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grinsend hinzu und reibt sich vergnügt die Hände. „Alles gehört mir — gehört ganz und gar der „New Eden Cor poration...!" 18. Kapitel. Zeitungsleute sind nie auf den Kopf gefallen. Sie wissen die Dinge beim Schopf zu fassen. Tüchtig und unternehmungslustig, haben sie das Herz meist auf dem rechten Fleck... So Mister Osborne, nunmehriger Hauptschriftleiter -er „Vancouver Sun". Er hat seinerzeit viel für die vermißten Touristen — unter denen ja sein ehemaliger Chef, Mister Kirker war — getan und manche Hilfsexpedition organisiert, die das Geheimnis des „Neuen Eden" aufllären sollte — leider vergeblich. Schließlich verunglückte ein zweites Flugzeug, das die Cassiar-Berge nach den Verschollenen absuchte, und man blies die Sache als aussichtslos ab. Mister Kirker mit Tochter und Genossen galten als tot... Mister Osborne glaubte nie so recht an diese Behaup tungen einer schnellebigen Umwelt und schloß sich der öffentlichen Meinung an. Er schrieb verschiedentlich ein dringliche Artikel über den Verbleib und das vermutliche Schicksal der „Expedition Kirker" und stellte die Theorie von lebendig im Eis begrabenen Mitmenschen auf — ohne jedoch Gehör zu finden. Zur Zeit des neuen Goldfiebers befindet sich Mister Osborne bei einer für ganz Kanada wichtigen Wirtschafts konferenz im Fernen Osten des Landes, in der kanadischen Hauptstadt Ottawa. Im Trubel der Ereignisse mißt er den neuen Goldfunden keine allzu große Bedeutung bei, betrachtet sie als eine Angelegenheit von nur örtlicher Be deutung, die der Lokalschriftsteller schon allein meistern würde. In einem Schnellrestaurant liest er wieder einmal seine Tageszeitung und stößt unvermittelt auf die Namen Fred Aubin und New Eden Corporation. Da wird er stutzig. Der Name Aubin war allerdings nicht allzu selten und Fred hießen bestimmt viele Tausend von Kanadiern und Amerikanern. Aber ein Fred Aubin im Zusammenhang mit Neu-Eden...?! Mister Osborne ist kurz entschlossen. Er bestellt einen Vertreter für den Rest der Konferenz und fliegt mit dem nächsten Flugzeug nach Vancouver zurück. Hier wappnen sich die Goldgräberkolonnen bereits zum Marsch in den Cassiar von Britisch-Columbia. Das Goldfieber wütet mit höchsten Temperaturen. Das Alltags leben des Farmers, Obstbauers, Holzfällers, des Städters und Landbewohners ist in seinen Grundfesten erschüttert. Mancher läßt seine Arbeit liegen, verläßt Weib und Kind, um jenes glitzernde, funkelnde Etwas ans Tageslicht zu holen. Mister Osborne sucht im Telephonverzeichnis die Büroräume der „New Eden Corporation", und läßt sei nen Besuch bei Mister Frederic Aubin anmelden. Es ist schwierig, den vielbeschäftigten Herrn zu erreichen, aber schließlich dringt Mister Osborne mit einem Hinweis auf die „Vancouver Sun" durch. „Mister Frederic Aubin läßt bitten!" * Aubin sitzt in einem nagelneuen Klubsessel und raucht nachlässig eine dicke, goldbandumränderte Habanazigarre. In den wenigen Tagen seines Hierseins hat er sich recht vornehm und gediegen eingerichtet. Er besitzt bereits meh rere Telephonanschlüsse, eine Privatsekretärin, mehrere Büroangestellte und Laufburschen. Mister Frederic Aubin sieht sehr auf diese Aeußerlichleiten. Wenn man Leute um ihr Geld betrügen — oh, wie gemein ausgedrückt! Also: Wenn man Leute gute Geschäfte machen lassen will, muß man sie angenehm überraschen, muß man sie in einen Weichen Sessel drücken, ihnen eine Habanazigarre anbieten, ihre Schlipse und den neuen Anzug loben, und ihnen sagen: „Wie nett, Mister Soundso, daß Sie gekommen sind! Wir haben auf Sie gewartet, denn solch ein Geschäfts genie wie Sie ist uns wertvoll. Mit Mister Osborne verfährt Aubin nicht ganz so auffällig. Er kennt ihn als Zeitungsmann, als ehemalige rechte