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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 29.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190305298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030529
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-29
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 29.05.1903
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44 000 Mann unter König Friedrich dem Großen südlich Spandau ein Lager bezog, um vom 2. bi« 13. September in dem Gelände südwestlich dieser Stadt große Herbstmanöver abzuhallen. Die Manöver 17K3 waren die größten, die der König vor dem siebenjährigen Kriege abhielt. Sie find aber zu jener Zeit auch die einzigen wirklich kriegs mäßigen Uebungen dieser Art gewesen, denn in keiner anderen Armee sand ähnliche« statt. Der Kaiser hat beschlossen, zum Gedächtnis an die rast lose Arbeit de« großen König« in der Au«bildung und Vervollkommnung de« preußischen Heere« vor dem siebenjährigen Kriege einen Denkstein auf dem Hasenhaidenberge südlich Dallgow setzen zu lassen. E« ist dies ein etwa 11 Meter hoher Obeli«k au« rotem, schwedischem Granit; acht Geschützrohre um geben da« Denkmal. Zur Enthüllungsfeier hat Se. Majestät den 29. Mat bestimmt, den Tag der Parade der 2. Garde-Jnfanteriebrigade (2. und 4. Garde-Regiment und Garde-Füfilierregiment) vor dem Hochseltgen Kaiser Friedrich 1888 im Schloß- garten von Charlottenburg unter dem Kommando Sr. Majestät al« Kronprinz. An diesem Erinnerungr- tage hat der Kaiser, wie bekannt, alljährlich ein Exerzieren mit seiner ehemaligen Brigade abgehalten. — Großherzog Friedrich von Baden hielt bei der Hundertjahrfeier de» Karl«ruher Leibgrenadier regiments eine Rede, in der er sagte: Auf die Zeit 1870/71 müssen wir mit Stolz zurückblicken und Gott danken, daß sie uns in neue Bahnen eingelenkt hat, au« der das hervorging, was uns die Kraft und Macht verliehen hat: Deutschland, ein Kaiserreich! Diese« Wort allein genügt, um zu kennzeichnen, welch große Erfolge daraus er wachsen, wenn Selbstverleugnung, Disziplin und Gehorsam die Leitsterne find für das ganze Volk. — Der Breslauer Fürstbischof Kardinal Kopp hat nach der Schl. Ztg. angeordnet, daß von jetzt ab alle neugewethlen Priester einen sechswöchigen Kursus an einem preußischen Lehrerseminar besuchen, damit sie einen Einblick in den Unterrichtsbetrieb der Volksschule gewinnen. — Das Eiserne Kreuz wird, wie die neue preußische Rangliste erweist, in der Armee schon recht selten. Da« Großkreuz ist ganz au« der Rangliste verschwunden und Eiserne Kreuze 1. Klasse zählt man nur noch 43. Eiserne Kreuze 2. Klasse sührt die Rangliste noch 532 auf und solche am weigen Bande 52. — In einer Wählerversammlung in Hagenau erklärte der Beztrkspräsident des Oberelsaß, Prinz Alexander zu Hohenlobe-Schillingtfürst, der Sohn des verstorbenen Reichskanzler», dem „Els." zufolge, in seiner Kandidalenrede, die Regierung müsse leider mit dem Zentrum gehen. Gern tue sie es nicht; der jetzige Reichskanzler würde auf dem politischen Schachbretts sicher lieber mit einer großen liberalen Partei operieren, al« mit den schwarzen Figuren. Oesterreich Ungar«. — Aenderungen in der Bekleidung der öster. reichischen Truppen wurden versügt. Für die Feld- und Festung«artillerie werden an Stelle der Stiefel hosen und der hohen Stiesel lichtblaue Hofen und