Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 11.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190307116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030711
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030711
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-11
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 11.07.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
der Empfang auch in Bad Elster, Oelsmtz, Plauen, Netzschkau, Reichenbach rc. ein enthusiastischer. Alle Städte und Ortschaften, die der hohe Herr be rührte, hatten prächtigen Festschmuck angelegt, Ver eine, Schulen rc. bildeten Spalier und in herzlichen Ansprachen wurde dem König die Liebe und Treue seines Volkes aufs neue verkündet. Die Stadt Plauen stiftete aus Anlaß des Königsbesuches zur Erhöhung des Fonds für ein dortselbst zu errichtenoes Volksbad den Betrag von 100 000 Mark. — Wie den Bewohnern des Vogtlandes durch den Besuch ihres Königs eine Freude bereitet worden ist, die noch lange nachhalten wird, so dürfte auch Seine Majestät über den Verlauf seiner Reise im höchsten Maße befriedigt sein. * — Der Wahlspruch König Georgs. Wir alle Fürsten, so haben auch die edlen Wettiner den ritterlichen Brauch geübt, Wahlsprüche zu er wählen. Von beinahe allen sächsischen Fürsten sind uns Sprüche überliefert, die fast ausnahmslos Wesen und Bedeutung derselben knapp und treffend schildern, in jedem Falle aber ein Zeugnis der edlen Absichten darstellen, von denen ihre Träger beseelt waren. König Georg hat als Prinz schon das Bibelwort als Leitstern und Richtschnur seines Handelns angenommen: „Ist Gott mit mir, wer will wider mich sein!" * — Wie wird das Wetter zum Roseufeste sein? Diese Frage hört man jetzt überall und allgemein geht der Wunsch dahin, daß der seit einigen Tagen eingetretene Regen recht bald abge löst werde von heiterem und lachenden Sonnenschein. Nach der von uns gestern veröffentlichten Falbschen Witterungsprognose für die Zeit vom 9.—12. Juli sollte mit gestern auffallende Trockenheit eintreten. Man begrüßte deshalb mit neuer Hoffnung den heutigen Tag; aber dieser zeigte leider, daß auch diesmal Falb, wie es auch allen anderen Wetter propheten passiert, vorbeiprophezeit hatte. Gleich wohl hoffen und wünschen wir, daß dem Rosen verein sein altes Wetterglück auch zu seiner dies jä'irigeu großen Jubiläumsausstellung am nächsten Sonntag und Montag blühen wird und noch zu rechter Stunde der ersehnte Witterungsumschlag eintritt. * — Feuerwehr. Bei der vor einigen Monaten in Zwickau stattgefundenen Versammlung der Feuerwehr-Hauptleute wurden die Teilnehmer von dem Vorsitzenden des Kreisfeuerwehrverbandes Zwickau-Glauchau auf mehrere wichtige Neuerungen aufmerksam gemacht. Diese bestehen in Aender- ungen im Exerzierdienst, in genauer Geschäfts führung bei den Verbandswehren, sowie in erwei terten Inspektionen. Das Ministerium hat sämt liche sächsischen Feuerwehrverbände ausgefordert, auch die dienstpflichtigen Feuerwehren zu inspizieren. * — Viele Landwirte und Händler glauben, daß sie beim Verkauf von Eiern nicht verpflichtet seien, verdorbene, (faule) Eier wieder zurückzunehmen. Demgegenüber sei zur Aufklärung und zum Schutze des Publikums bemerkt, daß das Feilbieten und der Verkauf von verdorbenen Eiern auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes strafbar ist. * — Lötzsch-Stiftung. Zu unserer kürzlichen Notiz, betreffend die