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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 26.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190307263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030726
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-26
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 26.07.1903
- Autor
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* Potsdam. „Ich muß heute noch inS GraS beißen!" Mil diesen Worten sprang am Sonntag nachmittag in Potsdam der Schuhmachergeselle Josepeit aus Spandau von dem für die Königlichen Dampfer bestimmten Landungssteg an der Langen Brücke in die Havel. Der offenbar angetrunkene Mann schwamm, laute Hilferufe auSstoßend, im Wasser hin und her und veranlaßte auf der sehr durch den Fremdenverkehr belebten Langen Brücke einen großen Auflauf. Sin Schutzmann holte von dem dort stehenden Steuergebäude einen RettungS. ring hcrbei und warf ihn dem Schwimmer zu, der sich nun gemütlich anS Land ziehen ließ. Man legte ihn auf ein Rasenstück der Freundschaftsinsel nieder und hier führte Josepeit eine neue Komödie auf, indem er sich brüllend hin und her wälzte, dabei erklärte, er müsse heute noch inS GraS beißen und nun tatsächlich inS GraS hineinbiß. Plötzlich sprang er auf und stürzte sich aufs neue in die Havel, auS welcher er sich wiederum mittels Rettungs ringe- herausziehen ließ. Dieses Manöver wieder holte der Mensch noch mehrere Male, bis eS gelang, ihn festzuhalten und der herbeigerufenen Feuerwehr zu übergeben, welche ihn auf einem zweiräderigen Karren, der eigens für in „Brand" geratene Leute hergestellt ist, nach dem Polizeigefängnis brachte. * Wilhelmshaven, 22. Juli. An Schiller- Hero und Leander gemahnte ein Vorgang, den man am Montag früh hier beobachten konnte. Der moderne Leander war allerdings in Marineunisorm, und der Schauplatz war die Jade. Ein Matrose von Bord des „Kaiser Karl der Große" hatte bei seinem Liebchen die Abfahrtszeit der Ptnafse ver trödelt, die ihn an Bord seine» auf der Rhede liegenden Schiffe» bringen sollte. Kurz entschlossen entledigte er sich aller ihn beim Schwimmen hindern den Kletdungtstücke, die ihm seine „Hero" in ein Bündel schnürte und aus dem Rücken befestigte. Dann warf er sich in die Flut. Von seinem Schiffe aus wurde der diensteifrige Schwimmer be merkt und mittel« eine« Boote« an Bord geholt. * Rom, 23. Juli. Gegen den Pionier-Ober leutnant Modugno in Bari, der bereit« unter dem Verdachte, seine Frau ermordet zu haben, im Unter- suchungsgefängi« sitzt, ist ein neue« Strafverfahren eingeleitet worden wegen einer Reihe von Greuel- taten, die er sich während de« Chinafeldzuge« hat zu Schulden kommen lasten. Die ehemaligen Unter gebenen Modugno» sagen folgende« au«: Zu ver schiedenen Malen plünderte der Oberleutnant nacht« Häuser von reichen Chinesen, in die er mit List oder Gewalt eindrang. Der Hauptplatz seiner Tätigkeit war Paotingfu. Indem er da« Stichwort der Gendarmen sagte, verlangte er Geld. Wurde e« ihm verweigert, so ließ er seine Leute eintreten, das Bajonett aufpflanzen und die Chinesen mißhandeln. Half die« alle« noch nicht«, so teilte er selbst Säbel hiebe au«, bi« die Chinesen da« Versteck ihrer Schätze angaben. Einen