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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.08.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190308029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030802
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-02
-
Monat
1903-08
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.08.1903
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8 Das MariuekriegSgericht in Kiel sprach gestern den Kapitän zur See Jakobsen der fahr lässigen Herbeiführung des Zusammenstoßes der Spezialschiffe „Freya" und „Brummer" während eines Passiergefechtes auf der Außenförde schuldig und erkannte auf dreitägigen Stubenarrest. Kleine Chronik. * Görlitz. Ueber das schreckliche Brandunglück, durch welches, wie bereits gemeldet, zwei Kinder schwer verbrannt wurden, während die Eltern an einem Tanzvergnügen teilnahmen, ist noch einiges nähere zu berichten. Nachdem ein Vorübergehender auS der Wohnung der Berndtschcn Eheleute im Parterre des Hauses Obersteinweg 3 furchtbares Kindergeschrei vernommen, auch einen Feuerschein bemerkt und die Feuerwehr alarmiert hatte, fanden sich alsbald eine Anzahl Personen vor dem Hause ein. Den beiden Herren, welche zuerst in die Schlafkammer eindrangen, leuchtete aus dichtem Qualm heraus Heller Feuerschein entgegen, doch konnten sie im Rauch nicht erkennen, wo sich die Kleinen befanden. Nachdem man mit einigen Eimern Wasser das Feuer, das an der Wand hängende Kleidungsstücke ergriffen, etwas abgelöscht hatte, sah man neben dem brennenden Kinderwagen daS 3jährige Töchterchen der Berndtschen Familie, am ganzen Körper schrecklich verbrannt, wimmernd am Boden liegen, während sich der 7jährige (nicht 5jährige) Knabe im brennenden Bett schreiend wälzte. Als ein Herr den Knaben, der an den Händen und Füßen, sowie an der unteren Gesichtshälste schwer verbrannt war, hinaustrug, fragte er seinen Retter, ob sie denn sterben müßten. Die Feuerwehr, welche gleich nach 11 Uhr zur Stelle war, löschte schnell den Brand in der Kammer. Inzwischen hatte die Polizei die Eltern der verunglückten Kinder auS dem Tanzsaal im „Berliner Hof" herbeigeholt (!) und verhaftet. Der Ehemann war betrunken. (!) Eine zu Hunderten herbeigeströmte Menschenmenge machte ihrer Empörung gegen das vergnügungs süchtige Elternpaar durch Tätlichkeiten Lust, so daß dasselbe von der Polizei geschützt werden mußte. Auf welche Weise das Feuer entstanden ist, ist noch nicht festgestellt. Angeblich soll der Knabe dasselbe durch Spielen mit Streichhölzern verursacht haben. * Falkenberg (Bezirk Halle), 31. Juli. Ein Jubiläum, das noch nie vorgekowmen, begeht am morgigen Tage die einzige in Preußen staatlich an gestellte Gepäckträgerin verwitwete Wilhelmine Eulitz hier. Dieselbe ist zwar bereits 28 Jahre im Bahn dienste, wurde aber am 1. August 1878, als die Halle—Sorau—Gubener Bahn vom Staate über- nommen wurde, staatlich angestellt, begeht also morgen ihr25jähriges Staatsdienstjubiläum. Während dieser Zeit hat sie sich verschiedenfach Kundschaft erworben, namentlich übertragen ihr gern Damen ihre Gepäckstücke zur Besorgung. * Bitterfeld, 30. Juli. Im nahen Greppin spielte sich im Hause des Arbeiters Lorenz eine Messerstecherei ab, dem leider ein Menschenleben zum Opfer fiel. Lorenz war, wie dies öfter geschah, mit seinem 20jährigen Sohne in Streit geraten, den der Schwiegersohn, der Arbeiter May, schlichten wollte. Lorenz griff zum Messer und