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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 05.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190307051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030705
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-05
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 05.07.1903
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mittels Revolvers einen Schuß in den Kopf bei gebracht und außerdem Schwefelsäure zu sich ge nommen. Die Entseelte, welche anscheinend den besseren Ständen angehört, ist 24 bis 26 Jahre alt. * Leipzig, 3. Juli. Tödlich verunglückt ist gestern abend der Buchdruckereibesitzer Baumann. Er wollte im Geschirr nach Hause fahren, an der Ecke der Elisabethallee und Eduardstraße in Eutritzsch scheute das Pferd, der Wagen prallte an einen Baum, wodurch Baumann an eine Mauer geschleu dert wurde. * Meiste», 3. Juli. König Georg stattete heute zum ersten Male als König der ältesten Stadt des Landes, der alten Bennostadt Meißen, in welcher die Stammburg des albertinischen Zweiges der Wettiner steht, seinen Besuch ab. Die alte Markgrafenstadt prangte aus diesem festlichen An lasse im Feierkleide. Der Besuch des Königs nahm einen überaus glänzenden und alle Kreise hoch befriedigenden Verlauf. Auf die Ansprache des Bürgermeisters anwortete der König: „Man wird mitunter irre an seinem Volke, aber Ich bin es noch nicht geworden". Man wird in diesen Worten eine unzweideutige Bezugnahme des Königs auf die Vorgänge der letzten Zeit, nicht am wenigsten auf den Ausfall der Reichs tagswahlen, erkennen dürfen. * Meitze». Die fünf Militärvereine unseres Stadtbezirks beschlossen, ein König Albert-Denkmal in Meißen zu errichten. * Pirna, 2. Juli. Im benachbarten Posta wurde, wie der „Pirnaer Anz." meldet, in einem nach der Elbe zu gelegenen Steinbruche heute vor mittag eine anscheinend den besseren Ständen an gehörende unbekannte Frau mit eingeschlagener Schädeldecke tot aufgefunden. An der linken Hand trägt die Tote einen Ehering. Ein Unglücksfall durch versehentlichen Absturz ist ausgeschlossen, da der Bruch an seinem oberen Rande gut ver plankt ist. An einen Selbstmord will man aber um deswillen nicht glauben, weil oberhalb des Bruches in der Nähe der Verplankung Fußeindrücke im Erdboden bemerkt wurden, welche auf einen dort stattgehabten Kampf schließen lassen. An die Staatsanwaltschaft und den Gerichlsarzt ist sofort Anzeige erstattet worden. * Mittweida. Das diesjährige große Tech nikum-Anlagenfest findet am 8.. 9. und 10. August statt. Da es die 25. derartige Veranstaltung ist, hat man eine dreitägige Dauer anberaumt. * Werdau, 2. Juli. Heute verschied nach kurzem Leiden im Alter von 77 Jahren Herr Otto Ullrich 86N., Ritter des Albrechtsordens 1. Klasse. Mit ihm ist einer der verdienstvollsten Großindustriellen Werdaus dahingegangen. * Werdau, 3. Juli. Seit über acht Tagen ist der Baumeister Robert Dämmrich im Nachbar ort Langenhessen spurlos verschwunden. D. war in arge Zahlungsschwierigkeiten geraten, sodaß ihm alles abgepfändet wurde, was zu pfänden war. Vor etwa 8 Tagen begab er sich nach Plauen i. V., um, wie er angab, dort eine passende Stellung zu suchen. Von da aus hat er auch an seine Frau, die sich jetzt in Chemnitz befinden soll, ge schrieben, seitdem fehlt jede Nachricht von ihm. Da sich nun bis jetzt eine Wechselsälschung von annähernd 170 000 Mark herausgestellt haben soll und auch sonst noch andere Manipulationen vorge kommen sind, so hat sich D. allem Anschein nach aus dem Staube gemacht und ist zunächst, wie man hier annimmt, nach der Schweiz geflüchtet. Auch ein hiesiger Baumeister A. hat die Stadt verlassen, nachdem er hier seinen Zahlungsver