besonder« schlimmen Fall bezeugten mehrere Soldaten. Eine« Nacht» ließ sie Modugno in da» Hau« zweier reicher Chinesen etndringen. Al« sie auf Verlangen kein Geld herau«- gaben, ließ Modugno sie in den Garten führen und dort eine Grube au«höhlen. Dann steckte er den einen Bruder hinein und ließ die Grube mit Steinen füllen, bis sie dem Unglücklichen an die Brust reichten. AI» man ihm immer noch nicht« verriet, wandte er auch bei dem anderen Bruder dieselbe Marler an, bi« man ihm einen Ort angab, wo er zwei Gesäße voll Gold fand. Ferner ließ sich Modugno Vergewaltigungen von Chinesinnen zu Schulden kommen und seine Soldaten zwang er mit der Pistole in der Hand, ihm bei seinen Schänd- ltchkeiten behilflich zu sein. Er mißhandelte seine eigenen Leute mit Faustschlägen und Peitschenhieben. Auf seinen nächtlichen Streifzügen führte er stets aus einem Wagen eine Kastelte zur Aufnahme der Beute mit. Au« dem Feldzuge brachte er 18 Koffer voll von Gold- und Silbersachen und kostbaren Cbinawaren mit nach Italien. Praktisches für die Hausfrau. — Die Kunst deS Einmachens In der Zeit der frischen Früchte muß die Hausfrau daran denken, von dem reichen Segen, mit dem uns die Obstzeit überschüttet, etwas aufzubewahren für die übrige Jahreszeit, um auch in den fruchlarmen Monaten die Tafel damit beschicken zu können. Das Einmachen verstehen wohl so ziemlich alle Hausfrauen oder glauben es zu verstehen. Das richtige Einmachen aber ist eine Kunst, die gelernt sein will. Es sollte keine Hausfrau, auch wenn sie glaubt, schon alles zu Hause „bei Muttern" gründ lich gelernt zu haben, doch niemals verabsäumen, sich weiter auszubilden. Auch die tüchtigste und erfahrenste Hausfrau kann noch etwas dazulernen. Es macht ihr keine Schande, wenn sie in modernen Koch- und Wirtschaftsbüchern studiert, um zu sehen, ob sie nicht darin praktisch verwendbare Winke und Anregungen findet. Die 3 Grundsätze für das Ein- machen von Früchten sind: l. peinlichste Sauberkeit aller Gefäße; 2. zweckentsprechende Auswahl der Früchte; 3. beste Zutaten ohne alle Surrogate. — Wie legt man Salzgurken im Großen ei«? Nicht zu alte, noch nicht gelb gewordene fehlerfreie Gurken werden einige Stunden in kaltes Wasser gelegt, mit einer weichen Bürste gereinigt, in reinem Wasser abgespült, mit einem Tuche ge- trocknet und dann logenweife mit Dill, Kirschblättern und Wcinlaub in Fässer eingelegt. Neue Fässer müssen vorher mit heißem Wasser ausgebrüht und so lange mit Wasser ausgelaugt werden, bis dasselbe geschmack- und geruchfrei bleibt; bereits gebrauchte Fässer (etwa Weinfässer) müssen vorher ausgebrüht und auSgeschwefelt werden. Ist das Faß dicht voll- gepackt, dann setzt man den Boden ein, füllt dasselbe durch das Spundloch mit kaltem Salzwasser (auf 10 Liter 1 Kg. Salz) an und überläßt es mit offenem Spunde bei Zimmerwärme der Gährung, indem man durch etwa erforderliches Nachgießen dafür sorgt, daß das Faß stets mit Salzwasser gefüllt ist. Nach vollendeter Gährung, wenn das Salzwasser einen entsprechend säuern Geschmack angenommen Hal, verspundet man daS Faß und hebt eS im kühlen Keller auf. Um Hohlwerden der Gurken zu verhüten, müsfen dieselben bei dem Ein legen mit einer Gabel durchstochen werden. Die nalurgrüne Farbe