie nenen Vertretern der König!. Staatsregierung für ihre Teilnahme an den Verhandlungen verbindlichst dankte. Der Herr Staatsminister von Metzsch richtete darauf, wie wir den „Dresdner Nachr." entnehmen, an die Versammlung ungefähr folgende Ansprache: Gestatten Sie mir, für die hochehrenden Worte, die der Herr Vorsitzende an die Vertreter der Re gierung und an meine Person zu richten die Güte gehabt hat, den aufrichtigsten und innigsten Dank zum Ausdruck zu bringen mit der Versicherung, daß die sächsische Regierung der Institution des Gemeindetages ihre volle Sympathie entgegenbringt und daß sie Ihre Organisation um so höher schätzt, als sie in der Ausgestaltung Ihrer Institution das bewährteste und sicherste Mittel für einen wünschens- und begehrenswerten Zusammenschluß erblickt, nicht nur zur Förderung der Interessen der Gemeinden, sondern auch der dabei nicht minder beteiligten staatlichen Interessen. Es ist mir die hohe Ehre und erwünschte Gelegenheit geboten gewesen, vor wenig Wochen vor einer illustren Vertretung der Städte Deutschlands zum Ausdruck zu bringen, wie hoch die deutschen Regierungen es zu schätzen und zu würdigen wissen, daß in unseren deutschen Kommunalverwaltungen ein frischer Zug herrscht, um das Gemeindewesen zu beleben und den mo dernen Staatsgedanken zu verwirklichen und zum Ausdruck zu bringen. Ich darf diesen Worten noch in diesem engeren Kreise namens der sächs. Regierung der besonderen Versicherung und Ueber zeugung Ausdruck geben, daß sie in unseren wohl geordneten Gemeindeverhältnissen das beste Fun dament einer wohlgeordneten Staatsverwaltung erblickt. Trotz vieler abweichender Anschauungen dürfen wir uns rühmen, daß unsere Staatsver waltung in guter Ordnung sich befindet. Unsere sächsische Gesetzgebung hat sich nach den ein Men schenalter hindurch gemachten Erfahrungen hin länglich bewährt und eine Verwaltungspraxis auf gebaut aus dem System der Selbstverwaltung ge schaffen, die wir als mustergültig bezeichnen können, wie überhaupt das Zusammenwirken der kommu nalen und staatlichen Organe unerläßlich ist zum Gedeihen des Ganzen. Zum Zusammenhalten, Zusam menarbeiten, Zusammenfassen der in Staat und Gemeinde funktionierenden öffentlichen Gewalten kann die Mahnung zu keiner Zeit besser ergehen als heute, wo wir vor dem erschrecklichen Resultat der Reichstagswahl stehen. (Sehr richtig.) Es darf nicht verkannt werden, daß die zersetzende Agitation sich nicht gescheut hat, das gute, gesunde Bürger tum anzugreifen und daß sie teilweisen Erfolg ge habt hat in den Bestrebungen, einen Riß in dieses Bürgertum zu schaffen. Es ist diese Tatsache un leugbar, und genügend dargetan, daß ein Teil unserer Bevölkerung, diesen irregeleiteten Anschau ungen folgend, an die Wahlurne herangetreten ist. Die Tatsache besteht, es güt aber, den Mut nicht sinken zu lassen und mit erneuten Kräften vor- beugend einzutreten. Es gilt zu fragen, ob dieser chronische Zustand der Unzufriedenheit in den Verhältnissen eine genügende Rechtfertigung findet. Wir müssen zugeben, diese Unzufriedenheit besteht, und weil dies der Fall, so ist es Pflicht und Ge wissenssache aller, mitzuhelfen, diesen Zustand mög lichst wieder auf eine bessere Basis, zurückzuführen und Mittel und Wege zu finden, durch welche wir wieder zu besseren Verhältnissen gelangen. Es güt, mehr auf ethischem Boden zu arbeiten, sittlich kulturelle Grundlagen festzulegen. Diese Arbeit liegt bei der Fannlis, bei dem Hause, bei der Kirche, bei der Schule; aber wenn wir uns weiter um schauen, uns mehr auf das materielle Gebiet, unsere wirtschaftlichen Verhältnisfe begeben, da ist der Moment gekommen, wo die Inhaber der öffent lichen Gewalt einzugreifen verpflichtet sind. In dieser Aufgabe, so schwer ihre Lösung ist, wollen wir nicht zurückstehen. Es sind verbesserungsfähige Zustände vorhanden; wo wir erkennen, daß Fehler gemacht wurden — und auch die Regierung hält sich nicht für infallibel —, ist es unsere Aufgabe, helfend, verbessernd einzutreten. Die Regierung ist sich dieser Verpflichtung stets bewußt geblieben, und er konstatiere, daß die Kommunalverwaltung, das Bürgertum, die Regierung bisher stets in dieser Pflichterfüllung unterstützt hat. Ich richte daher an dieselben den erneuten Appell zu gemeinsamem Vorgehen, zu gemeinsamer Arbeit mit dem Ziele, bessere Verhältnisse zu schaffen nnd das Volk vor gewissen zersetzenden Elementen zu bewahren. Wenn wir so gemeinsam vorgehen, werden die guten Er folge nicht ausbleiven, und wir werden seinerzeit dann mit Genugtuung wahrnekmen können, daß das große Sammelbecken der Unzufriedenheit, wenn auch nicht geleert, so doch nicht so tief und zum Ueberfluten gelangt. Wollen wir der Zukunst ver trauensvoll entgegengehen in der Hoffnung auf Herbeiführung besserer Zustände zum Wohle und zu Ehren unseres geliebten Königs, unseres ge liebten Volkes, unseres geliebten Vaterlandes! (Lebhafter Beifall.) — Hierauf hieß Herr Bürger meister Schneider-Pirna die Versammlung namens der Stadtgemeinde Pirna auf das Herzlichste will kommen. Zum 70jährigen Bestehen der Pianoforte- und Flügel-Fabrik Alexander Bretschneider, Leipzig. Wenn in den heutigen unsicheren Zeiten unseres wirtschaftlichen Lebens, wo neue Firmen und Unternehmungen über Nacht wie Pilze aus der Erde schießen und ebenso schnell wieder verschwinden, eine Fabrik die Zeit von sieben Dezennien ehrenvoll zurückgelegt hat, so ist dies gewiß als ein Ereignis zu bezeichnen. Aus diesem Grundeist es schon eine Pflicht für uns, mit einigen Worten der Tatsache zu gedenken, daß am 1. Mai d. I. diehochgeachteie Pianoforte- und Flügelfabrik Alexander Bretschneider in Leipzig auf ihr 70jähr. Bestehen zurückblicken konnte. Wir tun dies um so freudiger, als die bejahrte Vertreterin des deutschen Pianofortebaues trotz ihres ehrwürdigen Alters nicht allein noch immer rüstig in erster Reihe ihres Berufes steht, sondern sich auch in den letzten Geschäftsjahren abermals eines wesentlichen, beinahe jugendlich zu nennenden Auf schwunges zu erfreuen hatte. Wie vor 70 Jahren die Bretschneider-Instrumente sich bereits einer großen Beliebtheit in den maß gebendsten Kreisen der Musikwelt erfreuten, so haben sie sich auch bis zum heutigen Tage ihren traditionellen guten Ruf erhalten, nur daß derselbe sich aus gebreitet und Widerhall selbst in den entferntesten Teilen unseres Erdballes gefunden hat. Auch dis jetzigen Inhaber, die Herren Instrumentenmacher Alfred Bretschneider, der Großneffe des Gründers, und Kaufmann Karl Schumann führen die Ge schäfte ganz im Sinne ihres Vorgängers und des Gründers in den strengen Leitsätzen vollster Solidität und ehrlichster Kausmannstreue und auf Grund der ihnen überlieferten kostbaren Erfahrungen. Der Gründer der Jubelfirma, Ludwig Alexander Bretschneider, gehört unstreitig mit zu den bedeutungs vollsten Bahnbrechern des deutschen Pianofortebaues, weshalb es wohl gerechtfertigt sein dürfte, daß wir seiner mit einigen Worten gedenken. Er war im Jahre 1806 in Gera geboren, daselbst erzogen, stammte aus einer angesehenen Familie und hatte 5 Geschwister, von denen ein Bruder, nachmals Staats Minister im Fürstentum Reuß, insolge seiner Verdienste in den Adelsstand erhoben wurde, während ein anderer der Teilhaber der altbekannten Leipziger Firma Limburger war. Alexander B. dagegen hatte, einem inneren Drange folgend, das Hand werk eines Pianofortebauers erlernt und keine Ge legenheit versäumt, sich in seinem Fache nach allen Richtungen hin auszubilden. Mit anerkannt be deutender Fachkennlnis, mit Tatkraft und den nötigen Mitteln ausgerüstet, gründete er am 1. Mai 1833 in einem Hintergebäude der Windmühlen straße, an dem damaligen Schrötergäßchen, in Leipzig seine Selbständigkeit und die gar bald zu Ansehen gelangende