Schuhe eingeführt. Die Jnfanterieosfiziere tragen in Zukunft blaugraue Hosen wie die Offiziere der Kavallerie. Ferner ist den Offizieren, sowie der Infanterie, den Jägern, den Sanitätskolonnen und der Artillerie beim Au«rücken das Tragen schwarzer Gamaschen und von Schnürschuhen gestattet worden. Italien. — Seit dem Jahre 1899 sind in Italien keine großen Manöver abgehalten worden. Der Grund ist hauptsächlich in der finanziellen Enge zu suchen, die ein Heraufschrauben des seit Jahren und für Jahre in seinem Gesamtbeträge feststehenden Heeres haushalt« nicht zuließ; dann aber auch darin, daß eine Anzahl von Generalen den Ausbildungswert solcher Uebungen nicht hoch einschätzte. In diesem Jahre werden nun wieder große Uebungen stalt- finden. Rußland. — Wir haben schon wiederholt von revolu tionären Umtrieben innerhalb der russischen Offizier- korp« berichten müssen. Jetzt wird aus Petersburg die Verhaftung zweier der Gardeartillerie ange- höriger Offiziere gemeldet, die eingestandener Maßen die Absicht hatten, den Oberprokurator de» Heiligen Synod Pobjuno-gw sowie einen anderen hohen Staatsbeamten zu ermorden. Es waren sogar Ge rüchte in Umlauf, daß gegen den Zaren selbst ein Attentat geplant, ja bereits versucht worden sei. Diese Gerüchte werden amtlich al« unbegründet be zeichnet. Desgleichen soll die Angabe, daß in Offizierskreisen eine Verschwörung gegen den Zaren entdeckt worden sei, der Wahrheit nicht entsprechen. Der Wahlkampf verläuft im großen und ganzen nach wie vor ruhig. Ausnahmen, an denen es leider nicht vollkommen fehlt, bestätigen nur die Regel. Einer dieser Aus nahmen müssen wir besonders gedenken, da sie einen Vorgang betrifft, der von dein Brauche bei uns zu Lande, wo man mit Worten und nicht mit Fäusten ficht, gar zu grell absticht. Nach einer Stralsunder Meldung der „Kreuz-Ztg." wurde die in Barth abgehaltene Wählerversammlung der vereinigten nationalen Parteien von den Sozial demokraten in tumultuarischer Weise gestört. Die Polizei mußte wiederholt mit blanker Waffe ein schreiten; sämtliche Fenster des Saales wurden zertrümmert. Der Reichstagskandidat Kammerherr v. Riepenhausen wurde mit großen Steinen be worfen, führte aber trotzdem mit unerschütterlicher Ruhe seine Rede zu Ende und beherrschte dadurch die gefährliche Situation. Eine mehr tragikomische Szene des Wahl kampfes enthüllt ein Ausruf des Herrn Ahlwardt. Er sagt: Im Wahlkreise Neustettin ist gegen mich ein Kampf entbrannt, der an Hinterhältigkeit alles übertrifft, was ich bisher kennen gelernt habe. Die Wahlkosten übersteigen weit alle Voraus setzungen. Ich bitte alle alten Freunde, die die Bedeutung dieses Kampfes begreifen, mich baldigst mit Mitteln zu unterstützen. Geldsendungen sind an mich persönlich oder an die „StaatSb.-Ztg." zu richten. Diese Zeitung quittiert jetzt über den Eingang von 12 Mark, ein Betrag, der nun wieder weit hinter den Voraussetzungen des Herrn Ahlwardt zurückbleiben wird. Die Generalversammlung des polnischen Pro- vinzial-Reichstagswahlkomitös für sämtliche 15 Reichstagswahlkreise der Provinz Posen, die behufs endgültiger Proklamierung der polnischen Reichstags kandidaten stattfand, endete mit einer Niederlage der „Hofpartei" der Polen. Die bisherigen Ab geordneten Cegielski, Dziembowski, Kwilecki und Czartoryski wurden als „Stützen der Versöhnungs politik" nicht wieder aufgestellt. Daß die