Schulrat Lötzsch-Stiftung, sei berichtigend bemerkt, daß das Kapital nicht der Witwenpensionskasse in Meerane, sondern der Witwenpensionskaffe des Glauchauer Schul inspektionsbezirks zugewiesen worden ist. * — Die Roggcnernte hat bei Kötzschenbroda, Nannhof, Niederau, Rähnitz und mehreren Orten der Riesa-Großenhainer Gegend begonnen. * — Prinzessin Luise von Toskana. Auf Grund von Erkundigungen an zuständiger Stelle können die „Leipz. Neuest. Nachr." folgende Mit teilungen machen, welche sich hauptsächlich aus die jüngst zwischen dem Dresdener Hofe und der Prin zessin getroffenen Vereinbarungen beziehen: Die Prinzessin wird bis zum Herbst auf Schloß Nonno bleiben. Ihr fernerer Aufenthaltsort ist noch nicht bestimmt. Sie wird sich aber sicher nicht nach Deutschland begeben, da ihr der Aufenthalt in Deutschland, ferner in einem Teile von Oesterreich nicht gestattet ist. Sie muß also dauerud im Aus land leben, so schwer ihr auch die Trennung von ihren älteren Kindern wird. Irgendwelche Zuge ständnisse in Bezug auf ihren Verkehr mit diesen Kindern sind bisher der Prinzessin nicht gemacht worden. Das jüngste Kind, das sie jetzt bei sich hat, wird sie bis auf weiteres bei sich behalten können. Die Prinzessin bezieht vom Dresdner Hofe die bereits früher bekannt gewordene Rente von 90 000 Mart. Das Verhältnis zu Giron ist von dein Tage an, wo die Prinzessin nach La Mötairie ging, gelöst und zwar endgiltig gelöst. Es bestehen auch keinerlei briefliche Beziehungen mehr. Die in den letzten Tagen in verschiedenen Blättern veröffentlichten rührseligen Briefe, die von der Prinzessin herstammen sollen, sind ebenso wie alle derartigen Veröffentlichungen in neuerer Zeit völlig erfunden. Die Bestimmung, daß der Prinzessin ihr jüngstes Kind nur bis auf weiteres überlasse» worden ist, ist von besonderer Wichtig keit insofern, als aus ihr deutlich hervorgeht, daß sich der Dresdner Hof einen wesentlichen Einfluß aus das fernere Schicksal der Prinzessin Vorbe halten hat. —* Die Hauptversammlung des 17. Bcr- bandstagcs des Sächsischen Gastwirtsvcrban- dcs beschäftigte sich am 7. d. M. in Freiberg mit dem Anträge des Gastwirts-Vereins Leipzig-West, der in scharfer Weise gegen die Schankkonzessionen Stellung nimmt, und nahm eine diesen Standpunkt vertretende Resolution des Herrn Wichmann-Leipzig an. — Ferner beschloß man, in Verfolg eines An trages des Vereins Leipziger Gastwirte, „beim Bundesrate und Reichstage dahin vorstellig zu werden, es möge die reichsgesetzliche Unterstellung des Ausschankes nicht geistiger Gelränke unter 8 93 der Reichsgewerbeordnung verfügt werden und dieser Ausschank, sowie der Flaschenbierhandel von der Bedürfnisfrage abhängig gemacht werden". — Der Bundestag in Mainz beschloß, die Agitation für eine anderweite Festsetzung der Ruhepause im Gastwirtsgewerbe in die Wege zu leiten; es sollte anstatt der dreiwöchentlichen 24stündigen Ruhe pause eine allwöchentliche 16stündige Ruhepause eintreten. — Ueber das Thema „Militärverbot" entspann sich eine längere Debatte, die schließlich zur einstimmigen Annahme folgender Resolution führte: „Die heute in Freiberg zusammengetretene Generalversammlung des Verbandes Sächsischer Gastwirte erhebt hiermit einmütig Protest gegen das erlassene Militärverbot. Der Verbandstag er blickt darin eine schwere wirtschaftliche Schädigung der davon betroffenen Berufskollegen und eine Einschränkung der bürgerlichen Freiheit. Durch