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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190307083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030708
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030708
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-08
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.07.1903
- Autor
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Schöffengerichtsfitzung vom 7. Juli 1903. Eine recht aufregende Sitzung bildete die heu tige erste Strafsache vor dem hiesigen Schöffen gericht. Angeklagt war der frühere Poliermeister Theodor Tertzschka von hier. Der Vorgang, welcher Tertzschka auf die Anklagebank brachte, spielte sich am 25. April d. I. auf dem Grundstück des Herrn Steinmetzmeisters Richard Thomä hier ab. Der Angeklagte kam am genannten Tage in betrunkenem Zustande in die Werkstatt des Herrn Thomä und wurde von dem Werkführer Leipziger, welcher den diesbezüglichen Auftrag von Thomä dazu erhalten hatte, aufgesordert, den Platz zu verlassen. Der Grund dazu lag darin, daß Tertzschka am Diens tag zuvor den Poliermstr. Färber aufgesordert hatte, ihm doch ca. 1 Pfund Zement und etwas weiße Zinnasche mitzubringen. Tertzschka wurde jedoch auf die Aufforderung des Leipziger hin stark beleidigend und ergriff schließlich, als L. flüchtete, eine Scheuerbürste und zwei Steine, welche er be reits in der Tasche trug, und schleuderte dieselben dem L. nach, ohne glücklicherweise zu treffen. In zwischen war Herr Thomä dazugekommen und forderte T. ebenfalls auf, das Grundstück zu ver lassen. Darauf faßte T. Herrn Thomä an, wobei beide zu Falle kamen. Vorher soll der Angeklagte noch die Drohung getan haben: „Dir Hund stech ich noch das Messer durch Deinen dicken Ranzen." Tertzschka wurde darauf von den herbeigeeilten Arbeitern gefaßt und aus der Werkstatt hinaus getragen. Darauf soll er noch weiter gelärmt und an die Türen gepocht haben. Der Bedrohung hatte sich T. schon früher einmal gegen Leipziger- schuldig gemacht, indem er gegen denselben die Aeußerung fallen ließ: „Dir spalte ich noch den Schädel mit der Schaufel!" Im Laufe der Ver handlung benahm sich der Angeklagte derartig renitent, daß er während der Beweisaufnahme aus dem Saale entfernt werden mußte. — Mit Rück sicht darauf, daß er bei Begehung der Tat be trunken und in hochgradiger Erregung sich befunden, wurde von einer Gefängnisstrafe abgesehen und auf eine Geldstrafe im Gesamtbeträge von 300 Mk. sowie Tragung der Kosten erkannt. In der Privatklagesache H. gegen M. waren die streitenden Parteien nicht erschienen. Der Kaufmann M. wird beschuldigt, den Kaufmann H. von hier dadurch beleidigt zu haben, daß er auf einer Postkarte die Worte gebrauchte: „Ihr schöner Herr Sohn." — Das Schöffengericht ver urteilte H. wegen Beleidigung zn einer Geldstrafe von 15 Mk. und Tragung der Kosten. Die dritte Strafsache richtete sich gegen den Schulknaben Alfred Kittler von hier. Ihm wird zur Last gelegt, am 10. Juni d. I. anläßlich des Schützenfestes hierselbst der Budenbesitzerin Schwarzenbach zwei Gewürznäpschen und eine Porzellantasse entwendet, ferner 50 Pfg., welche ihm der Fischwarenhändler Karl Linder mit dem Auftrage übergeben hatte, dafür Bier