Polen durch derartige Provokationen ihre Lage ver- schlechtern, braucht nicht erst besonders gesagt zu werden. Meerane, 27. Mai. Bekanntlich ist der sozial demokratische Kandidat Auer noch immer durch Krankheit behindert, selbst persönlich zu agitieren und sich den Wählern vorzustellen, und deshalb wird unser Wahlkreis nach Kräften von fremden Agitatoren und sozialdemokratischen Reichstags abgeordneten bearbeitet. Gestern Dienstag abend fanden hierselbst drei sozialdemokratische Wähler versammlungen statt, die insofern auch Interesse für die Anhänger der Ordnungsparteien er regten, als in allen drei Versammlungen als Redner der Führer der deutschen Sozialdemokratie, August Bebel, auftrat, und Bebel, als er zum ersten Male in den deutschen Reichstag einzog, damals vom 17. sächsischen Reichstagswahlkreis (Glauchau- Meerane) erstmalig als Vertreter der Sozialdemokratie gewählt wurde. Kein Wunder daher, wenn er von den „Genossen" in Meerane bei seinem Erscheinen wahrhaft enthusiastisch empfangen wurde. Ueber das äußere Bild der demonstrativen Versammlungen selbst bemerkt das „Meeraner Tagebl.", daß die Versammlungslokale von Neugierigen förmlich um lagert waren und Bebel sich nur mittels Droschke von einem Saale zum andern durch die Stadt be geben konnte. Selbstverständlich waren die Ver sammlungen stark besucht, denn nicht nur aus Meerane allein, sondern auch aus den umliegenden Ortschaften waren Neugierige in großer Zahl er schienen, sodaß die Versammlungen wohl von weit über 2000 Personen besucht waren. Der Kandidat der Ordnungsparteien für unseren 17. Wahlkreis, Herr Dr. Rumpelt-Dresden, war vom sozialdemo kratischen Zentralwahlkomitee zu den hiesigen Bebel- Versammlungen schriftlich eingeladen worden, aber selbstverständlich aus begreiflichen Gründen nicht erschienen. Wurzen, 25. Mai. Die Sozialdemokraten entfalten für die bevorstehende Reichstagswahl im hiesigen (11.) Wahlkreise eine außerordentliche Tätig keit, um den Sieg Lipinski's zu erreichen. Gestern kam selbst der Parteipapst Singer aus Berlin und hielt im „Schützenhause" vor etwa 1200 Personen eine zweistündige Rede über „Die Reichstagswahlen, Sozialdemokratie und ihre Gegner". Die Anhänger der Ordnungsparteien waren dieser Versammlung fern geblieben. Mutzschen. In einer am Dienstag in Rage witz stattgefundenen Wählerversammlung der ver einigten Ordnungsparleien des 11. Wahlkreises sprach der Kandidat derselben, Herr Stadtgutsbesitzer W. Hauffe-Dahlen, vor einer zahlreichen Zuhörer schaft über den neuen Zolltarif, die wirtschaftliche und politische Lage, sowie über die bevorstehenden Reichstagswahlen. Herr Hauffe, der bereits seit 10 Jahren den Wurzen-Grimma-Oschatzer Wahl kreis vertritt, sprach sich am Schluffe seiner sehr beifällig aufgenommenen Programmrede entschieden gegen die Aufhebung des 2 des Jesuitengesetzes, aber energisch für Einführung von Diäten für die Reichstagsabgeordneten aus. Dresden. Von dem Nationalsozialen Verein für Dresden wird mitgeteilt, daß die verschiedent lich verbreitete Notiz, Herr Pfarrer Naumann sei in fast einem Dutzend Wahlkreisen als Reichstags kandidat aufgestellt, nicht der Wahrheit entspricht. Pfarrer Naumann kandidiert vielmehr lediglich in den zwei Kreisen Dresden-Altstadt und Oldenburg I. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 28. Mai. *— Allerseits wird die letzte Hand an die Vorbereitungen für das Pfingstfest gelegt. Die Menschheit befindet sich schon in Feststimmung. „Saure Wochen — frohe Feste." Es bleibt aber zu hoffen, daß der Wettergott der Lust und der Fröhlichkeit kein jähes Ende bereitet. Pfingsten in der Stube, das wäre kein richtiges Frühlingsfest. Hinaus, hinaus! ruft eine Stimme in unserem Innern und so werden denn Pläne für Pfingst fahrten eifrigst geschmiedet. Mil der Eisenbahn, zu Wagen, zu Rad oder bescheiden auf Schusters Rappen soll es in Gottes freie Natur gehen, auf daß Herz und Lunge sich erquicken. DasGeschästs- leben ist in diesen Tagen ein reges. Zu Pfingsten will jedes sich im neuen Gewand zeigen, gerade wie die Natur ein Festkleid angelegt hat. Schneider und Schneiderinnen müssen noch flott schaffen, soll das Bestellte noch rechtzeitig fertig werden. Ein neuer Anzug, ein neues Kleid hätten ja fast ihren Zweck verfehlt, wenn man nicht zu Pfingsten damit Staat machen könnte! Viel begehrt sind auch Stroh hüte, weiße und bunte Westen, Sonnenschirme, Kravatten und Strandschuhe, die von manchen Leuten wegen der Farbe mit dem Namen „Mostrich- schuhe" belegt werden. Die Wirte in der Stadt und Umgegend verproviantieren sich, denn bei gutem Wetter ist auf einen Massenverbrauch zu rechnen. Für die „Frühkonzerte" sind die Musiker bestellt und sie werden mit dem Publikum dem Jupiter Pluvius ein Lob- und Danklied bringen, wenn er hübsch brav ist. Durch die Wohnungen zieht ein würziger Geruch, den die Pfingstmaien verbreiten, mit denen wir unser Heim geschmückt haben. So komme denn, Pfingsten, und laß dich feiern! *— Die Frist zur Bezahlung des ersten Termines der Staatseinkommcnstener ist in den letzten Tagen abgelaufen. Wir machen unsere Leser hierauf aufmerksam mit dem Bemerken, daß alle Säumigen sich mit der Bezahlung beeilen mögen, wenn sie noch die Kosten der Erinnerung und Zwa-gsvollstreckung sich ersparen wollen. Auch wer reklamiert hat, muß einstweilen den fälligen Termin bezahlen. So schreibt es das Einkommen steuergesetz vor. * — Pfingstkollekte. Wie alljährlich, wird auch an den kommenden beiden Pfingstfeiertagen in allen Kirchen des Landes eine Kollekte für den „Allgemeinen Kirchenfonds" gesammelt werden. Dieser hat den Zweck, den Interessen der Landes kirche in solchen Fällen zu dienen, wo die erforder lichen Mittel aus Staats-, Kirchengemeinde-, Kirchen- und anderen schon vorhandenen geeigneten Kassen und Fonds nicht oder nicht in hinreichendem Maße beschafft werden können. * — Nene Verzeichnisse. Das Verzeichnis der auf sächsischen Stationen käuflichen Rundreisekarten und derjenigen Rückfahrkarten nach Nord-und Ost seebädern, an denen außer Eisenbahn- auch Schiffs oder Fuhrwerksstrecken beteiligt sind, wird heute neu aufgelegt. Ebenso erscheint auch der Auszug hiervon, der nur die Fahrkarten zu Reisen in Sachsen und Nordböhmen enthält, in diesen Tagen neu. Dieses Verzeichnis kann durch alle Fahrkarten- Ausgaben zum Preise von 5 Pfg. bezogen werden. * — Blumensträuße sind immer eine Zierde der Wohnzimmer, zumal zur blumenreichen Pfingst zeit. Will man Sträuße von frischen Blumen lange Zeit ganz unverändert haben, so legt man sie, nach Mitteilungen im „Prakt. Ratgeber für Obst- und Gartenbau", jede Nacht in ein Gefäß mit Wasser, sodaß sie ganz mit Wasser bedeckt werden; am Tage bringt man den Strauß dann wieder in die Vase. Er hält sich zwei- bis