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drid, Cambon, sehr bald positive Vorschläge zu machen haben, die gleichzeitig zur Kenntnis der Großmächte gelangen sollen. — Die Madrider Zensur unterdrückte alle Depeschen, die eine gegen die Monarchie gerichtete Rede Salmeron« in den Corte« erwähnten. In Salmeron« Schlußruf: „Hoch die Republik!" stimmten alle Republikaner ein. Aus der Galerie wurde „Hoch der König!" gerufen. Serbien — Die Zeitung „Naradin List" tritt warm da für ein, daß am 40. Tage nach der Ermordung ein Seelenamt für König Alexander abgehalten werde. Sie sei schon nach der Ermordung für ein würdige» kirchliche« Begräbni« eingetreten, da« einem gekrönten Haupte gebühre. Man habe damals nicht daraus gehört. Da« Blatt glaubt aber, die Menschenpflicht fordere die erwähnte Feier, damit Europa gezeigt werde, daß da« serbische Volk zu den zivilisierten, fortschrittlichen Kulturvölkern ge hört. Da« Blatt greift dann scharf den Metropo liten wegen seiner Haltung in dieser Angelegenheit an. Serbien brauche Charaktere, nicht Leute, die, wie sie jetzt den Obrenowitsch verunglimpsen, so früher die Familie Karageorgewilsch und den jetzigen König beschimpft hätten. Das 10. deutsche Turnfest in Nürnberg hat einen schönen, harmonischen Verlauf genommen Nur der Wetlergott hätte ein freundlicheres Gc- sicyt machen können. Der Regen trübte die Stimmung aber nicht. Der Festzug, an dem sich 32 000 Personen beteiligten, wurde mit allgemeiner Begeisterung begrüßt. Die Schaulustigen stillten Straßen und Plätze in geradezu beängstigender Weise. Trotzdem herrschte musterhafte Ordnung, obwohl sich kaum ein Schutzmann sehen ließ. Nur in Abständen von je 50 m stand ein Sani tätsmann. Den Zug eröffnete die Nürnberger Feuerwehr, worauf eine Münchener Kapelle und die amerikanischen Turner folgten, ferner der Deutsche Turnverein Tsingtau in Matrosenuniform, die deutschen Turnvereine aus England, Rußland, Siebenbürgen, Oesterreich und Spanien, die Vereine der mittelrheinischen Kreise, die Brandenburger, Württemberger, Pommern. Ein besonders farben prächtiges Bild bot der Deutsche akademische Turnerbund. Als die Studenten eine unfreiwillige längere Rast machen mußten, entwickelte sich bald eine originelle Kneipszene. Die erste kostümierte Gruppe stellte die Festspiele und gymnastischen Uebungen der alten Griechen dar. Der prächtige Festwagen, Zeus in einem Pinienhain zeigend, wurde "von acht riesigen Ochsen gezogen und von Feuerträgern, Oberpriestern, Priesterinnen, Wett läufern, Speerwerfern, Keulenschwingern, Horn bläsern usw. begleitet. Die Wirkung war groß artig und donnernder Beifall erdröhnte. Es schlossen sich an die Vereine von Hannover, Braun schweig, Göttingen, Kassel, die Thüringer, sröhliche Turnerlieder singend. Dann kam der zweite Fest wagen, Nürnbergs Blütezeit veranschaulichend. Die siebente Abteilung brachte die Vereine aus Oldenburg, Osnabrück, Sachsen, Ost- und West preußen, Baden, Westfalen, Rheinland, Schlesien und Posen. Den Beschluß machte der Festwagen „Die Zeit Jahns" und „Die Turner im Dienste der allgemeinen Wohlfahrt", von Lützower Jägern zu Pferde geleitet. Die einzelnen Turner-Abteilungen wurden in poetischer Form begrüßt. Von den vielen Will- kommensgrüßen