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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.06.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190306216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030621
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030621
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-06
- Tag 1903-06-21
-
Monat
1903-06
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.06.1903
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Beilage zum Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger Tageblatt. Nr. 141. Die „Neudeutsche" Stickerei. Plauderei von A. He nist. Gegenwärtig macht eine Erfindung viel von sich reden die für alle Damen ganz besonderes Interesse haben dürfte, die sogenannte „neudeutsche" Stickerei des bekannten Kunstästhetikers Professor von Weißenbach in Leipzig-R. Der Zufall führte mich vor Jahresfrist mit dem Gelehrten zusammen, als er in Rom in einer altchristlichen Kirche seine Studien an den Altardecken und Vorhängen machte und ich gewann an diesen Dingen, an denen die Reisenden wohl meist achtlos vorübergehen, großes Interesse. Tagtäglich schloß ich nuch den Forschungs reisen an und erhielt auf diese Weise Einblick m eine Welt, von der ich, offen gestanden, keine Ahnung gehabt hatte. Der Forschergeist trieb uns schließlich nach Neapel und Süditalien, wo der un ermüdliche Gelehrte mit staunenswertem Spürsinn eine Unmenge Motive der uralten italienischen (und nicht zum mindesten sarazenischen) Stickkunst ent deckte. Mein weitgereister Techniker- und Künstler- Cicerone erzählte mir, daß er bereits ganz Deutsch land, Oesterreich, England, Ungarn, Italien und die Schweiz bereist und durchforscht habe, um einen völligen Ueberblick über die gesamte Stickereikunst aller Zeiten und Völker zu erhalten. Heute liegt das Resultat dieser jahrelangen, emsigen Forscherarbeit als abgeschlossenes Werk vor uns: aus der Gesamtheit des Alten ist ein Neues geworden! Mehr denn 4000 neue Stich arten und Kombinationen sind auf einigen hundert Tafeln vereinigt und repräsentieren eine Sammlung der interessantesten Einzelheiten. Der Wert der neudeutschen Stickerei beruht nicht auf den Mustern, sodern auf den neuen Sticharten, mit deren Hilfe man jetzt die Stickmuster in effekt voller, einfacher und vor allein sinngemäßer Weise ausführen kann. Insbesondere aber bedeutet die neudeutsche Stickerei eine definitive Befreiung von dem monotonen und langweiligen Kreuzstich, dessen Herrschaft nun nachgerade lange genug gedauert hat. Es ist eigentlich merkwürdig, daß der Er findergeist mehrerer Jahrhunderte auf dem Gebiete der Sticharten verhältnismäßig so wenig geschaffen hat. Kreuzstich, Gobelin- und Grätenstich nebst einigen kleineren Verschiedenheiten ist wohl im wesentlichen alles, was man hervorbrachte. Wenn auch die Reihe der Stickmuster unendlich groß ist, die Art und Weise, wie man stickte, war bei den Frauen der Germanen, bei den Ritter- und Edel- sräulein des Mittelalters dieselbe wie bei den Damen unseres Zeitalters; immer wieder Kreuz-, Gobelin- oder Grätenstich. Die neudeutsche Stickerei räumt damit gründlich auf. Jeder Dame ist Ge legenheit geboten, mir den verschiedenartigsten Stich arten die verblüffendsten Wirkungen zu erzielen. Und dabei arbeitet die neudeutsche Stickerei mit den denkbar einfachsten Mitteln und erfordert keinerlei Vorübung. Stickten doch auf der Aus stellung in Hannover zwei kleine Mädchen von 11 und 12 Jahren fast sämtliche Muster ohne Schwierigkeit und