dreimal so lange, als ein ins Wasser gestellter Strauß, auch wenn bei dem selben täglich das Wasser gewechselt wird. Bei Flieder, der bekanntlich sehr schnell welkt, be währt sich dieses Verfahren auch. * Stollberg, 27. Mai. Der Schuhmacher- meister Ernst Leberecht Georgi hier begeht heute sein 50jähriges Bürgerjubiläum. Aus diesem An laß ist er heute vom Bürgermeister Lösch unter Neberreichung eines Diploms an Ratsstelle beglück wünscht worden. * Dresden, 27. Mai. Ende voriger Wocye ist der Ort Kaditz eine der reichsten Dorfgemeinden in Sachsen geworden. Der Rat zu Dresden hatte nämlich von einer Anzahl dortiger Gutsbesitzer ein 600 000 Quadratmeter großes Areal angekauft und am Sonnabend an die früheren Inhaber die Summe von 1600000 Mk. auszahlen lassen. Im Durch, schnitt erhielt eine Person 70« bis 80 000 Mk., der größte Posten betrug 220000 Mk. * Dresden, 27. Mai. Zu nicht unerheblichen ausschreitungen ist es gestern abend und nachts Aus Anlaß des Bauhandwerkerstreiks an den Neu bauten des Baumeisters Kirsten an der Schäfer- und Menageriestraße gekommen. Schon in ven Nachmittagsstunden war der genannte Baumeister, sowie ein mit ihm eintreffender Trupp Arbeits williger von den Streikenden bedroht und belästigt worden. Gegen abend wuchs die Menge, vermehrt durch eine große Anzahl Neugieriger, immer mehr und nahm eine drohende Haltung gegen die Ar beitswilligen, sowie die mit der Aufrechterhaltung des Verkehrs beauftragten Gendarmen an, so daß gegen mehrere Personen eingeschritten werden mußte. Als später die Menge einen Teil der am Bau be findlichen Bretterplanke eindrückte und mit Gewalt auf den Bauplatz, wo sich die arbeitswilligen Ar beiter befanden, einzudringen versuchte, schritt die Gendarmerie nach 11 Uhr nachts, zumal durch das Johlen und Pfeifen der Menge die Nachtruhe auf das Erheblichste gestört wurde, zur Räumung der Siraßen. Hierbei ist es, da die Menge trotz mehrfacher Aufforderung nicht vom Platze wich, sondern diese Aufforderungen mit Geschrei erwiderte und erheblichen Widerstand leistete, zu 32 Sistie rungen wegen Widerstandes, Gefangenenbesreiung usw. gekommen. Die Nacht ist alsdann ruhig ver laufen, und auch heute morgen die Arbeit durch die Arbeitswilligen fortgesetzt worden. Auch an dem Neubau des Baumeisters Krebs an der Louisen straße ist es im Laufe des gestrigen Abends, wenn auch in wesentlich geringerem Maße, zu Ausschrei tungen seitens der Streikenden gekommen. * Dresden. Infolge Mangels an Aufträgen muß!sn v:n der Direktion der Uebigauer Schiff«- bauwcrsi Hunderte von Arbeitern entlassen werden. Während in diesem großen Betriebe bei flottem Geschär egange sonst elwa 700 Arbeiter Beschäftig ung ha i n, sind jetzt nur elwa 150 dort in Arbeit. * Leipzig, 27. Mai. Der hiesige Stadtrat verwilligte 5000 Mark, um städtischen Beamten Leipzigs den Besuch der deutschen Städteausstellung zu ermöglichen. * Leipzig. In weiten Kreisen der hiesigen Bürgerschaft herrscht tiefgehende Erregung über da« hier sehr beliebte Verfahren der Einschätzung«. Kommissionen, die Selbsteinschätzungen vielfach als „Luft" zu betrachten, vielmehr höhere Einkommen anzunehmen und zu besteuern. Eine Massenkund gebung an die obere Steuerbehörde ist geplant, in welcher behauptet wird, daß in keiner zweiten Stadt Sachsen« bezüglich der Einschätzungen so willkürlich verfahren werde al« in Leipzig. * Leipzig, 