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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 26.06.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190306264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030626
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030626
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-06
- Tag 1903-06-26
-
Monat
1903-06
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 26.06.1903
- Autor
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war. Und man fragt sich: Ist dieser kolossale Optimismus der noch in der Gefängniszelle von entgangenen Millionen träumt, echt oder ein Schau stück, bestimmt zu blenden und zu verwirren? — In der Verhandlung am gestrigen Donnerstag be kundet Dr. Arenthal, daß Schmidt auf seine (deS Zeugen) Veranlassung den OffenbarungSeid geleistet und er keine Veranlassung habe, an der Wahrheit deS Eides zu zweifeln. Die Zeugen Häuser-Kassel, ehemaliger kaufmännischer Leiter der ungarischen Tochtergesellschaft, und Dingelstedt, Direktor der Gesellschaft, sagen über diejVerbindungender genannten Gesellschaften mit der Trebergesellschaft ebenso wie in dem Prozesse gegen die AufsichlSratsmitglieder auS. Dingelstedt ist seiner Zeit schriftlich vom An geklagten zu einer Bilanzfälschung aufgefordert worden. Der darauf bezügliche Brief wird verlesen, desgleichen die ablehnende Antwort der Direktion in Memel. Alsdann wird der frühere Prokurist der Leipziger Bank, Wuthe, vernommen, der sich über die Vorgänge unmittelbar vor und am Abende deS Zusammen bruchs der Trebergesellschaft, sowie über seinen ver geblichen Versuch, damals einen Einblick in den Stand der Bücher der Trebergesellschaft zu gewinnen, auSläßt. Zeuge schildert dann die Vorgänge in der Sitzung der Leipziger Herren mit denen der Trebergesellschaft, in der daS Schicksal der Treber- gesellschast besiegelt wurde, während Schmidt in der folgenden Nacht aus Kassel entfloh. Sodann spricht sich der Zeuge über den Stand der verschiedenen Tochtergesellschaften der Trebertrocknung in Rußland, Norwegen, England und Galizien, die er besichtigt habe, als Sachverständiger auS; er bekundet, daß die Anlagen in FrederikSstadt und Lemberg sehr günstige Resultate ergeben hätten. Zum Schluß der heutigen Sitzung erfolgte die Verlesung des Urteils der Strafkammer des Landgerichts Kassel gegen die Mitglieder deS AussichtSrats der Treber« gesellschast, Sumpf und Genossen. Morgen fällt die Sitzung der Wahlen wegen auS. Nächste Sitzung Freitag. 8 Gerechte Strafe. In Aachen wurde ein Zigarrenhändler, der eine anständige Frau grundlos beschuldigte, sie hätte sich unsittlicher Anträge schuldig gemacht, worauf sie zur Wache mußte, zu 1 Jahr Gefängnis bei sofortiger Verhaftung verurteilt. 