lange Ueberlegung nach. Und den Erwachsenen steht die Möglichkeit offen, auf Grund der vorhandenen Stichmuster neue zu komponieren, die sich wie von selbst aus der gegebenen Technik entwickeln. — Mit der Kunststickerei, insbesondere mit der Nadelmalerei, hat die neue Technik nichts zu tun. Dem Erfinder, der cs sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, technische Kenntnisse im Laienpnblikum zu verbreiten und damit den Sinn fürs deutsche Kunstgewerbe zu heben, lag nur daran, der jetzigen wie der künftigen Hausfrau die Wege zu ebnen, sich ohne Anstrengung der Augen- und Kopsnerven die gewebten Haus gegenstände mit der Nadel selbst in origineller und billiger Weise rasch zieren zu können. Damit wird der unsinnigen Ansicht ein Ende bereitet, daß eine Stickarbeit um so kunstvoller sei, je feiner die Stiche, je mühsamer die Arbeit sei. Was unsere Mütter, vor allem unsere Großmütter in dieser Hinsicht leisteten, ist zwar außerordentlich bewundernswert, aber nicht wegen der Kunst, der Originalität des Kunstwerkes, sondern einzig und allein wegen der mühsamen Tag- und Nacht arbeit, die aus jenen Werken spricht. Auf die Idee, daß man mit viel einfacheren Mitteln, näm lich durch den Stich selbst, viel schneller zu künst lerischer Wirkung gelangen könne, ist bisher freilich noch niemand gekommen und so können wir die Erfindung des Barons Weißenbach im vollsten Sinne des Wortes als eine erlösenve Tat be trachten. In Anerkennung der großen Bedeutung, die die neudeutsche Stickerei hat, entschloß sich der Verlag der „Deutschen Moden-Zeitung", Leipzig, in der überdies ein reich illustrierter Lehrkursus der „Neudeutschen Stickerei" erschienen ist, ein großes Preisausschreiben mit 500 Mark Preisen zu veranstalten. Bedingung ist, daß durch An wendung der jeweilig günstigsten neudeutschen Stich art das Muster zur denkbar höchsten Wirkung gelangt. Ueberall, wo die hochinteressante Sammlung bisher zur Ausstellung gelangte, erregte sie Auf sehen bei allen Fachgenossen und fand ungeteilten Beifall bei der Damenwelt, die natürlich diese epochemachende Neuerung mit der größten Freude begrüßt. Wir aber sind dec Ueberzeugung, daß der „Neudeutschen (Flachrelief-) Stickerei" ein Siegeszug beschieden ist, der unserer häuslichen Handstickerei völlig neue und moderne Wege anweiseu wird. Sonntag, den 21. Juni 1903. 30. Jahrgang. Einige interessante Mit teilungen über Seife nnd ihre Erzeugung wurden am 2. Juni a. c. in der Seifenfabrik von Aug. Luhn u. Co., Ges. m. b. G., Barmen, vor den Mitgliedern des Naturhistorischen Vereins von Rheinland und Westfalen von einem Mitinhaber der Firma gemacht. Wir glauben, daß es unsere Leser ebenfalls interessieren wird, etwas Näheres über einen Stoff zu hören, dessen man sich täglich und gern bedient, von dem jedoch sehr wenige wissen, wie lange er schon bekannt ist und wie er hergestellt wird. Der Redner führte ungefähr folgendes aus: Seife ist fettsaures Natron, hergestellt durch Versieden von Fetten und Oelen mit alkalischen Laugen und diese Herstellungsart erwähnt Plinius schon in den ersten Jahren unserer Zeitrechnung. Jahrhundertelang blieb die Art der Seifen erzeugung sich vollständig gleich, denn man war zur Herstellung der Alkalien darauf angewiesen, Holzasche und Kalk zu verwenden. Mit der wichtigen Erfindung des französischen Chemikers Leblanc, dem es 1887 gelang auf einfache Weise Soda in großen Mengen zu erzeugen, tritt ein Wendepunkt ein in der Herstellung der Seife. Sie wurde, da man ein billiges Material zur Er