Fabrik. Schon die ersten Instrumente der jungen Fabrik kamen in die Hände streng musikkritischer Sachverständiger, namentlich der be deutende Klavierpädagog Friedr. Wieck, Vater der b rühmten Pianistin und Kammervirtuosin Frau Clara Schumann (Gattin von Robert Schumann) und von der Kammervirtuosin Fräulein Marie Wieck, erhielt allein bis 1839 32 Pianos und zwei damals nur oktav. Flügel für sich und seine Schüler; auch vom Auslande gingen schon zu dieser Zeit Ordres ein, bereits am 13. August 1838 erhielt die noch bestehende Firma Cappelen, Christiania, die erste Pianosendung von hier. Im übrigen weisen die alten Geschäftsbücher jener Zeit eine Menge Namen von gutem Klange auf und bezeugen damit, daß es der Gründer verstanden hat, mit der Vorzüglichkeit seiner Instrumente die Aufmerk samkeit jener Kreise auf sich zu lenken, in denen die Musik eine sorgfältige Pflege genießt, auch Rubinstein, Jean Vogt, Charles Mayer, Charles Voß, Louis, Leopold und Gerhard Brassin (letzterer lebt z. Z. in Konstantinopel), Josef Tichatschek, Ole Bull, Jenny Bürde-Ney usw. nahmen Gelegen heit, sich von der Güte der Instrumente zu über zeugen und traten warm sür ihr Empfehlung ein. Die Qualität seines Fabrikates war denn auch die einzige Reklame des Gründers und wurde diese heroorgerufen durch jene Verbindung voll Intelligenz, Sachkenntnis, unermüdliche Schaffenskraft und Energie, welche in so anspornender Weise die Mit arbeiter und Angestellten günstig zu beeinflussen vermag. Dazu gesellte sich ein nach oben und unten gleichmäßig anspruchsloses und leutseliges Wesen, das ihm die Herzen aller derjenigen er schloß, die gesellschaftlich oder geschäftlich mit ihm in Berührung kamen. Die Folge hiervon war auch, daß er sich nach und nach einen solch treuen Stamm von Arbeitern heranbilden konnte, der, ihn selbst überlebend, 30, 40, 50, ja noch mehr Jahre, den Kern der Mitarbeiterschaft bildete. Das sympathische Wesen des Gründers und seiner Nachfolger hat es eben verstanden, ein wahrhaft patriarchalisches Ver hältnis einzuführen und dieses unterstützte nicht unwesentlich die durchaus soliden Geschäftsprinzipien nnd Gerechtigkeitssinn, die anch die unbegrenzte Achtung der Milbürger und Geschäftsfreunde sicherten; auch seine und seiner Brüder Menschenfreundlichkeit und Wohltätigkeit wird gerühmt, hiervon zeugt übrigens eine Gedenktafel im Foyer des Leipziger Stadt-Theaters in ehrender Weise. Nachdem die Fabrik im Jahre 1840 nach dem Bayerschenplatz Nr. 5 übergesiedelt war und der Umfang des Geschäfts eine Stütze notwendig machte, trat am 30. September 1863 sein Neffe Robert Georg Bretschneider in die Firma als Teilhaber ein und ermöglichte es dem Alexander B., daß der selbe eine Reise nach Aegypten antreten konnte, um in Anbetracht der außerordentlich schlechten Geschäftskonjunkturen jener Zeit neue Absatzgebiete zu erschließen. Leider verschlechterte sich bald dar auf sein schon bestehendes Augenleiden, sodaß er nach seiner Rückkehr von Aegypten genötigt war, am 1. April 1864 sich ganz vom Geschäft zurück zuziehen. Die Ruhe brachte ihm indes nicht die erhoffte Genesung, sondern es traf ihn bald darauf das furchtbare Verhängnis der Erblindung, aus der er am 8. Juni 1870 durch den Tod erlöst wurde. Der Nachfolger des Gründers, sein schon er wähnter Neffe Robert Georg Bretschneider, hatte anfänglich das Tischler-Handwerk erlernt und sich erst später dem Pianofortebau zugewendet. Zahl reiche Reisen im Ausland und Inland, sowie die mannigfachsten Erfahrungen bei den verschieden artigsten Firmen hatten seine Fertigkeiten und Kenntnisse derart erweitert, daß er seit 1853 seinem Onkel eine wertvolle Hilfe ward. Er war ganz der Mann, das von Alexander Bretschneider be gonnene Unternehmen in dessen Sinne fortzuführen und auch bei ihm deckle sich ein schlichtes Wesen mit der absoluten Lauterkeit eines vornehmen Charakters. Er war