8 Pastor Haspelmadh in Kirch-Boitzen bei Verden a. d. Aller, der in der Karsreitagnacht den Zimmergesellen Nerger für einen Einbrecher hielt und erschoß, wurde nach dem Verd. Anz. von der dortigen Strafkammer zu 3 Monaten Gefängnis und Tragung der Kosten verurteilt. Kleine Chronik. * Berlin, 24. Juni. Der Pastor Granzin an der Nazareth-Gemeinde hat sich im Treptower Park erschossen. Die Wirtschafterin bezichtigte Gran zin vor dem Konsistorium der Veruntreuung und Sittlichkeitsvecfehlungen. Pastor Granzin soll durch fortwährende Denunziationen seiner Wirtschafterin so in Verzweiflung getrieben worden sein, daß er schließ lich selbst Hand an sich gelegt hat. Sehr zu be- dauern ist, daß der traurige Fall cingetreten ist, bevor eine amtliche Untersuchung stattgefunden hat, zumal die nervenkranke Person alle ihre fremden Personen gegenüber gemachten Aussagen bei einer Vernehmung auf dem König!. Konsistorium wider rufen hat. * Hamburg, 24. Juni. DaS Segelschifss„HanS", mit Eisenladung von Helsingför nach Geste be- stimmt, ist mit seiner fünf Mann starken Besatzung untergegangen. — Der Fischdampfer „Alice", Kapitän Lamande, ist an der irländischen Küste mit 25 Mann Besatzung untergeqangen. * Halle a. S, 24. Juni. In Eckartsleben ge rieten zwei Brüder, die in dasselbe Mädchen ver liebt waren, in der elterlichen Wohnung in Streit, wobei der jüngere den älteren mit einem Stuhl erschlug. * Köln, 24. Juni. Im benachbarten Jmmen- dorf sind auf dem Friedhose in frevelhafter Weise große Verwüstungen angerichtet worden. Eine große Zahl Kreuze und Denkmäler sind zertrümmert, Zierpflanzen, sogar angewachsene Bäume zerbrochen, Anlagen verwüstet. — In Romerstirchen erstach der 30jährige Müller im Streit seinen Schwieger- vater. Der Täter ist verhaftet. * Mannheim, 24. Juni. Bei einem Brande in Herdwangen fand die 76jährige Mutter eines Mühlenbesitzers den Tod in den Flammen. Ein 16jähriges Dienstmädchen, daS die alte Frau retten wollte, kam ebenfalls ums Leben. * Regenwalde, 24. Juni. Dem Verhungern preisgegeben hat sich hier der Kriegsinvalide und Rentenempfänger Zibell, welcher dem Tode nahe in seiner von ihm allein bewohnten Behausung auf gesunden wurde. Er hatte infolge krankhafter Spar samkeit sich Nahrung nicht verschafft, worauf ein derartiger Kräflevcrsall eintrat, daß Zibell trotz bestmöglichster Pflege im Krankenhause verstarb. * Posen, 24. Juni. Heute nacht brach in einem Raume im Seitenflügel eine« Hause« der Brerlauer Straße, zu dem nur eine hölzerne Treppe führte, Feuer aus. Die Bewohner waren gezwungen, au« dem Fenster zu springen, wobei eine Frau beide Beine brach, deren achtjährige Tochter die zu rückgeblieben war, erstickte. * Brieg (Schlesien), 24. Juni. In dem Nach barort Briesen erschlug anscheinend in einem Anfall von Geistesstörung der Haurbesttzer Hildebrand seine Ehesrau mit einer Axl und erhängte sich dann. * In Ziegenrück machte ein Wähler, welcher sich mit den bestehenden Verhältnissen nicht abfinden kann, bei der Wahl in einem Reim seinem Herzen folgendermaßen Luft: Den Jacob«kötter mag ich nicht, Weil er nicht hält, wa« er verspricht. Der Mosch, der ist ein Judenfresser, Wenn er sie frißt, wird'« auch nicht bester, Denn Jude, Heide oder Christ Der Große stet« der Große ist. Beim Landgericht«rat Hagemann Da« warme Herz man fühlen kann, Doch bi» er hinkommt, da« ist alt, Da wird da« warme Herze kalt. Ob Schulz die Welt verbessern kann, Da« kommt erst auf die Probe an. Drum will ich lieber gar nicht wählen, Mag'« auch