hieb mit demselben um sich. Während sich der junge Lorenz durch das Fenster zu flüchten vermochte, erhielt May zwei Stiche, wodurch er schwer verletzt wurde. Er wurde nach der Halleschen Klinik gebracht, er lag dort aber seinen schweren Verletzungen. * Thorn, 31. Juli. Hier wurden gestern der technische und der kaufmännische Direktor der Aktien gesellschaft für Großfilteration verhaftet. Es besteht gegen sie der dringende Verdacht, eine Schauspielerin zum Verbrechen gegen das keimende Leben ange- stiftet bezw. Beihilfe geleistet zu haben. Bei der Verhaftung feuerte einer der beiden Direktoren zwei Revolverschüsse auf den Kriminalschutzmann ab, die jedoch fehlgingen. * Myslowitz, 31. Juli. Durch den Bruch eines Pfeilers auf Wolfganggrube bei Zabrze sind die verheirateten Oberhäuer Grabowski und Lässita verunglückt. Sie wurden von den Trümmern erschlagen. * Heiligenstadt, 31. Juli. Ein verheerendes Unwetter ist gestern abend zwischen 6 und 7 Uhr hier niedergegangen. Ein längere Zeit andauerndes Hagelwetter richtete in den Fluren, da die Ernte unmittelbar bevorsteht, unberechenbaren Schaden an. Straßen, Dächer und Felder waren mit Eis körnern von beträchtlicher Stärke bedeckt. Die Höhen zeigten ein winterliches Kleid. Die Straßen wurden durch die später niedergegangencn Regenmengen nnter Wasser gesetzt, sodaß dieses in die Häuser ein drang. — Bei Crimderode am Bahnhofe wurde der Eisenbahnbremser Wilh. Peter vom Blitze er schlage». Der Unglückliche, der Frau und sieben Kinder hinterläßt, hatte unter einem Erlenbaume Schutz vor dem Regen gesucht. * Schwedt, 31. Juli. Ein Opfer des Hoch wassers ist der Gefreite bei dem Schwedter Dragoner- Regiment, Rudolf Pretzel, geworden. Infolge Leck werdens des Kahnes, welchen er und mehrere Kameraden zum Heubergen benutzten, sank dieser, und Pretzel, welcher nicht schwimmen konnte, er trank. Erst nach einigen Tagen konnte die Leiche geborgen werden. Die Bestattung erfolgte unter Beteiligung des Offizierkorps und zahlreicher Kaine- raden. * Wattenscheid, 31. Juli. Am Ausgange der Kinderbewahranstalt wurden gestern 6 Kinder von einem Lastfuhrwagen gegen die Mauer ge quetscht, wobei 3 Kinder schwer verletzt wurden. * Limburg, 31. Juli. Zwischen Ossenheim und Niederhadamar wurde gestern beim Gewitter ein auf dem Felde arbeitender Landmann vom Blitz erschlagen. Sein neben ihm stehender Sohn erlitt eine Beinlähmung. * Würzburg, 31. Juli. Zu den gemeldeten Grabschändungen wird dem „L.- A." weiter mitge- teilt, daß außer dem ersten städtischen Leichenwärter Keh auch die beiden Leichenwärtergehilfen Ponader und Herrling verhaftet worden sind. Ueber die Entdeckung der unerhörten Vorgänge werden jetzt noch folgende Einzelheiten bekannt: Als sich eines Morgens ein zur Aushilfe angenommener Arbeiter auf den Würzburger Friedhöfe begeben wollte, fiel ihm ein durchdringender Leichengeruch auf. Sobald er alsdann den Friedhof betreten hatte, bot sich ihm ein grauenhafter Anblick dar. Vor einer ge- öffneten Gruft lag auf dem ausgehobenen Erdreich eine weibliche Leiche und neben ihr ein erbrochener Zinksarg. In der Tiefe der Gruft waren zwei Leichenwärter damit beschäftigt, einen darin ruhenden älteren Holzsarg zu erbrechen, was ihnen ohne viel Mühe gelang, da er eine schon stark in Verwesung übergegangene männliche Leiche barg. Zu dieser wurde nun der auf dem Erdhaufen liegende weib liche Körper von den Schändern mit rohen Fäusten hineingepreßt, der Sargdeckel