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Unterhaltungsbeilage l! zum ! Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger » » s. Fortsetzung ! Vorsichtig klinkte er die Tür eines Zimmers auf. Die I Jalousien waren herabgelassen, grüngoldene Dämmerung t lag über dem Raum. „Er schläft", sagte eine Frauenstimme leise. „Ach du, Elisabeth?" Fröhlich streckte die Hand aus. I „Ein Glück, daß wir dich wieder hier haben. Grete ist in I solchen Fällen völlig unbrauchbar. Sackt gleich zusammen, ; wenn sich der Junge auch nur mal in den Finger ge- > schnitten hat. War er ruhig?" „Unverändert — nur immer diese Apathie." Der Kranke regte sich im Schlafe. Elisabeth stand j vorsichtig ans. „Wir wollen lieber gehen. Gerhard ist so » empfindlich gegen Geräusche, und ich bin froh, daß er I endlich fest eingeschlafen ist." Sie gingen auf Zehen» I spitzen hinaus. Elisabeth drückte behutsam die Klinke ein. ! Draußen ans dem Gang fuhr sich Fröhlich über die feuchte ! Stirn. Elisabeth betrachtete ihn aufmerksam. „Tu läßt dich zu sehr von der Sache mitnehmen, I Herbert." „Kunststück — das einzige Kind — und wo Grete auch ! nicht fest auf den Beinen steht. Manchmal steigt mir der I ganze Kram bis hierher", er hob den Kopf und legte die l Hand an den Hals. „Solche Anslandsgeschichten dürfte » man sich von Rechts wegen nur erlauben, wenn man frei ! und unabhängig ist." Elisabeth sab den Bruder gelassen an. „Du bist jetzt nur erregt, Herbert. Früher hast du ge- ; nau das Gegenteil gesagt. Ohne Frau und Kind ist das i nur eine halbe Sache —, man weiß doch, für wen und für I was man arbeitet. Grete wird sich hier noch glän» I zend einleben, paß mal auf, sie ist im Grunde zähe —, ; kann sich nur schwer gewöhnen, die Naturen sind eben ver- ! schieden. Vielleicht war der Klimawechsel zu plötzlich für I sie. Für ihre zarte dialur sind die vielen neuen Eindrücke , zu stark. Sie muß das alles erst verarbeiten." I „Und Gerhard? Weiß ich denn, ob de Jong mir die I Wahrheit sagt? Ob er mich nicht nur schonen will?" „Doktor de Jong ist kein Mann der schönen Lüge, » Herbert." Elisabeth sagte es sehr ruhig und bestimmt. Sie schob I ihren Arm unter den des Bruders und zog ihn mit in s das Zimmer, in dem Grete Fröhlich mit einer Stickerei ; beschäftigt saß. Mil einem müden Lächeln nickte sie den ! Geschwistern entgegen. „Wo nur de Jong bleibt, hast du im Hospital I sagen lassen, daß es eilig ist, Herbert?" sragte sie ihren I Mann. „Selbstverständlich hab ich das. Aber er ist schon I wieder bei Tuvois. Ter Himmel mag wissen, was er dem I lieben Gott von Ndogassa zu erzählen hat. Hoffentlich i verwendet er sich nicht wieder für jemanden. Mit seiner ! Vermittlung neulich wegen des Abgabengesctzes bat er I mir alles andere als einen Gefallen getan. Mir werden (Nachdruck verboten.) jetzt womöglich die französischen Häfen gesperrt, da darf § ich dann nur mit doppelter Taxe nach den deutschen! liefern." „Aber der .liebe Gott' war doch vorgestern freundlich und gnädig", beschwichtigte Elisabeth. Sie sah, wie Grete unter dem Gepolter ihre- Manne- litt. „Wenn er ein hübsche- Frauenzimmer sieht, ist er immer gnädig." „Danke schön", Elisabeth macht« «inen Kinderkrux. „Komplimente pom eigenen Bruder — fabelhaft^ „Kein Kompliment", knurrt Fröhlich. „Duvot- ist das, was wir auf gut deutsch Schürzenjäger nennen. Seine Liebenswürdigkeit besagt noch gar nichts für mich. Im Klub erzählt man sich's ja, seit dem Zusammenstoß mit Hartmann auf Ubandi hat er alle Deutschen noch mehr im Magen. Na ja, Hartmann ist ja auch eine besonder- harte Nuß. Das hat mir schon Brüggemann seinerzeit erzählt." . „Wer ist nun schon wieder Brüggemanns fragt« Elisabeth. „Erinnerst du dich nicht? Nein? — Aber Ltsel —» Peter Brüggemann, mit dem ich zusammen aus d«r Schul« war. Er war Regimentskamerad von Hartmann im Kriege. Westfront. Der Hartmann soll sich mächtig ausgezeichnet haben, aber Querkopf, hatte Zusammenstoß mit seinem Hauptmann und wurde dann eines Tages plötzlich zu einem anderen Regiment versetzt. Der Hauptmann soll übrigens ein Schweinehund gewesen sein- Später Irak Brüggemann den Hartmann noch einmal Wieder — bef den Oberschlesienkämpfen. Da soll er schon verändert ge, wesen sein. Finsterer Fanatiker. Brüggemann wurde dprt verwundet und verlor ihn aus den Augen. Ra — und dann tauchte er hier auf und spielt jetzt den Einsiedler. Uebrigens soll er verheiratet gewesen sein." „Er könnte ganz sympathisch sein, wenn er nicht so verbittert wäre", bemerkte Grete Fröhlich, „du sagtest doch selbst, Herbert, daß er früher anders gewesen sein soll, begeistert und draufgängerisch." „Das sage ich nicht, sondern Brüggemann. Jedenfalls merkt man jetzt nichts mehr von dieser Begeisterung." „Er mag schlechte Erfahrungen gemacht haben, Warf Elisabeth ein. Fröhlich zuckte die Achseln. „Schlechte Erfahrungen machen wir all«, wenn wir erst die Zwanzig hinter uns haben. Das berechtigt noch lange nicht zur Einsiedelei. Gerade im Ausland sollten Deutsche fest zusammenhalten, aber der Herr Einsiedler von Ubandi zieht es vor, seinen Engländern den Hof zu machen. Danke ergebenst, ich meinerseits mach« nicht Kotau vor einem Franzosen." Ein feines Lächeln lag um Elisabeths Mund. „Tu bist nur sehr höflich zu Monsieur Jacques Duvois, nicht wahrs^