zu holen, unterschlagen nnd zum Schluß dem Handelsmann Voigt aus der Weinkellerstraße drei Enteneier aus einem in der Wohnung des V. stehenden Schrank entwendet zu haben. Der jugendliche Angeklagte gesteht den Diebstahl unumwunden ein und erfolgte heute auf Grund dessen seine Verurteilung wegen Diebstahl und Unterschlagung zu je l Tag Gefäng nis und wegen Nahrungsmiltelentwendung zu 1 Tag Haft. Hierauf betrat die Maurersehesrau Klara Böttcher aus Hüttengrund die Anklagebank. Sie soll im Mai d. Js. einen dem Gutsbesitzer Albin Knöfler in Tirschheim gehörigen Düngerhaken, welcher auf dem Wirtschaftswege lag, mitgenommen und sich dadurch dec Unterschlagung schuldig ge macht haben. Die Böttcher gibt an, sie habe den betr. Düngerhaken an die Schuberl'schen Eheleute, von denen sie vermutete, daß diese denselben ver loren haben könnten, wieder abliefern wollen. Das Schöffengericht gelangte jedoch durch die Aussagen eines Zeugen zu der Ueberzeugung, daß die An geklagte den Düngerhaken unterschlagen habe, und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 6 Mk. (Fortsetzung in nächster Nr.) Gerichtssaal. 8 Vom Schwurgericht Dresden wurde gestern ein gemeingefährlicher Bursche schlimmster Art, der 1880 in Radeberg geborene Fabrikarbeiter Ewald Georg Hübner, wegen Rückfalldiebstahls, versuchter Brandstiftungin 3 Fällen, vollendeter Brandstiftung in 2 Fällen und vorsätzlicher Gefährdung eines Eisenbahntransportes in der den ganzen Tag aus- füllenden Sitzung zu 14 Jahren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiaufsicht verurteilt. 8 Neber den Prozeß Schmidt wird aus Kassel weiter berichtet, daß der Sachverständige Plaut in der Bilanz 1899/1900 16 Mill. M. Aktiva bean standete und einen Fehlbetrag von 36 Mill, fcst- stellte. Wäre damals Konkurs angemeldet worden, hätten noch 8 vom Hundert gerettet werden können. Wenn Schmidt noch zuletzt an seine Rettung glaubte, müsse er ein sehr unfähiger Kaufmann gewesen sein. 8 Im Prozeß Terlinden in Duisburg wurde am Montag durch Zeugenaussagen erwiesen, daß die Grundstückstaxen auf Veranlassung Terlindens viel zu hoch, zum Teil um daS doppelte, angesetzt worden sind. Ein Zeuge erhielt für solche hohe Taxe von Terlinden 1000 Mk. Bücherrevisor Heß faßte sein Urteil dahin zusammen: Die Bilanzen seien sämtlich falsch, das Entstehen des Fehlbetrages sei auf eine bodenlos schlechte Wirtschaft zurückzuführen, o.. 8 Der Fähnrich z E. Hüssener vor dem Marine. Oberkriegsgericht. Vor dem Kieler Marine-OberkriegSgericht begann gestern früh unter starkem Andrange deS Publikums die Berufungs- Verhandlung gegen den Fähnrich z. S. Hüssener, der den Kanonier August Hartmann in Essen a. ,R. in der Nacht zum ersten Ostertage durch einen Dolchstich in den Rücken getötet hat. DaS Marine- Kriegsgericht der ersten Instanz hatte den Angeklagten wegen körperlicher Mißhandlung eines Untergebenen mit tätlichem AuSgange unter Annahme eine- minder- schweren Falles zu 4 Jahren Gefängnis und Degradation verurteilt, während der Vertreter der Anklage, Marine-KriegSgerichtSrat de Bary, 6 Jahre Zuchthaus und Ausstoßung auS der Marine beantragt hatte. Die Anklage lautet auch diesmal im Sinne der in erster Instanz geführten Anklage. Der