der Gurken mehr zu bewahren, kann man dem Salzwasser eine Kleinigkeit Alaun zusetzen. Etwa gewünschte Verschärfung der Säure kann durch Zusatz von Essig oder Weinstein bewirkt werden. Ohne solchen Zusatz werden die Salzgurken von den meisten für feiner gehalten. — Kirschflecken auS Leinwand zu entfernen. Man wasche sogleich in lauem Wasser und Seife, dann tauche man die Fl-cken in Milch, so daß dieselbe ganz darüber steht, lasse solche eine Nacht darin liegen, und jede Spur von Flecken ist ver schwunden. — Die Fleischverderbnis in der Sommer hitze ist der ständige Aerger unserer Hausfrauen. Manches Fleisch, das erst ansängt zu riech-n, läßt sich durch Waschen mit übermangansaurem Kali oder Bestreuen mit Holzkohle noch genießbar machen, doch muß man hierbei vorsichtig sein und Fleisch, bei dem die Fäulnis weiter vorgeschritten ist, lieber wegwerfen. Nur bei den Anfängen des Fäulnis- prozesseS, dessen erste Spuren sich auch schon durch den Geruch zu erkennen geben, ist daS noch unschädlich. Mürbe, schmierig gewordenes, teilweise grünlich ge- färbteS Fleisch ist dagegen schädlich. Das genieß bare Fleisch von kranken Tieren darf schon bei leichteren Graden der Fäulnis nicht genossen werden. Faulende Fische scheinen immer nachteilig zu sein, während Fleisch mit Haut-gout von höheren Tieren, obwohl es durch die Zubereitung seinen Geruch nicht verliert, doch ohne Nachteil gebraten oder gekocht werden kann. In Würsten (besonders in schlecht gekochten und geräucherten Blut- und Lebe» Würsten) und im Schinken entwickelt sich zuweilen ein höchst giftiger Stoff (Wurst- und Schinkengifl), der am häufigsten in Württemberg beobachtet wurde und sich durch scharfen, ranzigen oder sauren, auch bitterlich-säuerlichen Geschmack zu erkennen gibt. Man genieße niemals Fleisch oder Wurst von säuerlichem, scharfem oder widerlichem Geruch und Geschmack. Handels-Nachrichten. UvrUn, 24. Juli. (Wechsrl-ikours.) Lank- vlssont Marl Amsterdam 3 8 T 91,00 6 per 100 fl. d. 2M 102,20 0 Brüssel und Antwerpen Z 8 T 90,75 6 pr. 100 Francs. 3M 102,20 8 Italienische Plätze 5 10 T 89,90 6 pr. 100 Lire 2M 90,40 6 Schweiz. Pl. 100 Frc. 4 10 T 94,90 8 London 8 T 100,80 U pr. 1 Lstrl. 4 3M 99,90 6 Madrid und Barcelona 5 14T 100,75 8 pr. 100 Pesetas 2M 95,75 6 Paris 2 8 T 97,20 8 pr 100 Franc 3M 103,50 8 Petersburg 4.8 T * 3M 105,- 8 pr. 100 Rubel 101,— 8 Warschau 100 Rubel 5'/ ,8 T 104,50 8 Wien per 100 Kr. ö W. 3'/ 8 r '3M I ! Vl Reichsbank 3'/,°/» Lomb.-^ .-F. 4'/,°/°. «»aävdurr. 24 Juli. Kornzucker cxcl. 88'/n Ren- üemenl 8,90—9,20. Nachproduclc excl. 75'/« Rendement 6,90—7,15. Trimmung: Ruhig. Krystallzucker 4 29,80. Brodrasfinade 129,45. Gem. Raffinade mit Faß 29,45. Gem. Melis 28,95. Rohzucker I. Product Trans, f. a. B. Hamburg per Juli 15,90 Gd., 16,05 Br., 00,00 bez., per Aug. 16,00 Gd., 16,10 Br., —,— bez., per Oktober-Dezbr. 17,40 Gd., 17,45 Br., per Jan.-März 17,70 Gd., 17,80 Br., per Mai 18,00 Gd., 18,10 Br.,—,—bez. Stimmung: Ruhig. — Wochenumsatz: 23 000 Zentner. Uitmdurs, 24. Juli. Weizen matt, Holsteinischer u. Mecklenburacr l62—166, Hard Winter 131. Roggen flau, südrufi. 96—101, Holsteinischer und Mecklenburger 130—142. Mais ruhig, amerik. 