diesen Erlaß wird dem mit hohen Abgaben und Sondersteuern aller Art, sowie mit einer Fülle von polizeilichen Maßnahmen geplagten Wirtsstande die Lage nur noch mehr erschwert. Der Verbands tag erwartet, daß seitens der Regierungen und ge setzgebenden Körperschaften, Landtag usw. baldigst Abhilfe geschaffen wird. — Als Versammlungsort für den nächstjährigen Verbandstag wurde, wie schon gestern erwähnt, Glauchau gewählt. * — Der großen Vorliebe aller Garten freunde für die edle Rose trägt der „Praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau" Rechnung, in dem er seine neueste Nummer als Rosennummer erscheinen läßt. Diese Rosennummer enthält ein farbiges Blatt von Catherina Klein mit der Ab bildung zweier neuer Rosensorten: „Olaia, Watson" und „ilodrrnna Lobus" ; ferner eine Beschreibung der neuesten Freilandrosen, eine Plauderei von Dr. Dieck über Wildrosen, eine Besprechung der schönsten gelben Sorten, die Abbildung eines Rosen torbogens und verschiedene praktische Winke für den Rosengarten. Allen Rosenfreunden wird die Rosennummer des „Praktischen Ratgebers" auf Verlangen kostenfrei zugesandt von, Geschäftsamt des „Praktischen Ratgebers im Obst und Garten bau" in Frankfurt a. Oder. * Falken, 10. Juli. Das diesjährige Preis- uud Königsschießen der hiesigen Schützengesellschast findet am 19. und 20. Juli statt. * Dresden, 9. Juli. Ein schneller und un erwarteter Tod hat einen in seinen Dienststellungen vortrefflich bewährten Staatsbeamten mitten aus seinem erfolgreichen Schaffen im rüstigen Mannes alter dahingerafft. Gestern früh starb am Lungen schlag Herr Geh. Regierungsrat Kurt Magnus Richard Frhr. v. Welck, vortragender Nat im De partement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. — Gegen die anderweite Annahme eines Land tagsmandats durch den Bürgermeister Leupold in Dresden richtete sich ein von elf Dresdner Stadt verordneten unterzeichneter Antrag, der am gestri gen Donnerstag dem Plenum zur Beschlußfassung unterbreitet wurde. In dem Anträge wurde das Kollegium ersucht, in Erwägung darüber einzu treten, ob es bei der starken Inanspruchnahme des Finanzamtes durch die Vorarbeiten für die Steuer reform usw. angängig ist, daß der Vorstand dieses Amtes abermals ein Landtagsmandat übernimmt, 2) sür den Fall, daß diese Frage zu verneinen sein sollte, Herrn Bürgermeister Leupold auheimzu geben, von der Wiederannahme eines Landtags mandats abzusehen und 3) dem Stadtverordneten- Kollegium vom Ergebnisse dieser Erwägungen bis zur letzten Sitzung vor den Stadtverordneten ferien Mitteilung zu macheu. * Drcäden, 9. Juli. Der Mörder Grellmann wurde gestern vormittag unter entsprechender Be deckung nach dem Tatorte zwischen Plauen und Coschütz gebracht, wo er den Baugewerkenlehrling Schubarth ermordet hat. Er zeigte keine Spur von Reue. An der Stätte seines Verbrechens mußte er angeben, wie er sein Opfer erdrosselt, wie er die Leiche verborgen und auf welchem Wege er sie nachts nach dem Brauneschen Wehrteiche ge bracht habe. Seitens der Staatsanwaltschaft wur den die verschiedensten photographischen Aufnahmen gemacht, worauf Grellmann nach Dresden zurück transportiert wurde. * Chemnitz, 9. Juli. Heute nachmittag brach ein im Hofraum an der Hinterfront des Hauses Schillerstraße 5 zum Abputzen aufgestelltes Gerüst plötzlich in sich zusammen und riß drei darauf be schäftigte Maurer aus dem dritten Stock mit her unter. Der eine Maurer, der