pflichtungen nicht mehr nachkommen konnte und die von ihm erbauten Häuser usw. von Gläubigern mit Beschlag belegt wurden. * Crimmitschau, 2. Juli. Die Feier des 300jährigen Bestehens unserer Schützengesellschaft, die vom 1. bis mit 5. Juli begangen wird, hat gestern begonnen. Am Mittwoch abend fand Er- öffnungskommers unter Leitung des Herrn Ehren vorsitzenden Bürgermeisters Beckmann statt. Am Donnerstag brachte die Bahn zahlreiche Schützen- brüoer nach hier; so erschienen die Schützengesell schaften : Greiz in Stärke von 30 Mann mit Fahne, Werdau mit 250 Mann mit Fahne und zwei Musikchören und deren Artillerie mit 2 Geschützen, Meerane mit 180 Mann und einem Musikchor, sowie Schmölln mit 120 Mann, 3 Fahnen und Musikkapellen und eine Abordnung der Zwickauer Schützengesellschaft mit ihrem Major und der Fahne. Der heutige Festtag fand eine besondere Auszeich nung durch das Erscheinen der Herren Kreishaupt mann Dr. Forker-Schubauer und Amtshauptmann Geh. Regierungsrat Dr. Schnorr v. Carolsfeld aus Zwickau. Von 2 Uhr nachmittags an nahm der historische Festzug seinen Weg durch die reich- qeschmückte Stadt. Er wurde eröffnet durch einen Herold, dem Fanfarenbläser der Bornaer Kara biniers folgten; diesen schloß sich der Festwagen der Stadt Crimmitschau mit der Spinnerin (Crimmitschavia), dem Merkur, der Industrie und Landwirtschaft, sowie dem Roland vom Rathaus mit Männern, Frauen und Kindern in Kostümen des 13. Jahrhunderts an. Der Kapelle des 133. Infanterie-Regiments aus Zwickau folgte eine Schützengruppe aus dem Jahre 1603, ein Mönchs- wagen, die Meeraner Schützengesellschaft mit Banner ilnd der Wagen mit der Festscheibe und Teil mit seinem Sohn. Eine große Anzahl Kutschen führte die Ehrengäste, Deputationen, Invaliden usw. im Zuge mit. Nach einer Schützengruppe aus dem Jahre 1703, der ein Jagdzug und ein Jagdwagen folgten, sah man die Werdauer Schützengesellschast und eine Schützengruppe von 1803. Weiter waren in dem Zuge, der durch eine große Zahl historisch gekleideter Begleiter, Ritter, Pagen usw. ein herr liches Bild gewährte, vertreten der Saxonia-Wagen, die Gäste aus Gößnitz und Schmölln, sowie ein Brauereiwagen, während die 5. Kompagnie des Jubelvereins mit dem Geschützpark den Beschluß bildete. * Reinsdorf, 2. Juli. Wegen eines im Garten stehenden Rosenstockes kam es vorgestern mittag zwischen zwei in einem Hause wohnenden Berg arbeitern zu einer heftigen Auseinandersetzung, im Verlaufe deren der eine von dem anderen mit dem scharfen Teile einer Holzaxt dermaßen auf den Kopf geschlagen wurde, daß derselbe eine große klaffende, bis aus den Knochen gehende Wunde davontrug. Der Verletzte mußte umgehend einen Arzt zu Rate ziehen, der die Wunde zunähte. * Sayda, 2. Juli. In Ober-Heidelberg brannte vergangene Nacht die Wirtschaft des Herrn Langer nieder. Der Kalamitose und seine Mieter, denen das ganze Hab und Gut verbrannte, haben leider nicht versichert. Vermischtes. ch Ein nach 20 Jahren aufgedeckter Mord. In Biesdorf bei Friedrichsfelde verschwand vor etwa 20 Jahren auf unerklärliche Weise der Gast wirt Freyhos. Alle Recherchen nach ihm waren vergeblich. An sein Verschwinden knüpften sich allerhand wenig kontrollierbare Gerüchte. Jetzt wird nun da« Gelände in der Nähe der damaligen Gastwirtschaft der Bebauung erschlossen. Bei den Straßenbauten stieß man auf eine männliche Leiche, die in die Erde eingescharrt und von Brettern sorg- sältig umgeben war. Die Leiche ist zwar mit Be stimmtheit nicht mehr zu rekogno«cieren, doch läßt sich mit ziemlicher Sicherheit behaupten, daß sie die de« verschollenen Gastwirte« ist. P Schreckliche Zustände deckt die vom nord amerikanischen Bundesgericht in Chicago veranstaltete Untersuchung über die