100- 102. Hafer still, Gerste still. Wetter: Schwul. Urvmea, 24. Juli. (Baumwolle). Tendenz: Matt. Upl. middl. loco 63 Pfg. Liverpool, 24. Juli. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Umsatz: 10 010 B. Stimmung: Willig. Jmvort: 3000 B. Preise5—6 Punkte niedriger. Umsatz: 7 000 Ballen, davon für Speculation und Export 10 0 Ballen. Amerikaner ruhig, 8 Punkte niedriger, good ordinary 4, Egypter läge, Brasilianer 8 Punkte niedriger. Lieferungen mall. Juli 6,33—6,34, Juli-August 6,32—6,33, Septbr.-Oktbr. 5,82- 5,83, Novbr.-Dezbr. 5,28, Jan.-Febr. 5,21—5,22, Zahlungseinstellungen. Lambert Hammers, Aachen. Emma Sommerfeld geb. Bogel, Berlin. Siegfried Mendel, Berlin. Witwe W. Rosenfeld, Bielefeld Gotterbaum Bielefeld. W. Hermanns, Braunschweig. Marie Catharine Maximiliane Triebler geb. Herbst/Bremen. Christian Leiberich, Crailsheim. Robert Otto Steinemann, Dresden. Wilhelm Pickhah», Brunsbütbsthofen-Eddelok. Oskar Falk, Erfurt. Herm. Knoblauch, Schmira-Erfurt. Anna Göpffroth geb. Haase, Erfurt. Wilhelm Conrad, Freienwalde a. O. Marie Torelhea Heckel geb. Meyer, Hamburg-«!.-Georg-Ham burg. Pau Friedrich Johann Haase, Hamburg Höhen felde Hamburg. Beter Heinrich Jansen, Busch-Heins berg, Rhld. Henriette Lang geb. Lang, Kiel. Friedrich August Ad. Schenk, Kiel. Karl Friedrich Aug. Burger, Kiel. Ludwig Schäfer, Berlichingen Künzelsau. Otto Michaelis, Landsberg a. W. Joh. Nepomucen, Svinsli, Palosch Mogilno. Kaspar Piutner, Mülheim a. Rh. Bürgerunterstützungskasse, M.-Gladbach. Leon Altmann, Nordhausen. C. A. Hickel, Rotenthal-Olbernhau. Ludiv. Best, Hasclborn-Usingen. Bezirksliste sächsischer Erfinder. Milfleteilt vom Patentbureau O. Krueger 8c Co., Dresden, Schloßstr. 2. Angemeldet von: Sächsische Maschinenfabrik A. G., Chemnitz: Schrämrost mit durch Flüssigkeit gekühlten Roststäben. — I. C. Schönherr, Chemnitz: Spuck napf mit sich selbsttätig schließendem Deckel. — Maschinenfabrik Kappel, Chemnitz-Kappel: Wende getriebe. — H. Schuberth, Chemnitz: Dampshammer- schieber. — C. M. Ramm und F. P. Eckhardt, Chemnitz: Verfahren zur Herstellung von Feilen. — A.Kulitzscher, Lichtenstein : Spundapparat für Kohlen säure. — H. R. Müller, Limbach: Aus Dämpf kasten und Heizkörpern bestehender Dämpfapparat. — O. P. Schubert, Chemnitz: Schienenverbindung mit schrägen Stvßflächen für Straßen- und Eisenbahn- schienen. — Köpping und Schreiter, Chemnitz- Kappel : Automatischer Telephonvetschluß. — E. G. Weber, Chemnitz: Küchengerät zum Schneiden von Fleisch. — Moßdorf u. Mehnert, Maschinenfabrik, Chemnitz: Kugelgelenkartig drehbares Gelenk. — H. Hartig, Kändler: Handschuhnähmaschine. — Sächsische Maschinenfabrik, Chemnitz: Scheidewände auS Blech o. dgl- an Spinnmaschinen. — P. Schön herr, Chemnitz: Schützenschlagsicherung mit drehbarem Sektor und Sektorhebel. — O. Speer, Chemnitz: Doppelschaflplüschware mit Effektfadeneinschlag und Flammeneffekten. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier. 21. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). Sobald dies alles geglückt, mußte die Insel in die Gewalt der Sträflinge fallen, die dann den Unterseetelegraphen abschneiden würden, welcher die Insel mit dem Festlande verbindet. Der Major, die Schwestern des Krankenhauses, die Beamten rc. würden Gefangene sein, noch ehe jemand daS Alarm zeichen geben könnte. Man wollte die Kasse be schlagnahmen und das Geld als Zehrpfennig für die Reise untereinander verteilen. Es würde leicht sein, die verfügbaren Fahrzeuge zu bewaffnen und zu fliehen, das englische Guyana zu erreichen. Dort würde man sich an einer einsamen Küste absschifsen, fern von jedem bewohnten Fleck; denn man mußte sich vor Wiederauslieferung in Acht nehmen. Von der Küste auS würde man sich in alle Richtungen zerstreuen. Jeder würde sich seinen eigenen Weg suchen, aber daS gemeinsame Rendezvous sollte Paris sein. Während des ganzen Tages schlichen Rozen und Bastien vorsichtig zwischen den arbeitenden Sträflingsgrupven hindurch und gaben das Sticy- wort für den Ausbruch am Abend. Der Tag war schwül gewesen, und ein heftiges Gewitter zog in der Nacht herauf. Alles ging aufs beste. Selbst das Gewitter war für die Aufrührer eine neue Chance, ein Trumpf mehr im Spiel. Unter diesen Umständen war eS um so leichter, die Wachsamkeit der Wärter zu täuschen. Der Eintritt in die Schlafräume ging wie ge wohnt von statten. Nach einer Stunde schien alles zu schlafen. Plötzlich wurde ein leiser Pfiff ver nehmbar. Männer entstiegen den Hängematten und drängten sich geräuschlos gegen die Tür. Rozen und Bastien waren da. „Vorwärts!" Ein heftiger Donnerschlag dröhnte. „Vorwärts!" wiederholte Rozen. Die dreißig Mann stießen wider die nachgebende Tür. Draußen tobte wütender Sturm, der Regen fiel in Strömen, ein Wetter, wie es nur in den Tropen vorkommt. „Mut, Kameraden," rief Bastien, „zum Posten!" Doch kaum hatten sie zehn Schritte getan, als eine Stimme laut kommandierte: „Halt'." „Teufel," ries Nr. 883, die Fäuste ballend, „wir sind umzingelt!" „Verraten!" sagte ein Genosse. „Verraten!" heulte Rozen. „Verflucht. Der wirds teuer bezahlen, der da . . . Nachher . . . Vorwärts! . . . Wir sind die Stärkeren." Der Zuruf feuerte die Empörer von neuem an. Rozen packte Bastien heftig am Arm. „Wirf Dich nieder!" rief er ihm zu. Macaron gehorchte instinktiv. In diesem Augenblick durchzitterte ein neues Kommando die Lust. „Feuer!" Schüsse krachten. Drei Männer stürzten in den Reihen der Aufrührer. Die Genossen sahen jetzt rot vor den Augen. Wie Tollwütige rückten sie weiter vor. Eine zweite Salve streckte zehn von ihnen zur Erde, und nur noch eine kleine Zahl blieb ausrecht, die von den Soldaten und Aufsehern bald gefangen war. Von der Verwirrung begünstigt, gelang es Rozen und Bastien, wieder in die Baracke zurückzukommen. Von dem Gewehrgekcatter aufgeweckt, erhoben sich die Verbrecher aus ihren Matten, alle gewillt, den Aufruhr zu vergrößern. „Zu spät," versetzte Rozen, „man hat uns ver raten. Und auf seinem Gesicht malte sich höchste Zerzweiflung. „Wer aber ist der Verräter?" fragte Bastien Rozen. „Das werden wir schon eines Tages wissen," antwortete dieser. „Für den Augenblick laß Dich retten; folge mir." Während man ihre Kameraden in die Kerker absührte, schlüpften die beiden Anführer in die Hängematten zurück- Keiner schien sich gerührt zu haben. Die Oberaussicht, die von Rozen aufgeklärt war, hatten sie gewähren lassen bis zum entscheidenden Augenblick. Am Morgen hatte der Schurke der Behörde alles verraten, und man hatte ihm Voll macht gegeben, zu tun, was er wolle. Niemand war erzürnt darüber, daß in „rechtmäßiger Selbstverteidigung" einige Anarchisten aus der Welt geschafft waren, die man von Paris aus der Ver waltung empfohlen hatte. Die Wache hatte einige Nummern ausgelöscht . .. und Rozens Aufgabe war gelöst. Nr. 883 hatte nunmehr der Kolonie einen Dienst erwiesen, und seine Uebersührung nach dem Fest lande war nur noch eine Frage von Stunden. Die erste Etappe auf dem Wege zur Freiheit war zu rückgelegt. 