an meiner Stimme fehlen. Ein Handwerker. * Graz, 24. Juni. In vergangener Nacht fanden blutige Exzesse in Ludbreg bet Warardin statt. Da« Militär verwundete 4 Bauern und nahm 150 gefangen. Wegen der ungarnfeindlichen Au«schreitungen wurden die Polizeimaß egeln ve - schärft und da« Standrecht verhängt. In Warar- dtn ist die Bevölkerung über die Mißgriffe der Polizei empört. * Asch. Einen Selbstmord vor Hunderten von Zuschauern verübte am Dienstag mittag der 48 Jahre alte Schweiser E. Schwenker. Als kurz nach 12 Uhr mittags die Leute aus den Fabriken heim gingen, öffnete Schwenker, der ebenfalls aus der Arbeit gekommen war, ein Fenster seiner im ersten Stockwerke gelegenen Wohnung und machte sich an dem Fensterkreuz zu schaffen. Plötzlich ließ er einen lauten Pfiff ertönen, winkte mit einem Taschentuche den Leuten auf der Straße und deutete durch eine Geste an, daß er sich aufhängen werde. Bevor man sich noch klar werden konnte, ob der Mann ernstlich die unselige Tat zu begehen beabsichtige oder nur Spaß mache, halte er einen Strick am Fensterkreuz befestigt, sich die Schlinge um den Hals gelegt und war vom Fensterbrett abgesprungcn. Hunderte von Leuten schauten mit Entsetzen dem Treiben des ManneS zu; mehrere Männer eilten in das Haus, fanden aber die Tür zur Wohnung Schwenkers verschlossen. Man sprengte die Tür auf und schnitt den Unglücklichen sofort ab. Sein Körper zeigte zwar noch Leben, allein nach einigen Minuten trat der Tod ein. Die Zahl der Augenzeugen dieses aufregenden Vorganges war inzwischen auf der Straße eine so große geworden, daß der Verkehr stockte. Schwenker war ein ordentlicher braver Mann, der beliebt und geachtet war. Was ihn zu der un seligen Tat getrieben hat, ist noch nicht festgestellt; wahrscheinlich hat er im Zustande einer Sinnesver- wirrung gehandelt. * Milwaukee. Der Elektriker Fortier behauptet, einen Apparat zur Aussaugung von Marconi-Tele grammen erfunden zu haben. Er erklärte, er habe bereits mehrere nach Marconi-System der draht losen Telegraphie von Chicago abgegangene De peschen aufgefangen, obgleich sein Apparat nicht auf die Marconi-Instrumente abgestimmt war. Vermischtes. P Einen Zwischenfall bei dem Kaiserbcsuch in Hamburg bringt die „Post" zur Kenntni«. Als der Kaiser vom Rathau« zum Hasen fuhr, durch- brach ein ehemaliger Unteroffizier der ostasiatischen Expeditionskorps, der wegen unbefugter Oeffnung eines amtlichen Schriftstücks zu 2 Monaten Ge- fängni« und zur Degradation verurteilt worden ist, die Absperrung und hielt dem Monarchen eine Bittschrift entgegen. Sofort sprengten zwei be rittene Schutzleute hinzu, um den Bittsteller festzu nehmen. Der Kaiser hatte jedoch den Vorfall be reit« bemerkt; er beugte sich weit au« dem Wagen und nahm da« ihm dargereichte Schreiben entgegen. -j- Du, halt' da- Pferd mal an! Ueber ein Vorkommnis, in dem der Prinz Waldemar, ältester Sohn de« Prinzenpaares Heinrich von Preußen, eine Rolle spielte, wird uns au« Kiel berichtet: Ein Rollsuhrmann brachte eine Fuhre Theatergegenstände vom Stadllheater in Kiel nach dem Schlosse, wo eine Aufführung stattfinden sollte. Auf dem