zeugung der alkalischen Laugen in der Soda zur Verfügung hatte, auch den breitesten Volksschichten mehr zugängig. Wenn wir die in der Weltgeschichte einzig dastehenden Fortschritte aus allen Gebieten der Wissenschaft, Technik und Kultur im abgelaufenen Jahrhundert bewundern, so dürfen wir auch die Seife nicht vergessen, von der der berühmte Chemiker Liebig behauptete, der Verbrauch von Seife bilde einen Maßstab für die Kultur eines Volkes. Der sich dem Vorträge anschließende Rundgang durch die bedeutende Fabrik der Firma Aug. Luhn u. Co., der größten in Deutschland, zeigte, daß die Kultur in unserem Vaterlande wohl aus einer ge waltigen Stufe stehen müsse, denn die Einrichtungen der Fabrik sind in geradezu verblüffendem Maß stab ausgeführt. Da wurden zunächst die Siede- keffel gezeigt, deren die Firma 13 Stück besitzt und in denen die verschiedensten Seifensorten herstellt werden. Die drei größten dieser Kessel fassen jeder 100 000 Kilogramm oder 10 Doppelwaggon- Ladungen auf einmal. Von den Kesseln ging's zum chemischen Laboratorium, in welchem die Prüfung aller Materialien stattfindet. Dort wird auch von jedem Sud Seife, ehe er den Kessel verläßt, eine Analyse angefertigt und nicht die kleinste Menge darf ohne die Erlaubnis des Laboratoriums zur weiteren Ver arbeitung zugelassen werden. Im Formenraum, der zunächst besichtigt wurde, wird die noch warme flüssige Seife aus den Kesseln in große eiserne viereckige Behälter gelassen, in denen sie im Verlauf von einigen Tagen erstarrt. Als dann werden die Seilenteile des Kastens abgenommen und der Seifenblock mit dünnem Stahldraht zu Platten und Riegeln geschnitten. Staunend standen die Besucher vor den gewaltigen Blöcken, von denen einzelne ein Gewicht von 5000 Kilogramm hatten. Besondere Aufmerksamkeit erregt die Glycerin- Fabrik, in welcher das bei der Fabrikation als Nebenprodukt abfallende Glycerin gewonnen wird. In sauberster Weise sind die großen Vacuum-Ver dampfgefäße angeordnet in einem Hellen über 8 Metcr hohen Raume, der auch die für den Betrieb diesir Abteilung erforderliche Maschinen-Anlage enthält. Für die Damen besonders interessant war die Abteilung zur Herstellung der Toilette-Seife. In einer durch 2 Slockwerke reichenden automatisch arbeitenden Maschine wird die flüssige Toilette-Seife aus feinsten, geläuterten Rohmaterialien hergestelll, zu dünnen Bändern geformt und auf eine Reihe von sich bewegenden Drahtsuben ca. 15 Minuten lang einem warmen Luftstrom ausgesetzt. Dadurch wird der Seife eine bestimmte Menge Feuchtigkeit entzogen und dieselbe zur weiteren Verarbeitung geeignet gemacht. Die Maschinen znm Vermischen der Riechstoffe mit den Seife», Walzwerke zum Kneten und Pressen für alle möglichen Formen nehmen die Aufmerksamkeit der Beschauer in Anspruch. In anerkennenden Worten sprach man der Firma den Dank aus für die freundlichst gestattete Be sichtigung, die für alle Teilnehmer von größtem Interesse gewesen sei. Gerichtssaal. 8 Im Dresdner Spiclcrprozcsse gegen Schwenn, Prochnow und Genossen kam es gestern abend zu einer erregten Autcincmdersitzung zwischen Staatsanwalt Dr. Gerhardt und dem einen Ver teidiger Rechtsanwalt Jarostnsky Berlin. Letzterer knüpfte auf dem Korridor mit einer Dame, seiner Gattin, ein Gespräch an. Um beide sammelten sich mehrere der aus dem Verhandlungssaale während einer Pause heraustretenden Angeklagten, woraus der Staatsanwalt gegen eine derartige Ansammlung Einspruch erhob. Rechtsanwalt Jarosiutky be zeichnete in der alsdann fortgesetzten Verhandlung