Hand Mister Kirkers. Er weiß, daß er nun eine harte Nuß knacken muß... „Eine Zigarre, Mister Osborne?" „Danke!" „Ich hätte Sie am liebsten sogleich gesprochen, Mister Osborne, aber Ihre Reise nach Ottawa machte mir einen Strich durch die Rechnung — Sie sind schnell heimgekehrt, Mister Osborne?" Mister Osborne sieht sein Gegenüber verwundert an. Er wartet darauf, daß dieser etwas von Kirker und Genossen erzählt, brennt, daß sein Wissensdurst endlich gestillt wird, daß er den in San Francisco, Los Angeles und Winnipeg lebenden Anverwandten der Kirker, Burr, Bell eine freudige, erlösende Nachricht übermitteln kann... Aber Fred Aubin redet um diese Dinge herum. Mister Osborne wartet nicht mehr lange. „Und Jack Kirker —?" fragt er, „und Alice Kirker, Doris Burr, Tom Burr, John Bell und dieser Alas- kaner...?!" Aubin tut überrascht. „Ich weiß nicht, was Sie meinen!" „Was ich meine?" platzt Mister Osborne heraus, „ich meine, daß die Herren und auch Sie für tot gegolten haben, daß Sie nun plötzlich auftauchen — ohne die anderen — und einen Goldrummel mit einem „New Eden" inszenieren !" Mister Osborne schnauft, Mister Frederic Aubin lächelt nachsichtig, geschäftstüchtig, gewandt und überlegen. „Mister Osborne!" beginnt er salbungsvoll. „Ich ver laffe meine Freunde nicht. Ich bin gerade dabei, eine Ret tungsexpedition zu rüsten! Mehr als ein Dutzend Flug zeuge werden über Port Wrangel nach dem sogenannten Neu-Eden fliegen, werden einer staunenden Mitwelt die neuen Wunder eröffnen . . ." Fred Aubin möchte noch lange so weiterreden. „Was ist mit den anderen?" brüllte Osborne. „Sie warten wohlbehalten auf die Retter." „Alle?" „Alle!" nickt Aubin freundlich. Mister Osborne sucht nach Worten. Der sonst so wortgewandte Zeitungsmann ist sprachlos. „Was haben Sie, Mister Osborne?" fragt Aubin unter geheuchelter Teilnahme. „Was ich habe?" faucht der andere los, „was ich habe —?! Sie tun gerade so, als sprächen Sie über ver lorengegangene Golsbälle. Sie haben nicht einmal die Verwandten der Vermißten verständigt — dabei sind Ihre Freunde schon mehrere Monate verschwunden —! Sie gründen hier in aller Seelenruhe einen Goldgräber-Kon zern, machen eine Heidenreklame, scheuen keinen Schwin del, um zu Ihren Zielen zu kommen...!" Mister Osborne nimmt kein Blatt vor den Mund. Aber Aubin hört ihm höflich zu —. Er hat Muße, seine Antwort zu überlegen. Er streichelt sein wieder wohlgepslegtes Bärtchen und erzählt unter theatralischen Gebärden: „. . . .Mister Osborne! Millionenwerte stehen auf dem Spiel. Das neue Eden 'in Cassiar hat sich als unge heuerliche Goldgrube erwiesen. Hätte ich sofort eine Ret tungsexpedition in die Wege geleitet, wären andere uns zuvorgekommen — sehr leicht, jawohl! Denken Sie, Mister Osborne, Sie machen einen Ausflug, Sie finden dabei einen Schatz — meinetwegen einen Piratenschatz. Sie werden ihn hüten wie Ihren Augapfel! Dasselbe tun wir — wir alle. Wir haben uns eine herrliche Block hütte gebaut, wohnen wie die Fürsten. Es gelang mir bei einem längeren Wildnismarsch, einige Prospektoren zu treffen, die mich aus dem Berglabvrinth hinausführ ten. Ich hinterließ Nachricht bei den anderen, daß baldiger Entsatz eintreffen würde . . Mister Osborne hörte ruhig zu. Die Geschichte er scheint ihm einleuchtend und dennoch wieder allzu glatt und wohlgcsetzt. Er kann sich den schmächtigen Aubin nicht als heldenhaften Retter vorstellen, der Märsche in die Wildnis ausführt und Hilfe holt. . . „Was ist mit jenem Alaskaner, der Ren-Eden eigent lich entdeckte — wie hieß er doch?" „Sie meinen diesen Joe Wendel, nicht wahr? Ach, der hat ziemlich versagt. Ein Querkopf, ein brutaler Ge selle, hat einmal einen von uns drei ganze Tage an einen Baum gefesselt — ohne zwingende Gründe...!" tFortsetzung folgt.)