schwere innere Ver letzungen erlitten hat, mußte mittels Krankenwagens in das Sladtkrankenhaus überführt werden, der zweite erlitt außer einer größeren Kopfwunde einen Bruch des rechten Unterschenkels und der dritte trug eine Muskelguetschung, sowie mehrere Beulen und Hautabschürfungen davon. Die beiden Letzt genannten wurden mittels Droschke in ihre Woh nung gefahren. * Burgstädt, 8. Juli. Der Verein sächsischer Gemeindebeamten, der am Sonnlag hier seine dies jährige Versammlung abhielt, beschäftigte sich unter anderem mit der Frage der Errichtung einer Lan despensionskasse. Aus der Debatte giug hervor, daß man mit dem Beschlusse des sächsischen Ge meindetages nicht allenthalben einverstanden war. Man hatte mehr erwartet. Tie nächstjährige Ge neralversammlung des sächsischen Gemeindebeamten vereins soll in Plauen i. V. abgehalten werden. * Zwickau, 9. Juli. Gestern nachmittag fand in Gegenwart der städtischen Behörden und ver schiedener Ehrengäste der feierliche Umzug aus der alten in die neue prachtvolle Ingenieur-Schule auf dem Schießanger, die gestern durch den Besuch des Königs ausgezeichnet wurde, statt. In langer Wagenreihe fuhren die Studenten unter Führung der Chargierten mit dem Banner nach der neuen Lehranstalt. Im Zuge befand sich ein riesiges, karikiertes Modell des alten, unscheinbaren Ge bäudes, welches viel belacht wurde. Ein charakte ristisches Bild boten zwei mit Studenten besetzte Automobile. Im Hofe des neue» Gebäudes faud sodann die eigentliche Einzugsfeier statt, die mit Vorträgen des studentischen Gesangvereins „Kon kordia" und einer Ansprache des Direktors Kirch hoff eingeleitet wurde. Oberbürgermeister Keil sprach die besten Wünsche der städtischen Behörden aus und teilte mit, daß der Rat beschlossen habe, der Schule ein jährliches Stipendium von 100 Mark zu gewähren. * Annaberg, 9. Juli. Der Mord auf dem Fichtelberge ist nicht nur ein Raubmord, sondern auch auf persönliche Motive zurückzusühren. Wie weiter berichtet wird, wurde bei der Haussuchung bei Häckel am Sonntag kein Gewehr gefunden. Nach der Haussuchung aber wurde bekannt, daß am Sonntag abend Häckel 2 Gewehre zu Fleisch mann transportiert hat. Bei diesem wurden denn auch bei der Haussuchung 5 Gewehre gefunden. Man hatte schon daran gedacht, Fleischmann wieder zu entlassen, har ihn aber doch vorläufig in Haft behalten. Wie verlautet, war Häckel zuerst bei der Haussuchung ruhig, versuchte aber dann den „wilden Mann" zu spielen Ein wesentliches Mo ment zu eventuellen Entdeckung des Mörders wird auch der Zustand des Schädels sein. Er weist rach, daß der Schlag auf dem Hinterkopf mit geradezu furchtbarer Gewalt geführt worden sein muß, denn die ziemlich kräftige Schädeldecke ist am oberen Rande der Einbruchsstelle total glatt ab gebrochen, das ausgebrochene Stück ist in zwei Teile zerschlagen, und der ganze Schädel zeigt große Risse, darunter einen, der dicht neben einer der Hauptschädelnähte herläuft. — Wie vou maß gebenden Persönlichkeiten versichert wird, glaubt man in der Sache jetzt so weit klar zu sein, daß mit Bestimmtheit auf eine baldige endgültige Aus findigmachung des Mörders zu rechnen ist. * Plauen i- V, 9. Juli. Beide Füße ab gefahren worden sind gestern früh bei der Einfahrt des Arbeiterzuges von Mehltheuer dem Schaffner- Wunderlich aus Hof. Der Beamte glitt vom Tritt brett ab und fiel direkt in die Räder. — In Plauen wird eine Brücke über das Tal des