verdient der den Oesterreichern gewidmete Erwähnung. Derselbe lautet: „Es ist zwischen uns ein Grenzpfahl gerammt, Ein Grenzpfahl trennt keine Herzen! Das deutsche Herz, es schlägt und flammt In Freuden gleich, gleich in Schmerzen. Nichts trennt uns im Liede, in Schrift und in Wort, Im deutschen Ringen und Streiten, So war es bis jetzt, so bleibt es Hinfort, Bis in die fernsten Zeiten. Und wo noch die deutsche Zunge in Fluß, Sei's hier im Reich oder draußen, Da soll ein Gut Heil! als Turnergruß Empor in die Lüfte brausen!" Vom Hochwasser. Breslau, 20. Juli. Seine königliche Hoheit der Kronprinz hat dem Schlesischen Bankverein tausend Mark für die Ueberschwemmten überwiesen. AuS Steinau a. O. wird gemeldet: DaS Wasser ist hier überall im Fallen begriffen. Die Dämme an den gefährlichsten Stellen bei Tarxdorf, Dobsen und Przybor wurden gehalten. In Steinau sind einige Häuser nachträglich eingestürzt. Die Dörfer Krehlau, Wischnitz und Kleinbauschwitz stehen unter Wasser. Die Stadt AuraS ist teilweise wieder wasserfrei; in der zugehörigen Kolonie Raake reichte daS Wasser gestern noch bis an die Dächer. Im ganzen stehen im Kreise Wohlau mindestens 10000 bis 12 000 Morgen Landes unter Wasser. Zahl reiche Familien sind obdachlos. In Przybor ar beitet ein Sträflingskommando an der Erhaltung deS Deiches. Im Bezirk der Wasserbauinspektion brachen gestern der Neukersdorfer, der Leuthener, der Költschbuscher, der Deutschwartenberger und der Milziger Damm. In Neusalz trat der höchste Wasserstand am Sonnabend nachmittag ein; alle Straßen im Oderviertcl sind hoch überschwemmt; mehrere Fabriken stellten den Betrieb ganz oder teilweise ein. Jn Bubernig steht eine Anzahl Häuser unter Wasser. Ein Pionierkommando ist hier tätig; ein anderes ist nach Pirnitz beordert. Die Glatzer Neisse bringt frisches Hochwasser; der Wasserstaud betrug heute früh in Wartha 2,30 Meter, in Neisse 2,20. Grünberg i. Schl., 20. Juli. Zum Schutze deS höchst gefährdeten DammeS im Grünberger Oderwalde wurde die Feuerwache alarmiert. Posen, 20. Juli. Das Warthehochwasser nimmt einen bedrohlichen Charakter an. Vielfach stehen weite Ackerflächen unter Wasser. Die Ernte ist ver- nichtet und weggeschwemm», auch Verkehrsstockungen kommen vor. Heute wird ein neues Steigen ge meldet, bei Schroda ist der Wasserstand von 1888 schon erreicht. Passau, 20. Juli. Während eines gestern niedergegangenen Unwetter» schlug der Blitz in einen Personenzug zwischen Pfenningbach und Passau und verletzte einige Personen leicht. Ein heftiger Sturm riß auS der hölzernen Jnnbrücke einige Dielenbretter. ES verlautet, daß eine auS vier Köpfen bestehende Familie, die die Brücke überschreiten wollte, durch diese Oeffnung gestürzt und ertrunken ist. Der mit dem Unwetter verbundene Hagelschlag hat hier, in Eggenfelden uud Vilhofen großen Schaden ange richtet. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernfiihal, 21. Juli *— Die gütige Mutter Erde ist nie so ver schwenderisch mit ihren Gaben als jetzt zur Ernte zeit. Die Tiere auf Erden und die Vögel unter dem Himmel finden ihre Speise im Ueberfluß, und wenn die Menschen es dem Beispiel Gustav Nagels und dessen Nachfolgern gleichtun wollten, sie könnten jetzt alle für ein paar Wochen ohne Arbeit leben. Die Bäume überschütten uns mit ihrem Obst, die Wälder erschließen uns unerschöpfliche Reichtümer an schmackhaften Beeren. Wahrlich, die Tafel ist gedeckt, großartiger wie zu einem Königsmahle, und wir brauchen nur zuzugreifen. Es wäre wohl interessant, zu erfahren, wie viele tausend Liter würziger Waldbeeren in deutschen Landen ungenützt verdorren. Wir glauben, daß es eine überraschend große Menge ist, obwohl sich die Beerensuche mehr und mehr zu einem intensiv betriebenen In dustriezweige entwickelt hat. Mit dem Roggen sind auch die sauren Kirschen zur Reife gelangt, deren Aroma und Brauchbarkeit die sogen, süßen K irschen ohne weiteres in den Schatten stellen. An sauren Kirschen kann man sich auch dann nicht den Magen verderben, wenn man sich an ihnen einmal über das Normalmaß gütlich getan, das harte Fleisch der Frühkirschen bereitet dagegen unter Umständen sehr leicht recht hartnäckige Ver dauungsbeschwerden. Aber was sind die kleinen Freuden und Leiden der Obstsaison gegen die Ernte zeit! Viel Unheil haben Hochwasser und Wolken brüche leider angerichtet und an zahlreichen Orten drohen Dauerregen die Einbringung der Ernte zu gefährden. Hoffentlich tritt nunmehr überall gutes Ernteivetter ein! *— Erzgcbirgs - Bereit». Für das bevor stehende Volksfest arbeiten in aller Stille Herren und Damen, um das Fest durch Aufführung von Reigen, Tänzen, originelle Musikdarbietungen, Theateraufführungen usw. usw. zu verschönern. Außerdem sind noch die Festausschußmitglieder in zahlreichen Sitzungen bemüht, dem Feste den ge wünschten Erfolg zu sichern. Der Verein zählt jetzt nahezu 300 Mitglieder, doch stehen leider immer noch viele den Bestrebungen teilnahmslos gegenüber. Umsomehr muß der gute Wille wie die Arbeitsleistungen der tätigen Mitglieder aner kannt werden und wollen wir wünschen, daß der 9. und 10. August vom Wetter begünstigt und daß der Festbesuch nicht nur von unserer lieben Stadt Hohenstein-Ernstthal, sondern auch von der ganzen Umgebung ein recht zahlreicher werden möge, um ein echtes gemütliches Volksfest zu feiern im wahren Sinne des Wortes, und daraufhin ein herzliches Glück auf. *— Zwei Einrichtungen der Post sind von besonderem Interesse bei der jetzigen Reisezeit. Da sie im Publikum noch wenig bekannt zu sein scheinen, so sei jetzt darauf Hingeiviesen. Man kann nämlich Briefmarken und Postkarten auch im Bahnpostwagen erhalten. Auch Telegramme werden von den Bahnpostwagen angenommen. Die in diesem Wagen zur Auflieferung kommenden Tele gramme sollen in der Regel mit Freimarken be- klebt sein, deren Betrag der Telegrammgebühr ent spricht. Diese Telegramme sollen durch den Brief einwurf an dem Postwagen aufgegeben werden. Das Telegramm kann auch auf eine Postkarte ge schrieben werden. Der Absender muß aber dann den Inhalt deutlich als Telegramm bezeichnen. Der Wert der Postkarte kann bei der Verrechnung der Telegramme in Ansatz gebracht werden. Auch Telegramme, deren Niederschrift nicht mit Freimarken beklebt ist, werden durch das Fenster oder die Tür des Postwagens angenommen, insofern die Dauer des Aufenthaltes dies gestattet. Es sind dann die Gebühren in bar zu entrichten und womöglich ge nau vorher abzuzählen. Die Bahnposten übergeben