lose darübergelegt und die Gruft dann wieder mit Erde gefüllt, die Stein platte eingesügt, und schließlich kamen Kränze und Blumen auf daS Grab. Der erbrochene Zinksarg aber wurde von den beiden Männern auf einen Karren gepackt und fortgeschafft. Wieviele derartige Geschäfte gemacht worden sind, läßt sich mit Sicher heit nicht feststellen, doch soll nach der Aussage des verhafteten Keh bereit- dessen Vorgänger sich hierdurch einen nicht unbedeutenden Nebenverdienst verschafft haben ; eS galt dies seitdem als „herkömm licher Gebrauch". Der Abnehmer der Metallsärge war der Würzburger Althändler Kastanienbaum; er soll Pro Pfund Zink 7 Pfg. bezahlt haben. Krh war durch diese Einkünfte in der Lage, seine Tochter in einem der teuersten Institute Belgiens erziehen und seinen Sohn ass Einjährigen dienen zu lassen. Ob noch Leichenräubereien anderer Art vorgekommen sind, dürste die weitere Untersuchung ergeben. * Wismar, 31. Juli. Bei dem gestrigen Ge witter schlug der Blitz in da« mit Stroh gedeckte Stallgebäude des Rittergutsbesitzers v. d. Lühe in Hohnstorf, da« vollständig eingeäschert wurde. Von 180 Stück Rindvieh sind 60 in den Flammen um gekommen. Auch die bereits unter Dach gebrachte Kleeernte ist ein Raub der Flammen geworden. * Teplitz, 31. Juli. Auf der Bahnstrecke Teplitz-Reichenberg bei Sellnitz wurde ein zwei jähriger Knabe vom Zuge überfahren und getötet. Die Mutter des verunglückten Kindes sprang aus Verzweiflung in die Viela und ertrank. * Wien, 31. Juli. Au« den steierischen, Salz burger und Tiroler Alpen wird ein arger Wetter sturz gemeldet. Nach starken Regengüßen stellte sich heute an vielen Orten Neuschnee ein, während die Temperatur sehr rasch sank. Einige Täler sind in Hochwassergefahr, da die Gebirgsbäche stark an geschwollen sind. — Besonders Kärnten ist von den Regengüssen schwer heimgesucht worden. Die Land straße zwischen Dölbach und Heiligenblut ist auf hundert Meter weggerissen und der Verkehr unter brochen. Vier Arbeiter, die an einer Brücke be schäftigt waren, sind in den Fluten spurlos ver schwunden. Heute früh ist im Sanntal ein furcht barer Wolkenbruch niedergegangen, der die Stadt Cilli äußerst gefährdete. Zwei große Brücken sind zerstört worden. * Budapest. In dem ungarischen Orte Badalo an der Theiß ertranken beim Baden drei junge Mädchen. Die Mutter des einen Mädchens, die zu Hilfe eilen wollte, ertrank ebenfalls. Alle vier Leichen sind geborgen. * Krakau, 31. Juli. In der vergangenen Nacht trennten sich von einem von Neusandez nach Marcinkowice gehenden Lastzug 10 mit Steinen beladene Waggons und rollten mit großer Schnellig keit einem nach Krakau fahrenden Personenzug ent gegen. Bei dem Zasammenstoß wurden 2 Wagen dcSPersonenzuges zertrümmert. ZPersonen, darunter ein Schaffner, wurden schwerverletzt, 13 Personen erlitten leichtere Verletzungen. Vermischtes. ff Die Ramen der neuen Reichstagsab- geordneten, so schreibt ein Leser den „Brem. Nachr.", schwirren mir immer noch im Kopf herum; und wenn sich dieselben in meinen Bericht über unsere erste Ferientour immer wieder hineindrängen sollten, so bitte ich Sie, geehrter Herr Redakteur, etwa dadurch entstehende stilistische Unebenheiten diermal noch verzeihlich finden zu wollen. Der Verlauf unseres Ausfluges war folgender: „Von Oldenburg marschierten wir zunächst über Fräßdorf nach Wattendorf am Podenberg. Hier besichtigten wir natürlich die Ruine Bieberstein und wanderten dann Frank, Fröhlich, Frohmc