Syrabaches gebaut, die eine einzige Oeffnung von 90 m Stütz weite bekommt. Sie ist die einzige ihrer Art in Deutschland. * Gcttengrün bei Adorf. Um dem verstorbenen Weber A. Wagner das Geleite zur letzten Ruhestätte nach dem Friedhof zu Eichicht zu geben, hatte sich am Dienstag nachmittag von hier aus die 09 Jahre alte Witwe des am Himmelfahrts tage beerdigten Webermeisters W. Röder dem Trauerkondukte angeschlossen. Die Aufregung über den Tod ihres Mannes zehrte die letzten Lebens kräfte des alten Mütterchens vollends ans. Als der Trauerzug die von Gettengrün nach Adorf steil ansteigende Straße hinter sich hatte und Bergner Flur betrat, sank die Frau lautlos zu Boden und verschied. Ein Geschirr des Herrn Pastor brachte die Tote zurück in ihr Heim. * Falkenstein i V, 9. Juli. Gestern abend in der 7. Stunde ist der Geschirrführer Albin Schneider vom Wagen gefallen und so unglücklich unter die Rüder gekommen, daß der Tod sofort eintrat. * Großenhain, 8. Juli. Ju Böhla bei Ort rand gingen dieser Tage zwei achtjährige Knaben in den nahen Wald, nm dort vorhandene wilde Kaninchen aus den Bauen auszuräuchecn. Sie hantierten aber so ungeschickt m t den Streich hölzern. das; ein Waldbrand entstand, durch den ein Acker Waldbestand vernichtet wurde. Nur- schneller Hilfe war es zu danken, daß der Brand nicht einen größeren Umfang annahm. * Lommatzsch, 8. Juli. Der Korbmacher- Münch in Leube» verließ seine in ärmlichen Ver hältnissen lebende Familie, um sich iu Dresden eine Stellung zu suchen. Der Mann kehrte jedoch tage lang nicht zurück und die Seinigen lebten in Sorge; jetzt empfing nun die Frau einen Brief aus Bremen von ihrem Mann, in welchem dieser »urteilt, er habe sich nach Amerika eingeschifft, nur dort sein Glück zu suchen. — Das dreijährige Söhnchen des in der Neugasse »lohnenden Maurers Schumann fiel in die Jauchengrube und ertrank. * Sicbcnlchn Der vierte Meisterkursus für Schuhmacher beginnt an der hiesigen Fachschule am 29. Juli. Der „Sächs. Jnmmgsbote", das Orga» sämtlicher Gewerbekammer» Sachsens, hebt besonders hervor, daß gerade die Fachschulen dazu berufen seien, die Meisterkurse za fördern, wenn er schreibt: „So viel steht schon jetzt fest, daß praktische Unterweisungen, sei es in Handfertigkeit oder an Maschinen, nur im Anschluß au eine Fach schule statlsinden können."—Die hiesigen Meister kurse für Schuhmacher unterscheiden sich dadurch von ähnlichen Kursen in anderen Städten, daß die Teilnehmer den ganzen Tag — von morgens 7 bis abends 7 oder 8 Uhr — arbeiten müssen und in diesem Unterrichte neben den theoretischen Fächern hauptsächlich praktisch tätig sind. Sie lernen die neueren Maschinen und Ärbeitsbehelfe kennen, die besonders in; Kleinbetriebe wichtig sind. Jeder Teilnehmer erhält pro Woche 10 Mark Beihilfe, außerdem freie Eisenbahnfahrt und unentgeltliche Benutzung der Maschinen. Gerichtssaal. 8 Tie Bluttat in Massanct vor Gericht. Der furchtbare Doppslraubmord, der am 11. Juni an dem Gutsbesitzer Müller in Masfanei bei Wald heim und dessen Wirtschafterin Berta verehel. Lang hof verübt worden ist, kam, wie schon gemeldet, am Mittwoch vor dem Chemnitzer Schwurgericht zur Verhandlung. Ueber die Ergebnisse der Verhand lung sei noch folgendes erwähnt: Der Angeklagte, ein mittelgroßer, kräftig gebauter Mensch mit bart losem Gesicht und kurzgeschniltcnem Haupthaar er zählte auf Befragen durch den Vorsitzenden, Herrn Landgerichtsdirektor Melzer, mit