diese Telegramme der nächsten Telegraphenanstalt des Reiches oder der Bahn zur Weiterbeförderung. * — Um die Einführung einer 60 Pfg - Briefmarke war das Reichspostamt gebeten wor den. Dieses hat jetzt abschlägig geantwortet, da eine dringende Notwendigkeit nicht vorliege. *— Um sich gegen Blitzschlag zu schütze», begebe man sich zu Hause in das geräumigsteZimmer und setze sich nicht zu nahe an solche Geräte, an denen Metalle befindlich sind. Befindet man sich im Freien, so stelle man sich nicht unter einen Baum, nicht an die Mauer hoher Gebäude, unter Dach rinnen, Torwege, vermeide ferner den unmittelbaren Aufenthalt an stehendem oder fließendem Wasser. Die Tür des Zimmers, in dem sich die Familie während des Gewitters aufhält, lasse man offen, da mit die Zimmerluft abzieht und beim etwaigen Ein schlagen des Blitzes den Schwefeldämpfen ein Aus weg geboten ist. Gestatten es Sturm und Regen, so kann man unbedenklich auch ein Fenster öffnen, wobei Gegenzug zu vermeiden ist. An Orte, wo es eingeschlagen hat, gehe man nicht sogleich, weil nicht selten der Blitz nach einigen Minuten in den selben Gegenstand schlägt. In der Nähe von Tieren darf man sich bei einem Gewitter nicht aufhalten. * GerSdorf, 20. Juli. Am Sonntag Vor mittag in der 10. Stunde ereignete sich hier un weit des „Waldschlößchens" auf der Stollberger Straße ein bedauernswerter Unglücksfall. Der Turnverein zu Thalheim i. E. befand sich mittels Leiterwagen auf einem Ausflug nach Hohenstein- Ernstthab Ein junger, 24 Jahre alter, unverhei rateter Wirker war unterwegs zurückgeblieben, später hatte er einen Wagen wieder eingeholt und versuchte, während des Fahrens vorn am Wagen aufzusteigen, wobei er unter die Räder des Wagens kam und das eine Bein einmal, das andere zweimal brach, außerdem eine größere Wunde auf dem Rücken davontrug. Der gerade des Weges daher kommende Getreide- und Futtermittel händler Herr Sieber aus Rüsdorf nahm den Ver unglückten in seinem Wagen auf und fuhr ihn zu Herrn I)i. Laabs, dec dem Schwerverletzten die erste Hilfe leistete und dann den Transport ins Lugauer Krankenhalls anordnete. * Glauchau, 20. Juli. Eine interessante MünzenauSstellung hat hier der Gewerbeverein ver anstaltet. Vorwiegend enthält sie seltene Taler mit gut erhaltenem Stempelglanz. Aus dem Königreich Sachsen sind solche vorhanden von Friedrich August I., Anton, Friedrich August II. und Johann; außer dem ein ErinnerungStaler an die Silberhochzeit deS letztgenannten Königs und ein solcher an die Geburt deS Prinzen Georg. Die Ausstellung enthält weiter hin Taler von Oesterreich (1797), Kurfürstentum Sachsen, Bayern, Bremen, Braunschweig, Hannover, Anhalt-Bernburg, Hessen (Kurfürstentum), Hessen (Landgraf), Lippe-Detmold, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Weimar, Schwarzburg-Sondershausen. An ErinnerungSlalern weist die Ausstellung auf solche an den 100jährigcn Geburtstag Schillers (geprägt von Frankfurt a. M.), Bismarck, Herzog von Lauen- bürg, Sterbetaler Bismarcks, Deutschlands unver geßlichem Kaiser zum 100jährigen Geburtstag, Wiederkehr der siegreichen Waffentage deS deutschen Herres, Einweihung der Erlöserkirche in Jerusalem u. s. w. * Glauchau. Mit drei Schußwunden im Köiper meldete sich