moderne Leibeigenschaft im Staate Alabama auf. Eine geringe Geldschuld eine« Neger« reicht nach dem Bericht der Voss. Ztg. hin, damit er von Amtswegen an einen Herrn ver- kauft werde, der auf bestimmte Zeit unumschränkte Gewalt über ihn und seine Arbeitskraft hat und ihn sogar weiter verkaufen kann. Dabei maßt sich der Käufer eine ebenso große Strasgewalt an, wie sie einst der Sklavenhalter besaß. Vor den Bundes- geschworenen in Montgonery sagten weiße Zeugen unter Eid aus, daß auf einer Farm eine zeitweilig dorthin verkaufte Negerin, weil sie angeblich nicht genug Feldarbeit verrichtete, hundert Peitschenhiebe auf den bloßen Rücken erhielt. Al« sie auch nach dieser Mißhandlung noch widerspenstig zu sein schien, wurde sie mit zusammengebundenen Händen an einem Baumast aufgeknüpft, so daß ihre Fuß spitzen kaum den Boden berührten. Zwei Tage später starb sie. Der Pflanzer wurde wegen Mordes angeklagt, aber er ist bei den in den nord amerikanischen Südstaaten herrschenden Ansichten mehr als fraglich, ob sich Richter finden werden, die den Mut besitzen, ein Urteil über den Ver brecher zu fällen. Gegen andere Weiße ist eine Klage wegen Verschwörung eingeleitet worden, weil sie einen armen Neger, der einen Dollar schuldete, unter Mithilfe eines Friedensrichters au» einer Sklaverei in die andere brachten. 7 Eine Million Rosen werden auf dem Gelände der Weltausstellung in St. Louis 1904 aus einem einzigen Fleck zu finden sein. Bereits im Avril d. I. sind die 50000 Rosenbüsche, welche vier Acres Fläche bedecken, angepflanzt worden, und vierzig der bedeutendsten Rosenzüchter Amerikas haben 'ihre besten Rosenstöcke der Ausstellung übergeben, damit sie schon jetzt angepflanzt werden und im nächsten Jahre zur Rosenzeit in herrlichster Blüte stehen. Dieser Rosengarten, der an und für sich einen wunderbaren Anblick bieten wird, hat einen der besten Plätze in der Ausstellung. Er befindet sich vor der Hauptfront des riesigen Palastes für Land wirtschaft, welcher 1600 Fuß lang und 500 Fuß breit ist. Um den Eindruck der Ueberfüllung nicht auskommen zu lassen, sind die Rosenstämme nicht dicht nebeneinander angepflanzt, sondern die einzelnen Gruppen der nach Farbe und Arten geordneten Rosen sind immer von Rasenflächen umgeben, von denen sich die Büsche mit den herrlichen Blumen wirkungsvoll abheben werden. Die meisten dieser 50 000 Rosenstöcke sind von der harten und halb- harten Art, aber einzelne sind so empfindlich, daß für den Winter, der in St. Louis manchmal sehr streng ist, ganz besondere Schutzmaßregeln getroffen werden müssen. Die Gärtner der Ausstellung sind aber überzeugt, daß es ihnen gelingen wird, diese empfindlichen Blumen durch alle Unbilden des Winters glücklich hindurchzubringen. -ß Versuchte Selbstverbrennung. Beim Land- polizrsten der Ssergiewo-Einsiedelei bei Petersburg meldete letzter Tage ein Fischer, daß in einem Ge büsch am Strande des Finnischen Meerbusens hinter dem Ssergiewo-Kloster ein Mensch mit angebrannten Füßen liege. Man brachte den Unglücklichen in das Kloster, wo ihm die erste ärztliche Hilfeleistung er wiesen wurde, und von dort nach Peterhof. Au« der Untersuchung ging hervor, daß die in ein Mönchs- gewand gekleidete Person ein junger Mädchen sei, Olga Gwosdewa aus dem Dorse Bobplrk. „Um ihre Seele zu retten", war dar durch Lesen „slawo- nischer Bücher" religiös schwärmerische Mädchen bi« zu dem Vorsatz gelangt, sich auf einem Scheiter- Haufen zu verbrennen. Sie war zu diesem Zweck ins Ssergiewo-Kloster gekommen, halte dem Gottes dienste beigewohnt und war nach inbrünstigem Ge bet aufs Feld hinter das Kloster hinausgegangen. Hier brachte da« junge Mädchen Reisig zusammen, entkleidete sich und warf sich auf den brennenden