Angeklagte Hüssener, der wieder durch Rechtsanwalt Stobbe verteidigt wird und sich in Kiel im Militärarrest in Hast befindet, erhob bekanntlich wegen der Höhe der Strafe Berufung, ebenso wie der Gerichtsherr, dem daS Strafmaß und die Beurteilung der Tat zu milde erschien. — Der Angeklagte stellte den Vorgang dar wie bereits in dem ersten Prozeß. Auch die Zeugenaussagen ergaben im wesentlichen nichts neues. Der Ankläger beantragte wiederum 6 Jahre Zucht haus, währendderVerteidigerFreisprechung beantragte. Nach zweistündiger Beratung verkündete das O^er- kriegsgericht folgendes Urteil: „Es ist dahin erkannt worden, daß das Urteil des Kriegsgerichts der ersten Marineinspektion vom 26. Mai dieses Jahres, soweit es den Angeklagten deS Ungehorsams gegen einen Befehl in Dienstsachen für schuldig erklärt, mit den für dieses Vergehen und wegen Mißhand lung eines Untergebenen in idealer Konkurrenz ver hängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe aufge hoben und der Angeklagte der vorschriftswidrigen Behandlung eines Untergebenen für schuldig erklärt und wegen vorsätzlicher Mißhandlung eines Unter gebenen mit tödlichem AuSgange zu 2 Jahren 7 Tagen Festungshaft verurteilt wird. 2 Monate und 7 Tage sind als durch die Untersuchungshaft verbüßt zu erachten." 8 Wegen unberechtigter Anmaßung einer Befehlsbefugnis und groben Unfugs wurde laut Fränk. Kur. der Leutnant Hetzel vom 127. Jnf.-Regt. in Ulm kriegsgerichtlich zur Dienstentlassung und zu 8 Wochen Gefängnis verurteilt. Sern Kamerad Mörschel erhielt 14 Tage Stubenarrest und 3 Tage Haft. Beide hatten in Zivil und in angeheiterter Stimmung eine Bierhalle besucht, dort Allotria getrieben und Streit angefangen. Als die Haltung des Publikums bedrohlich wurde, hatten sie von der Hauptwache eine Patrouille holen lassen. 8 Vom Altonaer Schwurgericht wurde der Hausknecht Mailau wegen Ermordung einer Prostituierten zum Tode verurteilt. Er ist noch zweier Morde verdächtig. 8 Die Strafkammer Oppeln verurteilte den 17jährigen Zögling der Jdiotenanstalt zu Leschnitz, Paul Scholz, zu 15 Jahren Gefängnis. Scholz hatte am 8. März die Anstaltslehrerin Frl. Bartsch in ihrem Zimmer überfallen, durch Messerstiche ermordet und ihr eine goldene Uhr und bares Geld geraubt. Dann hat er daS Zimmer in Brand gesetzt. Bei Begründung des Urteils führte der Vorsitzende aus, daß leider die Gesetzgebung eine höhere Strafe nicht zulasse. Kleine Chronik. * Berlin, 6. Juli. Wegen Unterschlagungen versuchte sich gestern im Grunewald am Ufer deS Gatower Sees ein Techniker zu erschießen ; die Kugel war jedoch statt in die Schläfe durch beide Augen gegangen und hatte diese zerstört. Der des Augen lichts Beraubte war aufs Geradewohl weitergegangen und stürzte ins Wasser. Auf seine Hilferufe wurde er von einem Forstarbeiter herauSgeholt. * Berlin, 7. Juli. Dem Abgeordneten Bebel ist, wie dem „B. T." aus Ulm berichtet wird, wieder eine Erbschaft zugefallen und zwar im Be trage von 400 000 Mk. Erblasser ist der kürzlich in einer Münchener Heilanstalt verstorbene ehe malige bayerische Leutnant Kollmann, dem Bebel einmal einen wesentlichen Dienst geleistet haben soll, wosür Kollmann ihm die Hälfte seines Vermögens vermacht Hal. Bebel hat die Erbschaft