am Freitag abend auf der hiesigen Polizeihauptwache der auS Meerane ge bürtige Hausdiener B. Durch den herbeigerufenen Polizeiarzt wurde festgestellt, daß sich der junge Mensch zwei Schüsse in den Unterleib und einen Schuß in die rechte Schläfengegend, und zwar die beiden ersteren schon am Tage vorher im Zeisiz- wald zu Chemnitz, den am Kopf erst kurz vor seiner Meldung auf der Wache beigebracht halte. Zu fälligerweise war dem B. der Revolver nur mit Platzpatronen verkauft worden, so daß die Ver letzungen, die er erlitten, nicht lebensgefährlich sind. Er wurde ins Krankenhaus gebracht. * Dresden, 19. Juli. Als am letzten Sonn tag nachmittag der Raubmörder Grellmann sich durch Selbstmord seinen irdischen Richtern ent zogen hatte, erschien schon am folgenden Tage der Justizminister vr. Otto im hiesigen Untersuchungs gefängnis, um sich selbst davon zu überzeugen, wie es Grellmann hat fertig bringen können, sich trotz starker Fesselung zu entleiben. Die Vorbereitungen zum Selbstmord hat der Raubmörder mit so außer ordentlichem Geschick und bewundernswertem Raffi nement betrieben, daß selbst die erfahrensten Ge fängnisbeamten getäuscht werden mußten. Es liegt daher auch kaum ein Grund vor, den Aussichlsbe- amten irgend welche Schuld au dem Vorkommnis beizumessen. * Leipzig 20. Juli. Bei einer Festlichkeit in einem Vergnügungslokal kochte ein Mitglied aus einer Spiritusflamme Würstchen. Da der Spiritus ausgegangen war, wollte er neuen auf gießen Dieser sing jedoch Feuer uud ergoß sich brennend über den Tisch, wodurch die Kleider eines siebenjährigen Mädchens Feuer fingen und das Kind so schwere Brandwunden erlitt, daß man es sofort ins Krankenhaus bringen mußte. Es ist zu befürchten, daß das arme Kind, wenn es mit dem Leben davonkommt, das Augenlicht einbüßen wird. — Die 31 Jahre alte Ehefrau des Kellners Fleischmann schüttele am Sonntag abend, als sie vabei war, eine Speise zu wärmen, in das glimmende Feuer des Kochherdes Petro leum, um das Feuer wieder zu entfachen. Im selben Moment schlug die Flamme aus dem Ösen und setzte die Kleider der Unglückseligen in Brand. Die Frau erlitt hierbei so ausgedehnte Brand wunden am ganzen Körper, daß ein herbeigerufener Arzt die sofortige Uebersührung in das Kranken haus anordnete. Dort ist die Frau am anderen Morgen den erlittenen schweren Brandwunden er legen. * Ehcmnitz, 20. Juli. In einem Grundstück am Brühl fiel heule nachmitlag in der 4. Stunde ein in einem dortigen Zimmer beschäftigter dreißig jähriger Lackierer mit der Lausleiter um und blieb bewußtlos liegen. Ein herbeigerufener Arzt stellte fest, daß der Verunglückte einen Schadelbruch er litten hatte und ordnete die Uebel führung des Be dauernswerten in das Stadtkrankenhaus an. — Auf einem Neubau an der Limbacherstraße stürzte heule nachmittag in der zweiten Stunde ein da selbst beschäftigter 34jähriger Glasergehilfe aus dem dritten Stockwerk herab in den Hosraum und erlitt einen komplizierten Bruch des rechten Unter schenkels. Der Verunglückte wurde aus Anordnung eines Arztes, welcher ihm die erste Hilfe leistete, ins Stadtkrankenhaus überführt. * Mecranc, 20. Juli. Einen anerkennens werten Beschluß hat der hiesige Rat insofern ge faßt, als er beschlossen hat, aus der