weiter. Indem wir den Grünberg links und den Arenberg rechts liegen ließen, gelangten wir durch das liebliche Schmalseld nach Böhlendorf. Wegen der Hitze wurde nun ge fahren, und zwar durch das sonnige Herzfeld über Kardorff nach Gersdorff mit dem herrlichen Buch wald. Der Förster, der auf der Jagd nach einem Bcck sich befand (er halte noch nichts erlegt, nur ein Fuchs hatte sich in der Fußangel gefangen), führte uns durch da« Holtz ins Blumenthal, welche« von dem Dasbach und Fehrenbach durchflossen wird. Hier sahen wir einen Haasen, und Moritz pustete im Jagdeiser seine brennende Zigarre aus seiner Bernsteinspitze auf das Tier, wodurch beinahe ein Hcydebrand entstanden wäre, der ihn eventuell noch vor den Richter gebracht hätte. Endlich langten wir in Stubbendorf an und ließen uns in einem Kneiphause nieder, wo alles für un« bereit stand. Nach einem Hoch auf Lehmann ließen wir uns am Stammtisch die Speisen und Getränke, die man sich für einen mäßigen Preiß erstand, wohlschmccken. Einige von uns aßen Kohl mit Speck, andere zogen Pfannkuchen vor: auch Krebs war zu haben und Rettich. Eine Spezialität de» Ortes war eine Stolle von dem dortigen Semler, so heißen in jener Gegend die Bäcker. Nach dem Eßen besorgte un« ein Bauer ein Göhr von Schüler zum Kegel aufsetzen ; wir hatten aber keinen rechten Neuner bei uns. Bloß Schmidt hatte Glück, weil er unter weg« einen Hufnagel gefunden hatte. Bei der nun folgenden Kneipe wurde noch mancher Thaler ver zehrt. Rother schmeckt immer gut, nur darf er nicht vom Kraemer sein. Bier gab'« in allen Sorten: Bock, Braun, Witt, auch Münchener. Meist machte e« der Wirt selber, indem er Helle« Bier färbte; die Leute nannten ihn de«halb Münch- Ferber. Leider kam e« noch zu einer Schlägerei, lieber Leser. Ein Geck, der einen Spahn oder Wurm im Kopfe haben mußte und ein Held im Trinken war, brach einen Streit vom Zaune. Noch 'n Schoppen schrie er, mein Zehnter! Dann ulkte er un» an. Liebermann, laßen Sie un zufrieden! sagte Traeger ganz artig. Schcere er sich hinaus, Sir! war die Antwort. Zuletzt riß un« die Geduld, und einer von un«, er war ein Sachse und ein rechter Rauke, packte den Frieden«- störer am Nacken. Doch er wurde Patzig und immer Gröber, und schließlich fielen Müller und Schulze, wie sich ein Geyer und Sperber auf seine Beute stürzt, über ihn her, nahmen ihre Stöcker und prügelten ihn windelweich, wie David in Wagner« Meister-Singern den Beck-Meßer; dann setzten wir alle Hebel an, um ihn über die Grenz zu bringen. Der Sieg war unser, wenn auch ein Spiegel dabei in Stücke ging. Abend« tanzten wir noch mit den Engeln de» O:te« manchen Walzer, bis Dewitz, unser Führer und Herold, da« Horn nahm und zum Ausbruch blies, und so fuhren wir mit der Bahn wieder Heim. Will damit schließen." ff Die „Brautlinde" i« Leobschütz. Ein Zeuge mehrerer Jahrhunderte, so wird der „Schles. Ztg". au« Leobschütz berichtet, die sogenannte „Brant- linde" in der Nähe der katholischen Pfarrkirche, ist der Neuerung zum Opfer gefallen, lieber die „Brautlinde leben im Volke mehrere Sagen fort. So wird erzählt, daß eine Braut kurz nach ihrer Trauung beim Heraustreten aus der Kirche tot zur Erde fiel und unter der Linde ihre letzte Ruhestätte fand, welch letztere« sehr wahrscheinlich ist, da der Friedhof das Gotleshau« umgab. Der riesige Um fang der Linde, die bedeutende Stärke der Neste, sowie die ganze Beschaffenheit der Baume« bieten die Garantie für ein sehr