9. Kapitel. Der Baron unterbrach seinen Rückblick in ver gangene Zeiten und erhob sich von seinem Sessel. Nervös ging er aus und ab und warf seine Zigarre zur Erde. Vor seinen Augen huschten die Schatten der Männer vorüber, die Rozen hatte erschießen lassen, die er zur Schlachtbank geführt, um von der KönigSinsel loszukommen. Es war ihm, als hörte er das Gewehrgeknatter, von Stimmen übertönt, die schrieen: „Feigling! . . . Feigling!" Da zuckte er die Schullern. „Feigling!" Nein. Rozen konnte seine Mittel nicht wählen, um zu fliehen. Die Toten! Nun ja! Nr. 883 hat sie hinter sich auf seinem Wege in hübscher Zahl gelassen. Man macht ja keine Omeletten, ohne einige Eier zu zerschlagen. Er oberer bauen ihre Triumphe mit menschlichem Ge bein auf — in den Weihrauch ihres Ruhmes mengt sich beißender Blutgeruch. — Und dann hatten die Dummköpfe nichts bemerkt. Die vom Gouverneur schwer bestraften Ueberlebenden hätten nur ein Wort zu sagen gehabt, um ihn der Behörde zu überliefern, doch sie schwiegen. Bastien selbst hatte nie vermutet, welche Rolle Rozen spielte, als der Anführer ihn rettete, ahnte er nicht, daß dieser ihn für später unter seiner Hand haben wollte, als geschickten Helfershelfer bei ge fährlichen Unternehmungen, Rozen halte gut kalku liert. Dies war nicht der kleine, naive Betrüger, den die Richter nach Cayenne gesandt hatten, die- war ein kalter entschlossener Mensch, der um jeden Preis vorwärts kommen wollte und jeden auS dem Wege räumen würde, der ihm ein Hindernis wäre. DaS Aus- und Abgehen im Zimmer beruhigte die Nerven des Barons. Er legte sich zu Bett und schlief ein, während er an die zahlreichen Unter nehmungen dachte, die er am Morgen leiten wollte. Verlassen wir Saint-Magloire und folgen wir weiter der Geschichte RozenS. Die Belohnung für daS vermeintliche Verdienst der Nr. 883 ließ seitens der Behörden nicht auf sich warten. Der Direktor der Strafkolonie übersprang zu Gunsten der Nr. 883 mehrere Stufen im Ver günstigungs-Verfahren des Bagnos, ließ ihn nach Cayenne kommen und verwandte ihn dort in den Bureaux der Direktion. Auch Bastien, genannt Macaron, den Rozen als seinen wertvollen Helfers- Helfer bei der Entdeckung deS Anschlags bezeichnet hatte, zog Nutzen aus der Gnade der Behörde. Er wurde zum Maschinisten einer Dampfschaluppe befördert, die zwischen den Inseln von Guyana Dienst tat. Nach und nach hatte der Direktor beinahe ver gessen, daß er einen Galeerensträfling zur Seite habe — die ausgezeichnete Bildung Rozens half viel zu diesem Eindruck — und drei Monate nach dem Aufstand erfreute sich Nr. 883 einer recht aus gedehnten Freiheit; er ward der Sekretär des hohen Beamten, und wenn nicht der abendliche Appell ge wesen wäre, hätte sich Rozen für völlig begnadigt halten können. Doch dieses