27. Mai. Der Nachtschnellzug Leipzig—Dresden entgleiste auf noch unaufgeklärte Weise bei Radebeul. Personen wurden nicht verletzt. Der Verkehr wird durch Umsteigen aufrecht erhalten. * Leipzig, 28. Mai. Die große Schuhwaren- Fabrik Burkhard u. Sohn in Schkeuditz stellt am Sonnabend den gesamten Betrieb ein. * Chemnitz. Einverleibt will jetzt auch unser Nachbarort Furth werden. In einer kürzlich ab- gehaltenen Sitzung der Fürther Hau«besttzerverein« ist der einstimmige Beschluß gefaßt worden, eine baldige Einverleibung mit Chemnitz anzustreben. * Zwickau, 27. Mai. Die Königliche Amts hauptmannschaft hier hat eine Warnung vor Ver- rufserklärung gegen Gewerbetreibende, namentlich Schank- und Gastwirte, erlassen, denen vielfach Ge schäftsschädigungen in Aussicht gestellt worden sind, sofern sie nicht den Interessen einer politischen Partei dienen. — Gestern abend trafen 30 belgische Äergakademiker zur Besichtigung verschiedener Schächte des hiesigen Kohlenreviers hier ein. Die jungen Leute befinden sich auf einer Studienreise. * Meerane, 25. Mai. In unserer Wasser- werk«anlage in Kertzsch macht sich seit einiger Zeit ein Uebelstand dadurch bemerkbar, daß da« Wasser in den letzten Wochen immer mehr an Eisenoxyd enthält. Im August vorigen Jahre» betrug der Gehalt an Eisenoxyd 4,5 Milligramm in einem Liter und im März laufenden Jahre» entfielen auf da» gleiche Quantum Wasser 27 Milligramm. Ob diese ungewöhnliche Zunahme mit den sehr geringen atmosphärischen Niederschlägen der letzten Monate zusammenhängt oder ob stark eisenhaltige Grund- wässer au« großer Entfernung erst jetzt den Weg von entlegeneren Ursprung«orten nach der Wasser fassung zurückgelegt haben, soll erst die weitere Beobachtung lehren. * Meerane, 27. Mai. In feierlicher Weise erfolgte heute vormittag durch Herrn Schulrat Lötzsch-Glauchau im Beisein städtischer Beamter, sowie von Vertretern der Schulbehörden, des Lehrer kollegiums und der Stadtverordneten die Einweisung des bisherigen Oberlehrers Herrn Heller in das Amt des Direktors der hiesigen II. Bezirksschule. * Scheibenberg, 27. Mai. In Gegenwart der Herren Kirchenrat Superintendent Dr. Schmidt und Amtshauptmann Graf Vitzthum von Eckstädt als Organe der Kircheninspektion fand gestern im Rathaus eine Sitzung des Kirchenvorstandes statt, in welcher man sich mit dem Konflikt zwischen Ge meindegliedern und Pfarrer beschäftigte. Der Kirchenvorstand spricht die Ueberzeugung aus, daß der Pfarrer nicht durch andere Beweggründe als durch Krankheit sich hat abhalten lassen, am Palm sonntage die Konfirmation vorzunehmen. Nachdem alle Streitpunkte zwischen Pfarrer und Kirchenvor stand in persönlichem Sinne ausgeglichen sind, bittet der Kirchenvorstand die Eltern, ihre Kinder nun mehr zur Konfirmation bringen zu wollen. Der Pfarrer seinerseits bittet die Gemeinde, ihm ihr Vertrauen erneut schenken zu wollen, sowie ihm falls er unbewußt gefehlt habe, zu verzeihen, wie auch jedermann zu vergeben er jederzeit gern bereit sei. Der Kirchenvorstand wird nach diesen Erklä rungen mit den Eltern der Kinder nunmehr per sönlich verhandeln und sie bitten, auck ihrerseits nachzugeben. Die kirchliche Einsegnung der noch nicht konfirmierten 33 jungen Leute durch den Orts pfarrer soll am zweiten Pfingstfeiertag erfolgen. * Markranstädt, 27. Mai. In unserem Nach barorte Albersdorf entspann sich am Sonntag