Schloß hof angekommen, wollte er seine Ankunft anmelden, mochte aber sein Pferd währenddessen nicht ohne Aussicht lassen. Er rief derhalb einem ihm unbe kannten jungen Menschen, der die Bühnengegen flände betrachtete, zu: „Du, halt' da« Pferd mal an, was?" „Jawohl, gerne," lautete die Antwort, und der Unbekannte faßte mit kundiger Hand dar Pferd am Zügel. Als das Geschäft erledigt war und der Rofselenker wieder absuhr, erfuhr er, daß e« der junge Prinz Waldemar war, der ihm den Dienst erwiesen hatte. „Na," meinte er, „da« hab' ich nicht gedacht, aber jedenfalls hat er seine Sache gut gemacht." P Der Begründer von Aßmannshauseu in Australien Jakob Kircher, dessen vorzüglicher roter Aßmannthäuser in ganz Australien bekannt war, ist im Alter von 76 Jahren gestorben. Vor 50 Jahren wanderte er iom Rhein in Queenrland ein und ließ sich in der Nähe von Warwick nieder. Er erkannte bald, daß sich der Boden vorzüglich zum Weinbau eignete, und ließ sich aus der alten Heimat Aßmann«häuser Weinstöcke senden. Durch eisernen Fleiß, unterstützt von zahlreichen, ringtum wohnenden Landsleuten, arbeitete er sich nach der K. in dis Höhe und gelangte zu großem Wohl stand. Eine Herzensfreude war e« für ihn stet«, wenn Deutsche von nah und fern sich al« Gäste auf seinem herrlich gelegenen Aßmann«hausen ein fanden. Handels-Nachrichten. ivrUn, 24. Juni. (Wechsel-CourS.) Mart visaont 3 3 3 4'/ 5'/, 8 T per 100 Kr. ö W. rvv »r. o M. ' —,— Rcichdbank 3'/,°/«. Lomb.-Z.-F. 4'/,°/<>. 4 5 5 4 Amsterdam per IVO st. d. Brüssel und Antwerpen pr. 100 Francs. Italienische Plätze pr. 100 Lire Schweiz. Pl. 100 Frc. London pr. 1 Lstrl. Madrid und Barcelona pr. 100 Pesetas Paris pr 100 Franc Petersburg pr. 100 Rubel Warschau 100 Rubel Wien 8 T 2M 3 T 3M 10 T 2M 10 r 8 T 3M 14 T 2M 8 T 3M 8 T 3M b T /"3M 168,55 O 167,60 (j 80,05 6 —O 81.10 O 0 112,25 6 20,41 6 20,26 (1 59,60 6 99,80 6 98,25 U 103 75 II 105,00 k 101,20 I! 104,40 v 85,15 »„Svdurr, 24. Juni. Korn,ucker cxcl. 88'/, Rrn- demenl —. —. Nachproducte excl. 75'/« Rendement 7,00—7,20 vttmmung : Still. Nrqstall,ucker t 30,07.1/2. Brodrasstnade 129,82.1/2 Vem. Raffinade mit Faß 29,82 1/2. Bem. MeliS 29,321/2. Rohzucker I. Product Trans, f. a. B. Hamburg per Juni —, - Gd., —Br., 00,00 bez., per Juli 15,80 Gd., 15,85 Br., per Aug. 16,05 Gd., 16,10 Br., 16,05 bez., per Okt.-Dezbr. 17,30 Gd., 17,40 Br., 00,00 bez., per Jan.-März 17,65 Gd., 17,75 Br-, 00,00 bez. Stimmung: Schwächer. Ilawdurx, 24. Juni. Weizen ruhig, Holsteinischer und Mecklenburger 161—165, Hard Winter 131. Roggen matt, südruss 99—103, Holsteinischer und Mecklenburger. 137—141. Mais fest, amerik. 100-102. Hafer matt Gerfie matt. Wetter: Schön. Sromon, 24. Juni. (Baumwolle). Tendenz: Ruhig. Upl. middl. loco 67 Pfg. LIrvrpool, 24. Juni. (Baumwolle.) Muthmaßltcher Umsatz: 4000B. Stimmung: Ruhiger. Import: 1000 B. Preise 9—13 Punkte höher. Umsatz: 4000 Ballen, davon für Speculation und Export 600 Ballen. Amerikaner 6 Punkte höher, Brasilianer 6 Punkte höher, Broach und Tinnevelly und Madras 1/16 höher, ostindische wil liger, Aegypter 1/4 niedriger. Lieferungen ruhig. Juni 6,74—6,75, Juni-Juli 6,72 August-September 6,57 - 6,58 Okt.