da» Vorgehen der Staatsanwalts als ein uner hörte«, gab aber dem Gericht anheim, ihn, den Rechtsanwalt, wegen dieser Bezeichnung zu bestrafen. Andernfall« sollte die Verhandlung vertagt werden, um über den Streitfall die Entscheidung de« Land- gerichtSprästdenten Dr. Müller einzuholen. Der Zwischenfall erledigte sich schließlich dadurch, daß Staatsanwalt Dr. Gerhardt erklärte, daß er dem Rechtsanwalt persönlich nicht nahetreten wollte Das nachmittags gegen 3 Uhr verkündete Urtei lautete gegen die Hauptangeklagten Schwenn au 8 Monate Gefängnis und 6000 Mk. Geldstrafe oder noch 1 Jahr Gefängnis, Otto Prochnow auf 9 Monate Gefängnis, 6000 Mk. Geldstrafe oder ein Jahr Gefängnis, Paul Prochnow auf 6 Monate Gefängnis und 3000 Mk. Geldstrafe oder noch 200 Tage Gefängnis. Gegen die übrigen 20 An geklagten wurden Gefängnisstrafen von 1 Monat bis herab zu 1 Tag und Geldstrafen von 1500 Mk. bis herab zu 300 Mk. ausgeworfen. Für die Freilassung Schwenns und Otto Prochnows wird eine Kaution von je 30 000 Mk., für die Paul Prochnows eine solche von 10 000 Mk. gefordert. 8 Eine Verurteilung unter falschem Namen mußte das Dresdner Schöffengericht aus sprechen gegen eine» angeblich Max Nitkowski heißenden Arbeiter. Dieser gab ohne weiteres zu, daß dies nicht sein richtiger Name ist, lichtete aber das über ihm lagernde Dunkel nicht, damit sein Name nicht befleckt werde, und seine Eltern die Schande nicht erfahren, daß ihr Sohn im Gefängnis sitze. Die Anklage legt ihm zur Last, ein Paar Strümpfe gestohlen und sich eines ihm nicht zukommenden Namens einem zuständigen Beamten gegenüber bedient zu haben. Der Bursche erzählt von sich nur so viel, daß er 1885 geboren sei, was aber mit Vorsicht aufzunehmen ist, denn augenscheinlich ist er nicht über 16 Jahre alt. Seinem Auftreten nach hat er eine bessere Schule besucht. Bei dem Kreuzverhör, das das Gericht mit ihm anstellte, fällt er nicht aus der Rolle; er beantwortete die ihm gestellten Fragen nur insoweit, als sie keinen näheren Aufschluß über seine Person oder seine Heimat fordern. Allem derartigen geht er aus dem Wege mit den Worten: „Das kann ich nicht sagen!" Aus dem Wenigen, was der Angeklagte über sich sagt, geht hervor, daß er als Kaufmann lernen sollte; er habe sich mit seinen Eltern dahin geeinigt, daß er seinen Geburts ort verlasse und zu Verwandte» gehe; de» Ort, wo diese wohnen, verschweigt er ebenfalls; mit den er haltenen Reisemitteln wandte er sich aber nach der Reichshauptstadt; hier habe er auf der Straße die Papiere gefunden, mit denen er sich nun legitimiert. Von Berlin wandte er sich nach Leipzig, wo seine Geldmittel zu Ende gingen, obwohl er zwei Mal Zuschüsse von den Eltern erhalten hatte. Als Arbeitsbursche bei einem Tapezierer suchte er sich den Unterhalt zu verdienen. Nach zwei Monaten reiste er nach Dresden zu. Völlig ohne Mittel, mußte er betteln gehen; bei dieser Gelegenheit nahm er am 7. Mai aus einem offcnstehenden Abort in einem Hause der Zirkusstraße ein Paar zum Trocknen aufgehängte nasse Strümpfe mit. Ein paar Häuser weiter erhielt er ein Paar trockene Strümpfe, diese legte er für seine zerrissenen an, die nassen verkaufte er am abend für 5 Psg. auf der Herberge. Am anderen Tage erfolgte seine Festnahme; seitdem befindet er sich im Gewahrsam, ohne den Schleier über sich zu lüften. Darauf verwiesen, daß er durch sein Verhalten seine Sache nur verschlimmere, ant wortete er gefaßt, das mache nichts, er werde trotzdem seinen richtigen Namen nicht nennen. Auf die Warnung des