noch nicht angelreten, sondern läßt nachforschen, ob nicht Ver wandte Kollmanns in dürftiger Lage vorhanden sind. * Bei Delitzsch tötete ein Zigeunerhauptmann auf der Landstraße seinen Schwiegersohn, der einer anderen Bande angehörle und ihm Geld schuldete, durch Betlhiebe. * Halle, 6. Juli. Ein fürchterliches Familien drama spielte sich gestern im nahen Tornau ab. Der Oebster Pfeiffer war mit seiner Familie in Streitigkeit geraten und legte im Zorn dar geladene Gewehr auf seine Frau an, um sie zu erschießen. Al: eine dec Töchter daraus den 23jährige» Bruder zu Hilse rief und dieser zur Tür hineintral, schoß ihn der Vatw nieder. Die Kugel traf den Unglück lichen derartig in den Hals, daß er nach kurzer Zeit verschied. Der jähzornige Vater versuchte sich hier auf selbst dr» Leben zu nehmen und brachte sich mit einem Messer mehrere Verletzungen an der Brust bei, konnte jedoch überwältigt werden. Er wurde in die hiesige Klinik gebracht. * Hamburg, 6. Juli. Gleich den Maurern und Zimmerern haben heute auch die Bauhilfs arbeiter die Arbeit aus allen Bauten niedergelegt, aus denen nicht neunstündige Arbeitszeit und ein Slundenlohn von 70 Pfg. bewilligt wurde. * Altona, 7. Juli. Der Doppelmörder Speck aus Dresden ist gestern hier hingerichtet wor 'n. Speck tötete am 11, Juni v. I. den Kriminal gendarmen Marcus durch drei Revoloerschüffe, als ihn dieser wegen des von ihm an einer Frau be gangenen Raubmordes in einer Hausflur de» Bischofrwege« verhaften wollte. Ec wurde wegen Totschlag«, begangen am Gendarmen Marcus, vom Dresdner Schwurgericht am 26. November v. I. zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, iedoch, da der Altonaer Raubmord noch nicht verhandelt worden war, an dar hiesige Landgericht überführt. Nach dem da« Todesurteil gegen ihn ausgesprochen, wurde er gestern morgen mittels Handbeiles vom Leben zum Tove gebracht. * Wilhelmshaven, 6. Juli. In der benach barten oldenburgischen Gemeinde Bant ist in der Schule 0 die Klasse 4 geschlossen worden, weil über die Hälste der Kinder an Veitstanz erkrankt ist. Auch in den anderen Klaffen sind einige Erkrankungen vorgekommen. * Osnabrück, 5. Juli. Der durch da» jüngste Unwetter verursachte Schaden wird jetzt aus 4—5 Millionen Mark beziffert. ES ergehen Ausruse, die sich an die private Mildtätigkeit wenden. Der Wert der allein in der Stadt zertrümmerten Fenster scheiben wird auf 150—160 000 Mk. geschätzt. * Essen a. Ruhr, 6. Juli. Auf der Zeche Dahlbusch wurde ein Förderkorb zu hoch emporge- zogen; durch den Anprall wurden fünf Bergleute schwer verletz'. * Nürnberg, 7. Juli. Bei einem Stuben- brai d verbrannte ein 11jährige« Mädchen. In einem anderen Hause explodierte eine Spiritus- Maschine, wobei ein Mädchen schwere Brandwunden erlitt. Ein Polizeisergeant rettete da« Mädchen, wurde aber selbst verletzt. * Straßburg i. Els., 6. Juli. Der Grenz aufseher Schreiber in Menglatt, Kreir Altkirch, er schoß ohne ersichtlichen Grund den Bauernsohn Schölt. Zwei Kameraden des Getöteten verletzte er mit dem Flintenkolben. * Kärnten, 7. Juli. Im Karawanken-Gebirge stürzte beim Besteigen de« 2135 m hohen Kosuta- gebirge« der Handlung«gehilfe Serdinscheg ab und war sofort tot. * Pilse». Am Sonnabend nachmittag