Dasein eines kleinen Beamten, dies beinahe bürgerliche Leben ließ ihn nicht seine Großmachts-Träume, seine Sehnsucht nach Luxus, nach prächtigem Leben vergessen. Während ver Arbeit dachte er Weiler über die Flucht nach. Von der Strafkolonie in Cayenne ist die Flucht nicht sehr schwer; die Gefangenen sind sehr zahlreich, das Aufsichtspersonal aber ist be schränkt. Es kann erst des Abends bemerkt werden, wenn einer fehlt. Doch die meisten Flüchtlinge bleiben nicht lange aus. Ohne Geld und bürger liche Kleidung können sie nicht weit kommen, Hunger und Krankheit zwingen sie, sich von selbst wieder in der Kolonie einzustellen, wo sie dann von der Polizei rasch gefaßt werden. (Fortsetzung folgt.) Kirchen-Nachrichten. St. Frinikatts-Aarochie. Am 7. Trinitatissonntag, früh 7 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. Herr Pastor Albrecht. Vormittag 9 Uhr PredigtgotteSdienst. Aposlclgcsch. 6, 1—7. Herr Pastor Schmidt. Nachmittag halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mit den Jungfranc». Abends halb 8 Uhr Jnnglingsvcrcin im Gemeinde Hans. Abends halb 8 Uhr Jungfrauenvercin im Gemeinde Haus. Wochenamt: Herr Pastor Schmidt. Aarochit St. Lhrill-p-ort. Am 7. Sonntag nach Trinitatis, vormittags 9 Uhr Hanptgottcödicnst. Predigt Herr Pf. Albrecht. Nachm. halb 2 Uhr kirchliche ttnterrcdnng mit den konfirm. Jnngsrauen. Ev.-luth. Jungfraucnverein abends V,8 Uhr im Vcr- einslokal. Evang.-luth. Jnnglingsvcrcin abends 8 Uhr im Ver eins lokal. Evang. Arbeiterverein: Montag, den 27. Jnli, abends halb 9 Uhr im Bcrcinslokal (Pccncrt, Dresdners»!.). Wochcnamt: Herr 8. Günther. Zion Hverkungwitz. Dom. 7 p. Trin., 26. Juli, vormittag '/«9 Uhr Predigt gotteSdicnst. Herr k. Zeißig. Daraus Beichte und heil. Abendmahl. Derselbe. An meldung vorher in der Sakristei. Abends 8 Uhr cvgl. Arbeiterverein im Gasthof „Casino". Vortrag des Herrn k. Zeißig: „Aus der Ge schichte der Stadt Zwickau". Gäste herzlich willkommen. Abends 7 Uhr Jnngfrauenverein. Sammeln nm 7 Uhr im Psarrhos. Wochcnamt: Herr ?. Zeißig. Montag nachm. l Uhr Missionskränzchen im Lamm. Aon Hersdorf. Am 7. Sonntag nach Trinitatis, den 26. Juli, früh halb 9 Uhr Beichte und nach der Predigt Kommunion. Herr k. Böttger. Nachmittag halb 2 Uhr Kindcrgottesdienst. Abends halb 8 Uhr Jnngsrauenvcrcin. Dienstag, den 28. Juli, abends 8 Uhr Bibclstundc. Alle Amtshandlungen hat Herr ?. Böttger. Aon Arsprnng. 7. Sonntag post Trinitatis, am 26. Juli, früh 8 Uhr Prcdigtgoltcsdienst. Nächsten Mittwoch, am 29. Jnli, findet vormittags 9 Uhr Wochenkommnnion statt. Aon Langenchursdorf mit Aakkeu. Am 7. Trinitatissonntag, den 26. Jnli 1903, früh halb 9 Uhr Beichte. Vormittags 9 Uhr Predigt nnd hcilg. Abendmahl. Nachmittag halb 2 Uhr Kindcrgottesdicnst. Aon Acrnsdorf. Am 7. Sonntag nach Trinitatis, den 26. Jnli, vormittag 9 Uhr HanptgottcSdicnsi mit Predigt über Apostelgcsch. 6, 8 bis 15 und 7, 55—59. Nach der Predigt Beichte und hcilg. Abendmahl. Nachm. 2 Uhr Kindcrgottesdicnst. Donnerstag, den 30. Juli, vormittag 9 Uhr Wochen- kommunio»/ Aon Wüstenörand. Am 7. Sonntag nach Trinitatis, den 26. Jnli 1903, vormittag halb 9 Uhr Beichte, nm 9 Uhr Predigt- und AbcndmahlsgottcSdicnst.
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