hoher Alter. Vor dem Schicksal der Linden, innen hohl zu werden, war auch die „Brautlinde" nicht verschont geblieben. Um der Stadt die Denkwürdigkeit zu erhalten, ist die innere Höhlung mit Ziegelsteinen und Zement aus- gefüllt und die einzelnen Neste mit eisernen Bändern befestigt worden. Gegenwärtig wird die Pfarrkirche einer gründlichen Renovation unterzogen und ein Erweiterung«bau angefügt. Um Platz für den Erweiterungsbau zu schaffen, mußte die „Brautlinde" umgelegt werden. Den Niedeclegung vornehmendcn Personen war, die in der Sage erwähnte Tatsache bekannt. Nach vorsichtiger Arbeit wurden die Ueber- reste einer weiblichen Leiche zu Tage gefördert, deren Haare wohl erhalten und mit einem deutlich er kenntlichen Netze überzogen waren. Die exhumierten Teile der Skelets wurden in geweihter Erde bestattet. 1 Einer der tüchtigsten und verdientesten Offiziere des mürttembergischen Armeekorps, Gene- rallemnant a. D. von Marchtaler, ist in Stuttgart gestorben. Er hat in den Kämpfen der Jahre 1866 und vor allem 1870 sich hervorragend ausgezeichnet und ist mit dem höchsten militärischen Orden geschmückt worden. Er war eine edle, ritterliche, von allen hochverehrte Erscheinung, ein Vorbild treuester Pflicht erfüllung und hingehendster Tapferkeit. Die Erober ung der Vogesenfestung Lichtenberg war vor allem sein Verdienst. In der Schlacht bei Villiers am 30. November 1870 hat er sich in der Weise ausge zeichnet, wie sie in der Geschichte de« deutsch-franzö- sischen Krieges besonders genannt werden darf. Seil e drei Batterien — er war damals Oberleutnant — haben gegen 39 französische Feldbatlenen, nur von zwei sächsischen Batterien noch unterstützt, und gegen da« Feuer von mehr al« 60 schweren Geschützen, die in den Schanzen von St. Maur, in Gravelle, Faisan- derie Nogent standen, so erfolgreich gewirkt, daß der Angriff von fünf französischen Divisionen unter General Duccot abgeschlagen wurde. Al« den ganzen Tag nur jene 18 mürttembergischen und 12 säch sischen Geschütze im Kampfe gegen 300 französische Feuerschlünde standen und nachmittag« gegen 3 Uhr unseren Batterien die Munition zu schwinden begann, als nur noch zwei bi» drei Granaten für da» Ge- schütz vorhanden waren und al« eine frische fran zösische Infanteriedivision bi« auf 5—600 Meter an unsere Geschütze herangekommen war, da gab — so erzählt v. S. im „Schwäbischen Merkur" — der unerschrockene Oberstleutnant von Marchtaler seinen Batterien den Befehl, sich zum Handgemenge bereit zu halten, und sich eher in den Batterien niederhauen zu laßen, als zurückzugehen. Wie die Mauern standen seine tapferen Batterien, bis sächsische Mu- nitionswagen frische Granaten brachten und bis bald daraus die mürttembergischen Batterien v. Moirberg und Wagner zur Hilse herbeieilten. Schrecklich war nach französischen Berichten die Wirkung der deutschen Batterien: 1 kommandierender General, 1 Artillerie- General nebst vielen anderen Offizieren und Kano nieren wurden von Granaten gelötet oder verwundet. Die Bespannungen ganzer Batterien wurden nieder geschmettert. 14 Batterien nennt Ducrot, die zu sammengeschoßen waren und den Kampfplatz ver laßen mußten. So hat Oberstleutnant von March taler mit seinen wenigen Batterie» es der nur 10 000 Mann starken Infanterie ermöglicht, dem Angriff von 60 000 Franzosen stand zu hallen und ihn sieg reich zurückzuweisen. Es ist in der ganzen Krieg«- geschichte des Jahre« 1870/71 kein weiterer Fall be kannt, in dem 30 deutsche Geschütze dem Anprall eines ganzen Heeres den ganzen Tag über stand gehalten haben und für ewige Zeilen hat General von Marchtaler sich in da« Buch der Geschichte eingetragen. 