Scheiterhaufen. Von Schmerz überwältigt, sprang sie aber gleich darauf au« den Flammen und brach ohnmächtig bei dem Scheiterhaufen zusammen. Al« sie nach einiger Zeit zu sich kam, legte sie mit großer Mühe ihr Mönchrgewand wieder an, konnte jedoch keinen Schritt vorwärts machen, sondern blieb hilf- lo« liegen, bi« der Fischer erschien, den sie um einen Schluck Wasser bat . . . Neben dem Scheiterhaufen fand man ihren Wanderstab, an dem sie ein Kreuz und ein Heiligenbild befestigt hatte. Dieses Zeichen sollte ihr al« Grabkreuz dienen. Man fand an der- felben Stelle noch mehrere Bücher geistlichen Inhalt« und den Zopf der Schwärmerin, den sie sich mit einem Messer abgeschnitten hatte. ß Neber das furchtbare Eisenbahnunglück in Spanien werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Der Sturz erfolgte mit solcher Gewalt, daß das Holzwerk de« Waggons buchstäblich in Späne zersplittert ist. Au« der blutbespritzten Masse von Holz und Etsenteilen arbeiteten sich sofort mit entsetzlichem Wehegeschrei die Verwundeten herau« und versuchten denen zu helfen, die kein Glied rühren konnten. Da« Stöhnen, Brüllen und Wimmern der Sterbenden raubte vielen die Fassung, an ihre ei gene Sicherheit zu denken. Ganz unversehrt blieben in dem verunglückten Zuge nur sechs Personen, der Lokomotivführer und Heizer der ersten Maschine und vier Männer, die den Sturz in die Tiefe mit machten. Einer von ihnen lief nach Cenicero, da« 20 Minuten weit entfernt von der Unglücksstätte liegt, um Hilfe herbeizuholen. Mittlerweile gingen die fünf anderen daran, ihren verunglückten Mit- reisenden beizustehen. Der in die enge Schlucht ge stürzte Zug hatte da« Wasser gestaut, da« nun ein zelne Waggons überschwemmte und Bruchstücke, so- wie Leichenteile fortsührte. Da« Wasser färbte sich nach und nach ganz rot. Al« die Hilfe au« Ceni- cero eintraf, konnte doch nicht an die Befreiung der Verschütteten gearbeitet werden, weil es an Krähnen fehlte, mit denen man die Waggonteile emporgehoben hätte. Die« war für die Helfer um so entsetzlicher, al« aus den Trümmern immer noch Stöhnen und Hilferufe hervordrangen. Noch am Tage der Kata strophe wurden 140 Menschen au« den Trümmern herausgezogen, davon mehr al« die Hülste tot, zum Teil in Stücke zerrissen. Unter den Sterbenden war ein Mann, der erzählte, seine zehnjährige Tochter habe sich vor 4 Tagen au« dem Fenster gestürzt au« Furcht vor Strafe für ein kindliche« Vergehen. Im Zuge befanden sich viele Kranke, die in die Schwefelbäder von Fitero fahren wollten. Eine Ge sellschaft reicher Bergwerksbesitzer war auch unter den Reisenden, die in Teruel Bergwerke kaufen wollte. Der Bergstrom trug die Leichen von Gendarmen, Klosterfrauen, Eisenbahnbediensteten tal abwärts. Die Gendarmen waren unterwegs nach Barcelona, um dort unter den Streikenden Ordnung zu machen. Ein Kondukteur wurde dabei betroffen, wie er die Leiche eines Manne« beraubte — er hatte schon dessen Brieftasche voll Banknoten in der Hand. Die Nacht nach dem Unglück bewegte sich ein ununterbrochener Zug von Männern, die auf Bahren Tote und Verwundete von Logrono nach Cenicero trugen. Er ist wohl einer der größten und schrecklichsten Eisenbahnunfälle gewesen. Be schreiben kann man ihn nicht, so schaudervoll und schrecklich ist er. Wer den übereinander gestapelten Berg von Waggons und Leichen gesehen hat mit der zertrümmerten Brücke, wer dar Jammern der Verwundeten und der Angehörigen, die ihre Ver- wandten suchten, gehört hat, der wird Zeit seine« Leben« mit Schaudern daran zurückdenken. -ß Seine Dienste als Henker hat ein früherer französischer Unteroffizier der griechischen Regierung angeboten. Er verspricht, im Falle seiner Amts- einsetzung seine Obliegenheiten mit Pflichttreue