es, der das Geschäft zu dem Umfange gestaltete, daß die im bisherigen Grund stück innegehabten Räume zu eng wurden und er sich genötigt sah, in der Elisenstraße, der jetzigen No. 30, ein neues Grundstück speziell zu dem Zwecke der Pianosorte-Fabrikation zu erbauen. Im September 1873 siedelte die Fabrik in die neuen Räume über und befindet sich noch heute in den selben. Nicht minder geachtet als sein Onkel starb Robert Georg Bretschneider am 4. Januar 1892. Blicken wir ans die im ruhigsten Fahrwasser und sich jederzeit in den gesundesten Verhältnissen abspielende Geschichte der Firma Alexander Bret schneider zurück, so haben wir das Bild eines jener alten Häuser vor uns, deren gediegene Fundamen tierung es verschmähen konnte, eine ungesunde und künstliche Treibhaus-Entwickelung zu pflegen. Was die Fabrik gewesen und geworden ist, dankt sie der Qualität ihrer Leistungen, die in der Vorzüglichkeit ihrer Instrumente und der Reellität ihres Geschäfts betriebes besteht. Diese strengen Leitsätze, welche die Triebfeder des Handels aller seitherigen In haber gewesen sind, haben sich aber nicht nur dar auf erstreckt, ein dauerhaftes und aus bestem Material hergestelltes Fabrikat in den Handel zu bringen, sondern auch in musikalischer Beziehung mit das erreichbar Schönste zu schaffen. Und daß der Fabrik von Anfang an bis heute dies gelungen ist, beweisen die Erfolge. Aus dem schwierigen Wege der Empfehlung durch sich selbst, haben sich die Bretschneiderschen Pianos und Flügel tatsäch lich einen Weltruf errungen und dadurch schon vor langer Zeit nicht wenig mit dazu beigetragen, der deutschen Pianoforte-Jndustrie den Weg zum Welthandel zu bahnen. Schon im Jahre 1844 exportierte die Firma allein nach einem einzigen überseeischen Orte trotz umständlichster Transport verhältnisse 86 Pianos und ist seit dieser Zeit der Export nach den fernsten Gegenden gestiegen. Heute verkünden die Bretschneider-Pianos den Ruf ihrer Urheber in allen Erdzonen und gelten überall als ehrenvolle Zeugnisse deutschen Gewerbe- flsißes und unserer industriellen Bedeutung. Die gegenwärtigen Einrichtungen der Fabrik Alexander Bretschneider sind durchaus mustergiltig u»d namentlich auch in maschinellen Beziehungen vollkommen, sodaß Herne die Leistungsfähigkeit der Fabrik eine außerordentlich große ist. Angesichts der geschilderten Tatsachen über die Jubilarin können wir an dem Zeitpunkt ihres 70jährigen Bestehens nicht unterlassen, ihr für die ihr eigen gewesene Konsequenz und die segensreiche Repräsen tation der deutschen Pianoforte-Jndnstrie unsere vollste Anerkennung zu zollen, wie anch den Wunsch auszusprechen, daß es uns und ihr selbst noch eine lange Reihe von Jahren vergönnt sein möge, sie als eine gediegene Vertreterin des deutschen Piano sortebaues zu wissen. Möge sich an die ehrenvolle Geschichte dieler Firma noch manches Kapitel rei hen, was die wachsenden Erfolge und den sich immer weiter ausbreitenden guten Ruf der Fabrik verzeichnet, und mögen sich sowohl die Charakter- Eigenschaften, die Tatkraft und Schaffensfreudig keit, als auch das verdiente Glück von den früheren Inhabern auf die jetzigen und deren Nachfolger vererben. t. Gerichtssaal. 8 Leipzig, 3. Juli. Das Landgericht verurteilte eine auS 6 Personen bestehende Diebesbande wegen zahlreicher Diebstähle und Einbrüche mit Zuchthaus strafen bis zu 3V» Jahren. 8 Eine umfangreiche Zeugenvernehmnng. Unter dieser Spitzmarke berichteten wir über eine am Montag vor der 4. Straskammer de» König!. Landgericht« zu Leipzig begonnene Verhandlung gegen den verschiedentlich und auch schon zweimal mit zusammen 3 Jahren Zuchthaus vorbestraften Agenten Ernst August Schubert au« Bernhausen bei Waldenberg, zu der ca. 120 Zeugen geladen waren. Die mehrtägige Bewet«aufnahme ergab, daß der Angeklagte sich al» Inhaber eine« „Bureau für
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