zwischen deutschen Landwirtschaftsgehilfen und pol nischen Arbeitern eine Meinungsverschiedenheit, deren weitere Folge eine heillose Metzelei wurde. Die Polen zogen sofort die Messer und richteten durch zielloses Stechen ungeheures Unheil an. Sechs der Verwundeten mußten sich ärztlicher Hilfe an vertrauen. Nach Urteil des Arztes ist es als ein Wunder zu betrachten, daß ein aus vielen Wunden Blutender auf dem Transport sich nicht verblutet hat. Außer zahllosen Kopf-, Brust- und Arm wunden, die er im Handgemenge davongetragen hat, fehlt ihm ein halber Finger und ein Stück Ohr. Das Anlegen von Verbänden erforderte über zwei Stunden. Das gerichtliche Nachspiel ist eingeleitet. * Rochlitz, 27. Mai. Vor einigen Tagen hat auf dem Promenadenwege des sogen. „Junker berges" infolge des Regens ein nicht unbedeutender Erdrutsch stattgefunden. Ein ziemliches Stück des Bergabhanges, sowie die darauf stehenden Bäume sind nach der Mulde heruntergerutscht. Der ge nannte Weg ist daher seitens der Behörde bis auf weiieres gesperrt. * Lommatzsch, 27. Mai. In Hof bei Stauchitz fuhr ein Kinderwagen, in welchem ein kleines Kind des Mühlenbesttzers Werner lag, in den Mühl graben, wobei das kleine Wesen den Tod fand. * Plauen i. V., 26. Mai. Auffälligerweise durchziehen in diesem Jahre große Zigeunertruppen das Vogtland. Gestern nachmittag traf hier ein Trupp von 50 Männern, Frauen und Kindern ein und machte verschiedene Einkäufe. Die Zigeuner führten gegen 15 Wagen und eine große Anzahl Pferde mit, die sie verkaufen wollten. Es dauerte allerdings nicht lange, da wurden die braunen Ge sellen per Schub über die Grenze gebracht, denn es sind unwillkommene Gäste. Man befürchtet, daß die Zigeuner ebenso ausarten könnten, wie am letzten Sonntag in dem böhmischen Dorfe Neuenbrand bei Asch. Dort gab es an diesem Tage eine blutige Zigeuner-Hochzeil. Vom Don nerstag bis Sonntag waren dort gegen 80 Zigeuner mit 14 Wagen eingetroffen. Vormittags fand die Trauung und nachmittags auf freiem Felde der Hochzeitsschmaus statt, bei dem es „bügelhoch" her ging. Nach längerem Zechgelage entstand unter den Zigeunern schließlich ein Streit, der in kurzer Zeit zu einer blutigen Schlägerei ausartete. Es wurde gegenseitig fest darauf losgeschlagen, und zwar mit Gläsern, Flaschen, Stöcken, Peitschen usw. Das Blut floß in Strömen. Sofort wurde die Gendarmerie in Asch verständigt, und nach etwa einer halben Stunde trafen auf dem blutge tränkten Kampfplatze zwei Gendarmen, drei Grenzaufseher und bewaffnete Bauern ein. Der Bräutigam, einer der Hauptschläger, bestieg, als er die Gendarmen erblickte, ein Pferd, schwang seine Braut mit auf das Pferd und fort ging es in rasendem Galopp dem Egerer Stadtwalde zu. Nun entstand ein Kampf zwischen den Gendarmen, Grenzjägern, Bauern und Zigeunern. Dieser Kampf verlief aber unblutig, denn die braunen Gesellen zogen es vor, mit Weib und Kind und Wagen abzuziehen, und zwar nach Rommersreuth. Im Gasthause „Zur Rommersreuther Schweiz" ließen die Zigeuner ihre Wut aus, sie plünderten Küche und Keller und schlugen alles in Trümmer, dann zog die wilde Horde wieder von dannen. Zwei Männer erhielten bei der Hochzeitsschlacht schwere Wunden, sie blieben zurück und wurden verhaftet. * Reichenbach. Acht Tage vor der Hochzeit hat ein junger Mann von hier seine Auserwählte
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