sind in dem Dorfe Girschowa 14 Bcuerngehöfte, bestehend au» 31 Gebäuden, ntedergebran.it. Fast die ge- samten Einwohner de« Orte« waren auf den ent fernt liegenden Feldern beschäftigt, al« da« Feuer zum Ausbruch kam. Außer der gesamten sonstigen Habe der von dem Unglück betroffenen Ortsbe wohner sind, soweit bisher festgestellt ist, 42 Rinder, 4 Pferde und zahlreiche« Geflügel in den Flammen umgekommen. Eine 77 Jahre alte Frau erlitt schwere Brandwunden. Einem Bauer verbrannten Banknoten im Betrage von 6800 Kronen, die er am Sonnabend früh in der hiesigen Sparkaffe be hoben hatte. * Bozen, 6. Juli. Da« Chiese-Tal an der Südwestgrenze von Tirol wurde von einem schreck lichen Hagelwetter heimgesucht. Der Schaden ist bedeutend. * Zürich, 6. Juli. Au« der West- und Mittel schweiz laufen immer noch Meldungen über schwere Gewitterschäden ein. So gibt e« im Entlebuch Dörfer in denen kein Hau« unbeschädigt blieb; bei Bern wurden 48 Schafe vom Blitz getötet und der Hirt verletzt. Von anderen Orten meldet man voll ständige Vernichtung der Ernte und Brückeneinstürze. * Newyork, 6. Juli. Zu förmlichen Raffe kämpfen kam es in Evansville (Indiana), weil der Neger Brown einen Polizisten erschossen hatte. Die Neger plünderten die Waffenläden, wobei zwei von ihnen erschaffen und eine Anzahl verwundet worden waren. Die Tumulte und da« Schießen dauerten die ganze Nacht an. Der Gouverneur von Indiana hat die Miliz einberufen. * Pittsburg, 6. Juli. Der See bei Bakford, einem Vergnügungrort in der Nähe von hier, trat infolge eines Regensturmes über die Ufer, durch brach den Damm und flutete ins Tal hinunter. Etwa 50 Menschen sollen ertrunken sein. Der Schaden an Grundeigentum ist groß. Die nächstge legenen Städte sind überschwemmt. Die Pennsyl vania-Eisenbahn ist unterwaschen. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 5. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). „Tatsächlich, ohne dies wäre es unmöglich," bemerkte der Richter. „Immerhin . . ." Der alte Arzt, der die Unentschlossenheit des Beamten bemerkte, rief hastig: „Hier haben Sie meine Schlüsse, die ich Ihnen im Namen der Wissenschaft, auf Grund meiner zwanzigjährigen Praxis und als ehrlicher Mann darlegte . . . Wenn Sie mir nicht glauben . . . wenn Sie mich für unfähig oder parteiisch halten .. „Na nu! Mein lieber Doktor, werden Sie nicht böse," sagte der Staatsanwalt, indem er ihm freundschaftlich aus die Schulter klopfte. „Wir sprechen ja gar nicht über Ihre Feststellungen! In dessen ist's unsere Pflicht, die Sache nach allen Richtungen hin zu untersuchen, und es ist uns wohl erlaubt, zu prüfen." „Prüfen Sie, was Sie wollen. Nehmen Sie meinetwegen einen anderen Experten, Wenns Ihnen Vergnügen macht. Ich widerspreche dem gar nicht. Wir werden ja sehen, ob er anderer Meinung ist als ich." Der Beamte hielt cs für zwecklos, mit einem so empfindlichen Widersacher weiter zu streiten. „Wir sind einverstanden," sagte er, „Jaguier, schließen Sic Ihren Bericht nach dem Urteil des Doktors: ein einfacher Unfall." „Wie, mein Herr," rief die Witwe in Tränen auSbrecyend, „nachdem, was ich Ihnen mitgeteilt habe, glauben Sie immer noch . . ." „Dazu bin ich gezwungen, Madame," sagte der Staatsanwalt voll