1 Eine behagliche Lehrstelle. Der mittlere Gauverband der Gewerbevereine des Handwerk«- kammerbezirk« Ulm hielt, wie der „Beob." berichtet, vor einigen Tagen eine Versammlung ab, in welcher bei einem Referat über die Ausgaben der Beauftrag- ten der Handwerkskammer unter großer Heiterkeit der Anwesenden konstatiert wurde, daß, kürzlich dem Beauftragten de« Oberamt« Ehingen bei der Re vision eines Gewerbebetriebe», als er nach der Schlaf stelle des 16jährigen Lehrling« fragte, mitgeteilt wurde, „er habe mit der Meisterin, einer 33 Jahre alten Witwe, da« Bett zu teilen!" ff Mit einem Roman in der Hand . . In Wiesbaden hat ein junge« Mädchen namen« Emmy Morbach Selbstmord verübt. Der Vater betreibt ein Kolonialwarengeschäft. Die Tochter war bis vor kurzem in Offenbach al» Buchhalterin tätig; seit einigen Wochen hielt sie sich bei den Eltern auf und sollte demnächst in einer Frankfurter Weinhand lung wieder eine gleiche Stellung antreten.' Am Sonnabend früh erklärte da« junge Mädchen, au«- gehen zu wollen; bi« 2 Uhr nachmittag« wurde sie daheim nicht gesehen. Al« die jüngste Tochter, um etwa« zu holen, nach einer Mansarde hinaufging, fand sie dort ihre Schwester tot daliegend mit einem Schuß durch die Schläfe, in der rechten Hand einen Revolver, in der linken Hand einen Roman haltend... ff Schlimme Zeiten sind für die Schanklokale mit weiblicher Bedienung in Spandau angebrochen, von verschiedenen Truppenteilen gehen bei der Poli zei unai'«gesetzt Beschwerden ein über unliebsame Vorkommnisse, welche Militärmannschasten an diesen Schankstätten mit Bedienung von zarter Hand er lebt haben. Aus Grund der vorgevrachten Tatsachen ist nun gegen eine Anzahl Inhaber solcher Wirt schaften da« Verfahren auf KonzesstonSentziehung wegen Förderung der Bölleret und der Unsttllichkeit anhängig gemacht worden; nebenher schwebt in den meisten Fällen auch gleichzeitig ein Strafverfahren. Einzelne Wirte haben den Ausgang der Sache gar nicht erst abgewartet, sondern vorher die Pforten ihrer Lokale geschlossen; zwei haben Selbstmord ver übt, um sich der drohenden Bestrafung zu entziehen. Im Verwaltungsstreitverfahren ist inzwischen mehre ren Wirten die Schankkonzession abgesprochen worden, auch die Bestrafung wegen Kuppelei bereit« erfolgt. Wie die Dinge liegen, ist anzunehmen, daß infolge des scharfen Vorgehen« der Behörde etwa die Hälfte aller Schanklokale mit weiblicher Bedienung in Span dau eingehen wird. ff Wie es einer nie recht machen konnte, erzählt uns eine alte Chronik der Stadt Windsheim au« dem Jahre 1540. Ein Bäcker namen« Gum precht Steinmetz hatte 1540 das Brot zu klein gebacken und wurde deshalb um 5 Gulden gestraft. Nun hat er solcher „au« Hochmut" zu groß gebacken und ward um 10 Gulden gestraft. Als er die Ge richtsstube hinaurging, schlug er die Stubentür etwas hart zu. Er wurde wieder hereingefordert und um 5 Gulden gestraft. Beim HinauSgehen machte er die Tür ganz leise und „sanfte" zu. Nun wurde er wieder hsreingeheißen und ihm vor gehalten, daß er diese« zum „Affront" getan habe und er mußte wieder 5 Gulden Strafe geben. Darauf ging er hinaus und machte die Tür zu, wie sich'« gebühret und durfte heimgehen. ff Einen sonderbaren Fund machte ein Schlächtermeister zu Emden. Er fand nämlich