und Gründlichkeit zu erfüllen und im Falle feine« Todes seinem ältesten Sohne den Posten zu vererben. Der Brave hat offenbar nicht gewußt, bemerkt der Berichterstatter der Voss. Ztg., daß in Griechenland da« Amt eines Henkers zu den verfemten gehört, daß jedermann in Griechenland ihm mit Abscheu aus dem Wege geht, niemand ihm etwas verkauft oder mit ihm in Geschäftsverkehr tritt, daß die Slraßenbuben ihn ungestraft mit Steinen bewerfen dürfen und jeder Mensch die Freiheit hat, ihn zu töten. Ist doch der Henker von Nauplia, wo sich die zum Tods verurteilten Verbrecher befinden, Jahr au« Jahr ein auf einer kleinen einsamen Insel in der Nähe der Sadt von einer kleinen Besatzungs truppe bewacht, damit er nicht der Volkswut zum Opfer fällt. Der Franzose wird daher bester tun, seine guten Dienste der eigenen Heimat zu widmen, wo der „Henker von Paris" noch eine gewisse ge sellschaftliche Achtung genießt. Die Montblane-Tottristen gerettet! Genf, 3. Juli. Die sieben vermißten und be reits toi geglaubten deutschen Montblanc-Besteiger wurden von den Rettungsmannschaften lebend an- getroffen. Wie gemeldet wird, ist keiner der Studenten wesentlich verwundet. Olhmer und Hammacher haben nichts davongetragen, Stiller ist an beiden Knieen verwundet, Schmidt an der Schulter, Kaufmann am rechten Arm und rechten Bein, Krumholz an der Hüfte. Dann sind noch kleinere Quetschungen vor gekommen. Die Rückkehr der Karawane wird in Genf für heute nacht erwartet. — Aus Chamounix wird noch berichtet: Heute vormittag meldete ein Bote des Genfer Pioletklubs, daß alle vermißten deutschen Studenten lebend aufgefunden seien. Später berichtete einer der Touristen selbst, er sei mit seinen sechs Kameraden am Dienstag nachmittag bei der Schutzhülle am Aiguille du Garter angelangt und dort von einem Blitzstrahl getroffen. Sie seien alle, mit Ausnahme eines Touristen, der unbeschädigt blieb, leicht verletzt. Zur Stunde sind alle wohl behalten in Chamounix eingetroffcn, bis auf die von St. Gervais und LeS Houches abgegangenen Hilfskolonnen. Von der Schutzhütte hatten die Touristen Notsignale gegeben. Am Donnerstag nachmittag trafen als erste Hilfe vier Träger ein. — Der Rektor der Universität ließ sofort das Telegramm, welches die Rettung der Vermißten meldete, in der Halle anschlagen. Dasselbe wurde auch sofort der Regierung mitgeteilt und hatte eine große Beruhigung in der Bevölkerung zur Folge. Neueste Nachrichten und Depeschen vom 4. Juli. Leipzig. Nach einer Meldung des „Lok.-Anz." erfolgte die Beschlagnahme der Broschüre „Du sollst nicht töten", welche im Verlage von Diederich erschien, wegen Beleidigung des deutschen Kaisers. Berlin. Zu der Nachricht, daß Prinz Hein rich und Prinzessin und Prinz Adalbert von Preußen die Weltausstellung in St. Louis besuchen werden, wird der „N. Hamb. Börsenhalle" gemeldet, der Kaiser habe anläßlich des Diners, welches der amerikanische Gesandte in Berlin am vorigen Frei tag gab, dem Admiral Gordon zugesagt, er werde den Prinzen und die Prinzessin Heinrich und Prinz Adalbert von Preußen mit einem Geschwader nach Nordamerika entsenden. Das Geschwader wird unter dem Befehl des Prinzen Heinrich stehen, mährend Prinz Adalbert als Leutnant zur See Dienst tun wird. Berlin. Nach einer Meldung der „Vossisch. Ztg." aus Belgrad brach gestern ein Ausstand der Straßen bahner aus, da die Gesellschaft die Forderungen der Angestellten betr. achtstündige Arbeitszeit, Lohn erhöhung und Krankengeld nicht bewilligte. Der Ausstand verläuft ruhig. Der Betrieb stockt voll ständig. Berlin. Wie daS „B. T." meldet, wurde Rechts anwalt Langen in Höchst, der als Konkursvertreter 13 000 Mark unterschlug, zu 4 Monaten Gefäng nis verurteilt. Berlin. Wie aus Kiel