Milde und Mitleid, „alles, was ich tun kann, ist, Ihnen zu versichern, daß ich, wenn Sie irgend welchen ernsthaften Beweis für Ihre heutige Anklage erbringen können, immer bereit bin, Sie anzuhören. Ich verpflichte mich dazu voll und ganz." „O, ich danke Ihnen, mein Herr, ich danke Ihnen," rief die Frau. „Und es wird mir ge lingen, seien Sie überzeugt. Denn wenn mich auch die ganze Welt verlassen sollte, wenn ich ganz allein bleiben sollte, ohne Unterstützung, ohne Hilfsmittel, ohne Brot — mein ganzes Dasein, all meine Kraft, das schwöre ich, werde ich der Entdeckung des Mörders, der Rache für den Tod meines armen Gatten widmen." 3. Kapitel. „Ich glaube, daß wir unL so am besten aus der Asfaire gezogen haben," sagte der Richter, als die Beamten wieder in den Zug gestiegen waren, um nach Havre zurückzukehren. „Erstens haben wir nach den Feststellungen unseres ausgezeichneten Doktors geschlossen . . ." „Feststellungen, die der Wahrheit entsprechen, das können Sie glauben," unterbrach ihn der Arzt. „Aber," versetzte der Staatsanwalt, „was uns die Frau des Opfers erzählt hat . . ." „Da» sind Verirrungen einer Aufgeregten und Hysterischen!" erklärte der Doktor in guter Laune. „Hm," machte d-r Richter leichthin, „vielleicht ist doch etwa» Wahre» an dem, was sie erzählt. Aber selbst zugegeben, daß sie uns genauere Details hätte liefern können, wohin hätte uns das geführt?" „Sie haben vielleicht recht," meinte der StaatS- anwalt. „Aber sagen Sie mir, Sie, der Sie die Geschichte Rozens in ihren Einzelheiten kennen, ist sie wirklich so ungewöhnlich, wie die Legende be hauptet ?" „Eher noch mehr . . . UebrigenS hatte ich Ge- legenheit, viele Einzelheiten kennen zu lernen, al« ich noch den Pariser Gerichten zugeordnet war, und wenn Sie mir Ihre Aufmerksamkeit einige Minuten schenken wollen, werden Sie darüber urteilen können." „Erzählen Sie, lieber Freund. Wir haben noch eine gute halbe Stunde bis Havre; nichts kürzt die Reise mehr als eine interessante Geschichte . . . Das heißt, wenn'S dem Doktor nicht zuwider ist?" „Ich!" rief dieser. „Ei, scherzen Sie, Herr Staatsanwalt? Ich bin im Gegenteil sehr be gierig, die Odyssee dieser Persönlichkeit kennen zu lernen, von der man mir seit heute früh die Ohren vollschwatzt. Schießen Sie loS, mein lieber Richter, ich höre zu." (Fortsetzung folgt.) Handels-Nachrichten. 'isrUll, 6. Juli. (Wechsrt-Tours.) Sank- Vlssov. Mark Amsterdam 3 8 r 01,30 C per 100 fl. d. 2M 102,10 (4 Brüssel und Antwerpen 8 8 L 91,40 0 pr. 100 Francs. 3M 101,85 6 Italienische Plätze 5 WT 99.15 6 pr. 100 Lire 90,50 6 Schweiz. Pl. 100 Fre. 4 10 T 95,20 6 London 8 T 100,60 I! pr. 1 Lstrl. 4 3M 100.25 E Madrid und Barcelona g 14 L 101,75 0 pr. 100 Pesetas 2M 99,40 6 Paris g S T 97,75 I! pr 100 Franc 3M 103 50 » Petersburg 4'/, 8 T 105,20 (1 pr. 100 Rubel 3M 101,00 11 Warschau 100 Rubel 5'/, 8 T 104,50 L Wie» per 100 Kr. ö W. 3'/. 8 L SM ! ! Reichsbank 3'/»°/°, Lomb.