-November 5,56-5,57, Dezember-Januar 5,37-6,38. Zahlungseinstellungen. Paul Schmidt, Berlin. Julius Becker, Schöneberg- Berlin. Rudolf Carl Friedrich Wilhelm Bogt, Bremen. Josef Brenschwitz, Castrop. Giesserei Schoellhammer, Winzenheim-Colmar i. E. Nies Nnchf., Karl M. Löffler, Frankfurt a. M. Otto Behrmann, Gtückstadt. Wilhelm und Heinrich Albrecht, Salzhemmendorf-Lauenstein i. H. Ernst Kern, Mainz. RudolfPlotz, München. I. Passet und Sohn, Neu-Isenburg-Offenbach. Gewerkschaft Baden hard, Thale-Quedlinburg. Adolf Jänchen, Drebkau- Senftenberg. Max Meyer, Heringsdorf-Swinemünde. Chemnitzer Marktpreise vom 24. Juni. 1903. pro 50 Kilo Wcizcn, sächs. 7 M. 90 Pf. bis 8 M. 10 Pf. Roggen, - 6 - 85 - - 7 - 10 - Hafer 7 - — - - 7 - 20 - Stroh I - 70 - - 2 - 20 - Heu 2 - 50 - - 3 - 50 - Kartoffeln 3 - 25 - - 3 - 25 - Futtergcrste 6- 40 -- 6 - 75 - Butter. I Kilo 8 - 40 - - 2 - 60 - Notierungen der Produkte» - Börse zu Chemnitz, am 24. Juni 1903, Mittags */.1 Uhr. Witterung: Schön. Tendenz: Ruhig. Getreide. Kilo an. Weizen, fremder 172—180Mk. do. sächsischer, 158—162 ,, Roggen, hiesiger, 13 -—134 do. niederländisch-süchs. u. preuß. 137—142 do. fremder 143—146 Gerste, Brauware, fremde — do. Brauware, sächsische — do. Mahl- und Fntterware 128—135 Hafer, inländ. 140—144 do. ausländ. 131—142 Mais, mixed do. rund 120—126 130—132 do. Cinquanlin 150—153 Erbsen, Kochware 200—230 do. Mahl- und Futterware 170—180 Roggenkleie 94—95 Weizenkleie, grob 93—94 Raps — Leinsaat, feinste besatzfrcie, russische 250—265 do. feine, russische do. mittlere 250-255 do. Laplata 230-235 do. Bombay 260 - Obige Preise verstehen sich für Quantitäten von 10060 Mehl. Kaiser-Auszug Mk. 29,00 Weizenmehl 00 „ 24,50 bis 25,50 do. 0 „ 23,00 „ 24,00 Roggenmehl 0 „ 22,— „ 22,25 do. 1 „ 20,- „ 20,25 pro 100 Icx. netto. Briefträgers Hannchen. Bon Georg Paulsen. 80. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Fürst Alexander war von der Margareteninsel nach Budapest übergesiedelt; der hohe Herr, der reichlich erfahren hatte, was Regentensorgen be deuten, zeigte äußerlich eine völlige Unbefangenheit, wenn ihm auch in Wahrheit anders zu Mute war. Er glaubte auf die entschlossene Tapferkeit seiner Bulgaren und der mit ihnen vereinten Rumelier rechnen zu können. Hatte er auch als einsichtsvoller Soldat die richtigen Gedanken über die Leistungs fähigkeit seiner Gegner, so mußte er doch mit dem beinahe vollständigen Mangel an höheren Offizieren und mit der Bulgarien wenig freundlichen Haltung der Großmächte rechnen. Oesterreich-Ungarn sympathi sierte ganz offen mit dem Serben-König, Rußland war Bulgarien feindlich gesinnt, und seine Ueber- eilung konnte sogar dem Sultan, den nominellen Oberherrn Bulgariens, veranlassen, sich einzumischcn. „Ich muß abwarten, es hilft nichts !" sagte der Fürst einmal zu Falkenthal. „Weiß Gott, ich schüfe am liebsten Klarheit mit dem Säbel, aber dann würde es heißen, ich sei der Friedensbrecher ge wesen, und die Invention einer Großmacht rückte in den Bereich der Möglichkeit. So muß ich ab warten." „Hoheit dürfen, glaube ich, ruhig