gemeldet wird, hat sich nach Abfahrt des amerikanischen Geschwaders herausgestellt, daß insgesamt 105 amerikanische Matrosen nicht wieder an Bord gegangen sind. Wahrscheinlich sind die Leute desertiert. Kiel. Der wegen Beleidigung von Unter gebenen zu Gefängnis und Dienstentlassung ver urteilte Leutnant Pritsch wurde gestern wegen Fluchtverdachts verhaftet. Paris. Der Senat hielt gestern abend eine zweite Sitzung zwecks Beratung des Erlaubnisgesuches der Salesianer ab. Senator Beranger hielt eine zweistündige Rede zu Gunsten des Ordens. Präsident Combes erklärte, das Gesuch sei aus verschiedenen Gründen abgelehnt worden, besonders weil der Orden einer gegen die Regierung gerichteten Liga angehörte. Wien. In Prag sind zur feierlichen Grund steinlegung zum Huß-Denkmal zahlreiche auswärtige Gäste eingetroffen; darunter der Delegierte deS Slavischen Vereins in Moskau, Borisow, und eine Anzahl französischer Journalisten. Wien. Das offiziöse „Fremdenblatt" bezeichnet sämtliche Blättermeldungen über eine Ministerkrisis als nicht den Tatsachen entsprechend. Alle Meldungen seien unbegründet. Auch sei bisher noch nicht be stimmt, ob Körber heute zum Kaiser beschieden wird. Nom. Aus angeblich ausgezeichneter Quelle erfährt das „Giornale d'Jtalia", daß der Gegen besuch des Zaren in Rom im laufenden Jahre nicht mehr stattfinden wird. Derselbe ist auf den April nächsten Jahres verschoben worden, weil die Aerzte dem Zaren geraten haben, seiner Gesundheit wegen zu warten. Belgrad Unter den Offizieren der Truppen in der Provinz macht sich wegen der mit Geld förmlich überschütteten Königsmörder böses Blut bemerkbar. In Nisch und in Kragujevac fanden Offiziers-Versammlungen statt, in denen gegen eine derartige Bevorzugung von Offizieren gegenüber denjenigen, die ihre Treue bewahrten, protestiert wurde. Außerdem sind die Offiziere unzufrieden, weil ihnen der 3 Monate rückständige Gehalt noch immer nicht ausgezahlt wird, während die in Belgrad befindlichen Offiziere förmlich mit Geld überschüttet werden. Algier. Aus Lalla-Marnia in Marokko wird gemeldet: Gestern gab ein dem Stamme der Mehaga angehöriger Mann im Lager von Sidi-Aissa bei Udja einen Pistolenschuß auf Muley Mohamed; den Bruder des Sultans, ab, der jedoch nicht traf, die Kugel verwundete aber einen Soldaten. Der Täter wurde festgenommen und lebendig verbrannt. Das Lied aus alter Zeit. (Nachdruck verbaten.) Ein müder Wandrer siht und sinnt - Ein Kund' singt frohe Weis', Uno von des Alten Wange rinnt Die Träne schmerzlich heig. Wad isl's, wad bei dem Hellen Sang Des Mannes Brust bewegt, Das: ihm im wehvoll wilden Drang Sein Herz so stürmisch schlägt: Dass er im namenlosen Leid Sich nimmer sagen kann? — Erinnerung au die Jugendzeit Hat cs ihm angetan. Das Lied, was seht der Knabe sang, Tönt" einst im Walzerlaut, Als er deu gnincn Wald entlang Schritt mit dem Liebchen traut. Sie waren noch berauscht vom Tanz, Lau wehte Juliwiud Und er sprach zu ihr leise ganz: „Liebst du mich, siiges Kind?" Draus lühtc er die holde Maid Und flüsterte vertraut: „Schah, übers Jahr, zur Roscnzcit, Da wirst du meine Braut!" Eiu Jahr verging cs schrill allein Ein Mann am gleichen Ort — Begraben lag das Hassen sein Im stillen Fricdhvs dort. Es grünte mancher Frühling noch — Er wurde alt dabei, Zu Tränen rührt ihn innerlich Die Walzermclodci. Markranstädt. Adolf Dresper jun. Sämtliche Zeitungsboten, Postanstalten des deutschen Reiches und alle Landbriefträger nehmen Bestellungen aus den „Hcheufttm-ErnftAlkr AnMn" entgegen. Nell eintretende Abonnenten erhalten die be reits erschienenen Nummern mit dem neuen, nberans spannenden Roman „Die Blüte des Bagno" gratis nachgeliefert.
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