-L --S- 4'/,°/». Zahlungseinstellungen. Hermann Pielahn, Wiek-Bergen a. Rüg. Bernhard Krause, Berlin. Benjamin Löwenstein, Berlin. Sally Edel, Schöneberg-Berlin. Samuel Blum, Eickel Bochum. Wilhelm Ahrens, Delmenhorst. Kath. Nikolai, Dresden. Louis Herlelh, Eberswalde. August Brandes, Elze. Franz Schleininger, Konitz. Neueste Nachrichten und Depeschen vom 7. Juli. Bromberg. Der 30. Gastwirtstag hat am gestrigen Tage seinen Anfang genommen. Ueber 300 Delegierte aus allen Teilen Deutschlands sind eingetroffen. Wien. Wie die „Neue Freie Presse" meldet, ist die Ministerkrisis wieder in ein neues Stadium getreten, nachdem gestern Gras Khuen-Hedervary gegen die in Aussicht genommene Fassung des Handschreibens von Körber, wodurch seine Demission abgelehnt wird, Einspruch erhoben hat, weil darin der Hinweis auf die Vorgänge in Ungarn als Hauptursache der Krisis vorkommen sollte. Budapest. Die Konferenz der Unabhängigkeits partei beschloß nach Ostündiger Debatte mit 26 gegen 20 Stimmen, den früheren Parteibeschluß bezüglich der Einstellung der Obstruktion aufrecht zu erhalten. Belgrad. Nach neueren Nachrichten gährl es in der muhamedanischen Bevölkerung Makedoniens bedenklich, so daß stündlich der Ausbruch von Metzeleien zu erwarten ist. Belgrad. Die Unteroffiziere des 6. serbischen Infanterie-Regiments, welches aw Königsmorde beteiligt war, demonstrierten gegen die Versetzung in die Provinz. Die Stellung des Kriegsministers AthanaSkosz soll dadurch erschüttert sein. — Am 4. Juli wurden alle beweglichen Güter der Königin Draga öffentlich versteigert. Tanger. Der „Timer"-Korrespondent Harris, der von Gebirgsbewohnern gefangen genvr'meii worden war, ist gegen Austausch von Gefangenen wieder freigelaffen worden. Standesamtliche Nachrichten von Hohenstein-Ernstthal auf die Zeit vom 28. bis mit 4. Juli 1903. Geburten: Ein Sohn: dem Klempner Karl Louis Günther. Dem Handarbeiter Franz Ewald Barth. Eine Tochter: dem Fabrikweber Richard Alfred Gold schabt. Dem Kutscher Max Bruno Stranch. Dem Weichenwärter Bruno Leißl. Außerdem eine uneheliche Tochter. Aufgebote: Der Damenschneider Kurt Moritz Hofmauu mit der Schneiderin Auguste Marie verw. Rolhgerber geb. Oertel, beide hier. Der Eisenhobler Max Eugen Großer hier mit der led. Johanne Selma Albert in Wilkau. Eheschließungen: Der Korbmacher Paul Albin Weise mit der ledigen Strickerin Ernestine 'Alfreda Welzel, beide hier. Der Fabrikweber Gustav Otto Bochmann mit der ledigen Nadelarbeiterin Anna Pauline Sittner, beide hier. Der Fabrikweber Ernst Therdor Feldmann in Oelsnitz i. V. mit der ledigen Wirtschaftsgehilfin Agnes Thekla Schürer in Oberplanitz Sterbefälle: Paul Richard Wagner, Sohn des Webers Emil Richard Wagner, 5 M. alt Hildegard Panla Morgen stern, Tochter des Appreturgehilfen Ernst Paul Morgen stern, 1 M. alt. Elsa Hildegard Müller, Tochter des Schlossers Emil Richard Müller, 2 M. alt. Auguste Wilhelmine Beck, geb. Fechner, Ehefrau des pens. Stadt- kassierers Friedrich Wilhelm Beck, 58 I. alt. Oswald Riedel, Sohn des Hauswebers Heinrich Emil Riedel, 16 T. alt. Friedrich Paul Gerhard Wolf, Sohn des Webers Panl Wolf, 6 M. alt. Klara Lina Bogel, Tochter des Webers Oskar Emil Vogel, 6 M. alt. Helene Elsa Morgenstern, Tochter des Appreturgehilfen Ernst Paul Morgenstern, 1 Monat alt. Die Hospitalitin Christiane Karoline verw. Herold, verw. gew. Hötzel, geb. Meyer, 83 Jahre alt. Die Fabrikexpedientensehefrau Auguste Wilhelmine Wolff, geb. Barth, 61 Jahre alt.
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