aus di- ent scheidende Stunde warten können," versetzte der Major respektvoll. „Ich verspreche mir alle» von dem ungestümen Feuer der Bulgaren im Drauf gehen. ES wird ein Volkskrieg werden und darin sind die Unserigen den Serben überlegen. Mit großer Strategie wird nichts anzufangen sein. Den Feind fassen und ihn schlagen, wo er gefunden wird. Eine andere Kriegskunst kann es nicht geben, weil keine andere hier angewendet werden kann. Der erste Sieg wird alles entscheiden. Flieht der Feind, so darf er auch nicht wieder zum Stehen kommen. DaS sieht jeder Mann in Ew. Hoheit Armee ein, und darum wird er kämpfen, bis der Erfolg da sein wird." „Sie haben recht," war die eifrige Antwort. „Und darum muß ich sorgen, daß in den bul garischen Zeitungen keine pessimistische Stimmung aufkommt. Liest man eine österreichische oder un garische Zeitung, so ist die Sache schon gegen un entschieden. Bitte, schicken Sie mir meinen KabinetS- sekrekär. UebrigenS, singt Fräulein Holder heute abend?" „Nein, Hoheit!" „Nun dann möchte ich sie wohl cinladen, mein Gast zu sein. Oder halt! Da» möchte stören. Bitten Sie Fräulein Holder, ob sie die Güte haben will, mir in Ihrem Salon ein paar deutsche Volks« lieber zu singen. Ich wünsche einmal etwa- zu hören, was mich ganz an die Heimat erinnert. Und nicht die geringsten Feierlichkeiten, ich bitte.« „Gewiß wird Johanna dazu bereit sein, mit tausend Freuden, glaube ich behaupten zu können." „Also besten Dank schon jetzt. Schade, daß ich her baldigen Frau von Falkenthal keine ruhigere Zeit für diebevorstehenden Flitterwochen garantieren kann. Aber eS liegt nun einmal nicht in meiner Macht." „Stets zu Ew. Hoheit Befehl auch dann!" Der Major grüßte militärisch und entfernte sich. Johanna war selbstverständlich bereit, dem An suchen zu entsprechen. „Also ohne Feierlichkeit? DaS ist mir daS Liebste. Der Doktor muß kommen, daß ist gewiß. Wird der Fürst in größerer Begleitung erscheinen?" „Ich glaube eS kaum, beim Ernst der Zeit ist ihm wenig nach rauschender Geselligkeit zu Mute." „Gut, mein Freund. Also ich werde pünktlich bereit sein. Die Gemahlin des Intendanten der Oper wird mir zur Seite stehen." Der Abend sah die Gemächer Johannas in an mutiger Weise mit Blumen geschmückt, der Flügel, auf welchem Herr Neuling seine bisherige Schutz befohlene zum Gesänge begleiten sollte, war aufge stellt, für Erfrischungen war gesorgt, die Gäste durften erscheinen. So sagte auch die Dame, wel che Johanna um ihr Erscheinen gebeten. Herr Neuling war der erste; er sah Johanna in reizvoller, aber einfacher Gesellschaftstoilette. „Fräulein Johanna, ein kleines Pflaster auf meine Wunde bedeutet dieser Abend doch. Sagen Sie, welche Orden hat man in Bulgarien? Ich meine für Künstler?" Und der ehrgeizige Herr blickte so deutlich auf die Ordenskette mit Auszeichnungen für glücklich veranstaltete Gastspiele bedeutender Kunstgrößen, in welchen daS Honorar eine nicht zu große Rolle gespielt resp. nicht hatte spielen dürfen, daß Jo hanna laut lachte. „O Sie Nimmersatt mit Ihren Orden! Ich weiß überhaupt nicht, ob der Fürst Orden zu ver leihen hat!" „Hm!" machte Neuling. Und