Wunderlich- Stiftung dem hiesigen Wohltätigkeitsverein „Sächs. Fechtschule" zu seiner demnächst beginnenden Ferien kolonie 600 Mk. zu stiften. An dieser Kolonie, die der Verein aus eigenen Mitteln unterhält, nehmen ca. 200 Kinder unbemirtelter Leute teil. — Wie die Königliche Kreishauptmannschaft Chemnitz dem Rate mitgeteilt hat, ist der hiesigen öffentlichen Handelsschule für dieses Jahr eine Staatsbeihilse von 1000 Mark gewährt worden. * Auerbach bei Zwickau, 20. Juli. Fest genommen wurde in Crimmitschau der hiesige Schutzmann Kaufmann wegen Verdachts, daselbst unzüchtige Handlungen an Schulmädchen begangen zu haben. * Mülsen St. Jacob, 20. Juli. Tödlich ver unglückt ist gestern abend '/,8 Uhr Herr Appreteur Moritz Keller hier, indem sein Gefährt, vom Lichten- steiner Volksfest kommend, an eine Telegrophenstange anrannte und K. so an diese geschleudert wurde, daß er mit zerschmetterter Schädeldecke tot liegen blieb. Einem zweiten Herrn gelang es, noch recht zeitig abzuspringen und unverletzt davonzukommen. DaS Gefährt stü.zte in den Bach. * Niederhaßlau, 20. Juli. Einen plötzlichen Tod erlitt vorige Nacht in der 11. Stunde auf der hiesigen Hermannstraße der 14 Jahre alte Hand arbeiter Paul Adolf Sternkopf von hier, indem er bei einem Wortwechsel zwischen mehreren jungen Burschen von dem im 16. Lebensjahre stehenden Maurer Martin Willy Beinrucker von hier einen derartigen Stoß versetzt erhielt, daß er rücklings zu Boden stürzte, dabei mit dem Hinterkopfe auf die Straße aufschlug und als Leiche vom Platze ge tragen werden mußte. Durch den Sturz hat Stern kopf vermutlich einen Schädelbruch erlitten. Von der Gendarmerie wurde Beinrucker in Haft genommen. * Plauen i. V, 20. Juli. Die Pupille deS linken Auges quer durchschnitten hat sich vor einigen Tagen ein hiesiger Kaufmann. Als dieser seinem Söhnchen die Schnürsenkel lösen wollte, rutschte ihm daS Messer, dessen er sich hierzu bediente, am Knoten ab und fuhr ihm inS Auge. Ein Teil deS AugeS ist ausgelaufen, doch wird ihm, wie sich nunmehr übersehen läßt, durch die Kunst deS Augen arztes erfreulicherweise ein Teil der Sehkraft erhalten bleiben. * Plauen i. V, 20. Juli. Durch elektrischen Strom getötet wurde am Sonnabend abend in der 11. Stunde der bei Herrn Reinhard Voigt im Restaurant „Vogtland" hier seit nahezu zwei Jahren bedienstete 18 Jahre alte HauSbursche Gustav Pöhland aus Markneukirchen, Sohn eine» dortigen Instrumentenmachers. Pöhland sollte im Keller ein Faß Bier anstecken und begab sich daher zunächst nach der Hausflur vor dem Keller-Eingange, die frisch gescheuert und noch feucht war. Die Sohlen seiner Stiefel wurden dadurch auch feucht. Als er den auf dem Fußboden liegenden, mit einer Isolierung umgebenen Draht einer elektrischen Lampe mit beiden Händen erfaßt hatte, um flch dieser be weglichen Lampe beim Betreten deS Kellers zu be dienen, sprang der elektrische Strom auf ihn über, so zwar, daß er seine Hände nicht mehr von der Leitung loszubringen vermochte. Ein Kellner, welcher dies sah, wollte ihm zu Hilfe kommen und erfaßte seinen Arm, bekam aber gleichfalls einen heftigen elektrischen Schlag und mußte loslassen. Wenige Augenblicke später sprang Pöhland, ohne einen Laut von sich zu geben, in die Höhe und