Richters, sich einer intellektuellen Urkundenfälschung schuldig zu machen, gibt ec zur Antwort, daß dies nicht in Betracht komme, da er von vornherein d>e Behörden darauf aufmerksam gemacht habe, daß der von ihm angegebene Name nicht sein richtiger sei. Kurzum, er werde seinen eigentlichen Namen nicht nennen, selbst bei Anwend unglängerer Freiheitsentziehungund sonstiger Strafen. Dem Dialekt nach stand die Wiege des jugendlichen Angeklagten in der Mark Brandenburg. Da seine Namen »och nicht aufgeklärt sind, wird das Ver- fahren insoweit abgetrennt. Wegen des Diebstahls wird auf 1 Woche Gefängnis erkannt; nach deren Verbüßung, die vom Schluß dec Verhandlung an zählt, da der angebliche N. sich sofort dem Urteil unterwirft, erfolgt die Ueberführung an die Polizei zur Bestellung weiterer Nachforschungen. 8 Leipzig, 19. Juni. Da« Reichsgericht hat die Revision der Grasen Pückler-Kleintschirne, der am 24. Dezember v. I. vom Landgericht I Berlin wegen Beleidigung von Richtern zu 600 Mk. Geld strafe verurteilt wurde, verworfen. 8 Wegen Notwehr freigesprochcn- Das OberkriegSgericht in Koblenz verhandelte, wie die Kobl. Ztg. berichtet, gegen den Musketier KloS von der 4. Kompagnie des Jnf.-Regts. Nr. 30 in Saarlouis. K. war vom Kriegsgericht der 16. Division wegen tätlichen Angriffs aufeinen Vorgesetztenzu18 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er legte Berufung ein, weil er sich in Notwehr befunden habe. Wie in der erneuten Beweisaufnahme vor dem Oberkriegs- gericht festgestellt wurde, war K. mit dem Reinigen der Stube beschäftigt, als der Unteroffizier Weber hinzukam, ihm einen Tritt ins Gesäß gab und ihn schlug. K. hielt die Arme des Unteroffiziers fest, dennoch schlug W. fortwährend auf ihn ein. Um weiteren Mißhandlungen vorzubeugen, hielt K. dem Unteroffizier einen F»ß. Beide fielen zur Erde. W. gab dem K. nach dem Aufstehen noch einen Tritt vor den Bauch. K. sagte, er habe als Rekrut so viele Tritte und Schläge bekommen, daß er fürchtete, sein Gehör verloren zu haben. Ec habe die Miß handlungen gemeldet, der Sergeant aber gefügt, er solle es nicht weiter melden, das bischen Schläge habe nichts zu bedeuten. DaS OberkriegSgericht erkannte auf Freisprechung, weil Notwehr vorliege. 8 Ein weitere Kreise interessierendes Strafkammer-Urteil teilt die Augsburger Abdztg. mit. Ein Schlächtermeister wurde von der Früh jahrsübung befreit. Gleich darauf schickte er dem Bezirksfeldwebel einen Brief des Inhalts zu, er bitte für die Befreiung die beiliegenden zwei Fünf markscheine anzunehmen. Zugleich bat er den Feld webel, ihn auch zur Befreiung von der Herbstübung vorzumerken. Der Feldwebel legte den Brief und da- Geld seiner vorgesetzten Behörde vor, worauf gegen den Meister Anzeige wegen Bestechung erstattet wurde. Letzterer machte geltend, er habe den Feld webel lediglich für die größere Arbeit und Schreiberei, die ihm durch eine Befreiung von einer Uebung er wachsen, entschädigen und nur ersuchen wollen, daß er ihm rechtzeitig die Einberufung zur Herbstübung zustellen lasse, damit er die nötigen Schritte unter nehmen könne, um abermals eine Befreiung zu er reichen. Dieser Angabe schenkte das Gericht keinen Glauben, sondern erkannte auf 20 M. Geldstrafe und erklärte die Fünfmarknoten als dem Staate verfallen. 