er marschierte in Gedanken um da- zierliche Buffet herum. Gleich nachher kam der Doktor. „Du, Hermann, sei gescheidt," rief ihm Johanna zu. „Vielleicht kannst Du mal Hofarzt deS Fürsten werden." Er lächelte. „Meine Arbeit liegt auf anderem Gebiete, immerhin dank ich Dir für den Wunsch, denn ick schätze den Fürsten. Er ist ein Mann, der eine sehr schwere Aufgabe mit ernstem Wollen anpackt." „Siehst Du, daS meine ich auch. Aber pst, Herrschaften, sie kommen." Der Fürst erschien in Uniform, mit ihm Falken thal und ein anderer Offizier. Er sprach Johanna und der Gemahlin deS Intendanten seinen Dank für ihre Freundlichkeit auS und plauderte dann leb haft mit Hermann Grau. (Fortsetzung folgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen vom 25. Juni. Berlin. Von mehreren Seiten wird jetzt be- stätigt, daß Landwirtschaftsminister von Podbielski bei der Inspektion der Trakehner Schule sich sehr an erkennend über den Lehrer Nickel ausgesprochen hat. Dieser sei ein leuchtendes Vorbild in der Lehrerschaft, der ein wirkliches Herz für die Schule habe und er wünsche, daß sich Nickel auch nach anderen Seiten so zeige. Er soll nicht nur in der Lehrerschaft, sondern überallhin Harmonie ver breiten. Es sei teilweise viel gefehlt worden, auch Nickel habe gefehlt. Er solle sich aber nur ver trauensvoll an ihn wenden. Frankfurt a. M. Die „Frkf. Ztg." meldet aus Sofia. Ueber dem Ministerium ziehen sich Wolken zusammen. Es verlangt vom Fürsten die Ermächtigung zur Suspendierung des von der alten Kammer votierten Beamtengesetzes, um persönlich die Wahl der Beamten vorzunehmen. Wien. Die Schwestern der ermordeten Königin Draga sind von hier nach der Schweiz abgereist, um, wie verlautet, in Zürich Aufenthalt zu nehmen. Sie beabsichtigen unverzüglich ihre Ansprüche auf den ihnen zustehenden Nachlaß der Königin Draga geltend zu machen und hatten um eine Audienz beim Grafen Goluchowski nachgesucht, welche jedoch sofort abgeschlagen wurde. Wien. Die Meldung, daß der Minister Pitt- reich wegen der Niederlage des Grafen Hedervary vor der Obstruktion seine Demission eingereicht habe, wird von der „Neuen Freien Presse" dementiert. Budapest. Gestern fanden vor dem Schloß der Unabhängigkeitspartei Demonstrationen statt, weil ein Teil ihrer Anhänger den mit dem BanuS geschlossenen Pakt nicht billigte. Berittene Polizei mußte die Demonstranten zerstreuen. Die Tumulte pflanzten sich darauf in den Straßen fort. Sofia. Oberst Natschewitsch soll demnächst nach Konstantinopel zurückkehren. Temesvar. In der Ortschaft Krakows fand ein Kampf zwischen berittenen Räubern und Polizisten statt. Ein Polizist wurde getötet, 1 schwer verletzt. Die Räuber entkamen. Tokio. Da« Gerücht, wonach der russische Kriegrminister einen russisch-japanischen Vertrag ge schlossen haben soll, entbehrt jeder Begründung. Ncw-Nork. Vertreter von Importfirmen ver suchen wiederholt, das Schatzamt zu einer milderen Auffassung über Nahrungsmittel zu bestimmen. Ncwyork. Die Aeußerungen der amerikanischen Presfe über die Festlichkeiten in Kiel sind ungemein herzlich.
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