einer Stimme, der man nicht die leiseste Erregung anmerkte, daß er Max Alckhur Kamprath heiße, am 11. Oktober 1880 in Leisnig geboren ^ei und zuletzt aL Dienstknecht in Minkwitz bei Leisnig gearbeitet habe. Er sei mehrmals mit Hast, sowie wegen Sachbeschädigung, Betrugs, Diebstahls und vorsätzlicher Brandstiftung wiederholt mit Gefängnis bestraft worden. Die Sachbeschädigung hat er aus Rachsucht zum Schaden des Gutsbesitzers Müller in Mussanei verübt; da rauf war er von der Langhof angezeigt worden. Der Angeklagte hat eine traurige Jugend gehabt; sein Vater war ein Trunkenbold und seine Mutter ist in seiner frühesten Jugend vor Gram gestorben. Der Knabe, in dem sich frühzeitig alle bösen Eigen schaften zeigten, wurde mit 6 Jahren in eine Er ziehungsanstalt gebracht, in der er bis zur Kon firmation verblieb. Er verdingte sich dann als Kuhjunge auf das Stadtgut in Döbeln, riß aber bald aus und wurde schließlich Knecht. Bei dem Gutsbesitzer Müller in Massanei hat er wiederholt gedient, aber immer und besonder- mit der Lang hof Streit gehabt. Am 29. August 1902 wurde er wieder einmal aus der Strafanstalt Hoheneck entlassen; er trieb sich zunächst in der Welt herum und nahm, als das aus dem Gefängnis mitgebrachte Geld olle war, schließlich einen Dienst in Minkwitz an. Doch brachte er den im Gefängnis gefaßten Entschluß, sich an Müller und besonders an der Langhof zu rächen, nicht aus den Gedanken und da. um ließ er den Dienst im Stich und ging am 8. Juni 1903 nach Masfanei, wo er sich zunächst im Gasthof, in dem er als Hausknecht gedient hatte, einquartierte. Am Abend des 10. Juni versteckte er sich in dem im Hofe deS Müllerschen Gutes be« stattlichen Abort uav wartete hier, bis zuletzt auch der allein »och in der Stube mit Zeitungslesen be schäftigte Müller zu Bett gegangen war. Erdrückte fodann an einem Fenster der Wohnstube eine Scheibe ein, stieg hinein, entledigte sich der Stiefel und brannte in der Küche eine Rüböllampe an, mit der er sich schließlich nach der im oberen Stockwerk befindlichen Kammer Müllers begab. Das in der Küche mitgenommene Messer genügte ihm aber nicht, weil dann die Opfer zu viel Schmerzen gehabt hätten. Er holte deshalb ein B-il. Mit diesem schlug er den 63 Jahre alten Müller wiederholt auf den Kopf und stieß ihm auch noch, damit er ja sterbe, das Messer in den Hals. Müller war, ohne einen Laut von sich zu geben, verschieden, so daß ein in derselben Kammer schlafender Knabe gar nicht erwachte. Kamprath ging hierauf, wie er dieL ohne einen Funken von Reue erzählte, nach der in demselben Gang befindlichen Kammer der Langhof, die ebenfalls ein Kind bei sich hatte, um diese ab- zuschlachten. Die Frau hatte einen leisen Schlaf und erwartete Kamprath, wie er im Mondenschein sah, aufrecht im Bette sitzend. Er warf sich sofort auf sie, drückte sie in die Kissen und versetzte ihr eben falls mehrere wuchtige Schläge mit der Schneide und dem Rücken des Beiles auf den Kopf. Die Frau wimmerte nach dem ersten Schlag, war aber dann auch still, so daß der bei ihr liegende Knabe ebenfalls nicht erwachte. Der ruchlose Mörder antwortete auf die Frage de« Vorsitzenden, was er getan haben würde, wenn die Kinder erwacht wären, mit cynischer Ruhe: „Dann hätte ich sie ebenfalls erschlagen." Der Mordbube ging nach vollbrachter Bluttat ans Stehlen. Da rauf begab er sich nach der Vorratskammer, um etwas zu essen, rind wusch sich erst dann in der Küche die bluibcfbckten Hände. Nach kurzem Aufent halt in Meißen und Dresden wurde er in ersterer Stadt verhaftet und war auch gleich geständig. Das Schwurgericht verurteilte ihn, wie schon mit geteilt, wegen zweier Raubmorde zweimal zum Tode und zu dauerndem Verlust der Ehrenrechte. 