8 Der „märkische Hiesel". Aus dem Zucht haus zu Brandenburg a. H. wurde am Donnerstag der Potsdamer Strafkammer der unter dem Namen „Märkischer Hiesel" bekannte Räuber und Einbrecher Gärtner Franz Pfuhl vorgesührt. Er verbüßt wegen zahlreicher Einbrüche, räuberischer Ueberfälle und Sittlichkeitsverbrechen, die er in der Umgebung Berlins begangen hat, außer einer 13jährigen auch eine lebenslängliche Zuchthausstrafe. Er gesteht zu, im Winter 1899 in Neubabelsberg in verschiedenen Villen weitere Einbrüche und in einem Falle auch Brandstiftung verübt zu haben. Pfuhl wurde nach dem Anträge des Staatsanwalts zu einer Zusatzstrafe von zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. 8 Nordhausen, 19. Juni. Weil er seine Ge liebte, um sich ihrer zu entledigen, in einen Brunnen gestoßen hatte, verurteilte das hiesige Schwurgericht den Landwirt Kahle aus Dietersdorf zu 15 Jahren Zuchthaus. 8 Allenstein, 19. Juni. Die Besitzerssrau Przygoda, über deren Prozeß wir gestern unter der Spitzmarke „Ein weiblicher Blaubart" berichteten, wurde vom Schwurgericht dreier Gattenmorde für schuldig erklärt und demgemäß dreimal zum Tode verurteilt. 8 Verbrechen an hypnotisierten Patientinnen hat in großer Zahl ein „Nalurarzt" in Bern be gangen, der dort soeben zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Der gewissenlose Bursche Namens August Emil Ritscher, ein geborener Sachse, wurde überführt, junge Mädchen und Frauen, die sich wegen irgend welcher Leiden in seine Behand lung begeben hatten, hypnotisiert und dann die Willenlosen zemißbraucht zu haben. Wie ein Kapitel aus einem Kriminalroman mutet der Prozeßbericht an. Zeuginnen, an denen sich Ritscher vor Jahren vergangen hatte, gaben auf die Frage des Vor sitzenden, warum sie das Verbrechen nicht zur Anzeige gebracht hätten, an, Ritscher habe es ihnen „ver boten". So groß war die Macht des Hypnotiseurs über seine Opfer. Ritscher, der seinen Ankündigungen zufolge Spezialist für „Fettleibigkeit, Gicht, Rheuma tismus, Unterleibsbeschwerden, geschwollene Beine, Nervosität und so weiter" war, hatte eine sehr große Praxis. Vermischtes. P Wie ein czcchischcr Apotheker ein deut sches Angebot beantwortet: „Ich kann nicht be greifen, öaß die deutsche Frechheit so weit gehen wird, daß Sie sich erlauben können, nach Böhmen in dentscher Sprache etwas zu offerieren. Gedenken Sie nur die Katholischen in Polen, welche auch unsere Brüder sind, gedenken sie Wien, wie sie gegen die Böhmen dorten austritt!!! Hochachtend gez. Johann Psencik. Herrn Joh. Schmidt, Oblaten fabrik, Nürnberck, Provinz Preußen!!" Eine Be merkung dazu ist überflüssig. f Ausdauer. Einen ergötzlichen kleinen Bei trag zu dem reichhaltigen Kapitel de« Schulhumor« endet der Tgl. Ndsch. ein Leser aus einer nord- )eutschen Gymnasialstadt. In einer geschichtlichen Ausarbeitung über die Schlacht im Teutoburger Walde, schreibt ein hoffnungsvoller Tertianer über >en Eindruck, den die Nachricht von der Niederlage des Varu« in Rom hcrvorrief: Als die Nachricht von dieser Schlacht nach Nom gelangte, rannte Augustus von 31 vor Christo bi« 14 nach Christo mit dem Kopf gegen die Wand und rief unablässig: „Varur, Varur, gib mir meine Legionen wieder!" -f Hervorragende Schwimmerinnen sind drei Damen der österreichischen Aristokratie: Die Fürstin Obolensky, die Gräfin Lubomirsky und die Ba ronin Jsacescu. Die Damen wollen im Laufe dieses Sommers den Kanal durchschwimmen. Die tüchtigste der drei Schwimmerinnen, Baronin v. Jsacescu, hat bereits im Jahre 1900 den Versuch, den Kanal schwimmend zu kreuzen, gemacht. Sie hat damals drei Meilen znrückgelegt. Die drei Damen bereiten sich seit Wochen durch Schwimm- Übung in der Donau auf das Unternehmen vor.
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