in der Zunge eines geschlachteten Schweine« einen ein gewachsenen goldenen Siegelring, der offenbar in« Futter geraten war, sich in die Zunge eingeklemmt hatte und dann festgewachsen war. ff Teurer Kuß. Die junge Frau eines Kauf manns in Gleiwitz hatte sich zur Behandlung an einen Zahnarzt gewandt. Der junge Arzt, der erst seit kurzer Zeit verheiratet ist, konnte bei dem An blick seiner schönen Patientin während einer Opera tion der Versuchung nicht wiederstehen, ihr einen Kuß auf die rosigen Lippen zu drücken. Ueber diese unverhoffte Liebkosung war jedoch die junge Frau sehr aufgebracht und setzte ihren Gatten da von in Kenntnis, der zuerst gegen den Zahnarzt strafrechtlich vorgehen wollte. Schließlich einigte man sich friedlich auf ein Sühnegeld. Der Zahnarzt stiftete nach der „Breil. Ztg." 500 Mark für einen wohltätigen Zweck. ff Neber ein Jagdunglück in Neichau in Ostpreußen wird der „Mohr. Kreisztg." berichtet: Der 15jährige Sohn de« Rittergutspächters Schü- mann-Neichau wurde von dem Förster Krause-Tom- lack erschossen. Herr Schümann mit seinem Sohne, der Förster und ein Ruderer befanden sich in einem Boole, als der Förster auf eine einsallende Ente ab- drücken wollte. In diesem Augenblick erhob sich der junge Schümann. Der ganze Schrotschuß tras den Hinterkopf des Jünglings und zerschmetterte ihn. Lautlo« sank der Getroffene in die Arme seine« ent setzten Vater«. Der unglückliche Schütze war nur mit Mühe davon abzuhallen, sich selbst da« Leben zu nehmen. ff Pelletan heiratet. Der grimmige sranzö- fische Marineminister Pellelan, der bisher als Feind der Frauen galt und mit seinem ungepflegten Aeußeren auf den ersten Blick den Eindruck des echten ver wilderten Junggesellen machte, scheint reuig zu Kreuze kriechen und sich die goldenen Fesseln der Ehe anlegen lassen zu wollen. Nach den überein stimmenden Meldungen mehrerer Pariser Blätter wird der Minister eine seiner Cousinen, eine bild hübsche, aber blutarme Kreolin, al« Braut heim führen. Die junge Dame soll ein Muster von Ele ganz sein; man hofft daher stark, auch den Minister eine« Tages noch als elegantes Salongigerl herum spazieren zu sehen. Ein Blatt behauptet sogar, daß Herr Pellelan beschlossen habe, sich in Zukunft zwei- bir dreimal im Monat zu waschen. ff Nm den Gipfel des Piz Languard (3266 Meter) tobten furchtbare Gewitter. Ein Bote wurde von einem Blitzschlag gelötet. Da« grausigste aber war, daß der Unglückliche nicht einmal um siel, sondern an der Stelle, wo er sich gerade be fand, stehen blieb. ff Ein Vcrsicherungsautomat ist die neueste englische Erfindung. Man wirft einen Penny in die Oeffnung, daraus wird ein Handgriff nach vorn gedreht, ein gespitzter Bleistift fällt heraus und e« erscheint eine Oeffnung, wo die Person, die sich versichern will, ihren Namen einschreibt. Der Hand griff wird darnach zurückgedreht und im gleichen Augenblick fällt eine Versicherungspolize heraus. Der Apparat notiert außerdem neben der Unter schrift de« Versicherten Tag, Stunde und Minute des Abschlusses. Stößt dem Inhaber der Poltze innerhalb 7 Tagen irgend ein Unfall zu, so ist die Versicherungsgesellschaft zu benachrichtigen, und diese ist verpflichtet, für wöchentliche» Krankengeld von 10 Schillingen während einer bestimmten Zeit, bei Todesfällen eine Pauschalsumme zu zahlen. ff Seltenes Alter. Dieser Tage starb in Kiew ein gewisser Nuchim Falkowitsch im Alter von
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