8 Leipzig, 9. Juli. Ein MajestätSbeleidigungS- Prozeß fand heute gegen den Redakteur der sozial demokratischen „Leipziger Volkszeitung", den Schrift steller Dr. Paul Kail Lensch aus Potsdam, vor dem Landgericht Leipzig statt. Es kam ein am 25. März in der „Volkszeitung" unter der Ueber- schrift „Paul Mehnert" veiösfentlichler Artikel in Frage, welcher sich mit den zum Empfang des aus Italien zulückkehrenden Königs Georg geplanten Vorbereitungen beschäftigte und in welchem die Person des Geheimen Hofrats Mehnert in Dresden arg mitgenommen wurde. Der Schluß des Artikels enthielt aber eine direkte Beleidigung König Georgs. Auf Antrag des Vertreters der Anklage wurde wegen Gefährdung der Staatssicherheit hinter ver schlossenen Türen verhandelt. Das gegen Dr. Lensch gefällte Urteil lautet in Anbetracht der Schwere der MaßstätSbeleidigung aus 4 Monate Festungshaft. 8 Wegen Unterschlagung von 800000 Mk. und wegen verschiedener Fälschungen wurde am Donneistag der fiühere Treforverwalter der Darm städter Bank, Neßler, vom Berliner Landgericht zu 5 Jahren Gefängnis und ebenso langem Ehrverlust verurteilt. In der Verhandlung ergab sich die ver blüffende Tatsache» daß Neßler nicht weniger als 250000 M. verborgt Hal; zum Teil gab er das Geld ohne Schuldschein und ohne Zinsen hin. Darunter befanden sich Posten bis zu 90000 Mk.; einem Manne, der ihm die Hühneraugen schnitt, lieh er ohne weiteres 40000 Mk. zur Einrichtung eines Geschäfts. Ferner kaufte der Angeklagte für 40000 Mk. Lotterie lose. Seine Lebensweise soll ganz einfach gewesen sein. Ueber den Verbleib von 200 000 Mk. vermochte er keine Auskunft zu geben; es fei ihm selbst ein Rätsel, meinte er auf wieder holte Ermahnung des Präsidenten. Der Sachver ständige, Gerichtsrat Dr. Strömer hat den Angeklagten untersucht, aber nichts Anormales gesunden. Er fügte aber hinzu, daß dessen Frau ihm bedenkliche Einzelheiten über das Verhalten ihres Mannes in letzter Zeit milteilte. 8 Trcbcr-Schmidt, der vom Kasseler Schwur« gerich' zu 2 Jahren 8 Monaten Zuchthaus verurteilt worden ist, meldete Revision beim Reichsgericht an. 8 Prozeß Terlinden. Die Rechts-belehrung der Geschworenen am gestrigen Verhandlungstage dauerte ungefähr 2^ Stunden. Terlinden wurde nach dem vom Obmann Prof. Averdung-Duisburg verlesenen Wahlspruch des Verbrechens nach den 88 146, 147, 149, 151 und 275 des Strafgesetz- vucheS unter Ausschluß mildernder Umstände, Kosbadt der Beihilfe zu diesem Verbrechen, Beihilfe zum Betrug in mehreren selbständigen Handlungen, unter Zubilligung mildernder Umstände schuldig befunden. Der Wahlspruch bezüglich der Frau Terlinden und Frau Kosbadt lautete auf nichtjchuldig. Zum Zwecke der Berichtigung des Fragebogens hinsichtlich der Frau Terlinden mußten sich Gerichtshof und Geschworene nochmals zur Beratung zurückziehen. Das Urteil lautet gegelt Terlinden auf 6 Jahre Zuchthaus und Ehrverlust auf die gleiche Dauer, gegen Kosbadt auf t> Jahre Gefängnis unter Anrechnung von 1 Jahr 11 Monaten auf die Untersuchungshaft. Frau Terlinden und Frau Kosbadt wurden freigesprochen. Der Staatsanwalt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)