fiel leblos in eine Ecke in der Hausflur neben dem AuSgang nach dem Hofe. Ein sofort herbeigerufener Arzt konnte leider nur den bereits eingetretenen Tod konstatieren. * Schneeberg, 20. Juli. Am Tage Maria Magdalena, 22. Juli, wird unsere Bergstadt gern von Fremden ausgesucht, da an ihm das Bergfest mit dem so eigenartigen, schönen Bergaufzuge, der vormittags 8 Uhr beginnt, abgehalten wird. Herr Kirchenrat 8up. I-io. Noth wird, da er am Jahres schlüsse in den Ruhestand tritt, Heuer zum letzten Male die Bergpredigt halten. * Adorf. Im Wartezimmer des hiesigen Bahnhofes fand jüngst ein Malermeister aus Bad- Elster eine bare Geldsumme von 897 Mark. Er erhielt von dem bemittelten Verlierer einen Finder lohn von 6 Mark und 2 Glas Bier. (!) * Zschopau, 20. Juli. Gestern abend in der 11. Stunde brach im niederen Teile von Krum- hennersdo.f ein größeres Schadenfeuer aus, dein zwei Bauerngüter mit 4 Gebäuden vollständig zum Opfer fielen. Das verheerende Element griff so schnell um sich, daß so gut wie nichts gerettet werden konnte, und sind ein Pferd, 2 Schweine und Geflügel dem Feuer zum Opfer gefallen. Die Brandkalamitosen Schreiter und Gläser sollen leider nicht versichert haben. lieber die Entstehung des Feuers konnte bisher nichts ermittelt werden. * Riesa, 20. Juli. Von der hiesigen Polizei wurde dieser Tage ein auf einein Personendampf- schiffe, das von Meißen hier ankam, befindlicher Mann verhaftet und an das Amtsgericht abgeliefert, welcher unterwegs in der Trunkenheit erzählt hatte, er habe seine Frau erstochen und befinde sich nun auf der Flucht nach Amerika. Inwieweit diese Angaben der Wahrheit entsprechen, wird die gerichtliche Untersuchung ergeben. * Waltersdorf, 19. Juli. lieber den Verbleib des Pastors Agsten, der Anfang Februar von hier verschwand, ist auch bis heute noch nicht das ge ringste bekannt geworden. Die seinerzeit großes Aufsehen erregende Affaire wird jetzt wieder in Erinnerung gebracht durch eine Bekanntmachung des Amtsgerichts zu Großschönau, nach welcher das über die Hinterlassenschaft des Pastor Agsten er öffnete Konkursverfahren nach Abhaltung des Schlußtermins nunmehr wieder aufgehoben wird. Der vermißte Geistliche war damals bekanntlich auf dem Wege uach dem benachbarten Böhmen zum letzten Male gesehen worden. * „An den heiligen Petrus im Himmel! Mit dieser Adresse ist von einem Witzbold bei einer sächsischen Postanstalt eine unfrankierte Postkarte mit folgender Mitteilung aufgegeben worden: „Lieber Petrus! Da mir durch das gestrige Unwetter 25 Fenster eingeschlagen worden sind und mir somit ein Schaden von Mk. 18.75 erwächst, so bitte ich um dessen Begleichung. Mit den besten Grüßen Dein Ferdinand." — Die Post wird alle nur denkbare Mühe auszuwenden haben, den richtigen Adressaten, welcher den Schaden ersetzt, auszufinden. Schöffengerichtssitzung vom 21. Juli 1903. Die erste der heute anstehenden Strafsachen richtete sich gegen den Motorfahrer Oskar Günther aus Chemnitz. Er wird beschuldigt, in letzter Zeit öfter in zu schnellem Tempo mit einem Motor- Fahrrad durch die hiesige Stadt, insbesondere über den Marktplatz, gefahren zu sein. Die in der Sache vernommenen Zeugen bekunden dies zwar, geben aber an, den betr. Fahrer nicht erkannt zu